Ikonographische Analyse der Caprichos von Goya


Seminararbeit, 2013

35 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Emblematik in Spanien zu Zeiten von Goya

3 Untersuchung ausgewählter Blätter aus den Caprichos auf ihre ikonographischen Wurzeln
3.1 Capricho Nr. 19 - Todos caeràn (Alle werden fallen)
3.2 Capricho Nr. 56 - Subir y Bajar (Steigen und Fallen)
3.3 Capricho 43 - El sueno de la razón produce monstrous (Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer)

4 Fazit und Ausblick

5 Anhang
5.1 Literaturverzeichnis
5.2 Abbildungsverzeichnis
5.3 Abbildungen

1 Einleitung

Francisco de Goya veröffentlichte seine Caprichos (von italienisch Capriccio: Einfall, Laune) 1799 mit einem Umfang von 80 zeitkritischen Blättern. Sie wurden vor der Veröffentlichung im Diario de Madrid von Goya selbst angekündigt, aber zwei Tage nach der Veröffentlichung, nach nur wenigen verkauften Exemplren, wegen ihres kritischen Inhalts und Goyas Furcht vor der Inquisition wieder aus dem Verkauf genommen wurden. Goya prangert darin die Laster von Menschen aller Stände aus seiner Zeit an, kritisiert den Machtmissbrauch der Regierung und des Adels, gesellschaftlich damals aktuelle Themen wie Prostitution, Zwangsheirat, Aberglaube oder Korruption. Der Gegenstand dieser Seminararbeit sind ikonographische Untersuchungen zu einzelnen Blättern aus ebendiesem Radierzyklus von Francisco de Goya mit emblematischem Schwerpunkt. Es soll zunächst die Frage beantwortet werden, inwieweit Goya von spanischen oder außerspanischen Ikonologie- und Emblembüchern Kenntnis hatte. Danach sollen die Motive dreier Blätter aus dem Caprichos-Zyklus eingehend auf ihre ikonographischen und emblematischen Wurzeln zurückverfolgt werden. Das Ziel der Betrachtungen soll die Beantwortung der Frage sein, auf welche Weise Goya bereits bekannte Motive für sich und seine Kritik neu verwendet, kombiniert, umwertet und damit instrumentalisiert.

2 Emblematik in Spanien zu Zeiten von Goya

Die ausschließlich spanische Emblematik hat keine so beachtliche Entwicklung vollzogen wie beispielsweise die niederländische Emblematik. John Landwehr zufolge erscheint 1581 Juan de Borjas Empresas Morales (moralische Werke) in Prag; es gilt als das erste emblematische Werk eines spanischen Autors, wenn es auch nicht in Spanien erscheint. Die darin enthaltenen 100 Embleme werden fast ein Jahr später in Brüssel in neuer Auflage produziert.1 Das wohl berühmteste und in viele Sprachen übersetzte Idea de un principe politico cristiano2 von Diego de Saavedra Fajardo erscheint 1640 in der ersten Auflage in München, 1642 in korrigierter Ausgabe in Mailand und erst 1645 in der dritten Auflage in Valencia.3

Weiterhin nahmen einige ausländische Werke Einfluss auf die emblematische Rezeption in Spanien.4 ; Es sind zu nennen Cesare Ripas Iconologia,5 aus dem Italienischen unter anderem ins Spanische übersetzt, und das erste registrierte emblematische Werk Emblematum liber6 des italienischen Humanisten Andrea Alciati, das bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in mindestens 125 Ausgaben erschien.7 Die Übersetzungen, die Verbreitungsmöglichkeiten der Bücher und das dem Emblem eigene Format des Sich-selbst- erklärens ermöglichten ein universelles, länderübergreifendes Verständnis der Embleme in gebildeteren Kreisen.

Es liegt kein Beweis aus erster Hand dafür vor, Goya habe sich in seinen Gemälden und Grafiken direkt auf Embleme bezogen. Doch die Vermutung liegt nicht fern, wie George Levitine schreibt:

More and more, one tends to visualize the great Spaniard as a well-read artist, deeply interested in the literary developments of his time. It is still difficult to evaluate such a characterization of Goya, but whatever the time he devoted to his library, he very probably spent some of it […] turning the pages of illustrated folios and looking at the odd pictures of books of emblems and iconologies.8

Diese vage Theorie, Goya habe sich mit der Literatur und den Bildkünsten seiner Zeit und deren Ursprüngen beschäftigt, liegt nicht zuletzt wegen seines Standes als Hofkünstler nahe und lässt sich durch vergleichende Betrachtungen belegen, von denen einige beispielhaft im Folgenden vorgestellt werden.

