"Consilium et auxilium". Der 61§ der Magna Carta


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Geschichtlicher Umriss - das Angevinische Reich
2.1 Heinrich II.
2.2 Richard Löwenherz
2.3 Johann Ohneland

3. Magna Carta- der Aufstand der Barone
3.1 Bürgerkrieg- der Weg zur Magna Carta
3.2 Die Charter der Barone

4. Artikel 61 – die 25 Barone

5. Das Lehnsrecht
5.1 Grundstrukturen des Lehnswesens
5.2 Der Belehnungsakt
5.3 Der Treueid und das „consilium“ des Lehnrechts

6. Recht und Pflicht zum consilium des Lehnrechts und dem „Rat der Barone“ im § 61 der Magna Carta- ein Vergleich

7. Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Der 61. Artikel der Magna Carta ist wohl einer der bedeutendsten und gleichzeitig berühmtesten Artikel in der englischen Geschichte. Der Artikel wird als zukunftsweisend angesehen und oftmals in Verbindung mit dem Ursprung des Parlamentarismus zitiert. In der folgenden Arbeit soll es jedoch nicht um den Artikel in Hinblick auf spätere Zeiten gehen. Stattdessen soll er Gegenstand eines Vergleichs werden, der sich hingegen auf die Zeiten vor der Magna Carta beziehen soll. So soll § 61 der Magna Carta mit dem Consilium des Lehnrechts verglichen werden. Es sollen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet und gegebenenfalls Verbindungen geschlossen werden.

Um solch einen Vergleich anzustellen, ist es zunächst erst einmal nötig, die Hintergründe zu erforschen. Deshalb wird als Erstes ein ereignisgeschichtlicher Umriss des englischen Reiches zu Vorzeiten der Magna Carta gegeben. Dieser Umriss beginnt mit der Regierungszeit Heinrich II. und endet über Herrschaft Richards Löwenherz mit Johann Ohneland und der Unterzeichnung der Magna Carta. Dass die Ereignisgeschichte im Zusammenhang mit dem 61. Artikel der Magna Carta nicht ganz unwichtig ist, zeigt sich im nächsten Kapitel. In diesem soll noch einmal genauer herausgestellt werden, wie es letztendlich zum Aufstand der Barone kam, welcher bekanntlich zur Entstehung der Magna Carta führte. Danach wird die Idee der Magna Carta wiedergespiegelt um anschließend den 61§ der Magna Carta, welcher schließlich Hauptgegenstand dieser Arbeit sein soll, zu bearbeiten. Nachdem dann also der 61. Artikel der Magna Carta und seine Hintergründe erarbeitet wurden, wird als Nächstes das Consilium des Lehnsrechts angeschaut. Dazu wird als Erstes ein Blick auf die Grund-strukturen des Lehnsrechts geworfen, um schließlich den Belehnungsakt etwas genauer zu schildern. Bevor es dann endlich zum Vergleich kommt, soll der Treueid mit dem consilium etwas deutlicher geschildert werden. Im letzten Kapitel kommt es dann schlussendlich zum konkreten Vergleich zwischen dem consilium des Lehnrechts und dem Artikel der 25 Barone.

2.Geschichtlicher Umriss - das Angevinische Reich

Um einen ereignisgeschichtlichen Überblick zu bekommen und die Umstände, in denen die Magna Carta verfasst wurde, nachvollziehen zu können, lohnt es sich einen Rückblick von der Magna Carta bis zu den Zeiten Heinrich II. zu werfen. Danach werden die folgenden englischen Könige und die Zeit ihrer Regierung, gegebenenfalls Eroberungen oder Verluste, erläutert.

2.1 Heinrich II.

Heinrich II. begründete als Sohn Gottfrieds des Schönen Plantagenêt und Grafen von Anjou und der Kaiserin Mathilde mit seiner Thronbesteigung im Jahre 1154 das Plantagenêt Empire. Dieses vereinigte nicht nur England und die Normandie, sondern auch die Grafschaft Anjou, welche er von seinem Vater erbte. Maine und Touraine erhielt er als mütterliches Erbe. Als er 1152 Eleonore, die ehemalige Frau des französischen Königs Ludwig VII., heiratete erhielt Heinrich II. zudem noch die Herrschaft über das Herzogtum Aquitanien. Dieses brachte. die Grafschaften Poitou und Auvergne mit sich.1 So lässt sich sagen, dass er die gesamte Bretagne ins Angevinische Reich gebracht hatte. Im Jahr 1170 kam die Osthälfte Irlands hinzu. So herrschte Heinrich II über ein Reich, das „von Nordhumbrien bis zur Gascogne und von der Mitte Irlands bis zur Auvergne reichte“.2 Durch das Wachstum des Reiches wurde das Angevinische Großreich jedoch auch unmittelbar mit der Kontinentalmacht Frankreich konfrontiert, zudem die französischen Gebiete unter der Lehnshoheit des französischen Königs standen und Heinrich II. somit nur Vasall Ludwig des VII. war.3 Um dieses Verhältnis trotz der Heirat mit Eleonore positiv zu beeinflussen und Frieden zu schließen wurde Heinrichs ältester Sohn, Heinrich der Jüngere, mit Ludwigs Tochter Magarete verlobt. Neben der Festigung des Friedens brachte diese Eheabsprache zudem das normannische Vexin, welches als Mitgift ins Angevinische Reich einfloss. Doch verlief nicht alles in Heinrichs Reich nach Plan, so führte er zum Beispiel Krieg gegen seinen Bruder Gottfried, der den Besitz Anjou für sich beanspruchen wollte. Nachdem er einen Sieg an der Loire einfuhr, ernannte er seinen Bruder zum Grafen von Nantes. Als Gottfried drei Jahre später starb, erhielt der Sohn Heinrichs II. die Grafschaft Nantes. 4 Zudem fädelte Heinrich II eine weitere Eheabsprache mit dem Herzogtum der Bretagne ein, indem er seinen Sohn Gottfried mit der Erbin des Herzoghauses verheiratete und Gottfried somit das gesamte Herzogtum Bretagne von seinem Schwiegervater Conan V. erhielt. Jedoch brach Heinrich II. durch diese Aktion mit dem Adel der Bretagne, weshalb seine Herrschaft über dieses Herzogtum auch erst 1169 anerkannt wurde.5 In Schottland gelang es Heinrich II. das einst von König Stephan abgetretene Grenzland zu annektieren, sodass Malcolm IV. von Schottland 1157 ebenfalls die englische Lehnshoheit anerkannte.6 1159 verfolgte Heinrich II. das Ziel Toulouse zu erobern, indem er es mithilfe seines Kanzlers Thomas Becket belagerte. Zwar bekam der Graf von Toulouse Unterstützung von seinem Schwager Ludwig VII., doch gelang es Heinrich II. trotz allem ein Teil von Quercy und Cahors zu annektieren, sodass der Graf 1173 zum Vasallen des englischen Königs wurde.7

Neben der Expansionspolitik beschäftigte sich der König in den 1160er Jahren mit der Aufteilung des Angevinischen Reiches unter seinen Söhnen, was auf eine angevinische Tradition zurückzuführen ist:

„das anglo-normannische Königreich und Groß-Anjou für Heinrich den Jüngeren, Aquitanien für Richard Löwenherz und die Bretagne für Gottfried. Für die Ausstattung des Jüngsten Johann Ohneland […] standen das Maurienne (Savoyen) durch Heirat, die Grafschaft Mortain und der kurz zuvor eroberte Teil Irlands zur Verfügung.“8

