Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundbegriffe der Kommunikationspsychologie
3 Schulz von Thun: Kommunikationsquadrat
3.1 Vier Seiten einer Nachricht
3.2 Vier Ohren des Empfängers
4 Interaktion: Spiel von Sender und Empfänger
4.1 Ursachen für Empfangsfehler
4.2 Individuelle Eigentümlichkeiten als Interaktionsresultat
4.3 Interpunktion
5 Verdeutlichung der Kommunikationstheorie Schulz von Thuns durch weitere Kommunikationsmodelle
5.1 Sprachtheorie von Karl Bühler
5.2 Die 5 Axiome der Kommunikationstheorie von Paul Watzlawick
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Sender-Empfänger-Modell
Abbildung 2: Kommunikationsmodell Schulz von Thun
Abbildung 3: Vier Seiten einer Nachricht
Abbildung 4: Vier Ohren des Empfängers
Abbildung 5: Grundmodell der Kommunikation von Karl Bühler
Abbildung 6: Organon-Modell von Karl Bühler
1 Einleitung
„Wenn die Sprache nicht stimmt, so ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist.“[1] Bereits Konfuzius kam vor über 2500 Jahren zu der Erkenntnis, dass es zahlreiche Schwierigkeiten im Bereich der Kommunikation gibt. Menschen interpretieren ankommende Nachrichten auf verschiedene Arten und Weisen. Jedes Individuum hat eine andere Auffassung von Betonung, Aussprache, Mimik und Gestik seiner Botschaften und die des Gesprächspartners. Die Nachrichten werden diverse Male unpassend ausgedrückt und demzufolge irrtümlich von dem Empfänger aufgefasst. Durch diese Wechselbeziehung von Kodieren und Dekodieren der Botschaften kommt es oft zu Missverständnissen und zu fehlgeschlagenem Informationsaustausch. Wegen der Komplexität der Kommunikation ist es häufig schwierig eine gemeinsame zwischenmenschliche Sprache zu finden und ohne Behinderung zu kommunizieren.
Professor Friedemann Schulz von Thun ist gegenwärtig einer der einflussreichsten und ausschlaggebendsten Kommunikationspsychologen. Er lehrte Psychologie an der Universität Hamburg und wählte seinen Schwerpunkt im Bereich Beratung und Training.[2] Das von ihm entwickelte Kommunikationsquadrat ist eines der bedeutendsten Kommunikationsmodelle und beruht auf den vier Seiten einer Nachricht.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, zu erklären wie die vier Ohren und Schnäbel den Kommunikationsprozess beeinflussen und warum es so wichtig ist, sich als Sender und Empfänger genau diesen vier Aspekten bewusst zu werden.
Zuerst werden die Grundbegriffe der Kommunikation definiert. Weiter werden die vier Ohren und Schnäbel des Kommunikationsquadrates analysiert. Im Folgenden wird genauer erklärt wie die vier Aspekte einer Nachricht die Interaktion zwischen Sender und Empfänger suggerieren. Anschließend wird Friedemann Schulz von Thuns Standpunkt durch die Thesen von Karl Bühler und Paul Watzlawick verdeutlicht.
2 Grundbegriffe der Kommunikationspsychologie
Grundlegend ist Kommunikation ein „wechselseitiger Austausch von Gedanken, Meinungen (...) und Gefühlen sowie die Übertragung von Nachrichten“[3] und Informationen zwischen einem Sender und einem Empfänger.
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Abbildung 1: Sender-Empfänger-Modell
Die vorangestellte Abbildung zeigt die Interaktion zwischen Sender und Empfänger. Eine Nachricht besteht aus vielen Botschaften. Diese Botschaften werden entweder explizit, also ausdrücklich, oder implizit geäußert.[4] Ausdrückliche Informationen werden meist verbal übermittelt. Implizit bedeutet, dass die Hauptaussage des Senders indirekt in die Nachricht hineingelegt wird. Damit ist der nonverbale und paraverbale Bereich der Kommunikation gemeint. Die nichtsprachlichen Merkmale setzten sich aus Mimik, Gestik und Kleidungsstil zusammen. Stimmlage, Aussprache, Lautstärke und Sprechtempo zählen zu den paraverbalen Attributen.[5] Nachdem dieses Paket voller Botschaften beim Empfänger angekommen ist, muss er es dekodieren und dem Sender zurückmelden, wie er die Nachricht entziffert und interpretiert hat. Friedemann Schulz von Thun beschreibt eine solche Rückmeldung auch als Feedback.[6]
3 Schulz von Thun: Kommunikationsquadrat
Friedemann Schulz von Thun setzte sich anhand seines Forschungsprojekts und als Leiter verschiedenster Trainingskurse reichlich mit der Anwendung von Kommunikation in alltäglichen Situationen auseinander.[7] Es kristallisierte sich für ihn heraus, dass jedes Individuum in Hinblick auf Verständigung und Beziehung zum Gesprächspartner grundverschieden ist. Diese Erkenntnis veranlasste Friedemann Schulz von Thun dazu, dass er unterschiedliche kommunikationspsychologische Aspekte, wie die von Karl Bühler und Paul Watzlawick, miteinander vereinte.[8] Es stellten sich „vier Problemgruppen heraus, die den Vorgang der zwischenmenschlichen Kommunikation“[9] steuern. Sender und Empfänger werden demnach gleichermaßen von Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehungs- und Appellseite einer Nachricht beeinflusst.[10] Aus den vier Schnäbeln des Senders und den vier Ohren des Empfängers entstand das Kommunikationsquadrat (siehe Abb.2).
