Der europäische Emissionshandel als Instrument des Klimaschutzes

Darstellung und kritische Würdigung


Masterarbeit, 2014

107 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Vorwort

2 . Klimawandel
2.1 Die globale Erwärmung
2.1.1 Der Treibhauseffekt
2.2 Auswirkungen des Klimawandels
2.2.1 Schäden
2.2.2 Positive Effekte des Klimawandels
2.3 Strategien gegen Klimawandel
2.3.1 Vermeidung
2.3.2 Anpassung
2.3.3 Ignorieren
2.4 Das Kyoto-Protokoll als internationaler Leitfaden zur Klimapolitik
2.4.1 Inhalte des Kyoto-Protokolls
2.4.2 Ziele des Kyoto-Protokolls

3. Umweltoptimum und umweltpolitische Instrumente
3.1 Marktversagen
3.2 Optimale Umweltbelastung
3.3 Instrumente
3.3.1 Umweltauflagen
3.3.2 Umweltabgaben
3.3.3 Umweltzertifikate
3.3.3.1 Konzeption
3.3.3.2 Freie Vergabe
3.3.3.3 Versteigerung
3.3.3.4 Staatlicher Festpreis
3.3.3.5 Räumlicher Gestaltungsbereich
3.4 Beurteilung der umweltpolitischen Instrumente
3.4.1 Die ökologische Treffsicherheit
3.4.2 Die ökonomische Effizienz
3.4.3 Akzeptanz bei Bürgern
3.4.4 Politik und Verwaltung

4. Ausgestaltung des praktischen Zertifikatshandels
4.1 Beteiligte Akteure im Emissionshandel
4.2 Umsetzungsphasen des Emissionshandels
4.3 Allokation der Zertifikate
4.3.1 Nationale Zuteilungspläne bis
4.3.2 Zuteilungsverfahren ab
4.4 Ausnahmeregelungen des Emissionshandelssystems
4.5 Der Handel mit Emissionszertifikaten
4.6 Preisliche Entwicklung der Zertifikate

5. Preisverfall der Emissionszertifikate als aktuelles Problem
5.1 Gründe für den Preisverfall der Emissionszertifikate
5.2. Standpunkte einzelner Interessenverbände zum Preisverfall der Emissionszertifikate
5.2.1 Standpunkte der Wissenschaft
5.2.2 Standpunkte der Wirtschaft
5.2.3 Standpunkte der Politik
5.2.4 Standpunkt der Umweltverbände

6. Ausblick und Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Treibhausgasemissionen in CO2-Äquivalenten und Kyoto- Protokoll-Ziele für 2008-2012 21

Abbildung 2: Optimale Umweltbelastung im Schema der Neoklassischen Umweltökonomik 26

Abbildung 3: Zertifikatspreise in Euro Tonne CO2 64

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Vorwort

Der Treibhauseffekt ist ein natürlicher Effekt und seit dem Zeitpunkt der Industrialisierung nimmt der Mensch aktiv Einfluss auf den Treibhauseffekt durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe und die Abholzung der Wälder.1Der Ausstoß der klimaschädlichen Gase führte seit dem Zeit­punkt der Industrialisierung zu einer Erderwärmung um durchschnittlich 0,8°C.2Die Klimaforscher gehen davon aus, dass die durchschnittliche Temperatur in der Zeit von 2035 bis 2050 um 2°C bis 3°C steigen wird. Die Erhöhung der Temperatur, der sogenannte Klimawandel, stellt sich als Bedrohung für die Natur und die Gesellschaft dar.3Neben der Vielzahl der negativen Effekte bietet der Klimawandel auch positive Effekte. Um den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken, gibt es drei Strategien gegen den Klimawandel: die Vermeidungstaktik, die Anpassungstaktik oder die Taktik, dass der Klimawandel einfach ignoriert wird.4Als Lösungsansatz steht das Kyoto-Protokoll zur Bekämpfung des inter­nationalen Klimawandels, in dem sich die Bundesrepublik Deutschland (BRD) bis 2050 ehrgeizige Ziele gesetzt hat, um den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu verringern.5