Der Aufsatz „Goya’s Allegories of Fact and Fiction“ behandelt die Gemälde Allegorie auf die Poesie (Abb. 1) und Allegorie auf die Konstitution (Abb. 2). Der Autor Martin Soria untersucht die Gemälde mit dem Ziel, Parallelen zwischen Goyas allegorischen Darstellungen und Darstellungen aus Cesare Ripas Iconologia herauszuarbeiten: „The Bible of all artists from Guido Reni to David in matters emblematical or allegorial was Cesare Ripa’s Iconologia […] and it is the purpose of these lines to suggest that Goya, too, did use Ripa.“9 Zu diesem Zweck vergleicht er Ripas Poesia (Abb. 3) mit Goyas Allegorie auf die Poesie, wobei letzteres fast komplett mit Ripas Beschreibung der Figur übereinstimmt.10

Soria zieht die Verbindung zu Allegorie auf die Konstitution, das Allegorien von Spanien, Zeit, und Geschichte darstellt und das Goya anlässlich der Verfassung von Cádiz11 malte:

In both pictures Time plays an essential role. Both Poetry and History make men immortal: History by recording their deeds, Poetry by attending to things of timeless concern. […] and Goya’s Time impatiently pushes Spain forward into a new day.12

Auch Allegorie auf die Konstitution zeigt Orientierungen an Ripa, wobei Goya entscheidende Details wie die Farbe des Kleides der Geschichte. Laut Ripa soll diese „sich selbst nicht erlauben, verdorben (bestechlich) oder einer Gruppe ausgesetzt sein, die mit Falschheit in ihrem eigenen Interesse handelt, und deshalb ist sie in weiß gekleidet.“13 - Goya kleidet die Geschichte allerdings in grün und spricht ihr außerdem den Steinquader unter ihrem Fuß ab, der nach Ripa die immerwährende Ehrlichkeit (Stabilität) der Geschichte symbolisieren soll. Diese Umwertung von Ripas Ideal und die Tatsache, dass die Zeit Spanien mit ihrem Flügel beschützt und außerdem mit sich ziehen will, enthüllt nach Soria die Absichten Goyas: „This painting is a political satire, probably directed against the party of the Queen’s lover, the Prime Minister Godoy, whom Goya hated.“14

Natürlich ist Iconologia nicht Goyas einzige emblematische Quelle, und abgesehen vom deutlichen Bezug auf dieses Buch kann man dem Künstler eine umfassende Kenntnis der Kultur seiner Zeit nachweisen. Edith F. Helman diskutiert in „Padre Isla and Goya“ Bezüge auf den satirischen Roman „Fray Gerundio“ von Jose Francisco de Isla15. Sie schildert beispielsweise eine Szene, in der die Hauptperson sich aus allen möglichen christlichen Werken Sätze, Allegorien und Vergleiche heraussucht und, den einzelnen Sätzen einen neuen

Gesamtsinn gebend, wahllos zu einer Kanzelrede zusammensetzt, die die ganze Gemeinde zu naiven, hingerissenen Zuhörern macht.16 Sie vergleicht unter anderem diese Szene mit Capricho 53 (Que pico de oro! - Was für ein Goldschnabel! [Abb. 4]). Das Blatt zeigt einen Papagei, der einem ernsthaft leidenschaftlich zuhörenden Publikum Reden hält:

„There is, in fact, a striking resemblance between the humour of Padre Isla and that of Goya, in their manner of ridiculing, on the one hand, the stupidity and credulity of the listeners, and, on the other, the hypocrisy and charlatanism of the preacher.”17

Goya scheint seine Quellen sowohl in der Literatur, in der christlichen als auch in der profanen Kunst zu finden. E.H. Gombrich geht in „Imagery and Art of the Romantic Period“ auf Goyas Bezüge zu englischen Satiren- und Propagandadrucken ein18, ebenfalls gibt es nachgewiesene Parallelen zu Otto Van Veens Illustrationen der Emblemata Horatiana19. Weiterhin bezieht sich Goya, speziell in den Caprichos, auf moralische und satirische Bilderbögen, worauf in den folgenden Kapiteln noch eingegangen werden wird. Mit den vorliegenden Quellen an der Hand können einzelne Blätter der Caprichos auf ikonographische Bezüge untersucht und so entschlüsselt werden, um ein tieferes Verständnis des Radierzyklus zu ermöglichen.