Zudem wollte Heinrich mit der Konstitution von Clarendon kirchliche Privilegien abschaffen, um die Kirche besser kontrollieren zu können. Da ein ehemaliger Kanzler, der seit 1162 Erzbischof von Canterbury war, dagegen war, wurde er von Heinrich II. ins Exil geschickt und 1170 in einer Kathedrale ermordet. Diese Autoritätskrise Heinrichs II. nutzen Eleonore und die Söhne Heinrichs II, um gegen ihren Ehemann und Vater zu rebellieren. Auch wenn der erste Aufstand zusammenbrach, folgten in den Jahren darauf noch einige Versuche der Söhne sich gegen den Vater zu erheben und zu verschwören. Ebenso führten die Söhne teils untereinander Kriege. So starben Heinrich der Jüngere und Gottfried noch vor ihrem Vater. Im Juli 1189 blieb Heinrich II also nichts anderes übrig als Richard Löwenherz als alleinigen Erben zu erklären, zumal er diesem im Loiretal unterlegen war. Noch im gleichen Monat starb Heinrich II.9

2.2 Richard Löwenherz

Im September 1189 wurde dann also Richard von Löwenherz zum König Englands gekrönt. Zunächst reiste Richard 1190 wegen eines Kreuzzugsgelübdes, um als Kreuzfahrer am dritten Kreuzzug teilzunehmen. Doch im Winter zerstritten sich Philipp August von Frankreich und Richard, sodass das englisch- französische Verhältnis sich erneut verschlechterte. Im Frühjahr 1191 bereicherte Richard das Angevinische Reich durch die Eroberung Zyperns. Auf dem Rückweg nach England kam hinzu, dass er 1192 von seinem Erzfeind Leopold von Österreich gefangen genommen und an Kaiser Heinrich VI. ausgeliefert wurde. Zudem führte sein jüngerer Bruder Johann Ohneland eine gemeinsame Intrige mit Philipp August von Frankreich gegen ihn. Doch seine Mutter Eleonore von Aquitanien schaffte es eine beträchtliche Summe aufzubringen, um die Freilassung Richards zu erkaufen. Ferner führte sie in dessen Abwesenheit eine Opposition gegen Johann Ohneland, dem Richard bei seiner Rückkehr im April 1194 vergab. Jedoch führte er einen Krieg gegen Philipp August von Frankreich, um all die Gebiete zurückzuerobern, die er in der Zwischenzeit durch seinen Bruder Johann an Frankreich verloren hatte. Tatsächlich schaffte er es das Vexin, die Touraine und das Nieder-Berry zurückzugewinnen. Zudem verzeichnete er Siege bei Fréteval, bei Issoudun, sowie die Einnahme von Angoulême. Weiter verheiratete er seine Schwester mit dem Grafen von Toulouse. Danach versuchte er Frieden ins eigene Reich zu bringen und bemühte sich um Harmonie mit dem angevinischen Adel, bis er 1199 erneut wegen eines Aufstands des Grafen von Angoulême ins Limousin musste. Dort starb er letztendlich im April an den Folgen eines Pfeilschusses in die Schulter.10 11

