Anthropologischer Unnutzen und Nutzen von Käfern


Ausarbeitung, 2013

13 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

(1) Einleitung

(2) Hauptteil
a. Die Plagen des Kartoffelkäfers (Leptinotarsa decemlineata)
b. Die Schäden des Kornkäfers Sitophilus granarius
c. Die Bedeutung von Käfern für die Rinderzucht und die Urbarmachung des Weidelandes in Australien
d. Essbare Käfer als energiereiche Nahrungsquelle für den Menschen.

(3) Fazit

(4) Literaturverzeichnis

Bücher:

Bildnachweise:

(1) Einleitung

„Es gibt nicht wenige Menschen die sich instinktiv vor den Käfer ekeln oder fürchten. Manchmal können wir hören, daß die Eltern zu ihrem Kind sagen:“ ‘Faß den Käfer nicht an, du könntest krank werden‘“1.

Dass dieses Zitat als überholt gelten muss, mag dem Biologen und besonders dem Entomologen bekannt sein. Allerdings fehlt weiten Teilen der Bevölkerung noch immer das Verständnis für die Bedeutung von Käfern. Insbesondere wenn man auf die durch den Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) verursachten, immer wiederkehrenden schrecklichen Ernteschäden und die damit verbundenen Hungersnöte zwischen 1830 und 1950 schaut. Allerdings finden sich auch verstärkt negative Stimmen aus dem Lager der Holzwirtschaft, nach denen insbesondere Maikäfer und die Larven diverser Bockkäferarten (Cerambycidae) massive Schäden anrichten sollen.2 Gleichzeitig finden sich aber schon lange vor dieser Zeit, im frühen Ägypten Belege dafür, dass der Käfer, insbesondere der Scarabaeus als Gegenstand ritueller Verehrung eine hohe Wertschätzung genoss. Er galt als Symbole der Auferstehung nach dem Tod und der Sonne, da er doch den Kot vergräbt, ähnlich wie die Sonne im Horizont versinkt.3 Auch Heute offenbart der Käfer seinen Nutzen für den Menschen fast nur dem Kenner oder Eingeweihten. Als Futtertiere (Mehlkäferlarven) oder Versuchstiere zur Testung „insektizidverdächtiger“ Chemikalien und für genetische Experimente halten immer wieder Käfer her und tragen so dem Menschen in Form von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen ihren Nutzen an. Außerhalb der Labore finden sich noch wesentlich mehr Belege für den Nutzen der Käfer, insbesondere deren Notwendigkeit für das Ökosystem. Sie entfernen Aas, Dung und Abfallstoffe, wirken als Bestäuber und Holzzersetzer und werden zur Bekämpfung von Raupenplagen eingesetzt.4

Für unseren Kulturkreis eher ungewöhnlich ist die Nutzbarkeit oder Verwendung der Käfer als Nahrungsmittel oder Heilmittel gegen diverse Krankheiten. Dabei ist aber anzunehmen, dass die „Entdeckung vermutlicher oder tatsächlicher Heilwirkung der ursprünglichen Verwendung als Nahrungsmittel folge.“5 Aber auch zur Herstellung von Gift oder Aphrodisiaken wurde häufig auf Käfer zurückgegriffen.6 Eine Betrachtung des Verhältnisses von Käfer und Mensch ist als durchaus kontrovers zu führen.

Frei nach dem Ausspruch, „Käfer sind doch total unnützlich“ soll es das Ziel dieser Ausarbeitung im Rahmen der „Funktionsmorphologie der Käfer“ sein, anhand ausgewählter und anschaulichen Beispielen der Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Einteilung in „Nutzen und Unnutzen“ der Käfer nachzugehen. Dabei werde ich insbesondere auf Ursachen und Folgen des Befalls durch Vorratsschädlinge und an lebenden Pflanzen eingehen. Am Beispiel der Rinderzucht in Australien, sowie einer Darstellung des Käfers als Nahrungsmittel möchte ich den Nutzen aufzeigen, welchen der Käfer dem Menschen bringen kann. Die Beispiele die ich dabei aufzeige und darstelle, sind derart gewählt dass sie eine größere Tragweite behandeln, als der Befall einzelner Häuser oder Wohngebiete. Ferner werde ich auch auf die jeweiligen zugrundeliegenden morphologischen und die Entwicklung betreffenden Anpassungen eingehen.

(2) Hauptteil

a. Die Plagen des Kartoffelkäfers (Leptinotarsa decemlineata)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abbildung 1: Kartoffelkäfer.

Entdeckt wurde er im Jahr 1824 vom amerikanischen Entomologen Say in den Rocky Montains in Colorado auf einer Pflanze, dem Stachel-Nachtschatten (Solanum rostratum). Zu dieser Zeit war der Käfer noch sehr selten, bis dann 1850 die Pazifikbahn auch dem Käfer zu mehr Mobilität verhalf und der „Coloradokäfer“ wie er zu der Zeit genannt wurde wechselte außerdem seine Wirtspflanze. Von nun an fand man ihn vorzugsweise und in großen Mengen auf der Kartoffel (Solanum tuberosum). Neun Jahr später gab es bereits erste große Schäden in Nebraska. 1874 erreichte er die Küste des Atlantischen Ozeans. Mit strengen Kontrollen versuchte man eine weitere Verbreitung zu vermeiden, allerdings gelang dies nur bedingt und bereits 1877 fand man den Käfer in den Hafenanlagen von Liverpool und Rotterdam. Somit stand einer Ausbreitung in Europa nichts mehr im Weg und noch im gleichen Jahr meldete Mühlheim am Rhein bei Köln und Torgau in Sachsen Verbreitungsherde. 1887, 1914, und 1934 gab es erneute Befallsherde. Die Bekämpfung des Käfers kostete im Jahr 1914 allein an der Unterelbe 60000 Goldmark7. Durch Frankreich gelangt der Käfer bis ins Jahr 1960 in die damalige Volksrepublik Polen. Dabei ist beachtlich, dass der Käfer „in manchem Jahr […] 200 bis 300 km nach Osten zurücklegte“8. Nach dieser Zeit gab es keine so starken Ausbrüche mehr, da „durch die Entwicklung der chemischen Bekämpfungsmittel Erntekatastrophen kaum noch auftreten.“9 Schon damals bewiesen aber auch findige Geschäftsleute der Firma Stollwerck Geschäftssinn und verkauften Schokolade mit Bildern des Kartoffelkäfers, von denen insgesamt 135000 verkauft werden. Außerdem gab es Manschettenknöpfe und Schmuck mit Darstellungen des Käfers zu erwerben.10

Der Kartoffelkäfer und seine Larven sind zwar auf die Kartoffel (Solanum tuberosum) als Nahrungspflanze spezialisiert, allerdings nicht so sehr, „daß er andere Nachtschattengewächse ganz verschmähen würde.“11 Damit solche wirtschaftlichen Schäden wie in der Vergangenheit auftreten können, braucht es eine enorme Anzahl von Käfern. Diese wird dadurch erreicht, dass das Weibchen bis zu 2400 orangefarbene Eier an die Unterseite eines Blattes legt, aus denen dann später die Larven schlüpfen und sich an den Pflanzen laben.12 Die besondere „Schädlichkeit des Kartoffelkäfers kommt aber auch durch seine große Fruchtbarkeit zum Ausdruck“13. Mit seinen für Blattkäfer typischen kauend-beißenden Mundwerkzeugen (Abb. 2.) ist allein die Nachkommenschaft eines Weibchens in der Lage 2,5 ha Kartoffelfläche zu vernichten. Rein rechnerisch und eine Abwesenheit der natürlichen Fressfeinde angenommen, kann ein Weibchen bereits in der dritten Generation bis 80 Millionen Nachkommen haben.14

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abbildung 2: Mundwerkzeuge eines Blattkäfers (Rot: Labrum; Grün: Mandible; Gelb:Maxille; Blau:Labium).

b. Die Schäden des Kornkäfers Sitophilus granarius

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abbildung 3: Kornkäfer.

In nahezu noch direkterer Konkurrenz um die gleiche Nahrung steht der Mensch mit dem Kornkäfer. Er ist ein typischer „Vorratsschädling“ und kommt neben Lagerhallen und Mühlen auch auf Dachböden vor, sofern dort Getreide gelagert wird. Ursprünglich stammt dieser Käfer aus dem Orient und ist von dort nach Europa eingeschleppt worden.15 Obwohl nicht zum Fliegen befähigt, ist er durch den Handel mit Weizen, Roggen, Gerste und Hafer mittlerweile weltweit in Gebieten mit gemäßigtem Klima nachgewiesen.16 Die massiven Schäden die er anrichtet bleiben meinst unentdeckt und im Falle einer Entdeckung ist es meist zu spät und das Getreide verloren. Ebenfalls wie der Kartoffelkäfer erreicht auch der Kornkäfer hohe Individuenzahlen auf recht gedrängtem Raum.

Mit Hilfe ihres markanten Rüssels bohrt das Kornkäferweibchen (Abb. 3) ein Getreidekorn an und legt ein Ei hinein. Das Loch wird anschließend mit einem Sekret, welches an der Luft schnell trocknet, verschlossen. Mit bloßem Auge ist es recht schwer den Befall zu merken. Im Inneren des Kornes labt sich die Larve an den Nährstoffen, während äußerlich noch immer kein Befall auszumachen ist. Erst der ausgewachsene Käfer verrät seine Anwesenheit durch ein Loch in der Schale. Da ein Weibchen durchschnittlich bis zu 150 Eier legt und im Jahr circa drei bis vier Generationen schlüpfen, können theoretisch schon in der dritten Generation sechs Millionen Nachkommen über die Getreidevorräte herfallen. „Der dann entstandene wirtschaftliche Schaden ist oft ungewöhnlich hoch.“17 Das liegt daran, dass ein starker Befall oft zu einer Erhöhung der Feuchtigkeit und somit zusätzlich zu Schimmel- und Pilzbefall in den Getreidelagern führt, was wiederum Kosten mit sich zieht.18 Außerdem ist insbesondere der Schaden an lagerndem Saatgetreide verheerend, da auch der Keimling vom Käfer und seiner Larve gefressen werden können.19 Mit Hilfe seiner gut angepassten Mundwerkzeuge am Ende des Rüssels, kann dieser Käfer laut einigen Rechenbeispielen von Dr. Hans Tielecke eine Besiedlungsdichte von 400 Käfern pro Zentner erreichen. Auch sind Fälle bekannt in denen eingelagerter Roggen einen Gewichtsverlust von 23% aufwies.20 Selbst im Falle einer gründlichen Reinigung eines Getreidelagers ist nicht sicherzustellen, dass der Käfer vollständig beseitigt ist. Denn in kleinen Ritzen der Dielen und im Gebälk finden schnell ein paar Dutzend Käfer Schutz und können einen neuen Befall verursachen. So wurden in einem weiteren Beispiel allein in 95g Getreideabfällen 53 Kornkäfer gefunden.21

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abbildung 4: Kiefer des Kornkäfers. mn: Mandiblen; max: Unterkiefer; gl: Zunge; maxt: Unterkiefertaster; ult: Unterlippentaster (Nach Müller).

[...]


1 Winkler S.49.

2 Klausnitzer S.141.

3 Ebd. S.9.

4 Ebd. S. 140.

5 Ebd. S.72.

6 Ebd. S.71-78.

7 Ebd. S.141.

8 Ebd. S.141.

9 Ebd. S.141.

10 Ebd. S.141.

11 Harde S.16.

12 Winkler S.218.

13 Dommröse S.14-15.

14 Ebd. S. 14.

15 Harde S.39.

16 Tielecke S. 3.

17 Harde S.39.

18 Ebd. S.39.

19 Tielecke S.4.

20 Ebd. S.18.

21 Ebd. S.18 ff.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Anthropologischer Unnutzen und Nutzen von Käfern
Autor
Jahr
2013
Seiten
13
Katalognummer
V296337
ISBN (eBook)
9783656942931
ISBN (Buch)
9783656942948
Dateigröße
531 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
anthropologischer, unnutzen, nutzen, käfern
Arbeit zitieren
Simon Steuer (Autor:in), 2013, Anthropologischer Unnutzen und Nutzen von Käfern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/296337

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