In seinem Roman Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders1 erzählt Patrick
Süskind die Geschichte eines Menschen ohne Eigengeruch, der aber paradoxerweise
mit einem genialem Geruchssinn ausgestattet ist. Im Laufe seines
Lebens tötet dieser 26 Mädchen und verarbeitet ihren Duft zu einem absoluten
Parfum, mit dessen Hilfe er seiner Hinrichtung entgeht. Mit dem Duftwasser
„über und über besprenkelt“ wird er auf dem Friedhof, der auch seine Geburtsstätte
ist, bacchanalisch verspeist.
Mit weltweit 6 Millionen aufgelegten Exemplaren, davon 1,5 Millionen allein in
Deutschland2, avancierte Süskinds Roman zum Verkaufserfolg und Kritikerliebling.
Trotzdem setzt sich der Roman durch die für die postmoderne Literatur
kennzeichnende Intertextualität vom Trivialen ab. Lobend hervorgehoben werden
die Gewandtheit des Erzählens, der Umgang mit der literarischen Tradition,
sowie die Synthese aus Kriminal-, Bildungs- und Künstlerroman. Den im Text
befindlichen mythologischen, religiösen und historischen Bezüge und auch der
Erörterung des Geniebegriffs sind in Zusammenhang mit dem Roman zahlreiche
Abhandlungen gewidmet.
Weniger beleuchtet ist die subtile und detaillierte Konstruktion der Hauptfigur.
Obwohl der Protagonist Grenouille eine Kunstfigur darstellt, die psychologisch
nicht fassbar ist, weist der Roman Entwicklungsstationen im Leben dieser Figur
auf, die symbolisch mit der psychoanalytischen Theoriebildung verknüpft sind.
Der Roman entwirft mit seiner Hauptfigur das komplexe, weitgehend kohärente
Bild einer narzißtischen Persönlichkeit, die bestrebt ist ihr fragiles Selbst durch
den Aufbau eines Größenselbst zu stabilisieren. Dies ist nicht offensichtlich,
sondern wird vielmehr unter der Oberfläche des Erzählten sichtbar. Ebenso ist
die Hauptfigur mit Verhaltensmerkmalen und Eigenschaften ausgestattet, die
wenn sie auch phantastisch sein mögen, auf psychologischer Ebene plausibel
erscheinen. [...]
1 Süskind, Patrick: Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders. Zürich: 1985
2 Vgl. Matzkowski: Erläuterungen zu Patrick Süskind. Das Parfum, S. 16.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geburt und Kindheit - Unbewusste Prägung
- Die geruchliche Welt - Vereinzelung und Realitätsentfremdung
- Geniegedanke und Größenphantasie
- Stabilisierung des Größenselbst und Allmachtgedanken
- Scheitern und Selbstzerstörung
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Symbolik der Hauptfigur Jean-Baptiste Grenouille in Patrick Süskinds Roman "Das Parfum" im Kontext der psychoanalytischen Theoriebildung. Ziel ist es, die psychische Entwicklung des Protagonisten anhand der psychoanalytischen Ansätze zu beleuchten und seine charakteristischen Verhaltensmuster zu deuten.
- Grenouilles Kindheit und die Prägung durch Ablehnung und Mangel an Fürsorge
- Die Rolle des Geruchs in Grenouilles Welt und seine Auswirkungen auf seine Wahrnehmung und sein Verhältnis zur Gesellschaft
- Grenouilles narzißtische Persönlichkeit und der Aufbau eines Größenselbst
- Die Entwicklung von Grenouilles Größenwahn und seine Suche nach Allmacht
- Die Folgen von Grenouilles Handlungen und sein Scheitern in der Selbstzerstörung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung stellt die Hauptfigur Grenouille und seine besondere Beziehung zum Geruchssinn vor. Sie skizziert die Handlung des Romans und thematisiert die Bedeutung der psychoanalytischen Theoriebildung im Kontext der Figurenpsychologie.
2. Geburt und Kindheit - Unbewusste Prägung
Dieses Kapitel analysiert die frühen Prägungen von Grenouille, die durch die Ablehnung seiner Mutter und die Abwesenheit einer stabilen Bezugsperson geprägt sind. Es wird auf die Bedeutung des frühkindlichen Bedürfnisses nach Sicherheit und Geborgenheit eingegangen.
3. Die geruchliche Welt - Vereinzelung und Realitätsentfremdung
Dieser Abschnitt beleuchtet die Rolle des Geruchs in Grenouilles Leben und seine Auswirkungen auf seine Wahrnehmung der Welt. Grenouille wird als ein Wesen dargestellt, das durch seine einzigartige Fähigkeit, Gerüche wahrzunehmen, zugleich isoliert und von der Realität entfremdet ist.
4. Geniegedanke und Größenphantasie
Dieses Kapitel analysiert Grenouilles besondere Begabung und seine Entwicklung eines Größenselbst. Es wird die Verbindung zwischen Grenouilles Genie und seiner narzißtischen Persönlichkeit beleuchtet.
5. Stabilisierung des Größenselbst und Allmachtgedanken
Hier wird Grenouilles Bestreben, sein fragiles Selbst durch den Aufbau eines Größenselbst zu stabilisieren, im Vordergrund gestellt. Der Abschnitt beleuchtet die Entwicklung von Grenouilles Größenwahn und seinen Wunsch nach Allmacht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Geburtenprägung, narzißtische Persönlichkeit, Größenselbst, Geniegedanke, Geruchssinn, Vereinzelung, Realitätsentfremdung, Selbstzerstörung, psychoanalytische Theoriebildung, Patrick Süskinds "Das Parfum".
- Arbeit zitieren
- Eileen Seifert (Autor:in), 2003, Die Symbolik der Hauptfigur in Verbindung mit der psychologisch-psychoanalytischen Theoriebildung in Patrick Süskinds Roman "Das Parfum", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29555