3 Untersuchung ausgewählter Blätter aus den Caprichos auf ihre ikonographischen Wurzeln

3.1 Capricho Nr. 19 - Todos caeràn (Alle werden fallen)

Capricho Nr. 19 (Abb. 5) zeigt einen Baum, auf dem ein Wesen mit Vogelkörper und weiblichem Menschenkopf, offensichtlich ein Lockvogel, männliche Vogelwesen anlockt. Unterhalb des Baumes sitzen drei Frauen, die einem männlichen Vogelwesen die Federn ausrupfen und es ausnehmen. Eine der Frauen sieht mit gefalteten Händen zur Baumkrone und dem weiblichen Lockvogel hinauf: Es scheint, als warteten die Frauen darauf, dass noch mehr männliche Vögel dem Lockvogel zum Opfer fallen und dann hinabstürzen. Der Titel deutet auf die Unvermeidbarkeit des Schicksals der Vögel hin, ebenso der Prado-Kommentar:20 „Und dass die, die fallen werden, nicht lernen aus dem Beispiel derer, die gefallen sind! Aber es ist nichts zu machen, alle werden fallen!“21

Das Blatt wird als Anklage gegen die Prostitution gedeutet; sowohl gegen die Prostituierten, die ihre Freier im finanziellen Sinne ausnehmen, als auch gegen die Freier, die immer wieder auf die „Lockungen“ der Prostituierten hereinfallen. Für die Bestärkung der Interpretation und die dafür hilfreiche Rückverfolgung auf emblematische Quellen bieten sich bei Todos caeràn verschiedene Möglichkeiten der Annäherung.

Das Motiv des Lockvogels taucht nach Levitine vorrangig in moralischen Emblemen auf, die vor falschen Freunden warnen. Tatsächlich findet man beispielsweise bei Soto22 ein solches mit dem Motto Amicus Infidus (Der treulose Freund [Abb. 6]): Es ist ein Lockvogel in einem Vogelbauer dargestellt, der andere Vögel anlockt. Das Epigramm erklärt:

Der falsche Freund. - Auf das hinterlistige Rufen eines eingesperrten Vögleins hin fliegt ein freier Vogel raschen Flugs achtlos zu dessen Kerker. Darin eingesperrt und ganz verloren zeigt er mit aller Deutlichkeit, was falsche Freundschaft ist, die ein falscher Freund heuchelt.23

Parallel dazu findet ein ähnliches Motiv eines Vogelkäfigs Verwendung in Emblemen mit dem Thema Liebe. Sowohl in Philip Ayres „Emblemata Amatoria“24 als auch in Daniel Heinsius’ “Emblemata Amatoria”25 stößt man auf zwei sich sehr ähnelnde Darstellungen eines Vogels, der in einen Käfig fliegt, von Amor beobachtet (Abbildungen 7 und 8). Emblem Nr. 46 in Heinsius‘ Buch trägt das folgende Epigramm:

Weil ich mich selbst gebunden habe. - Als ich frei war, hatte ich ein großes Verlangen: Ich wollte gefesselt werden und gefangen sein. Ich sah mir das Lieben an, es war ein liebliches Spiel; wohin ich auch schaute, es ging überall gleich gut zu. Ich sah mir die Liebenden an, ich sah sie Küsse

wechseln und süße Wörtchen reden; ich dachte, das wäre mein Leben, mich deuchte, es ginge so schön. Aber nun ich gefangen bin, werde ich erst gewahr, wie es eigentlich darum steht.26

Das Motiv des Vögelfangens wird ebenfalls aufgegriffen in Jost Ammans Wappen- und Stammbuch (Abb. 9) Im Hintergrund der Darstellung sind Männer mit Flügeln und der Kopfbekleidung des Hofnarren auf einen Vogelbauer zufliegend dargestellt. Einige fallen herunter und verlieren ihre Flügel, ihre Waffen und ihre Kleidung. Im Vordergrund steht eine junge Frau und unterstreicht mit einer Zeigebewegung das, was in den Versen steht:

