Gegen Ende des Jahres 1888 gelang es dem Arzt Victor Adler die österreichische Sozialdemokratie auf dem Parteitag im niederösterreichischen Hainfeld zu einen, indem der Zwiespalt zwischen den „Gemäßigten“ und den „Radikalen“ überbrückt worden ist. Jedoch konnte eine wirkliche Überwindung des Gegensatzes zwischen Reformern und Revolutionären, zwischen einer demokratischen und totalitären Richtung nie erzielt werden. Aber gerade der Kompromisscharakter des von Adler erreichten Ausgleichs gab der österreichischen Sozialdemokratie ihr spezifisches Gepräge, weil das von ihm formulierte Parteiprogramm sich einerseits zu einer marxistischen Position bekannte und andererseits bewusst auf die Proklamierung der „Revolution“ sowie auf die „Diktatur des Proletariats“ verzichtete. Seine politischen Positionen lauteten: „Kampf um das allgemeine gleiche Wahlrecht, Konzentration aller staatlichen Machtmittel beim Parlament, Erringung der sozialdemokratischen Mehrheit und dann Beginn der Verwirklichung des Sozialismus“. Adler widmete sich vorrangig dem Aufbau einer Parteiorganisation, der Erziehung eines politischen Führungsstabes und der Aufklärung der breiten Masse der Parteianhänger, sodass es ihm gelang, eine politische Massenbewegung zu begründen. Das größte Hindernis für einen politischen Erfolg der österreichischen Sozialdemokratie war ihre vielschichtige Verstrickung in die Nationalitätenproblematik. So forderte die jüngere Generation der Parteiführer wie Otto Bauer und Karl Renner im Brünner Programm des gesamtösterreichischen Parteitages im Jahre 1899 die Umbildung Österreichs in einen „demokratischen Nationalitätenbundesstaat“. Das heißt, an die Stelle der historisch gewachsenen Kronländer sollten national abgegrenzte Selbstverwaltungseinheiten treten. Mit dieser ideologischen Profilierung als staatserhaltende Partei konnten sich die einzelnen nationalen sozialdemokratischen Fraktionen immer weniger abfinden. Die österreichische Sozialdemokratie, die zu Beginn keine Klassenpartei war, musste mit der fortschreitenden Industrialisierung der Habsburgermonarchie immer mehr zur Partei der Arbeiterklasse werden und in Konflikt zum Bürgertum geraten. „In den Entscheidungsgremien aber blieben, trotz des Wandels der Partei, die Intellektuellen dominierend.“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das ideologische Profil der österreichischen Sozialdemokratie am Vorabend des Ersten Weltkrieges
- Die ideologische Basis sozialdemokratischer Politik
- Victor Adler als der Ideologe der Partei
- Die österreichische Arbeiterbewegung und ihre Stellung zum Krieg
- Die nationale Frage
- Die Kriegsfrage
- Die österreichische Sozialdemokratie und der Erste Weltkrieg
- Die ideologische Positionierung im Sommer 1914
- Die Friedensbestrebungen des Jahres 1917
- Die sozialdemokratische Politik im Jahre 1918
- Resümee: Kriegslust vs. Friedenssehnsucht
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Position der österreichischen Sozialdemokratie zum Ersten Weltkrieg (1914-1918). Ziel ist es, das ideologische Profil der Partei vor dem Krieg zu beleuchten und deren Reaktionen auf den Kriegsausbruch sowie die Entwicklung ihrer Politik während des Krieges zu analysieren. Die Arbeit konzentriert sich auf die Spannungsfelder zwischen nationaler Frage, Klassenkampf und Friedensbestrebungen innerhalb der Partei.
- Das ideologische Profil der österreichischen Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg
- Die Reaktion der Sozialdemokratie auf den Kriegsausbruch
- Die Rolle der nationalen Frage innerhalb der Partei
- Die Entwicklung der sozialdemokratischen Friedenspolitik während des Krieges
- Der interne Konflikt zwischen Kriegsbefürwortern und Kriegsgegnern innerhalb der Sozialdemokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Vereinigung der österreichischen Sozialdemokratie unter Victor Adler Ende 1888 und den anhaltenden Konflikt zwischen Reformern und Revolutionären. Adlers Kompromiss, der marxistische Positionen mit dem Verzicht auf die Revolution vereinte, wird als prägend für die Partei beschrieben. Die nationale Frage wird als großes Hindernis für den politischen Erfolg der Partei identifiziert, wobei das Brünner Programm von 1899 die Umgestaltung Österreichs in einen demokratischen Nationalitätenbundesstaat forderte. Die zunehmende Industrialisierung führte dazu, dass die Sozialdemokratie mehr und mehr zur Partei der Arbeiterklasse wurde und in Konflikt mit dem Bürgertum geriet.
Das ideologische Profil der österreichischen Sozialdemokratie am Vorabend des Ersten Weltkrieges: Dieses Kapitel analysiert das ideologisches Profil der österreichischen Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg. Es beleuchtet die Rolle der Intelligenz innerhalb der Partei, die aus verschiedenen sozialen Schichten stammte, und die verschiedenen Gruppen von Intellektuellen, die die Sozialdemokratie unterstützten, wie z.B. jüdische Intellektuelle, deutschnational gesinnte Aufsteiger und liberale Intellektuelle. Das Kapitel thematisiert auch die Rolle der Studenten und deren Verhältnis zur organisierten Arbeiterbewegung. Die Kapitel betont den komplexen Aufbau und die innere Diversität der Partei.
