Die Bild-Zeitung in der Ära Adenauer - ein unpolitisches Blatt?


Seminararbeit, 2004

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historische Einführung

3. Die Medienpolitik Konrad Adenauers

4. Grundlagen für eine politische Linie der Bild-Zeitung
4.1 Hinweise für eine parteipolitische Ausrichtung des Axel Springer Verlags
4.2 Das politische Selbstverständnis des Verlags

5. Untersuchung der Politisierung anhand von Quellen
5.1. Politische Berichterstattung von „Bild“ 1952
5.2. Berichterstattung in der Wahlkampfphase 1953
5.3. Berichterstattung in der Wahlkampfphase 1957
5.4 Berichterstattung in der Wahlkampfphase 1961

6. Fazit / Zusammenfassung

7. Quellen / Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der Zeitungslandschaft der Nachkriegszeit hat es keine überregionale Tageszeitung gegeben, deren Auflage und Erfolg mit der „Bild“-Zeitung vergleichbar ist. Ihr Verleger Axel Springer hatte seit 1952 mit seinem Blatt schnell mehr erreicht, als er selbst je ahnte.

Zudem wurde die Zeitung in eine Zeit hineingeboren, die politisch, wirtschaftlich und sozial von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung des vom Dritten Reich so gebeutelten Deutschlands war. „Bild“ verstand sich, wie ihr Verleger, als das „Sprachrohr“ des kleinen Mannes. Die Nachfrage des Volkes nach politischer Information galt als besonders gering in den fünfziger Jahren.

Die vorliegende Arbeit soll klären, inwiefern die Haltung der Bild-Zeitung in der Ära Adenauer tatsächlich unpolitisch war und ob die politische Haltung des Blattes einem Wandel unterlag. Wenn ja, von welchen Faktoren hing ein solcher Wandel ab und wie sah dessen Verlauf aus?

Im Folgenden soll nach einer historischen Einführung zunächst auf die politische Entwicklung Axel Springers und deren Einfluss auf „Bild“ eingegangen werden. Dazu dient die Darstellung aus der aktuellen Literatur.

Im zweiten Teil der Arbeit erfolgt eine Untersuchung der politischen Berichterstattung von „Bild“. Als Quellen dienten dafür die Ausgaben aus dem Zeitraum Juli bis Dezember 1952, sowie der Ausgaben, die in etwa den Zeiträumen der Wahlkämpfe 1953, 1957 und 1961 entsprechen. Um einen allgemeinen Eindruck der politischen Berichterstattung zu erlangen, wurde zunächst der Zeitraum im Jahr 1952 ausgewählt. Objekt der Untersuchung sind darauf folgend die Wahlkämpfe, da an ihnen einfach zu erkennen ist, welche Parteien in der Berichterstattung bevorzugt, welche benachteiligt werden und wie „Bild“ das Thema generell aufarbeitet.

Die Wahljahre werden schließlich einzeln analysiert und verglichen. Ziel der Untersuchung ist es zu klären, ob sich Hinweise für eine politische Haltung der „Bild“ ergeben und ob ein Wandlungsprozess erkennbar ist. Des Weiteren soll geklärt werden, ob sich die Ergebnisse der Quellenanalyse mit den Darstellungen in der Literatur decken.

Aktueller Forschungsstand

Eine konkrete Untersuchung der Politisierung der Bild-Zeitung anhand von gedruckten Ausgaben existiert nach Recherche des Verfassers nicht. Die politische Haltung Axel Springers hingegen, die in gewissem Maße auf seine Zeitungen übertragbar ist, wird in mehreren Werken erwähnt und besprochen. Michael Jürgs greift in „Der Fall Axel Springer – Eine deutsche Biografie“ das Thema Politik auf, bezieht sich hier aber fast ausschließlich auf Springer als Person. Hans Dieter Müller behandelt in „Der Springer-Konzern. Ein kritische Studie“ eher die Wirkung von „Bild“, weniger die Entwicklung ihrer politischen Haltung.

Eine ausführliche und präzise recherchierte Arbeit über den Axel Springer Verlag bietet Gudrun Kruip in „Das ‚Welt’-‚Bild’ des Axel Springer Verlags“. Zwar geht sie ebenfalls nicht von Ausgaben der „Bild“ aus, dennoch enthält sie eine differenzierte Einschätzung der politischen Entwicklung Axel Springers, die in Teilen auch eine Übertragung auf seine Zeitungen zulässt. Kruip hat sich für ihr Werk auch den Methoden der Oral History bedient, was in einigen Aspekten eine differenziertere Darstellung ermöglichte. Die Arbeit von Gudrun Kruip dient daher in einigen Kapiteln als Basis, um der Untersuchung der „Bild“-Ausgaben das notwendige Fundament zu verleihen.