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Abbildung 2: Kommunikationsmodell Schulz von Thun
3.1 Vier Seiten einer Nachricht
Zur Verdeutlichung werden im Folgenden die vier Seiten und Ohren einer Nachricht mittels eines Beispiels dargelegt:
Robert, der gestern Abend den Entschluss gefasst hat ein paar Kilo abzunehmen, kommt abends nach der Arbeit nach Hause und sagt zu seiner Frau Martina: „Hallo! Heute Mittag hab ich nur ein Vollkornbrot gegessen. Die Anderen haben sich währenddessen den Bauch mit sämtlichen Leckereien vollgestopft.“
Was beinhaltet diese Nachricht? Um das herauszufinden wird das Kommunikationsquadrat Friedemann Schulz von Thuns herangezogen.
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Abbildung 3: Vier Seiten einer Nachricht
Sachinhalt (oder: Worüber ich informiere)
Zuerst wird der Sachinhalt einer Nachricht betrachtet. Auf der Sachseite der Nachricht wird über einen Sachverhalt informiert.[11] In unserem Beispiel äußert Robert, dass er heute Mittag nur ein Vollkornbrot gegessen hat.
Selbstoffenbarung (oder: Was ich von mir selbst kundgebe)
Nicht nur Informationen über das Gesagte, sondern auch „Informationen über die Person des Senders“[12] stecken in jeder Nachricht. Friedemann Schulz von Thun verwendet hier den Begriff der Selbstoffenbarung, weil in ihm „sowohl die gewollte Selbstdarstellung als auch die unfreiwillige Selbstenthüllung“[13] stecken. Die Selbstoffenbarungsseite enthält nur Ich-Botschaften. Robert offenbart, dass er deutschsprachig ist, noch alle Zähne im Mund hat und ein gutes Verhältnis zu seinen Kollegen hat, schließlich isst er jeden Tag mit ihnen zu Mittag. Ebenfalls gibt er von sich kund, dass er stolz auf sich selber ist, weil er durchgehalten hat nur ein Vollkornbrot zu essen.
Beziehung (oder: Was ich von dir halte und wie wir zueinander stehen)
Anschließend durchleuchtet man die Beziehungsseite einer Nachricht. Die Nachricht besteht aus zwei Arten von Botschaften, die durch nonverbale und paraverbale Merkmale gekennzeichnet sind. Sie klärt uns über die Beziehung zwischen Sender und Empfänger, mittels Wir-Botschaften, auf und gibt anhand von Du-Botschaften an, wie der Sender den Empfänger wahrnimmt und was er von ihm hält.[14] Robert teilt uns mit, dass er ein gutes Verhältnis zu seiner Frau hat, da er ihr seinen Fortschritt und sein Durchhaltevermögen in der Diät berichtet. Ebenso findet er es gut, dass sie ihn unterstützt und leitet sie auch dazu an, Stolz auf ihn zu sein.
Appell (oder: Wozu ich dich veranlassen möchte)
Die vierte Seite seiner Nachricht ist die Appellseite. Dieser Aspekt hat die „Funktion, auf den Empfänger Einfluss zu nehmen.“[15] Jede Nachricht fungiert dazu, den Empfänger zu veranlassen spezifische Dinge zu tun oder zu lassen. Der Appell wird vorwiegend implizit ausgedrückt. Robert wünscht sich von Martina, dass sie ihn weiter bei seiner Ernährung unterstützt und ihn für seine Beständigkeit lobt.
Alle vier Seiten einer Nachricht laufen immer parallel ab. Das knifflige ist für den Empfänger, sich zu entscheiden „auf welche Seite der Nachricht er reagieren will.“[16] Genau genommen, braucht er für jeden Schnabel des Senders ein explizites Ohr. Der Dialog kann einen ganz vielfältigen Verlauf einnehmen, je nachdem mit welchen seiner vier Ohren der Empfänger auf die Nachricht antwortet. Infolgedessen wird im nächsten Abschnitt das Augenmerk auf die vier Ohren des Empfängers gelegt.