Der Markt versagt bei dem Gut Luft, jeder darf dieses Gut frei nutzen und niemand darf vom Konsum ausgeschlossen werden.6Um einen Markt für das Gut saubere Luft herzustellen, wird eine optimale Umweltbelastung festgelegt. Um die optimale Umweltbelastung realisieren zu können, müssen Instrumente festgelegt werden. Diese Instrumente sind die Umweltauflagen, Umweltabgaben und Umweltzertifikate. Jedoch ist es nur möglich, durch den Handel mit den Umweltzertifikaten einen Markt für ein knappes Umweltgut zu schaffen.7Die Vergabe der Zertifikate kann über eine freie Vergabe, Versteigerung oder über einen staatlichen Festpreis erfolgen. Umweltökonomen müssen sich über die richtige Größe des Marktes Gedanken machen. Ist der Markt zu klein, so kann dieser ineffizient sein.8Um die Klimaschutzziele zu erreichen, wurde auf Grundlage des Kyoto-Protokolls das Europäische Emissions­handelssystem eingeführt. An dem Emissionshandel müssen energie­intensive Unternehmen teilnehmen, die viele klimaschädliche Gase ausstoßen.9Aufgrund der Mengenbegrenzung und des Handels mit den Emissionszertifikaten entsteht ein Marktpreis für das klimaschädliche Gas Kohlenstoffdioxid.10Das Emissionshandelssystem ist in drei Phasen unterteilt. Die Einführungsphase von 2005 bis 2007 galt als Pilotphase. In der ersten Phase sollten Erfahrungen gesammelt werden. Die zweite Phase von 2008 bis 2012 fiel mit dem ersten Verpflichtungszeitraum des Kyoto-Protokolls zusammen.11Die dritte Phase ist mit ihrer geplanten achtjährigen Laufzeit von 2013 bis 2020 dazu da, um die Reduktionsvorgaben aus dem Kyoto-Protokoll zu realisieren.12Um dieses Ziel verwirklichen zu können, wird die Zuteilungsmenge der Emissions­zertifikate um einen jährlichen Faktor reduziert.13Um die Zielvorgabe aus dem Kyoto-Protokoll zu erreichen, werden ab 2012 zusätzlich Betreiber von Luftfahrzeugen an dem Handel mit den Emissionszertifikaten beteiligt.14

Der Emissionshandel sieht sich mit einer erheblichen Problematik konfrontiert. Die Wirtschaftskrise aus dem Jahr 2009 führte dazu, dass die Unternehmen ihre Produktion verringerten. Eine geringere Produktion bedeutet gleichzeitig weniger Schadstoffausstoß und weniger Bedarf an Zertifikaten. Zudem generierten die Unternehmen zu viele Emissions-

Zertifikate aus Klimaschutzprojekten in den Schwellenländern. Die Wirt­schaftskrise und die Zertifikate aus den Klimaschutzprojekten führten dazu, dass der Preis der Emissionszertifikate massiv gefallen ist.15

2 . Klimawandel

2.1 Die globale Erwärmung

Ist der Mensch verantwortlich für die Änderung des Klimas? Falls ja, wie stark wirkt sich sein Handeln auf die globale Erwärmung aus? Mit der globalen Erwärmung ist eine Mitteltemperatur gemeint, denn die Erwärmung findet auf der Erde nicht überall gleich statt.16Ist der Treib­hauseffekt schuld an der Erderwärmung? Ist er gefährlich oder vielleicht sogar lebensnotwendig? Was sind die Folgen des Klimawandels? Gibt es nur Verlierer durch die globale Erwärmung oder ist es sogar möglich, dass der Klimawandel positive Effekte bewirkt? Wie sehen die Strategien gegen den Klimawandel aus und wie reagiert die Politik auf den Klimawandel? All diese Fragen werden in diesem Kapitel behandelt und sollen dem Leser einen Überblick über die Folgen der globalen Erwärmung geben.