2. Historische Einführung – Die Ära Adenauer

Die frühe Phase der neuen Bundesrepublik, die im August 1949 durch die Wahl des ersten Deutschen Bundestages begann, ist bis heute von großer historischer Bedeutung. Unter dem ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer, dessen Amtszeit fast vier Legislaturperioden dauerte, bildeten sich wichtige Strukturen der Innen- und Außenpolitik heraus, die für die politische Linie der Bundesrepublik grundlegend waren.[1] Diese sollen im Folgenden kurz skizziert werden, um den historischen Hintergrund dieser Arbeit zu verdeutlichen.

Als führender Vertreter des weltoffenen politischen Katholizismus und Kölner Oberbürgermeisters in der Weimarer Republik verkörperte Konrad Adenauer sowohl individuelle als auch politische Werte, mit denen sich die Mehrheit der Deutschen nach den Erfahrungen des Dritten Reichs identifizieren konnte.[2]

Da er sich bereits vor 1933 deutlich von den Nationalsozialisten und deren Ideologie distanzierte und von dieser Linie auch während des Hitler-Regimes nicht abwich, sahen auch die alliierten Besatzungsmächte in Adenauer 1949 einen geeigneten Kandidaten der Christdemokraten.

In den ersten vier Jahren der neuen Republik formte sich in relativ kurzer Zeit das soziale System des Pluralismus, in dem sich im Wesentlichen eine starke Einheitsgewerkschaft und die einflussreichen Verbänden der Unternehmer und der Industrie gegenüberstanden. Gleichzeitig konzentrierte sich das Parteiensystem, indem die CDU/CSU durch den Erfolg Adenauers zum Schnittpunkt aller bürgerlichen Wähler, ausgenommen der Liberalen, wurde.[3]

Eine wichtige internationale Rahmenbedingung, die die Innen- und Außenpolitik der deutschen Regierung maßgeblich beeinflusste, bestand in dem Ausbruch des Korea-Krieges Mitte 1950, der zum einen den Ost-West-Konflikt verschärfte und somit die Integration Deutschlands in die westliche Staaten unterstützte. Zum anderen führte der Krieg im Osten zu einem wirtschaftlichen Boom, der bis in die sechziger Jahre andauern sollte. Die von der CDU betriebene Wirtschaftspolitik bestand in einigen strukturellen Änderungen, wie zum Beispiel der Verminderung der Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigen oder die Ersetzung von Kohle durch Erdöl im Bereich der Energiegewinnung. Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die durch die außenpolitische Situation der Westintegration und den Wirtschaftsaufschwung begünstigt wurden, führten dazu, dass der Notstand und die Folgen des Krieges in Bezug auf die Materielle Situation der Deutschen weitgehend überwunden werden konnten.[4]

Der bereits erwähnte Begriff der Westintegration kennzeichnet die wohl wichtigste außenpolitische Strategie der Regierung Adenauers.

Grundlage für die Strategie der Westintegration waren die machtpolitischen Gegensätze zwischen den Westmächten und der Sowjetunion. Nach Ansicht Adenauers war es unmöglich, Deutschland aus diesem Konflikt herauszuhalten. Daraus ergab sich für ihn die Notwendigkeit, eine eindeutige Position zu beziehen. Bundeskanzler Adenauer war sich bewusst, durch die Strategie der Westintegration die Teilung Deutschlands möglicherweise in Kauf zu nehmen. Von einer vorrangigen Integration in den Westen versprach er sich eine Unterstützung der Westmächte für die Deutschlandpolitik der Bundesregierung. Von der Stärke des Westens versprach sich Adenauer eine Verhandlungsbereitschaft der Sowjetunion im Hinblick auf die Wiedervereinigung. In diesem Zusammenhang kam es innenpolitisch zu einem Konflikt mit der SPD-Opposition unter Kurt Schumacher, die die Anlehnung an den Westen ablehnten und zudem in Adenauers Politik eine fehlende Initiative für die Wiedervereinigung Deutschlands sahen. Dieses Thema beherrschte die deutsche Politik seitdem bis zum Ende der fünfziger Jahre.

Eine weitere Zielsetzung der Westintegration bestand für Adenauer in der Positionierung Deutschlands zu einem den Westmächten gleichberechtigten und wirtschaftlich sowie militärisch starken Staat. Vor allem der Druck des Kalten Krieges führte letztendlich zur Durchsetzung dieser Ziele, insbesondere der Wiederbewaffnung, die innen- und außenpolitisch lange diskutiert wurde.[5]

Die CDU/CSU unter Konrad Adenauer hatte in Bezug auf die Westintegration die Unterstützung der Majorität der deutschen Wähler auf ihrer Seite. Vor allem Adenauers antikommunistische Haltung verschaffte ihm in der Zeit des Kalten Krieges unter vielen Deutschen, auch Anhängern der SPD, eine positive Resonanz, die durch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes noch gestärkt wurde. Die für Adenauer und die CDU besonders erfolgreichen Wahlen von 1953 und 1957 verdeutlichen diese Zustimmung.[6]