Der Buler Narrheyt. - Wer Bulschafft übt dem wohl ansteht / Ein Narzen kapp auf seim Paret / Der Schellen klang sich oben thut / Sie fliehen daher mit grossem Muht. / Der Seckel ist mit Gold beschwert / O wie bald wird er fein gelert. / Wan nun die Feder fein geropt / Falln sie herab / werden zu Spot.27

Jedes der drei oben genannten Epigramme behandelt eine Art von Täuschung; Goyas Capricho 19 weist sowohl in der Komposition als auch in der Beziehung von Bild (Vogelfang) und Bedeutung (In die „Fänge“ von jemandem - hier der Prostituierten - geraten) große Ähnlichkeiten mit den Emblemen auf.

Eine andere Herangehensweise bietet der Blick auf Martin Warnkes Aufsatz „Goyas Gestern“. Warnke kritisiert an den von Levitine genannten Emblemen, dass dort keine Bäume zu sehen seien wie in Capricho Nr. 19. Er sieht eine ebenso wahrscheinliche Quelle in den sogenannten „Wunder-Bäumen“, (beispielhaft Abb. 10 und 11) ein metaphorisch-satirischer Vergleich von Liebesbeziehungen mit guter Aufzucht und Ernte:

A tree bears in its branches numerous young men or women, who talk, play musical instruments, sew, write or play games, while members of the opposite sex act as gardeners, hoeing and watering the tree, and trying to shake or drag down its attractive fruits. In its seventeenth-century applications the motif is a natural enough allegory on the ardours and risks of courtship: the tree must be carefully tended if the desired fruit is to be obtained […].28

Die ausgesprochene Mahnung, den metaphorischen Baum gut zu pflegen, deckt sich zwar auf der moralischen Bedeutungsebene nicht mit Goyas bildhafter Kritik, zeigt aber vor allem Ähnlichkeiten im Bildaufbau. Levitines und Warnkes Theorien widersprechen sich nicht, sie ergänzen sich eher: Denn Goya kann beide Motive gekannt und, um ihrer beider Bedeutungen wissend, miteinander kombiniert haben.29

Zum Motiv des weiblichen Lockvogels muss noch einmal zurückgekehrt werden. Die Verwachsung von einem Vogelkörper mit einem Menschenkopf lässt auf eine Harpyie (Abb. 12) schließen, eine Greifvogelart und, verwachsen mit einem Menschen, ein Wesen aus der griechischen Mythologie, die unter Zeus‘ Befehl Menschen töteten oder quälten; Goya könnte, wie auch im Aufsatz Goyas Allegories of Fact and Fiction nahegelegt, s.o., hier ebenfalls auf griechische Sagen zurückgegriffen haben. Harpyien finden sich auch in spanischen Bilderbögen30 (Abb. 13), auf die Goya oft zurückgegriffen hat.31

Es sei noch zu erwähnen, dass in der Literatur vermutet wird, der weibliche Lockvogel sei eine Darstellung der Herzogin von Alba, mit der Goya eine unglückliche Liebesaffäre gehabt haben soll32, und im männlichen Vogel, der sich in Todos caeràn an ihr festhält, sei Goya selbst zu erkennen. Fest steht, dass Goya die Herzogin von Alba oft porträtiert hat, zureichende Quellen über deren Beziehung sind jedoch nicht zu finden. Doch obwohl sich hier nicht auf eine solch gewagte Deutung festgelegt werden soll, würde der allgemeine Fatalismus, der sich im Titel und im Prado-Kommentar ausdrückt, auch auf diese spezielle Interpretation zutreffen. Das

Motiv des Hühnerrupfens allerdings kommt in vielen anderen Caprichos auch vor, die Bedeutung muss also vorrangig auf Dinge gelegt werden, die nicht Goya selbst betreffen.