Die österreichische Arbeiterbewegung und ihre Stellung zum Krieg: Dieses Kapitel behandelt die Stellung der österreichischen Arbeiterbewegung zum Krieg. Es befasst sich mit der nationalen Frage und der unterschiedlichen Positionen innerhalb der Partei dazu, sowie mit den Debatten um die Kriegsfrage und die unterschiedlichen Reaktionen auf den Kriegsausbruch. Die Kapitel zeigt die Spannungen zwischen antimilitaristischen und pragmatischeren Positionen innerhalb der Sozialdemokratie auf. Es analysiert die Auseinandersetzungen innerhalb der Partei um die richtige Strategie gegenüber dem Militarismus.
Die österreichische Sozialdemokratie und der Erste Weltkrieg: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entwicklung der sozialdemokratischen Politik während des Ersten Weltkriegs. Es analysiert die ideologische Positionierung der Partei im Sommer 1914, ihre Friedensbestrebungen im Jahr 1917 und ihre Politik im Jahr 1918. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung und den Veränderungen der Haltung der Sozialdemokratie zum Krieg im Laufe des Konflikts. Die Kapitel zeigt, wie die Partei sich mit den Herausforderungen des Krieges auseinandersetzte.
Resümee: Kriegslust vs. Friedenssehnsucht: Dieses Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und setzt sich mit dem zentralen Konflikt zwischen Kriegsbefürwortern und Friedenssehnsüchtigen innerhalb der österreichischen Sozialdemokratie auseinander. Es analysiert die komplexen und oft widersprüchlichen Positionen und Strategien der Partei während des Ersten Weltkriegs. Das Kapitel synthetisiert die Ergebnisse der vorhergehenden Kapitel zu einem Gesamturteil.
Schlüsselwörter
Österreichische Sozialdemokratie, Erster Weltkrieg, Victor Adler, Nationalitätenfrage, Militarismus, Friedensbewegung, Arbeiterbewegung, Klassenkampf, Parteiideologie, politische Strategie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Seminararbeit: Die österreichische Sozialdemokratie und der Erste Weltkrieg
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die Position der österreichischen Sozialdemokratie zum Ersten Weltkrieg (1914-1918). Sie beleuchtet das ideologische Profil der Partei vor dem Krieg und analysiert deren Reaktionen auf den Kriegsausbruch sowie die Entwicklung ihrer Politik während des Krieges. Ein besonderer Fokus liegt auf den Spannungsfeldern zwischen nationaler Frage, Klassenkampf und Friedensbestrebungen innerhalb der Partei.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf folgende Themen: das ideologische Profil der österreichischen Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg; die Reaktion der Sozialdemokratie auf den Kriegsausbruch; die Rolle der nationalen Frage innerhalb der Partei; die Entwicklung der sozialdemokratischen Friedenspolitik während des Krieges; und den internen Konflikt zwischen Kriegsbefürwortern und Kriegsgegnern innerhalb der Sozialdemokratie.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung: beschreibt die Vereinigung der österreichischen Sozialdemokratie unter Victor Adler und den Konflikt zwischen Reformern und Revolutionären. Das ideologische Profil der österreichischen Sozialdemokratie am Vorabend des Ersten Weltkrieges: analysiert das ideologisches Profil der Partei vor dem Krieg, einschließlich der Rolle der Intelligenz und der inneren Diversität der Partei. Die österreichische Arbeiterbewegung und ihre Stellung zum Krieg: behandelt die Stellung der Arbeiterbewegung zum Krieg, die nationale Frage und die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Partei. Die österreichische Sozialdemokratie und der Erste Weltkrieg: befasst sich mit der Entwicklung der sozialdemokratischen Politik während des Krieges, ihre Friedensbestrebungen und die Politik im Jahr 1918. Resümee: Kriegslust vs. Friedenssehnsucht: fasst die Ergebnisse zusammen und analysiert den Konflikt zwischen Kriegsbefürwortern und Friedenssehnsüchtigen.
Welche Rolle spielte Victor Adler?
Victor Adler wird als der Ideologe der österreichischen Sozialdemokratie dargestellt. Sein Kompromiss, der marxistische Positionen mit dem Verzicht auf die Revolution vereinte, wird als prägend für die Partei beschrieben.
Welche Bedeutung hatte die nationale Frage?
Die nationale Frage wird als großes Hindernis für den politischen Erfolg der Partei identifiziert. Das Brünner Programm von 1899 forderte die Umgestaltung Österreichs in einen demokratischen Nationalitätenbundesstaat. Die Arbeit untersucht die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Partei zu dieser Frage und deren Einfluss auf die Haltung zum Krieg.
Wie lässt sich der interne Konflikt innerhalb der Sozialdemokratie beschreiben?
Die Arbeit beschreibt einen zentralen Konflikt zwischen Kriegsbefürwortern und Friedenssehnsüchtigen innerhalb der Partei. Dieser Konflikt wird in allen Kapiteln thematisiert und im Resümee zusammengefasst.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Österreichische Sozialdemokratie, Erster Weltkrieg, Victor Adler, Nationalitätenfrage, Militarismus, Friedensbewegung, Arbeiterbewegung, Klassenkampf, Parteiideologie, politische Strategie.
Für wen ist diese Arbeit bestimmt?
Diese Arbeit ist für den akademischen Gebrauch bestimmt und dient der Analyse der Themen in einer strukturierten und professionellen Art und Weise.
- Quote paper
- DI MMag Fabian Prilasnig (Author), 2015, Die politischen Parteien der Deutschösterreicher im Ersten Weltkrieg. Die Stellung der Sozialdemokratie zum „Großen Krieg“ (1914-1918), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295682