2.3 Johann Ohneland

Umstrittener Nachfolger wurde Johann Ohneland. Denn vor allem nach der Auffassung der bretonischen Vasallen hatte Arthur, der Sohn Gottfrieds, ebenso Anspruch auf den Thron. Durch die Designation seines Bruders, kurz vor seinem Tode und mithilfe seiner Mutter Eleonore und der normannischen Barone konnte er den Thron jedoch für sich beanspruchen.12 Durch die Abgabe des Landes um Evreux, Teile des Vexin und Nieder-Berry, erkaufte sich Johann den Frieden von Goulet und sicherte sich damit die Neutralität Philipp Augusts, der dem angevinischen Könighaus zuvor schon einige Male geschadet hatte. Jedoch hielt der Frieden nicht lange an. Denn 1200 heiratete Johann Isabella, die Erbin von Angoulême. Damit wollte er zum einen seine Position in Poitou stärken und zum anderen verhindern, dass ansonsten eine Verbindung zwischen Frankreich und Angouléme entstehen könnte. So beschlagnahmte Philipp August zwei Jahre später die kontinentalen Besitzungen Englands, war Isabella doch an den Grafen de la Marche versprochen. Dieser wendete sich bald an den französischen König, der Interesse an diesem Konflikt fand, zumal Isabella seine Cousine war. So verlor Johann Ohneland trotzdem bis ins Jahr 1204 die Normandie, Touraine und Anjou an Phillip August von Frankreich, sodass sich der Adel seiner Länder bald auch gegen ihn stellte.13 Grund für den Verlust war immer noch der Konflikt mit Hugo von Lusignan, wegen dem er sich in Paris vor dem Lehnsgericht als Graf von Anjou und Herzog von Aquitanien hätte verantworten sollen, jedoch nicht zur Verhandlung erschienen ist.14 Zudem unterstütze der König Frankreichs Arthur von der Bretagne, der Johann schon einmal den Thron strittig machen wollte und nun in Anjou einfiel. Aber Johann Ohneland gelang es den jungen Gegner in Poitou zu schlagen und ihn samt dem Grafen Hugo von Lusignan und anderen Rebellen 1202 in Mirebeau gefangen zu nehmen. Doch schon bald bahnt sich ein nächster Fehler Johanns an. Denn, wenn er glaubt, seine Rivalen aus Lusignan durch Freilassung für sich zu gewinnen, musste er kurze Zeit später eine Enttäuschung hinnehmen, nahmen diese erneut einen Kampf gegen Johann auf. Aufgrund von Gerüchten, die bis heute nicht beigelegt werden konnten, wurde der englische König zusätzlich noch im Sommer des Jahres 1203 von bretonischen Adeligen des Mordes an Arthur, seinem Thronrivalen, beschuldigt.15 Mit diesem Aufkommen verlor der englische König an Ansehen und auch die letzten Sympathien ihm gegenüber schwanden. Vor allem die Barone, mit Landbesitz hatten durch Johann Verluste zu verzeichnen, sodass Johann Ende 1203 zurück in England ebenso mit internen Konflikten zu kämpfen hatte. Doch nicht nur mit seinen Baronen geriet der König von England in einen Streit, sondern bahnte sich mit dem Tod des Erzbischofes von Canterbury ein weiterer Konflikt an. Denn als ein neuer Erzbischof gestellt werden sollte war sich Johann, der seinen verbündeten Johann de Grey vorschlug, in Uneinigkeit mit den Mönchen des Domkapitels die einen anderen Kandidaten wählten und beim Papst durchsetzen wollten. Um den Streit zu schlichten, präsentierte Papst Innocenz III. einen neutralen Kandidaten, Stephan Langton, der letztendlich auch nach einer eindeutigen Wahl zum Erzbischof von Canterbury gewählt wurde. Jedoch war Johann weder mit dem Kandidaten noch mit dem Wahlverfahren zufrieden, sodass er zunächst die Mönche des Domkapitels aus ihren Besitzungen vertrieb und dann seinen Zorn an Stepan Langton persönlich ausließ, indem er ihm die Einreise nach England verweigerte. Doch der Papst reagierte auf diese Überspannung Johanns, indem 1208 ein Interdikt über England und Wales verhängte. 