Der Ausstellungskatalog „The Changing Image“ weist auf eine ähnlich satirische Malerei des Grafikers Thomas Rowlandson hin (Abb. 14), die darstellt, wie zwei kokette Frauen einen alten, sehr dicken Mann umwerben; erwähnt aber auch, was durch die ikonographische Untersuchung belegt werden kann: Während Rowlandsons Graphik das Thema eher leichtherzig aufnimmt, ist bei Goyas Todos caeràn von einer Satire zu sprechen, die ernsthafte Kritik übt.33

3.2 Capricho Nr. 56 - Subir y Bajar (Steigen und Fallen)

Subir y Bajar (Abb. 15) zeigt in mystischer Atmosphäre ein Wesen mit Ziegenbeinen und - hörnern, das auf etwas wie einer Kugel oder einem Ball sitzend das Gleichgewicht zu halten versucht und einen mit Schwert und Offiziersjacke dekorierten Mann in die Höhe hebt, der keine Hosen trägt. Im dunklen Vorder- und Hintergrund fallen zwei Männer herunter, deren Gesichter man nicht erkennt. Das Haar und die Hände des Mannes rauchen, er lacht und ist sich offenbar nicht seines laut des Prado-Kommentars nahenden Falls bewusst: „Das Glück (Fortuna) behandelt diejenigen, die ihm den Hof gemacht haben, sehr schlecht. Die Mühe des Kletterns belohnt es mit Rauch und bestraft mit Sturz denjenigen, dem das Aufsteigen gelungen ist.“34 Das rechte Ohr des erhobenen Mannes in Capricho 56 ist durch ein Eselsohr ersetzt. Eselsohren als Zeichen von Dummheit gehen auf König Midas zurück, der sich in einem musikalischen Wettstreit zwischen Apollon und Pan als Richter für Pan entschied und für diese Entscheidung von Apollon Eselsohren bekam35 (beispielsweise Abb. 16). Vornehmlich wird das Blatt als eine Aussprache gegen den damaligen ersten Staatsminister und Liebhaber der spanischen Kronprinzessin gewertet - Godoy, der, kurz nach seinem Aufstieg zum Friedensfürst durch erfolgreiche Verhandlungen mit Frankreich, wieder ersetzt wurde:

By 1798 Godoy had become a general, then Prime Minister, and finally, had been given the title, Prince of Peace. In his hands was the real government of Spain. On March 28, 1798, he lost his offices and was replaced by two ministers, one of them Goya’s friend, Jovellanos. They, in turn, were dismissed the following August, and Godoy’s power was felt again. Enlightened intellectuals were galled that the quality of Spanish government should seem dependent on the Queen’s amourous involvements.36

Die Unbeständigkeit der spanischen Regierung und die scheinbare Zufälligkeit, mit der die

Minister ernannt und wieder abgesetzt wurden: Der geschichtliche Hintergrund führt zurück zum Titel des Blattes.

Fortuna ist in Jost Ammans Wappen- und Stammbuch, auf welches im vorherigen Kapitel schon Bezug genommen wurde, als eine junge Frau mit einem Segel und einem Globus, auf dem sie thront, als Attributen dargestellt (Abb. 17). Der Beitext, der Goyas Subir y Bajar eindeutig als Darstellung einer Fortuna zu identifizieren scheint, lautet:

FORTUNA. - Auf einer runden Kugel ich steh. / Den Wind lass frei ins Segel gehn. / Wo mich der selb hintreiben thut / Da mach ich bald ein frischen Mut. / Doch oberheb dich nicht zu sehr / Mein Kugel und Rad [Das Rad der Fortuna, hier nicht dargestellt; wie die Kugel ein Symbol des Unsteten, Anmerkung J.R.] ich bald umkehr. / Aus Leid ich bald groß Freud tu machen / Aus Freud auch Leid in allen Sachen.37

Goya personifiziert Fortuna als ein ziegenfüßiges Wesen, das einem Satyr38 ähnelt. Die Kugel, auf der es sitzt, kann sowohl als Globus der Fortuna als auch als Weltkugel des Allgottes Pan identifiziert werden:

[...]


1 Landwehr 1976, S. XI.

2 Das Buch mit der deutschen Übersetzung „Ein Abriss eines Christlich-Politischen Pryntzens“ enthält ein einführendes und, folgend, 101 nummerierte Embleme. Jedes Emblem besteht aus einem Bild und einem teilweise mehrere Seiten langen Prosatext. Das Buch ist dem spanischen König gewidmet. Henkel/Schöne 1978, S. LI - LII.

3 Praz 1947, S. 146-147.

4 Durch die reproduzierbare Technik, die Übersetzungen ins Lateinische - wodurch ein Universalverständnis der Texte unter dem gebildeten Volk aus dem romanischen Raum ermöglicht wurde - und in viele romanische Sprachen verbreiteten sich einzelne Emblembücher im gesamten romanischen Raum. Levitine 1959, S. 106; Landwehr 1976, S. X.

