Melancholie und Trauer bei Sigmund Freud. Bedeutung des Begriffs der Melancholie im historischen Kontext


Hausarbeit, 2015

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Dürers Blatt „Melencolia I“
2. 1. Einleitung
2. 2. Bildbeschreibung
2. 3. Einzelne Bildelemente

3. Trauer und Melancholie bei Sigmund Freud
3. 1. Kritik und Anmerkungen zu „Trauer und Melancholie“

4. Die Melancholie
4. 1. Die Geschichte der Melancholie
4. 2. Eigenschaften des Melancholikers

5. Melancholie aus heutiger Sicht
5. 1. Die produktive Melancholie

6. Fazit

Literaturnachweis

Primärliteratur

Sekundärliteratur

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Um in das umfassende Thema der Melancholie einzustimmen, werden im ersten Abschnitt verschiedene symbolische Eigenheiten aus Dürers Stich „Melencolia I“ herausgearbeitet.

Im Mittelpunkt der Arbeit steht Sigmund Freuds Text „Trauer und Melancholie“, in welchem er die Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten der Trauerarbeit und der Melancholie beschreibt. Die Behauptung, die Selbstvorwürfe des Melancholikers seien in Wahrheit an das verlorene Liebesobjekt gerichtet, bildet bis heute den Kern des Verständnisses der Melancholie. Was Freud damals als Melancholie beschrieb, „ würde man heute als schwere Depressionserkrankung bezeichnen. “ [1]

In dem geschichtlichen Teil der Arbeit liegt der Schwerpunkt auf der Antike mit der Lehre der vier Körpersäfte. Die Bedeutung des Begriffs der Melancholie veränderte sich durch die Jahrhunderte grundlegend.

Mit einem Blick auf die heutige Sicht der Melancholie wir die Arbeit abgerundet.

2. Dürers Blatt „Melencolia I“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: „Melencolia I“ von Albrecht Dürer

2. 1. Einleitung

Mit 43 Jahren, 1514, sticht Dürer das Blatt „Melencolia I“. Die Deutung des Stichs bleibt auch nach zahlreichen Forschungen rätselhaft. Ikonologisch, religiös oder philosophisch haben die einfachen Gegenstände jedes für sich eine eigene Bedeutung, hinzu kommt ihre Anordnung und was sie in diesem Kontext bedeuten.

Dürer sticht ein eigenständiges Bild der „Melencolia“. Er zeigt die psychische, geistige und praktische Verfassung, die Fähigkeiten und die Gefährdungen der Melancholie auf.[2] Er ist der erste Künstler nördlich der Alpen, der vom abstrakten Begriff der Melancholie eine konkrete Anschauung herstellt.[3]

2. 2. Bildbeschreibung

Zu sehen ist eine geflügelte Frau, welche auf einer Stufe an einer Mauer sitzt. Die Körperhaltung ist schwer. Der Kopf ruht auf dem aufgestützten Arm, dessen Hand zur Faust geschlossen ist. In der anderen Hand hält sie einen Zirkel, ohne etwas damit zu tun. Er steht sinnbildlich für die Astronomie. Ihr Blick ist starr in die Leere gerichtet. Er drückt Unmut und Dumpfheit aus. Um sie herum ist lebendiges Chaos.[4]

2. 3. Einzelne Bildelemente

Die an das fensterlose Gebäude angelehnte Leiter könnte die Tugendleiter sein, die den Aufstieg von der Demut zur Weisheit ermöglicht. Scheitert die Melancholie an diesem Aufstieg? Als Betrachter befindet man sich in Erkenntnissuche und melancholischer Verwirrung, welche Dürer in seinem Stich darstellt.

Ein bizarres Zwitterwesen, ähnlich einer Fledermaus, trägt den Titel „Melencolia I“. Sie ist das Gegenbild zur Melancholiefigur mit ihren Engelsflügeln und Sinnbild der düsteren und negativen melancholischen Aspekte.

Auf einer Stufe steht ein abgestumpfter Rhomboeder; er ist kein regelmäßiger Körper wie die Kugel.[5] Werkzeuge und Schreibzeug liegen unbenutzt herum, das Buch verschlossen im Schoß. Die Himmelskörper werden nicht wahrgenommen, die träge Melancholie zeigt „das Nichts-Tun mit Dingen, die der Tätigkeit dienen, das Nicht-Sehen dessen, was gesehen werden will“[6].