3.2 Vier Ohren des Empfängers
Der Empfänger muss sich entscheiden, auf welche Ebene der Nachricht er eingeht. Diese Entscheidungsvarianten führen oft zu Störungen im Kommunikationsprozess und zu einem ungewollten Hergang des Gesprächs. Insbesondere wenn der Empfänger vorwiegend nur ein Ohr auf Empfang schaltet und für die restlichen Seiten gehörlos ist.[17]
In Bezug auf unser Beispiel:
Martina ist sich dem Wunsch nach Abnehmen nicht bewusst und reagiert in einem gereizten Tonfall auf die Aussage ihres Mannes: „Ich geh ja schon in die Küche und koche dir etwas, da du anscheinend selbst unfähig bist.“
Weshalb kommt die Ehefrau ihrem Mann mit einer solch unwirschen Tonlage entgegen?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Vier Ohren des Empfängers
In Abbildung 4 wird dargestellt, mit welchen Ohren der Empfänger reagieren kann.
Sach-Ohr
Der Empfänger versucht mit dem Sach-Ohr „den sprachlichen Informationsgehalt zu verstehen.“[18] Für die Verständlichkeit der Sachebene ist es von Bedeutung, dass das Gesagte relevant und wahr ist.[19] Empfänger mit übergroßem Sach-Ohr versteifen sich so sehr auf die Sachseite einer Nachricht, dass sie blind dafür sind, dass das Problem nicht auf sachlicher Basis, sondern auf zwischenmenschlicher Grundlage liegt.[20] Aus Roberts Nachricht kann Martina erkennen, dass er heute nur ein Vollkornbrot gegessen hat.
Beziehungs-Ohr
Die Art, wie der Sender seine Nachricht dem Empfänger übermittelt, gibt an wie er zum Empfänger steht und was er von ihm hält. Mimik, Gestik und Tonfall beeinflussen die Interpretation einer Botschaft hochgradig. Bei vielen Empfängern ist das Beziehungs-Ohr das Anfälligste. Sie überspringen die Sachebene einer Nachricht und beziehen das Gesagte direkt auf sich selbst.[21] Martina kann in unserem Beispiel der Sachebene ausweichen und auf die Beziehungsseite Stellung nehmen. Für sie hat die Nachricht folgende Botschaft: „Frau du bist für mein Essen zuständig!“
Selbstoffenbarungs-Ohr
Auf dieser Ebene ist der Empfänger, indem er hinterfragt welche Gefühle in dem Ausspruch des Senders stecken, „personaldiagnostisch tätig.“[22] Mit diesem Ohr kann man herausfinden, welcher Mensch der Andere ist, was er denkt und was er fühlt. Eine Überempfindlichkeit auf dem Selbstoffenbarungs-Ohr kann für alle Menschen „seelisch gesünder sein.“[23] Wenn ein Empfänger diese Eigenschaft mit sich bringt, bezieht er nicht alle Aussagen auf sich selbst, sondern kann aktiver zuhören und auf die Gefühle des Gesprächspartners eingehen. Martina leitet aus der Aussage ihres Mannes ab, dass er ziemlichen Hunger hat und etwas essen möchte.
[...]
[1] Vlg Konfuzius, zit nach: Fietkau, W.: Wolfgang Fietkau Verlag. Fietkau schreibt, wenn die Sprache nicht stimmt. Online: [http://www.wolfgang-fietkau.de/lizenzen.html]. Abruf: 04.02.14
[2] Schulz von Thun, F.: Friedemann Schulz von Thun-Institut für Kommunikation, Hamburg. Online: [http://www.schulz-von-thun.de/index.php?article_id=22]. Abruf: 04.02.14
[3] Meyers Taschenlexikon (1999). Band 5, Kommunikation (S. 1848)
[4] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.36). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[5] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.37). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[6] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.27). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[7] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.13). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[8] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 2 – Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung, 33. Aufl., (S.13). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[9] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.14). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[10] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 – Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.17). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[11] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.28). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[12] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.29). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[13] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.29). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[14] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.31). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[15] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.32). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[16] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.49). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[17] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.51). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[18] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 2 – Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung, 33. Aufl., (S.23). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[19] Attila Réti . Online: [http://www.vier-ohren-modell.de]. Abruf: 06.02.14
[20] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.51). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[21] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.56). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[22] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.48). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
[23] Schulz von Thun, F. (2013). Miteinander reden 1 - Störungen und Klärungen, 50. Aufl., (S.59). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag