Einleitung
1.1. Gegenstand der Arbeit
In der öffentlichen Debatte und in den Massenmedien wird Ökologie in Deutschland zumeist als linkes, emanzipatorisches Anliegen wahrgenommen. Wichtigste Ursache dafür ist das Aufkommen einer „Ökologiebewegung“ in den 70er Jahren, die sich im Anschluss an
die linke Protestbewegung formierte, sich selbst überwiegend als links wahrnahm und auch entsprechend rezipiert wurde. Die hieraus entstehenden Organisationen und v.a. die Partei Die Grünen werden folgerichtig bis heute dem linken politischen Lager zugerechnet, auch
wenn seit den zunehmenden Wahlerfolgen und Regierungsbeteiligungen ab Mitte der 80er Jahre von verschiedenen Seiten die Etablierung im bürgerlichen Staat oder ein Rechtsruck der Grünen festgestellt und kritisiert wurde.(1)
Diese Sichtweise verstellt den Blick für die konservativen Aspekte der Ökologiebewegung, die bereits in den Anfangsjahren von Bedeutung waren und zumindest in der Binnenbetrachtung entsprechend wahrgenommen wurden. Dies wurde jedoch durchaus nicht grundsätzlich negativ eingeschätzt, da die Vorläufer der Grünen ein möglichst breites Bündnis ökologisch orientierter Kräfte anstrebten. Deren politische Herkunft galt als sekundär, da man sich in nach grünem Selbstverständnis außerhalb des etablierten und als überkommen angesehenen Links-rechts-Schemas bewegte.(2)
[...]
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1 Die Begriffe „links“ und „rechts“ werden im folgenden in einem möglichst umfassenden Kontext verwendet, wobei davon
ausgegangen wird, dass sie unter Berücksichtigung der jeweiligen historisch-politischen Situation nach wie vor eine
deskriptive und analytische Schlüsselfunktion bei der Darstellung gesellschaftlicher Prozesse haben.[...]
2 „nicht links - nicht rechts - sondern vorn“ war dann auch einer der Slogans der Grünen; zur Problematik dieser Parole vgl.
Peters (1980a), insbes. S116ff, Ulbricht (1995), S. 221f, sowie van Hüllen (1990), S. 9ff; zur Heterogenität der
Ökologiebewegung und der Grünen vgl. Kap. 3.2.3. Dudek merkte zu diesem Aspekt bereits 1984 an: „Die anfängliche
Euphorie der Grünen, das Ökologieproblem als Gattungsproblem sprenge das politische Links-Rechts-Kontinuum, ist zu
Recht verflogen.“; Dudek (1984), S. 91.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gegenstand der Arbeit
- Vorgehensweise
- Der Stand der Forschung
- Konservatismus und (Neue) Rechte in Deutschland
- Kurze Ideengeschichte des Konservatismus
- Die Neue Rechte
- Die Strategie der Neuen Rechten
- Ökologie - zwischen Wissenschaft und Bewegung
- Kurze Wissenschaftsgeschichte der Ökologie
- Die Ökologiebewegung und ihre ideengeschichtlichen Vorgänger
- Von der Romantik zur Naturschutzbewegung
- Die ökologische Protestbewegung
- Von der Bewegung zur Partei
- Von der Teildisziplin zur Weltanschauung
- Zentrale Denkfiguren der rechten Ökologie
- Im Vaterland
- Ablehnung des Gleichheitsprinzips
- Dekadenz und Verweichlichung in der Moderne
- Im Mutterland
- Naturalisierung von Volk und Gesellschaft
- Technik- und Fortschrittskritik als Zivilisationskritik
- Die Lösung: Bioregionalismus
- Im Vater- und Mutterland
- Die Debatte um die Überbevölkerung
- Die Überbevölkerung' - Entwicklung eines schillernden Begriffs
- Der (Über-)Bevölkerungsdiskurs von rechts
- Die Überbevölkerung von Deutschland
- Ökologie als vormoderner ‘Völkerschutz'
- Ökologie als ökonomischer ‘Heimatschutz”
- Die globale Überbevölkerung
- Der demographische Nord-Süd-Konflikt
- 'Volkstod' und 'Lebensschutz' - der Kampf um Lebensraum
- Die Lösung: Ethnopluralismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die konservativen und rechten Aspekte der Ökologiebewegung. Sie beleuchtet, wie bestimmte Denkfiguren innerhalb der Ökologiedebatte an traditionelle konservative Bestände anknüpfen und eine hegemoniale Deutungsmacht anstreben. Die Arbeit analysiert, wie diese Denkfiguren in der öffentlichen Überbevölkerungsdebatte zum Tragen kommen.
- Die Rolle konservativer und rechter Kräfte in der frühen Ökologiebewegung
- Die ideengeschichtlichen Wurzeln der rechten Ökologie
- Die Strategie der Metapolitik und ihre Anwendung im Kontext der Ökologie
- Die Überbevölkerungsdebatte als Beispiel für die Vermischung von Ökologie und rechtskonservativer Ideologie
- Die Bedeutung von traditionellen Denkfiguren in der modernen Ökologiedebatte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Gegenstand der Arbeit dar und erläutert die Vorgehensweise. Sie beleuchtet die dominierende Wahrnehmung von Ökologie als linkes Anliegen und die Begrenztheit dieser Sichtweise. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die konservativen Aspekte der Ökologiebewegung aufzuzeigen.
Kapitel 2 beleuchtet den Konservatismus und die Neue Rechte in Deutschland. Es skizziert die Ideengeschichte des Konservatismus und die Strategien der Neuen Rechten, die aktuelle Debatten und Probleme von rechts besetzen.
Kapitel 3 untersucht die Entwicklung der Ökologiebewegung und ihre ideengeschichtlichen Vorgänger. Es betrachtet die Entstehung der Ökologiebewegung, ihre Verwurzelung in der Romantik und den Naturschutzbewegung, sowie die Entwicklung der ökologischen Protestbewegung und ihre Institutionalisierung in der Partei Die Grünen.
Kapitel 4 präsentiert die zentralen Denkfiguren der rechten Ökologie. Es untersucht, wie diese an traditionelle konservative Bestände des 18. und 19. Jahrhunderts und der Konservativen Revolution anknüpfen.
Kapitel 5 analysiert die Debatte um die Überbevölkerung. Es beleuchtet die Entwicklung des Begriffs „Überbevölkerung“ und die rechtskonservativen Interpretationen des Überbevölkerungsdiskurses.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Begriffen wie rechte Ökologie, Konservatismus, Neue Rechte, Metapolitik, Ökologiebewegung, Überbevölkerung, und Völkerschutz. Sie untersucht, wie diese Begriffe im Kontext der Ökologiedebatte verwendet werden und welche politischen Implikationen sich daraus ergeben.
- Arbeit zitieren
- Oliver Nüchter (Autor:in), 1998, Konzepte rechter Ökologie - am Beispiel der Debatte über die Überbevölkerung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2966