Die Bedeutung des Waldes als sozialfreier Raum im Märchen "Das tapfere Schneiderlein"


Seminararbeit, 2000

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Hauptteil
2.1 Biographie der Brüder Grimm
2.1.1 Der sozialhistorische Hintergrund der damaligen Gesellschaft (Wende 18./19. Jahrhundert)
2.2 Märchenanalyse am Beispiel „Das tapfere Schneiderlein“
2.2.1 Aufbau und Erzählweise
2.2.2 Die Verwandlung des Schneiderleins – ein sozialer Paradigmenwechsel
2.2.3 Held, Gegner, König - Held ist körperlicher und gesellschaftlicher Macht überlegen
2.3 Bedeutung des Märchens für die damalige Gesellschaft

3 Schluss

4 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das Märchen wurde in der Epochenwende von der Klassik zur Romantik zum wichtigen Bestandteil der deutschen Literatur. Dichter und Autoren sahen im Märchen das „wahrhaft Poetische“, ein Instrument zur Poetisie­rung der Wirklichkeit.

Anhand des Märchens „Das tapfere Schneiderlein“ von den Brüdern Grimm soll die Gattung differenziert beleuchtet werden. Schwerpunkt die­ser Arbeit bildet im Rahmen einer immanenten Textinterpretation die Frage, inwieweit sich der Wald als gesellschaftsfreier Raum auf die Ent­wicklung und Verwandlung des Helden im o.g. Märchen auswirkt. Nach kurzen biographischen Hinweisen zu den Brüdern Grimm soll dann der sozialhistorische Hintergrund der damaligen Gesellschaft kurz behandelt und das Motiv des Waldes in der Romantik soweit beleuchtet werden, wie es für das Verständnis und die Interpretation des Märchens hilfreich er­scheint.

2 Hauptteil

2.1 Biographie der Brüder Grimm

Jacob Ludwig Karl Grimm (1785-1863) und Wilhelm Karl Grimm (1786-1859), deutsche Literatur- und Sprachwissenschaftler, wurden beide in Hanau am Main geboren und starben in Berlin. Mit ihren Werken gelten die Brüder Grimm, insbesondere Jacob Grimm, als eigentliche Begründer der germanischen Sprach- und Altertumskunde und der deutschen Philo­logie.

Beide Brüder absolvierten ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Marburg. Jacob Grimm war in erster Linie literaturwissen­schaftlich interessiert und widmete sich der germanischen Sprach- und Altertumskunde, Wilhelm Grimm befasste sich hauptsächlich mit Text- und Literaturkritik. Zunächst arbeiteten sie im diplomatischen und Biblio­theksdienst in Kassel. 1830 wurden sie nach Göttingen berufen, wo Wil­helm Grimm wiederum als Bibliothekar tätig war, während sein Bruder Jacob als Professor deutsche Altertumswissenschaft lehrte. Als Mitglie­der der Göttinger Sieben, einer Gruppe liberaler Göttinger Professoren, die gegen die Aufhebung der Verfassung von 1833 protestierten, wurden beide 1837 ihrer Ämter enthoben und kehrten nach Kassel zurück. 1841 folgten sie einer Einladung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm des IV. und ließen sich in Berlin nieder, wo sie Lehraufträge an der Uni­versität annahmen und bis zum Tode Wilhelms in einer Haus- und Ar­beitsgemeinschaft lebten.

Jacob Grimms bedeutendstes wissenschaftliches Werk ist die Deutsche Grammatik (1819-1837), die die Grundlage der deutschen Philologie bil­det und Jacob Grimms Ruhm als bedeutendsten Sprachwissenschaftler seiner Zeit begründete. Zu seinen weiteren Werken zählen Über den alt­deutschen Meistergesang (1811),Deutsche Mythologie (1835) und Ge­schichte der deutschen Sprache (1848). Wilhelm Grimm befasste sich in einigen seiner Werke kritisch mit der deutschen Literatur des Mittelalters und mit volkskundlichen Themen; hierzu zählen seine Schriften Altdäni­sche Heldenlieder, Balladen und Märchen (1811),Die deutsche Helden­sage (1829),Ruolandes liet ( 1838, Rolandlied) und Altdeutsche Gesprä­che (1851).

Bereits in frühen Jahren begannen die Gebrüder Grimm gemeinsam Sa­gen und Märchen zu sammeln, die sie in zwei Bänden als Kinder- und Hausmärchen (1812 und 1815) veröffentlichten. In der siebten Auflage erschien diese Märchensammlung in erweiterter Form als 211 Märchen umfassende Ausgabe (1857). Angeregt zu ihrer Sammeltätigkeit wurden die Brüder durch die Sammlung von Volksliedern in Des Knaben Wunder­horn, die von Achim von Arnim und Clemens Brentano herausgegeben worden war. Das letzte große Sammelwerk der Brüder erschien mit den Deutschen Sagen (1816-1818). Jacob und Wilhelm Grimm arbeiteten häufig zusammen, so auch an ihrem umfassenden Werk Deutsches Wörterbuch, das sie 1838 begannen und dessen erste drei Bände zwi­schen 1854 und 1862 erschienen. Die erste vollständige Ausgabe, zu­nächst unter der Obhut der Deutschen Kommission der Berliner Akade­mie der Wissenschaften und später von einer Zentralredaktion in Berlin betreut, erschien mit 32 Bänden im Jahr 1961. Eine überarbeitete Aus­gabe mit 33 Bänden erschien schließlich 1984.

