Die Heimkehr der Seele zum Schönen


Seminararbeit, 2004

15 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt:

1. Vorbemerkung

2. Die Seinsstufen
2.1 Das Eine
2.2 Der Geist
2.3 Die Seele
2.4 Die Materie

3. Das Wesen der Tugenden
3.1 Definition der Tugenden
3.2 Die Katharsis der Tugenden

4. Geistwerdung der Seele
4.1 Der Aufstieg zum Geist
4.2 Die Schau des Einen
4.3 Der Aufstieg zum Einen

5. Schlussbemerkung

1. Vorbemerkung

Diese Hausarbeit bezieht sich hauptsächlich auf Plotins Enneade I6, Über das Schöne. Der Schüler Plotins, Porphyrios, ordnete die Schriften seines Lehrers und in seiner Reihenfolge sind sie uns überliefert. Obgleich die sechste in Porphyrios' Aufzählung, ist die Enneade I6 die früheste Schrift Plotins.

Ziel dieser Hausarbeit ist es, zum einen die hierarchische Seinsordnung und deren Bezug zum Begriff der Schönheit, wie sie Plotin in der Enneade I6 entwickelt, darzustellen. Zum anderen möchte ich den Weg der Seele von ihrem Ursprung bis zur Vermischung mit der Materie und ihren Aufstieg aus dem Körper des Menschen hin zum intelligiblen Sein beschreiben, wie sie in dieser Schrift deutlich werden.

In den anschließenden Kapiteln wird folgende vereinfachte Zusammenfassung und die darin enthaltenen Begriffe geklärt und stellenweise in Bezug zu anderen Philosophen gestellt werden:

Dieser Weg führt durch die Seinsstufen vom Einen über den Geist zur Materie und wieder zurück. Dem Menschen stehen, um diesen Weg zu beschreiten, die Tugenden Besonnenheit, Tapferkeit, Seelengröße und Weisheit zur Verfügung. Hypostase allen Seins ist das Eine, von dem die gesamte übrige Wirklichkeit durch Emanation abhängig ist.

Der Aufstieg der Seele von der sinnlichen Wirklichkeit zum Einen ist gleichsam eine 'Heimkehr' zu Verwandtem. Ausgangspunkt und Anstoß des Transzendierens ist das ästhetische Erlebnis in der nicht-intelligiblen Welt, also das sinnliche Wahrnehmen von Schönheit beispielsweise in der Kunst, der Musik oder auch Mathematik. Über immer vollständigere Reinigung von dem Stofflichen gelangt die Seele zurück in die intelligible Welt. Nach dieser Geistwerdung schaut sie das Eine und ist erfüllt von 'Liebe, Sehnsucht und lustvoller Erschütterung'.

2. Die Seinsstufen

„Als das Erste ist anzusetzen die Schönheit, welche zugleich das Gute ist, von daher wird der Geist unmittelbar zum Schönen, und durch den Geist ist die Seele schön; und das weitere Schöne dann, in den Handlungen und Tätigkeiten, kommt von der gestaltenden Seele her; und die Leiber schließlich, welche man schön nennt, macht die Seele dazu“[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie auch für Platon besteht für Plotin die Wirklichkeit aus mehreren Stufen. Er entwickelt eine hierarchische Seinsordnung mit sechs Seinsstufen, die von der ersten zur sechsten Stufe graduell vom Intelligiblen zu den Erscheinungen und zur Materie, vom Schönen zum Hässlichen, vom Guten zum Bösen und Schlechten, vom Vollkommenen zum Unvollkommenem, usw. führen.

2.1 - Das Eine

Die oberste Stufe dieser Seinsordnung ist das Eine, die „Schönheit welche zugleich das Gute ist“[2]. Das Eine kann man nur durch die via negationis, den negativen Weg beschreiben. Man könnte also nur sagen, was das Eine nicht ist und selbst das beschreibt mehr die mannigfaltige Welt, die es nicht ist, als das, was es ist. Das Eine ist unterschiedslose Einheit und somit über alle Verhältnisse zur 'vielheitlichen' Welt der Einzeldinge erhaben und bleibt von ihr unberührt. Plotin setzt das Eine mit Gott[3], dem Guten, der Schönheit, dem Oberen[4] gleich. Alle meinen jedoch das unteilbare, unveränderliche, unzeitliche und unräumliche Prinzip, das „Ursache von Leben, Denken und Sein“[5] ist. „Das Eine [...] ist absolute Einheit und Fülle. Von ihm leitet sich alles Sein, aber auch alle Schönheit her. Kein Seiendes existiert außerhalb der Verbindung mit dem Einen“[6] Aus dem Einen gehen alle übrigen Seinsstufen durch Emanation[7], durch Ausströmen hervor, die jeweils durch Teilhabe an Form und rationaler Struktur (eidos und logos) der nächsthöheren Stufe schön und gut sind. Die höheren Stufen bilden sich in den folgenden ab, wobei der Grad der Einheit jeweils abnimmt und die Verunreinigung durch die Materie jeweils zunimmt.