1209 wurde der englische König Johann dann endgültig exkommuniziert.16 Hatte er die Beziehungen zur Kirche bereits zerstört, machte er sich auch bald im Lande immer unbeliebter, führte er hohe Schildgelder ein und belastete die Städte festen mit Steuern. Mit einer der größten Fehler, wie sich später herausstellte, war wohl das Misstrauen gegenüber seinen Baronen, welches soweit ging, dass er angeworbene Soldritter bevorzugte und ihnen bevorzugte Stellungen sicherte. Zudem forderte er von den Baronen Geiseln als Unterpfand ihrer Loyalität. So lässt sich sagen, dass der englische König durch seine Handlungen mit seinen Baronen und somit nahezu mit seinem Volk gebrochen hatte. Ebenso spitzte sich der Konflikt mit Innocenz III. erneut zu, als dieser 1213 den französischen König auffordert, Johann zu stürzen. Doch diesmal reagierte Johann recht klug und unterwarf sich dem Papst als Vasall. Er willigte sogar ein, dass dieses Lehensverhältnis nicht nur ihn, sondern alle Nachfolger auf ewige Zeit binden sollte.17 So kam es auch, dass der Papst dem König, nachdem er einen Schadensersatz von einer Million Mark gezahlt hatte, vergab und sowohl das Interdikt als auch die Exkommunikation aufgehoben wurden. Endlich konnte auch Stephan Langton sein Amt antreten und die vertriebenen Geistlichen kehrten zurück und bekamen ihre Besitztümer wieder.18 Das Lehensverhältnis zum Papst brachte jedoch auch positive Eigenschaften mit sich. Nun konnte das Königtum sich unter dem Schutz eines mächtigen Herren zunächst in Sicherheit wiegen. So verbündete sich Johann Ohneland mit den Gegnern Frankreichs, mit dem Ziel die verlorenen Gebiete zurückzugewinnen. Jedoch waren die englischen Barone gegen Johanns Plan, die Initiative zu ergreifen und ein Expeditionsheer aufzustellen. Im Jahre 1214 setzte der König, trotz des Widerstands seiner Barone seinen Willen aber letztendlich doch durch. Der englische König und seine Verbündeten, wozu unter anderem der Welfe Kaiser Otto und der Graf von Flandern zählten, entschieden sich dazu den französischen König von zwei Fronten aus anzugreifen. Zum einen sollte ein Angriff in Poitou erfolgen und zum anderen gab es ein Heer in Flandern. Zunächst hatte Johann Erfolge zu verzeichnen, vor allem als er in Poitou Frieden mit seinen Widersachern aus Lusignan schloss, indem er seine Tochter mit einem Sohn Hugos von Lusignan verheiratete. Während Johann die Schlachten in Poitou gewinnen konnte, entschied König Philipp II. die Auseinandersetzung auf dem Schlachtfeld von Bouvine, also an der anderen Front in der Nähe von Flandern, für sich. Folglich brach das Angevinische Reich im Jahre 1214 nach nur 60 Jahren zusammen, nachdem England nun auch den Verlust der nord- und mittelfranzösischen Besitzungen zu verzeichnen hatte.