Grimms Märchen:

Die Sammlung umfasste 240 so genannte Volksmärchen – ein von Jacob Grimm geprägter Begriff, der die enthaltenen Texte als „Schöpfung einer anonymen „Volksseele““ ausweisen sollte und der damit im Gegensatz zur verstärkt in der Romantik propagierten Gattung des Kunstmärchens als Produkt einer konkreten Dichterpersönlichkeit stand. Rund 40 Mitarbeiter trugen die mündlich überlieferten Texte der Kinder- und Hausmärchen zusammen, 30 schriftliche Quellen ergänzten die Sammlung. Dabei stand der Grundsatz einer möglichst geringen Nachbearbeitung („alles durch den Mund des Volkes“) im Vordergrund. Eine 1825 erschienene Kleine Ausgabe der Grimm’schen Sammlung, die 50 Märchen enthielt, begrün-dete den Erfolg des am häufigsten übersetzten und wohl am weitesten verbreiteten deutschsprachigen Buches.

2.1.1 Der sozialhistorische Hintergrund der damaligen Gesellschaft (Wende 18./19. Jahrhundert)

Im Zuge der französischen Revolution von 1789 wurde eine Epoche der politischen und sozialen Umgestaltungen eingeleitet. Das Groß- und das Kleinbürgertum erkämpfte sie gegen die Krone, den Adel und die Büro­kratie. Das vom Feudalismus befreite Frankreich wurde somit in Europa für die einen zur Bedrohung und für die anderen zum Vorbild. Mit den preußischen Reformedikten, die nach 1807 die feudalistischen Struktu­ren in der Landwirtschaft entschärften, begann die bürgerliche Revolu­tion in Deutschland. In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts wichen die überlieferten ständischen Ordnungen langsam einer dynamischen Ge­sellschaft. Es entstanden aber neue Formen sozialer Ungleichheit, die jedoch nicht mehr durch Gott und die Tradition geheiligt galten und somit bekämpft werden konnten. Soziale Ungleichheit wurde von den bürgerli­chen Reformern zwar als Gefahr angesehen, gleichzeitig aber grundsätz­lich bejaht. Rechtliche und politische Gleichheit herzustellen, galt ihnen dagegen als eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben.

Der endgültige Erfolg der bürgerlichen Revolution blieb in Deutschland jedoch aus. Die ständische Welt, die soziale Rollen als naturgegeben an­sah, überlebte bis weit in das 20. Jahrhundert. Die politische Emanzipa­tion des Bürgertums in Deutschland scheiterte somit weitgehend. In der Umbruchphase der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft entstand die Romantik, eine literarische Epoche der Gegensätze aber durchaus auch eine Synthese irrationaler und rationaler Kräfte. Als letzte Entwicklungs­stufe des deutschen Idealismus rückte auch durch den Einfluss des Philo­sophen Johan Gottlieb Fichte (1762-1814) das „Ich“[1] in den Mittelpunkt der Weltbetrachtung. In diesem Zusammenhang entwickelte sich auch das bürgerliche Selbstbewusstsein, freilich nicht im politisch-emanzipato­rischen Sinne, sondern in einem wissenschaftlich-schöpferischen Sinn, das Ich sozusagen als Schöpfer und Beherrscher dieser Welt, die es da­mit zum Objekt seines Willens machte.

2.1.2. Das Motiv des Waldes in der Romantik

Die Romantik (ausgehendes 18. bis ersten Drittel 19. Jahrhundert) eta­blierte sich in Deutschland anfangs vor allem als ästhetisch- literarische Bewegung, wirkte sich aber bald auf die Gesamtheit des geistig- kulturel­len Lebens aus. Charakteristisch für die Epoche war das Vorherrschen der „mystisch-irrationalen Kräfte", die „Gefühlshaftigkeit“, „Stimmung“ und „Erlebnis“, das „Überwiegen der Phantasie über den Verstand“.[2] Das fol­gende Gedicht von Novalis veranschaulicht diese Abkehr von der Ratio­nalität der Spätaufklärung und mag als Gegenentwurf zu einer überwie­gend naturwissenschaftlich erklärten Welt gelten:

„Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren

Sind Schlüssel aller Kreaturen,

Wenn die, so singen oder küssen

Mehr als die Tiefgelehrten wissen,

Wenn sich die Welt ins freie Leben

Und in die Welt wird zurückbegeben,

Wenn dann sich wieder Licht und Schatten

Zu echter Klarheit wieder gatten

Und man in Märchen und Gedichten

Erkennt die wahren Weltgeschichten,

Dann fliegt vor e i n e m Geheimen Wort

Das ganze verkehrte Wesen fort.“

[...]


[1] H.A. und E. Frenzel: Daten deutscher Dichtung Chronologischer Abriß der deutschen Literaturgeschichte Band I: Von den Anfängen bis zur Romantik. München: dtv GmbH & Co KG, 1967. S. 249 ff.

[2] Karl Petry: Handbuch der Deutschen Literatur Geschichte. Stuttgart: Magnus-Verlag. S. 173.

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Details

Titel
Die Bedeutung des Waldes als sozialfreier Raum im Märchen "Das tapfere Schneiderlein"
Hochschule
Universität Osnabrück  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Seminar: Märchen
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
19
Katalognummer
V2970
ISBN (eBook)
9783638117876
ISBN (Buch)
9783638745796
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Analyse des Märchens unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung des Waldes als konventionsfreier Raum. U.a. auch der Wald in der Romantik.
Schlagworte
Bedeutung, Waldes, Raum, Märchen, Schneiderlein, Seminar, Märchen
Arbeit zitieren
Magistra Artium Julia Schröder (Autor:in), 2000, Die Bedeutung des Waldes als sozialfreier Raum im Märchen "Das tapfere Schneiderlein", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2970

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