Im Folgenden möchte ich Bourdies Konzept des Habitus erläutern. Zuerst werde ich allgemein auf den Begriff eingehen. Danach werde ich die Funktionen, welche der Habitus für einzelne Akteur/Innen (a), die soziale Ordnung (b) und die soziologische/n Betrachter/Innen (c) erfüllt, analysieren.
Bourdieu entwirft mit Hilfe des Habitus-Begriffs eine „Theorie der Praxis“.
Damit löst er sich vom Modell des Subjektivismus, das die Welt als natürliche und vorgegebene Welt betrachtet und lediglich die spezifischen Erfahrungen der Akteur/Innen analysiert. Gleichzeitig entfernt sich Bourdieu auch vom Modell des Objektivismus, welches die soziale Welt strukturiert, ohne dabei auf die subjektiven Erfahrungen der Akteur/Innen einzugehen. Bourdieus Modell der Praxeologie geht von einer gegenseitigen Beeinflussung vom Handeln der einzelnen Akteur/Innen (Betrachtungsobjekt des Subjektivismus) und der Struktur der sozialen Welt (Betrachtungsobjekt des Objektivismus) aus und stellt somit die dialektische Vermittlung der beiden Modelle dar.
In Bourdieus Logik der Dialektik stehen sich die beiden Konzepte nicht konkurrierend gegenüber, sie enthalten sich vielmehr gegenseitig und wirken wechselseitig aufeinander ein. Die Struktur muss also beispielsweise immer in Bezug auf die handelnden Akteur/Innen betrachtet werden und deren Handlungen wiederum lassen sich nur mit Blick auf die Strukturen, in denen sie sich bewegen, erklären. Die Praxis der Akteur/Innen in der sozialen Welt wird als Einheit aus Struktur und Handeln dargestellt. Der Habitus ist eine Handlungs-/Denk- und Wahrnehmungsmatrix, die das Handeln der Akteur/Innen maßgeblich beeinflusst. Bourdieu legt besonderen Wert darauf, dass der Begriff Habitus nicht einzeln definiert werden kann, sondern immer nur relational zu anderen Begriffen innerhalb des theoretischen Modells.
Ganz allgemein nimmt der Habitus also die Rolle des dialektischen „Vermittlers“ (=Hypothese) zwischen den Begriffen Struktur (=These) und Individuum (=Antithese) ein.
Damit schließe ich die allgemeine Betrachtung des Begriffs ab und gehe in den folgenden Abschnitten auf seine einzelnen Funktionen in Bourdieus Theorie ein.
Inhaltsverzeichnis
- Bourdieus Konzept des Habitus
- 1,a) Die Funktion des Habitus für einzelne Akteur/Innen
- 2,b) Die Funktion des Habitus für die soziale Ordnung
- 3,c) Die Funktion des Habitus für die soziologischen Betrachter/Innen
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay befasst sich mit Bourdieus Konzept des Habitus und analysiert dessen Funktionen für einzelne Akteur/Innen, die soziale Ordnung und soziologische Betrachter/Innen. Bourdieu entwickelt mit dem Habitus-Begriff eine „Theorie der Praxis", die sowohl subjektive Erfahrungen als auch soziale Strukturen berücksichtigt.
- Der Habitus als dialektischer Vermittler zwischen Struktur und Individuum
- Die Rolle des Habitus bei der Reproduktion von Verhaltensweisen und der Prägung von Handlungsstrategien
- Die Bedeutung des Habitus für die Stabilität der sozialen Ordnung und die Abgrenzung sozialer Felder
- Die Anwendung des Habitus-Konzepts in der soziologischen Analyse von Konkurrenzkämpfen und Machtstrukturen
- Die dialektische Vermittlung von Struktur und Handeln in Bourdieus Theorie der Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Der Essay beginnt mit einer allgemeinen Einführung in Bourdieus Konzept des Habitus und erläutert dessen dialektische Funktion als Vermittler zwischen Struktur und Individuum. Der Habitus wird als eine Handlungs-/Denk- und Wahrnehmungsmatrix beschrieben, die durch vergangene Erfahrungen und Erlebnisse geprägt wird und das Handeln der Akteur/Innen maßgeblich beeinflusst.
Im ersten Abschnitt wird die Funktion des Habitus für einzelne Akteur/Innen näher beleuchtet. Der Habitus wird als ein „Speicher" von Handlungs- und Verhaltensweisen dargestellt, der in entsprechenden Situationen abgerufen werden kann. Die Akteur/Innen bewegen sich in sozialen Feldern, die durch unterschiedliche Themengebiete und Kapitalzusammensetzungen gekennzeichnet sind. Der Habitus prägt die Auswahl der Felder, in denen sich die Akteur/Innen bewegen, und beeinflusst somit auch die weitere Entwicklung der Person.
Im zweiten Abschnitt wird die Funktion des Habitus für die soziale Ordnung analysiert. Der Habitus reproduziert sich ständig selbst und trägt somit zur Stabilität der sozialen Ordnung bei. Die Abgrenzung der verschiedenen Felder gegeneinander wird durch den Habitus erklärt, der die Verständigung innerhalb eines Feldes vereinfacht und gleichzeitig die Interaktion zwischen Personen aus unterschiedlichen Feldern erschwert.
Der dritte Abschnitt befasst sich mit der Funktion des Habitus für soziologische Betrachter/Innen. Das Habitus-Modell ermöglicht es, die Praxis der Akteur/Innen als Einheit von Struktur und Handeln zu begreifen und zu beschreiben. Es erklärt die Reproduktion und Stabilität der sozialen Ordnung sowie die in jedem Feld stattfindenden Konkurrenzkämpfe. Die Akteur/Innen kämpfen um die Erhöhung ihres Einflusses und die Verbesserung ihrer Stellung im Feld, indem sie das jeweilige Interessenobjekt und die Kapitalzusammensetzung des Feldes beeinflussen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Habitus, die Theorie der Praxis, soziale Felder, Kapital, soziale Ordnung, Reproduktion, dialektische Vermittlung, Struktur, Individuum, Handlung, soziologische Analyse, Konkurrenzkämpfe, Machtstrukturen.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2009, Bourdieus Konzept des Habitus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294814