Die "Soziale Frage" im 19. Jahrhundert


Hausarbeit, 2012

13 Seiten, Note: 1,7

Lena Lindemann (Autor:in)


Leseprobe

Inhalt

1 Einleitung

2 Die Situation der Arbeiter zur Zeit der „Sozialen Frage“ im 19. Jahrhundert

3 Die Arbeiterbewegung

4 Das Sozialistengesetz

5 Der staatliche Lösungsansatz der „Sozialen Frage“ - Die Sozialgesetzgebung Bismarcks

6 Die kirchliche Sicht als ein weiterer Lösungsansatz der „Sozialen Frage“
6.1 Die Katholiken und die „Soziale Frage“
6.2 Die Protestanten und die „Soziale Frage“

7 Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Als soziale Frage wird die Summe der ökonomischen Probleme, die aus der industriellen Revolution resultieren und damit das bürgerliche Leben im 19. Jahrhundert, dem Zeitalter der Industrialisierung, prägen, bezeichnet.“1 Die sozialen Probleme wurden von den jeweiligen Bevölkerungsgruppen allerdings aus unterschiedlicher Perspektive gesehen. So seien aus Sicht des Besitzbürgertums die fehlende Moral, die Trunksucht und die Faulheit der Arbeiter verantwortlich für die sozialen Probleme. Teile des Bildungsbürgertums mit sozialistischer politischer Gesinnung waren hingegen der Meinung, dass das Problem auf die Klassenunterschiede zwischen Bürgertum und Arbeiterklasse zurückzuführen sei. Die Arbeiter wiederum waren nicht an den Ursachen der Probleme interessiert. Sie beschäftigte im Gegenteil insbesondere vielmehr die Beseitigung der Symptome. So war eine für alle Beteiligten zufriedenstellende einheitliche Lösung der sozialen Probleme aufgrund ihrer divergenten Vorstellungen nicht zu erreichen.2 In dieser Arbeit wird exemplarisch auf die Lösungsansätze der katholischen als auch der protestantischen Kirche, sowie auf die des Staates eingegangen.

2 Die Situation der Arbeiter zur Zeit der „Sozialen Frage“ im 19. Jahrhundert

Aufgrund der Landflucht, die mit der beginnenden Industrialisierung einsetzte, waren die Städte zunehmend heillos überfüllt und wucherten immer mehr und mehr planlos nach außen. Dies hatte zur Folge, dass wenige ein Obdach fanden und somit viele in den Armenvierteln ohne eine feste Behausung schlafen mussten. Dennoch lebten selbst in den „besseren“ Arbeitersiedlungen oft mehrere Familien auf engstem Raum miteinander. Auch die hygienischen Bedingungen waren schlecht. In Deutschland gab es anfangs keine Spülklosetts, diese gab es erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie wurden allerdings von mehreren Häusern zugleich benutzt und befanden sich in den Hinterhöfen oder Seitengassen. In Rinnsteinen, die später in offene Kanäle und Flüsse mündeten, wurden Abwässer und Abfälle entsorgt. Aus öffentlichen Brunnen und Zisternen gab es Trinkwasser. Diese waren jedoch oft so verdreckt, dass das Trinken dieses Wassers lebensgefährlich war. So kam es, dass es fast in jeder größeren Stadt Cholera-Epidemien gab, wie zum Beispiel in London im Jahre 1849. Die Lebenserwartung zu dieser Zeit lag lediglich bei unter 50 Jahren. Diese Tatsache und die schlechte Gesundheit der Menschen waren jedoch nicht nur der schlechten öffentlichen Hygiene, sondern auch den Produktionsmethoden der Fabriken geschuldet. So waren damals Diphtherie, Tuberkulose und Keuchhusten vorherrschende Krankheiten. Die heute unvorstellbar zumutbaren Lebensbedingungen zur Zeit des Beginns der Industrialisierung wurden jedoch nicht nur durch die Landflucht und in Zusammenhang damit auch durch die eruptionsartige Bevölkerungszunahme in den Städten bedingt, sondern auch durch die wiederum sich daraus ergebende hohe Arbeitslosigkeit, die aus einem nun bestehenden Überangebot an Arbeitskräften resultierte. Als Folge daraus sanken die Löhne, sodass arbeiten zum tagtäglichen Wagnis wurde. Denn wer krank wurde oder sich verletzte war ohne Einkommen und somit brotlos. Man war in einem solchen Fall dann mittellos und auf das Erbarmen anderer angewiesen. Doch nicht selten lag die Existenz der Familie auch in den Händen der Frauen und Kinder, die ebenfalls in den Fabriken arbeiten mussten, damit die Familie ernährt werden konnte.3

Bild 1 zeigt eine Baracke einer obdachlosen Familie am Stadtrand von Berlin (1872).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2 zeigt Frauen und Kinder bei der Arbeit in einer Baumwollspinnerei um 1835.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle beider Bilder: http://www.muenster.de/~gberg/ASozFrage.html (Letztes Abrufdatum: 12. März 2012).