Insgesamt scheint diese ereignisgeschichtliche Übersicht in Bezug auf die Magna auf den ersten Blick übertrieben, da sie bereits mit König Heinrich II. beginnt. Doch andererseits war gerade diese starke Expansion des Reiches, welche nun einmal mit Heinrich II. und dem Angevinischen Reich beginnt, mit einer der Gründe, weshalb Johann die Kontrolle über sein Königtum verloren hat. Denn mit dem Wachstum des Reiches wurde es auch zunehmend schwieriger einen Überblick über das gesamte Reich zu haben und angemessen zu regieren. Durch die vielen Lehensverhältnisse, Herzogtümer und Grafschaften im englischen Reich, gab es zudem noch etliche Adelige, die alle ihre Ansprüche hatten und sich ein Stück weit in die Regierung einmischten. Gerade weil Johann Ohneland diesen Ansprüchen, ein großes Land zu regieren und allen Bedürfnissen angemessen zu nachzukommen, nicht gewachsen war, zerbrach das Angevinische Reich unter ihm und die Barone nutzten die Gelegenheit, um ihrem König die Magna Carta aufzuzwingen.

3. Magna Carta- der Aufstand der Barone

Bevor es zu einem Vergleich des 61sten Artikels der Magna Carta und dem consilium des Lehnsrechts kommen kann, muss zunächst einmal geschaut werden, wie es überhaupt zur Magna Carta kam und welche Missstände mit dieser Urkunde behoben werden sollten. Einleitend ist festzustellen, dass zwei Umstände einen wichtigen Beitrag zur Entstehung der Magna Carta leisteten. Zum einen wurden mit der Zeit die politischen Gedanken einfach reifer. Dieses bedeutet, dass sich nun auch die Herrschenden, konkret der König, dem Gesetz beugen musste und dass die Rechte der Einzelnen zunehmend wichtiger wurden und in der Gesellschaft gewahrt werden sollten. Zum anderen resultierte die Magna Carta aus einer politischen Krise. Diese wiederrum ist auf die rüden Methoden der angevinischen Herrscher, insbesondere des Königs Johann Ohneland zurückzuführen.19

3.1 Bürgerkrieg- der Weg zur Magna Carta

Jene Krise begann 1212 mit einer Verschwörung der Barone, den König zu verraten oder gar zu töten. Der König nahm die Unruhen in seinem Reich war und machte gleich im Sommer 1212 Zugeständnisse und Versprechen gegenüber den Baronen. Trotz allem verfolgte Johann Ohneland jedoch weiter seine militärischen Ziele auf dem Kontinent und forderte weiterhin eine Menge Geld für den Krieg in Frankreich von den Baronen ein. Nach der Niederlage von Johns Verbündeten im Juli 1214, forderten die Barone schließlich aktive Reformen ein. Ebenso wurden, nachdem die Barone ihren Treueid gegenüber dem König zurückgezogen hatten und rechtliche Schritte gegen ihn unternahmen. Als im Mai 1215 der Bürgerkrieg ausbrach, wurden diese jedoch wieder zurückgenommen.20

Das Verhältnis zwischen dem König war zum einen wegen der zuvor genannten Umstände nicht sonderlich gut, doch kam hinzu, dass die Barone zudem unterschiedlich behandelt wurden. Manche Barone wurden schikaniert und mussten Abgaben leisten, die weit über ihren Möglichkeiten waren. Andere wurde hingegen regelrecht von Johann umworben und entsprechend bevorzugt. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass auch diese Verhältnisse von den Launen des Königs abhingen und somit konnte ein gutes Verhältnis unwillkürlich und plötzlich in eine negative Beziehung umschlagen. War ein Verhältnis zum König gerade schlecht, zog das einige Nachteile mit sich, vor allem dann, wenn man beispielsweise Schulden beim Herrscher hatten. Generell benutzte der König extreme Methoden, um seine Schulden einzutreiben. Wenn die Schulden nicht beglichen werden konnten, wurde den Schuldnern oftmals Land entzogen. Doch häufig drohte ihnen auch das Gefängnis. Vor Geiselnahme schreckte der König ebenfalls nicht zurück, um seine Forderungen zu bekräftigen. Den Schuldnern blieb jedoch nichts anderes übrig als härteste Strafen zu akzeptieren, wenn sie der fristgerechten Rückzahlung der Schulden nicht gewachsen waren.21 Diese Methoden waren eine gängige Praxis in Johanns Regierungszeit und somit das Gegenteil von den Erwartungen, welche die Barone an den Staat und dessen Herrscher stellten. Es versteht sich, dass Johann mit solch einem Verhalten einen Bürgerkrieg in seinem Land provozierte. Vor allem im militärischen Bereich überschritten die Aufgaben der Barone bei Weitem die normalen Verpflichtungen des Lehnswesens.22