2.1.1 Der Treibhauseffekt

Nach Meinung der Wissenschaft ist es unausweichlich, dass eine Erderwärmung von 2°C durch den Ausstoß der Treibhausgase bleibende, nicht zu reparierende Schäden und kaum zu beherrschende Folgen für den Menschen und die Natur hat.17Zu den Treibhausgasen gehören die strahlungswirksamen Gase Wasserdampf, Kohlen(stoff)dioxid (CO2), Ozon (O3), Distickstoff (N2O) und Methan (CH4), die sich in unserer Atmosphäre befinden und zur Erwärmung des Bodens beitragen.18

Der Treibhauseffekt ist an sich nicht klimaschädlich19, sondern er ist ein ganz natürlicher Prozess. Die Gase Wasserdampf, CO2 und CH4 sind von Natur aus schon immer in unserer Atmosphäre vorhanden.20Das wichtigste Treibhausgas für den Treibhauseffekt ist Wasserdampf, gefolgt von dem Gas CO2 und den Gasen CH4, O3 und Lachgas. Die beiden in der Atmosphäre am häufigsten vorkommenden Gase Stickstoff mit 78 % und Sauerstoff mit 21 % haben fast keinen Einfluss auf den Treibhauseffekt.

Die Sonne ist verantwortlich für das Klima auf der Erde. Sie strahlt Energie in Form von kurzwelligen Strahlen aus. Die kurzwelligen Strahlen befinden sich im sichtbaren oder angrenzenden Bereich, wie z. B. das ultraviolette Licht.21Ca. 1/3 der ausgestrahlten Energie wird direkt von der Obergrenze der Erdatmosphäre reflektiert. Die anderen 2/3 werden in geringem Maße durch die Atmosphäre und durch die Erdoberfläche aufgesogen. Um mit den Strahlungen der Sonne im Gleichgewicht zu bleiben, strahlt die Erde langwellige Strahlen wie Infrarotstrahlung zurück ins Weltall. Die lang­welligen Strahlen der Erde kommen zustande, weil die Erde viel kälter ist als die Sonne. Die Strahlen werden von der Atmosphäre und den Wolken absorbiert und an die Erde zurückgestrahlt und erhöhen somit die Temperatur der Luft.22Dies ist der sogenannte Treibhauseffekt.

Dass die Strahlen reflektiert werden, geschieht nicht von allein, die oben erwähnten Treibhausgase nehmen maßgeblichen Einfluss auf den Treib­hauseffekt. Die Treibhausgase lassen die Strahlen der Sonne durch, aber die langwelligen Strahlen, die von der Erdoberfläche abgegeben werden, werden von den Treibhausgasen aufgehalten.23Dieser Effekt ist auch bei einem Glashaus zu beobachten, das in der Sonne steht. Das Glas des Hauses ist durchlässig für alle Arten des Lichts. Die Objekte im Glashaus nehmen die Strahlen der Sonne auf und erwärmen sich und geben die Energie als Infrarotstrahlung wieder ab. Die Temperatur steigt so lange an, bis sich die abgegebene Temperatur mit der eindringenden

Temperatur im Einklang befindet.24Der Effekt der Erwärmung ist in einem Glashaus so wie in unserer Atmosphäre, nur findet der Treibhauseffekt unter anderen physikalischen Bedingungen statt.25

Die ankommenden Strahlen der Sonne betragen 342 W/m2. Ungefähr 30 % der Strahlen werden durch die Obergrenze der Atmosphäre reflektiert und somit bleiben 242 W/m2 übrig. Die Strahlen werden zum Teil von der Atmosphäre, zum Teil auch von Wasser- und Landflächen absorbiert.26

Ohne den Treibhauseffekt würden auf dem Planeten Erde gerade -18°C herrschen. Der natürliche Treibhauseffekt sorgt für eine Erwärmung um 33°C. Dadurch entsteht eine mittlere Oberflächentemperatur von ca. 15°C.27 Somit ist der Treibhauseffekt lebensnotwendig, denn sonst wäre die Erde wegen der niedrigen Temperaturen eingefroren.28Der Mensch nimmt dabei durch den Ausstoß von Treibhausgasen erheblichen Einfluss auf den natürlichen Treibhauseffekt. Die Folgen des Klimawandels werden im nachfolgenden Kapitel behandelt.