Der Hund ist das klassische Begleittier des Melancholikers.[7] Mit geschlossenen Augen symbolisiert der Hund die Schläfrigkeit des Melancholikers, welche bei der Frau nicht zum Vorschein kommt. Der Hintergrund des Bildes hat keine räumliche Verbindung zum Vordergrund. Am Himmel dominiert der Komet mit seinem Strahlenkranz. Er befindet sich kurz vor dem Aufprall.[8] Das Bild ist in unheimliches Zwielicht getaucht.[9] Der Regenbogen deutet einen Hoffnungsschimmer an. Strafe und Gnade, Untergang und Erlösung begegnen sich hier.

Um 1500 sind Theologie (Glaube) und Wissenschaft (Wissen) keine getrennten Bereiche. Durch die Astrologie werden sie aufeinander bezogen und werden in Dürers Darstellung durch die Melancholie verbunden. Die schwergliedrige Frau wird durch ihre Flügel als Melancholie personifiziert. Trotz der typisch melancholischen Gesichtsschwärze ist ihr Blick wach. Wie die Flügel den Gegensatz zur Erdenschwere andeuten, so steht ihr lichtvoller Blick der Gesichtsschwärze gegenüber. Seit der Antike ist der aufgestützte Kopf Zeichen der Melancholie. Die Faust als Geste des Geizes, ein Attribut des melancholischen Temperamentes, bildet hier einen Kontrast zur lethargisch niedersinkenden anderen Hand.[10] Die Geste der geballten Faust deutet auf Konzentration eines Geistes, der versucht, ein Problem zu erfassen, aber nicht fähig ist, es zu lösen oder davon abzulassen, hin. Wie die Augen der Frau in eine Region des Nicht-Sichtbaren starren, so umklammert die Hand das Nicht-Greifbare.[11]

Auch wenn die Haltung des Putto der Melancholie ähnelt, unterscheidet dieser sich durch sein aktives Geschreibsel.[12] Er steht für das Wesen, das Befriedigung des vielleicht auch unproduktiven Tätigseins erfahren hat und dieses noch nicht als Qual erfährt und noch nicht die Qual des vielleicht auch schöpferischen Denkens kennt.[13]

Im Mittelalter wird dem Melancholiker Habgier, Geiz und Reichtum zugeschrieben. Dürer stellt mit dem Schlüssel und dem Beutel zwei Charakterzüge dar, die dafür typisch sind. Das Thema der Messung zeigt sich in der Waage, dem Stundenglas und der Sonnenuhr. Im Stundenglas ist der Sand genau zur Hälfte durchgerieselt, Vergangenheit und Zukunft bilden eine Symmetrie. Im Gegensatz zur Dramaturgie des Himmels ist hier ein Zeichen der Balance gesetzt. Das in die Mauer eingelassene Zahlenquadrat (Jupitertafel) ist Zeichen für mathematische Kompetenz. Die Geometrie wird dem Planet Saturn zugeordnet, welcher der Gott der Melancholie ist.[14]

Das Haltlose spiegelt sich in der Komposition wider, welche ohne klare Linien auskommt. Der Blick des Betrachters zwischen den verschiedenen Gegenständen irrt verloren herum.[15]

[...]


[1] Storr, Anthony: Freud. Eine sehr kurze Einführung, S. 106

[2] Vgl. Kunstdirekt.net: Einleitung

[3] Vgl. Klibansky, Raymond: Saturn und Melancholie. S. 434

[4] Vgl. Kunstdirekt.net: Beschreibung

[5] Vgl. ebd. Einzelne Bildelemente

[6] Klibansky, Raymond: Saturn und Melancholie. S. 447

[7] Vgl. ebd. S. 450

[8] Vgl. Kunstdirekt.net: Einzelne Bildelemente

[9] Vgl. Klibansky, Raymond: Saturn und Melancholie. S. 452

[10] Vgl. Kunstdirekt.net: Einzelne Bildelemente

[11] Vgl. Klibansky, Raymond: Saturn und Melancholie. S. 412 ff.

[12] Vgl. kunstdirekt.net: Einzelne Bildelemente

[13] Vgl. Klibansky, Raymond: Saturn und Melancholie. S. 453

[14] Vgl. Kunstdirekt.net: Einzelne Bildelemente

[15] Vgl. ebd. Komposition

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Melancholie und Trauer bei Sigmund Freud. Bedeutung des Begriffs der Melancholie im historischen Kontext
Hochschule
ecosign/Akademie für Gestaltung
Veranstaltung
Philosophie
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
15
Katalognummer
V298653
ISBN (eBook)
9783656950165
ISBN (Buch)
9783656950172
Dateigröße
830 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Trauer, Melancholie, Dürer, Melencolia I, Sigmund Freud, Melancholiker
Arbeit zitieren
Milena Wälder (Autor:in), 2015, Melancholie und Trauer bei Sigmund Freud. Bedeutung des Begriffs der Melancholie im historischen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298653

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