Nachdem im Sommer 1212 ein Attentat auf seine Person verübt worden war, wurde Johann vorsichtiger gegenüber Verrat und Rebellion. Um sich der Loyalität seiner Barone sicher zu sein, forderte er sie auf eine Bürgschaft über die Ländereien zu geben. Oft griff er auch auf materielle Güter, wie Burgen und Geiseln, der Barone zurück, was an die Methoden zur einklage der Schulden erinnert. So ist eine Unterscheidung zwischen politischen und finanziellen Motiven des Königs gegenüber seinen Baronen kaum möglich.23 Allerdings war diese Unterscheidung auch nicht unbedingt notwendig, konnte sich John doch immer auf seine feudalen Rechte berufen, ob es nun finanzielle oder politische Angelegenheiten betraf. Um den Unruhen entgegenzuwirken, sicherte John den Baronen auf der einen Seite abermals Privilegien zu, sicherte Rechte und gewährte sogar Vergünstigungen für Erben und Land. Auf der anderen Seite versuchte er aber erneut einen seiner Kriege zu finanzieren und die Gehorsamkeit seiner Vasallen durch seine königliche Gewalt durchzusetzen. Gerade diese Willkür in Bezug auf das königliche Recht sollte durch die Magna Carta verhindert werden.24

[...]


1 Vgl.: Karl-Friedrich Krieger: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. München 2009. S.126.

2 Vgl.: Martin Aurell: Die ersten Könige aus dem Hause Anjou (1154-1216). In: Hanna Vollrath/ Natalie Fryde (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter, Von Wilhelm dem Eroberer bis Richard III. München 2004. S.71.

3 Vgl.: Karl-Friedrich Krieger: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. München 2009. S.126.

4 Vgl.: Martin Aurell: Die ersten Könige aus dem Hause Anjou (1154-1216). In: Hanna Vollrath/ Natalie Fryde (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter, Von Wilhelm dem Eroberer bis Richard III. München 2004. S.76.

5 Vgl.: Karl-Friedrich Krieger: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. S. 128.München 2009.

6 Vgl. ebenda: S.129.

7 Vgl.: Martin Aurell: Die ersten Könige aus dem Hause Anjou (1154-1216). In: Hanna Vollrath/ Natalie Fryde (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter, Von Wilhelm dem Eroberer bis Richard III. München 2004. S.76.

8 Vgl. ebenda.

9 Vgl.: Karl-Friedrich Krieger: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. München 2009. S.77.

10 Vgl.: Martin Aurell: Die ersten Könige aus dem Hause Anjou (1154-1216). In: Hanna Vollrath/ Natalie Fryde (Hrsg.): Die englischen Könige im Mittelalter, Von Wilhelm dem Eroberer bis Richard III. München 2004. S.79f.

11 Vgl.: Karl-Friedrich Krieger: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. München 2009. S.137ff.

12 Vgl.: Karl-Friedrich Krieger: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. München 2009. S.39f.

13 Vgl.: Martin Aurell: The Plantagenet Empire 1154-1224. Great Britain 2007. S.20f.

14 Vgl.: Karl-Friedrich Krieger: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. München 2009. S.141.

15 Vgl.: Karl-Friedrich Krieger: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. München 2009. S.142.

16 Vgl. ebenda: S.144.

17 Vgl. ebenda: S. 145f.

18 Vgl.: Karl-Friedrich Krieger: Geschichte Englands von den Anfängen bis zum 15. Jahrhundert. München 2009. S.145f.

19 James Clarke Holt: Magna Carta. Cambridge 1965. S. 105.

20 Vgl. ebenda: S. 106.

21 Vgl.: James Clark Holt: Magna Carta. Cambridge 1965. S. 107f.

22 Vgl. ebenda: S. 109.

23 Vgl. ebenda: S. 110.

24 Vgl.: James Clark Holt: Magna Carta. Cambridge 1965. S. 112.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
"Consilium et auxilium". Der 61§ der Magna Carta
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
21
Katalognummer
V298521
ISBN (eBook)
9783656947936
ISBN (Buch)
9783656947943
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
consilium, magna, carta
Arbeit zitieren
Marie-Christine Preuß (Autor:in), 2012, "Consilium et auxilium". Der 61§ der Magna Carta, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298521

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