In den folgenden Jahren rückten vor allem der Vorschlag der NATO (Nordatlantikpakt), die Bundeswehr mit Atomwaffen auszustatten und die Wiedervereinigung Deutschlands in den Mittelpunkt der politischen Diskussion. Bundeskanzler Adenauer und der Verteidigungsminister Franz Josef Strauss befürworteten die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen. Dies führte sowohl im Parlament als auch in der Öffentlichkeit zu deutlichen Protesten. Unter dem öffentlichen Druck konnten die atomaren Pläne der NATO nicht umgesetzt werden. Die Wiedervereinigung Deutschlands blieb trotz des Aufbaus diplomatischer Beziehungen mit der Sowjetunion 1955 erfolglos und wurde zu einem der folgenschwersten Misserfolge der Politik der Regierung Adenauer.[7]

Die Teilung Deutschlands war 1961 durch den Bau der Berliner Mauer nicht mehr aufzuhalten. Im selben Jahr büßte die CDU/CSU bei der Wahl zum vierten Deutschen Bundestag an Stimmen ein und verlor somit die absolute Mehrheit. Nach langen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und FDP erklärte sich Adenauer bereit, vor der nächsten Bundestagswahl einem Nachfolger das Amt des Bundeskanzlers zu überlassen.

Nach vergeblichen Bemühungen, die Kanzlerkandidatur Ludwig Erhards zu verhindern, trat Adenauer 1963 nach 14 Jahren von seinem Amt als Bundeskanzler zurück.[8]

3. Die Medienpolitik Konrad Adenauers – zum Verhältnis von Politik und Massenmedien

Da die Politisierung eines (Massen-) Mediums, die Thema dieser Arbeit ist, auch in Abhängigkeit zur medienpolitischen Kooperation der Politik steht, soll im Folgenden der Umgang Adenauers mit den Massenmedien und seine Einstellung zu ihnen näher betrachtet werden.

Schon während seiner Zeit als Kölner Oberbürgermeister prägte sich Adenauers Meinung zur öffentlichen Berichterstattung aus: Journalisten waren zwar nicht immer angenehm, dennoch unentbehrlich für eine erfolgreiche Politik. Er erwartete von ihnen jedoch eine gewisse Loyalität und politische Zurückhaltung.[9] Während seiner Zeit als Bundeskanzler sollte sich an dieser Haltung nichts elementar ändern. Adenauer institutionalisierte seine Medienpolitik, um die Massenmedien möglichst effektiv für seine Zwecke nutzen zu können. Diese bestanden in der Vermittlung eines positiven Bildes von seiner Regierungs- und Parteipolitik.[10] Das 1949 gegründete „Presse- und Informationsamt der Bundesregierung“ avancierte zum wichtigsten Organ der Öffentlichkeitsarbeit.

Während seiner ersten Legislaturperiode als Bundeskanzler konzentrierte sich Konrad Adenauer verstärkt auf Vertreter der ausländischen Presse. In gut vorbereiteten Interviews vermittelte er das Bild eines deutschen Staates, der sich deutlich von der Vergangenheit distanziert und sich zu einem geeigneten Bündnispartner entwickelt.[11]

[...]


[1] Sontheimer, Kurt; Bleek, Wilhelm: Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 10. Auflage, München 1998, S. 46

[2] Sontheimer, Kurt: Die Adenauer-Ära. Grundlegung der Bundesrepublik, 2. Auflage, München 1996, im Folgenden abgekürzt: Sontheimer, Adenauer

[3] Sontheimer, Adenauer, S. 26-28

[4] Sontheimer, Adenauer, S. 29-44

[5] Sontheimer, Adenauer, S. 35

[6] Sontheimer, Adenauer, S. 45-52

[7] Sontheimer, Adenauer, S. 53

[8] Sontheimer, Adenauer, S. 66

[9] Münkel, Daniela: Die Medienpolitik von Konrad Adenauer und Willy Brandt, in: Archiv für Sozialgeschichte 41 (2001), S. 298f, im Folgenden abgekürzt: Münkel: Medienpolitik

[10] Münkel, Medienpolitik: S. 299

[11] Münkel, Medienpolitik: S. 301

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Bild-Zeitung in der Ära Adenauer - ein unpolitisches Blatt?
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Geschichtswissenschaften)
Veranstaltung
Seminar: Medien, Politik und Gesellschaft nach 1945
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V29621
ISBN (eBook)
9783638310901
Dateigröße
520 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bild-Zeitung, Adenauer, Blatt, Seminar, Medien, Politik, Gesellschaft
Arbeit zitieren
Philipp Vaerst (Autor:in), 2004, Die Bild-Zeitung in der Ära Adenauer - ein unpolitisches Blatt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29621

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