„Gerade kraft seines unendlichen Überflusses und seiner Vollkommenheit muss das Eine notwendig ausströmen und eine Mannigfaltigkeit hervorbringen, ohne doch selbst wieder von ihr berührt zu sein. So dient das Eine als die erste Hypostase[8], indem es der gesamten übrigen Wirklichkeit zu Grunde liegt; diese Wirklichkeit ist als Emanation vom Einen abhängig“[9].

2.2 - Der Geist

Auf der zweiten Stufe der Seinsordnung steht das „nous“. Ein Begriff, den man mit Vernunft, Intellekt, Verstand oder Geist übersetzen könnte. Wobei letztere Übersetzung die, in diesem Kontext, brauchbarste ist, da sie eine Vielfalt von Sinn-Ebenen umfasst[10].

Der Geist ist die erste Emanation aus dem Einen und bildet die zweite Hypostase des Seins, insofern es dem Einen näher ist als alles übrige Seiende, also auch allem übrig Seiendem zu Grunde liegt, aber nicht an der absoluten Einheit des Einen teil hat, sondern schon in sich differenziert ist. Die Stufe des Geistes entspricht dem Bereich der Ideen, also „ewigen Urbilder aller Dinge“[11]. Der Geist ist der Inbegriff von „Leben, Denken und Sein“[12]. Der Seinsstufe des Geistes entspricht somit das wahre Sein. Der Geist hat insofern nicht an der absoluten Einheit des Einen teil, indem es sich in Denkendes und Gedachtes differenziert, denn dem Geist, oder hier deutlicher, dem Verstand kommt die Tätigkeit des Denkens zu. „Deshalb kommen ihm (dem Geist) außer den Prinzipien von Sein, Beharren und Identität (wegen seiner Ewigkeit) noch die von Bewegung und Verschiedenheit für den Vollzug des Denkens zu.“[13]

[...]


[1] Plotin, I6, 6, 32 Alle Zitate und Stellenverweise zu Plotin: Über das Schöne richten sich nach der Übersetzung von R. Harder in: Plotins Schriften. Neubearbeitung mit griechischem Lesetext und Anmerkungen, fortgeführt von R. Beutler und W. Theiler. Hamburg 1956-1971

[2] Plotin, I6, 6, 31-32

[3] Plotin, I6, 6, 31 „Deshalb heißt es denn auch mit Recht, dass für die Seele gut und schön werden Gott ähnlich werden bedeutet“. Der Geist ist das Schöne und gut, also bedeutet gut und schön werden auch Geist-werden. Der Geist ist aber auch 'Abbild' des Einen und diesem somit ähnlich. Wenn nun Geist-werden 'Gott ähnlich werden' bedeutet, dann ist das Eine gleich Gott.

[4] Plotin, I6, 6, 31-32. 7, 33-34

[5] Plotin, I6, 7, 33

[6] dtv-Atlas Philosophie, 10. Auflage, Hgs. v. P. Kunzmann, F.P. Burkard, F. Wiedmann, 63

[7] Emanation, (griech. aporrhoia; lat. e manare, ausfließen, ausströmen), Ausströmung. Die Emanation ist im Neuplatonismus der bildliche Ausdruck für das Verhältnis zwischen Gott (dem Einen) und dem sonstigen Seienden. Obwohl absolute Einheit besteht in Gott als der höchsten Form des Seins ein 'Überfluss' und als Folge dieses Überflusses (Emanation) aus Gott ergibt sich alles übrige Seiende.

Vgl. Anton Hügli / Poul Lüb>

[8] Hypostase, (griech. hypostasis, Unterlage, Grundlage)

[9] Anton Hügli / Poul Lüb>

[10] Vgl. W. Beierwaltes, Das wahre Selbst, 17-19

[11] dtv-Atlas Philosophie, 10. Auflage, Hgs. v. P. Kunzmann, F.P. Burkard, F. Wiedmann, 63

[12] Plotin, I6, 7, 33

„denn es (das Eine) ist Ursache von Leben, Denken und Sein“ Wenn das Eine Hypostase des Geistes und Ursache von Leben, Denken und Sein ist, und der Geist Emanation bzw. Wirkung oder Verursachtes des Einen ist, dann ist der Geist selbst Leben, Denken und Sein.

[13] dtv-Atlas Philosophie, 10. Auflage, Hgs. v. P. Kunzmann, F.P. Burkard, F. Wiedmann, 63

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Heimkehr der Seele zum Schönen
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V29855
ISBN (eBook)
9783638312684
ISBN (Buch)
9783656433064
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Vollständige Zitierung über Fußnoten, daher kein Literaturverzeichnis.
Schlagworte
Heimkehr, Seele, Schönen
Arbeit zitieren
Bruno Gransche (Autor:in), 2004, Die Heimkehr der Seele zum Schönen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29855

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