5 1603 erschien die erste illustrierte Auflage in Rom. In 151 Bildern sind Tugenden, Lastern, Künsten, Wissenschaften und anderen abstrakten Begriffen und Eigenschaften Gestalten und Personen zugeordnet, basierend auf römischen und griechischen Quellen. Ripa hält sich dabei an den menschlichen Körper als Maß aller Dinge und bezeichnet diese Bedeutungszuordnungen als „Bilder, die gemacht sind, um eine andere Sache zu bezeichnen, als die, die man mit den Augen sieht“. Vgl. Büttner/Gottdang 2009, S. 151 und Praz 1947, S. 139-141.

6 Die erste Version erschien 1531 in Augsburg, bestehend aus 98 Emblemen, woraufhin mehrere erweiterte Versionen folgten. Praz 1947, S. 5f.

7 Büttner/Gottdang 2009, S. 140.

8 Vgl. Levitine 1959, S. 107.

9 Vgl. Soria 1948, S. 196.

10 „Eine schöne, junge Frau, in Himmelblau gekleidet, mit vielen Sternen auf ihrem Gewand, mit Lorbeeren gekrönt, ihre nackte Brust mit Milch gefüllt zeigend, ihr Gesicht leidenschaftlich und nachdenklich.“ Originaltext vgl. Ripa 1767, Band IV, S. 390.

11 Als Napoleon 1808 Spanien während eines Durchmarsches besetzte und seinen Bruder Joseph auf den spanischen Thron setzte, bildete sich eine Art spanische Gegenregierung im nichtbesetzten Teil Spaniens, aus der die Verfassung von Cádiz hervorging. Diese Verfassung deklarierte verschiedene Rechte und Regeln der Gesetzesgebung, um eine fortschrittliche Regierung und ein wohlhabendes Spanien zu garantieren. Vgl. Stefan Rinke: Revolutionen in Lateinamerika. Wege zur Unabhängigkeit 1760 - 1830, Beck Verlag München 2010, S. 134ff.

12 Vgl. Soria 1948, S. 199.

13 Vgl. Ripa 1767, Band V, S. 234 (vgl. dort auch Originaltext)

14 Vgl. Soria 1948, S. 199.

15 Voller Titel: Historia del famoso predicador Fray Gerundio de Campazas, alias Zotes. Herausgegeben in der ersten Version 1758 in Madrid. Die Hauptperson ist Fray Gerundio, der Kanzelredner wird. Der Roman verspottet die aufgeblasene, aber leere Kanzelrhetorik des mächtigen Religionssystems seiner Zeit. Es erregte sehr kurz nach seinem Erscheinen großes Aufsehen und Anfeindungen, sodass das Buch auf den Index kam und somit von der Inquisition verboten wurde, was die heimliche Verbreitung nicht aufhalten konnte. Für weiterführende Literatur Klaus-Dieter Ertler: Kleine Geschichte der spanischen Aufklärungsliteratur, Narr Verlag 2003, S.107f.

16 Helman 1955, S. 152.

17 Vgl. Helman 1955, S. 155.

18 „Goya sought social justification for his fantastic visions by pouring them into the pre-existing mould of satirical art. […] He was also forced to exploit the twilight region of the grotesque for camouflaging his political comments in the guise of mere Caprichos and the dreams of a fevered brain.” Vgl. Gombrich 1949, S. 158.

19 Glendinning, Nigel: Goya and Van Veen. An Emblematic Source for Some of Goya’s Late Drawings, in: The Burlington Magazine, Vol. 119, No. 893 (August 1977), Seiten 566 und 568-571.

20 Der Ausstellungskatalog der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe bringt zu jedem einzelnen Capricho drei jeweils noch erhaltene „Kommentare“, die jedes Blatt erklären oder interpretieren. Einer der Kommentare, der Prado-Kommentar (nach seinem Aufbewahrungsort benannt) ist möglicherweise von Goya selbst und versucht oft, die Aussagen der Blätter zu verschleiern oder allgemein zu halten. Der sog. Ayala-Kommentar und der Kommentar im Besitz der Nationalbibliothek in Madrid schreiben Goya meist zeitkritische Intentionen zu. Ausst.-Kat. Karlsruhe 1976/1977.