3 Die Arbeiterbewegung

Da die Arbeiter im Krankheitsfall, bei Unfällen und Arbeitslosigkeit nicht versichert waren, bezogen sich die Forderungen der Arbeiterbewegung besonders auf soziale Maßnahmen. Häufig brachten sie ihre Anforderungen auch durch Streiks zum Ausdruck. Die nichtvorhandene Absicherung der Arbeiter bedeutete für einige bei einem Arbeitsausfall meistens auch den Verlust ihrer Existenzgrundlage und trieb ihre Familien somit letztlich auch in den Ruin. Aufgrund dessen wurden die Forderungen nach Schutz vor dem Abstieg in die soziale Armut immer unüberhörbarer, sodass Bismarck ab 1883 mit der Einführung von Sozialgesetzen auf die Appelle der Arbeiter reagierte, da er erkannt hatte, dass ein staatliches Eingreifen aufgrund der unübersehbaren sozialen Not in Deutschland unbedingt vonnöten war. Zugleich war Bismarcks Intention hinter der Sozialgesetzgebung zum einen die Entfremdung der Arbeiter von der Sozialdemokratie und zum anderen die Bindung der Arbeiter an den Staat. Die Einführung des Achtstundentags, was das Hauptziel der Arbeiterschaft war, konnte allerdings erst mittels der Revolution im Jahre 1918/19 durchgesetzt werden.4

4 Das Sozialistengesetz

„Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gründeten sich in vielen Staaten Europas Arbeitervereine und -parteien, die sich für die Arbeiterbewegung zu einer schlagkräftigen Interessenvertretung entwickelten. (…) Wie in Großbritannien, Frankreich und anderen industriell aufstrebenden Nationen herrschte auch im deutschen Bürgertum und beim Adel eine ausgeprägte Furcht vor revolutionären Bestrebungen und gewaltsamen Umsturzversuchen der stetig wachsenden Arbeiterbewegung. Die Sozialdemokratie löste Mitte der 1870er Jahre in Deutschland den politischen Katholizismus daher als "Reichsfeind Nummer eins" ab.“5 Am 19. Oktober 1878 wurde mit der Stimmenmehrheit der Konservativen und der Nationalliberalen das Gesetz "wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" vom Reichstag verabschiedete. Mit dem sogenannten Sozialistengesetz sollte der zunehmende Einfluss der Arbeiterbewegung in Politik und Gesellschaft mithilfe von polizeistaatlichen Mitteln gestoppt werden. Außerdem wollte man so die sozialdemokratischen Strukturen die im Laufe der Zeit entstanden waren zerstören. So waren sozialistische Parteien, Organisationen, Druckschriften sowie politische Versammlungen verboten.6 „Mit Gesetzen und polizeistaatlichen Verfolgungsmaßnahmen konnten sozialistische Ideen aber nicht unterdrückt werden. Das Sozialistengesetz verstärkte vielmehr die Opposition der Arbeiterbewegung gegenüber dem konservativen Staat und stärkte das Klassenbewusstsein von Arbeitern. (…) Die Sozialdemokratie zu zerschlagen, gelang Bismarck mit dem bis 1890 immer wieder verlängerten Sozialistengesetz nicht.“7

[...]


1 Dietrich, Carola / Burchard, Annika: Soziale Frage im 19. Jahrhundert. In: http://www.geschi.de/artikel/sozfrage19j.shtml (Letztes Abrufdatum: 12. März 2012).

2 Vgl. Dietrich, Carola / Burchard, Annika: Soziale Frage im 19. Jahrhundert. In: http://www.geschi.de/artikel/sozfrage19j.shtml (Letztes Abrufdatum: 12. März 2012).

3 Vgl. Frevel, Bernhard / Dietz, Berthold: Sozialpolitik kompakt. 2., aktualisierte Auflage. Wiesbaden 2008. S. 18f. Für weitere ausführlichere Informationen vgl. dazu auch: Fischer, Wolfram: Armut in der Geschichte. Erscheinungsformen und Lösungsversuche der „Sozialen Frage“ in Europa seit dem Mittelalter. Göttingen 1982. S. 63-78.

4 Vgl. http://www.dhm.de/lemo/html/kaiserreich/innenpolitik/arbeiterbewegung/index.html (Letztes Abrufdatum: 12. März 2012).

5 http://www.dhm.de/lemo/html/kaiserreich/innenpolitik/sozialistengesetz/index.html (Letztes Abrufdatum: 12. März 2012).

6 Vgl. http://www.dhm.de/lemo/html/kaiserreich/innenpolitik/sozialistengesetz/index.html (Letztes Abrufdatum: 12. März 2012).

7 http://www.dhm.de/lemo/html/kaiserreich/innenpolitik/sozialistengesetz/index.html (Letztes Abrufdatum: 12. März 2012).

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Details

Titel
Die "Soziale Frage" im 19. Jahrhundert
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta  (Lehrstuhl für Geistes- und Kulturwissenschaften Abteilung für Kulturgeschichte und vergleichende Landesforschung)
Veranstaltung
GS-10.1: Lebenswelten von Arbeitsmigranten im Kaiserreich 1871 – 1918
Note
1,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
13
Katalognummer
V296184
ISBN (eBook)
9783656959212
ISBN (Buch)
9783656959229
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
soziale, frage, jahrhundert, 19. jahrhundert
Arbeit zitieren
Lena Lindemann (Autor:in), 2012, Die "Soziale Frage" im 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/296184

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