21 Vgl. Ausst.-Kat. Karlsruhe 1976/1977, S. 49.

22 Hernando de Soto: Emblemas Moralizadas por Hernando de Soto. Die einzig bekannte Ausgabe erschien 1599 und enthält 60 nummerierte Embleme. Praz 1947, S. 156.

23 Vgl. Henkel/Schöne 1978, S. 751 (vgl. dort auch Epigramm in Originalsprache).

24 Das Buch mit dem vollen Titel „Emblemata Amatoria. Emblems of Love. Emblemi d’Amore. Emblemes d’Amour. In four languages. Dedicated to the Ladys” erschien 1683 in London und beinhaltet 44 Embleme.

25 Erschienen vermutlich das erste Mal 1606 in Amsterdam; beinhaltet 24 Embleme.

26 Vgl. Henkel/Schöne 1978, S. 756f. (vgl. dort auch Epigramm in Originalsprache).

27 Vgl. Amman 1881, S. 101. Ein ähnliches Motiv bietet de Brys Proscaenium vitae humanae, hier nicht abgebildet, mit dem Motto: „Sobald die einen weg sind, werden die Anderen nach der Art der Tauben kommen und ebenfalls fallen“, ein möglicher Titelbezug vonseiten Goyas.

28 Vgl. Coupe 1966, S. 179. / Kapitel Trees: Das Motiv taucht auch in Emblemen von de Bry auf, siehe Johann Theodor de Bry: Emblemata Saecularia, Emblem Nr. XLIV, Arbor Virginisera.

29 Warnke weist ebenfalls auf eine Verbindung einer Graphik aus der Zeit der französischen Revolution hin, die die Jagd auf Geistliche darstellt, die in den Bäumen sitzen und mit Waffen bedroht werden, damit sie herunterkommen. Der Ayala-Kommentar schreibt zu Capricho 19: „Alle Arten von hässlichen Vögeln, Soldaten, Bürgern, Mönchen fliegen zu einer Dame, einer halben Henne, sie fallen und die Frauen ziehen sie an ihren Flügeln herunter, machen sie erbrechen und rupfen ihnen die Federn aus.“ Dieser Kommentar, der deutlich macht, dass Männer aus allen Ständen auf die Prostituierten hereinfallen, lässt laut Warnke in Kombination mit der o.g. Graphik an die allegorischen Ständebäume denken. Jedoch weisen das genannte französische Blatt und Todos caeràn derart große inhaltliche Differenzen auf, dass bei einer Herstellung einer Querverbindung auf der Grundlage der Anwesenheit eines Baumes Vorsicht geboten ist.

30 Als Unterhaltung und Erziehung für die breite Masse gedachtes, auf billiges Papier gedrucktes Bildmaterial im 18. und 19. Jahrhundert. Hauptdruckorte waren Deutschland und Frankreich.

31 Ausst.-Kat. Karlsruhe 1976/1977; beispielsweise Capricho Nr. 2.

32 Beispielsweise Ausst.-Kat. Karlsruhe 1976/1977, S. 49.

33 Vgl. Ausst.-Kat. Boston/Ottawa 1974/1975, S. 83

34 Vgl. Ausst.-Kat. Boston/Ottawa 1974/1975, S. 111 (vgl. dort auch Kommentar in Originalsprache).

35 Henkel/Schöne 1978, S.1605; das Buch verweist auf ein Emblem in Picta Poesis. Ut pictura poesis erit von Barptolemaeus Anulus auf S. 91; weitere Informationen in Henkel/Schöne 1978, S. XXXVf.

36 Vgl. Ausst.-Kat. Boston/Ottawa 1974/1975, S. 110

37 Vgl. Amman 1881, S. 69.

38 Satyre sind lüsterne Gestalten der griechischen Mythologie, die Nymphen verführen. Sie werden oft mit Ziegenschwänzen, -hufen oder -hörnern dargestellt. Der Gott Pan hat das Aussehen eines Satyrs.

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Ikonographische Analyse der Caprichos von Goya
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Institut für Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Hispoamerikanische Kunst
Note
1,0
Jahr
2013
Seiten
35
Katalognummer
V295908
ISBN (eBook)
9783656941200
ISBN (Buch)
9783656941217
Dateigröße
4252 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ikonographische, analyse, caprichos, goya
Arbeit zitieren
Anonym, 2013, Ikonographische Analyse der Caprichos von Goya, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295908

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