2.2 Auswirkungen des Klimawandels

Der Mensch trägt mit seinen Aktivitäten dazu bei, dass der natürliche Treibhauseffekt beeinflusst wird. Dies ist hauptsächlich auf das Abholzen der Wälder und das Verbrennen fossiler Energieträger zurückzuführen. Seit Beginn der Industrialisierung stößt der Mensch durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe enorme Mengen von CO2 aus. Der Ausstoß des Treibhausgases CO2 verstärkt den Treibhauseffekt und das Klima auf der Erde erwärmt sich. Durch den Ausstoß der Treibhausgase in die Atmosphäre entsteht ein Kreislauf. Wenn sich die Atmosphäre durch das Hinzufügen von Treibgasen erwärmt, steigt die Wasserstoffkonzentration, dies kurbelt den Treibhauseffekt weiter an und die Atmosphäre erhitzt sich weiter.29

CO2 ist nicht das einzige Gas, welches vom Menschen produziert wird und für den Treibhauseffekt verantwortlich ist. Das Gas CH4 entsteht größten­teils in der Landwirtschaft. Lachgas entsteht aus dem Einsatz von Düngemitteln. Die Halogenkohlenwasserstoffgase entstehen durch den Einsatz von Kühlmittel und O3 entsteht aus einer chemischen Reaktion von Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffen und Stickoxiden.30

Wie im Kapitel 2.1.1 erwähnt, beträgt die Strahlung des natürlichen Treibhauseffektes 324 W/m2, davon werden allein 2,7 W/m2 durch die anthropogenen31Treibhausgase verursacht. Dabei gehen 60 % auf das Konto von CO2 und die restlichen 40 % werden durch die anderen Gase verursacht.32

Die durchschnittliche Temperatur ist seit Beginn der Industrialisierung um 0,8°C gestiegen. Eine Folge der gestiegenen Durchschnittstemperatur ist, dass der Meeresspiegel um 20 cm angestiegen ist.33Seit 1901 ist die Temperatur in Deutschland um rund 0,9°C gestiegen.34Nach heutigem Stand sind sich die Klimaforscher einig, dass zwischen den Jahren 2035 und 2050 die Mitteltemperatur um etwa 2°C bis 3°C steigen wird.35Weiterhin wird prognostiziert, dass bis zum Jahr 2100 eine Erhöhung der Temperatur zwischen 1,8°C und 6,0°C erfolgen wird.36

Zur Zeit der Industrialisierung lag der Konzentrationsgehalt des Treibhaus­gases CO2 bei 280 ppm . Heutzutage beträgt die CO2-Konzentration 380 ppm 37. 380 ppm bedeutet, dass 0,04 % der Luft aus CO2 bestehen, was wiederum bedeutet, dass schon eine geringe Änderung der Treibhausgas- konzentration eine enorme Wirkung auf den Temperaturanstieg hat38.30 Dabei ist gerade in der Zeit zwischen 1970 bis 2004 der Ausstoß des Treibhausgases CO2 um ca. 80 % gestiegen.39Was der Treibhauseffekt im Extremfall bewirken kann, zeigt unser Nachbarplanet, die Venus. Die Venus ist näher an der Sonne und die ankommenden Sonnenstrahlung hat eine Stärke von 645 W/m2. Die Venus ist aber durch eine dichte Wolkendecke geschützt, so dass 80 % der Sonnenstrahlen reflektiert werden. Damit verursachen die Strahlen der Sonne nur 130 W/m2. Es könnte der Eindruck entstehen, dass es auf der Venus aufgrund der geringeren Sonnenstrahlung kälter ist als auf der Erde, aber dem ist nicht so, denn auf der Venus herrschen 460°C. Dieser extreme Treibhauseffekt kommt dadurch zustande, dass die Atmosphäre der Venus zu 96 % aus CO2 besteht.40Wie sich die Erderwärmung von ca. 2°C auswirkt, wird im nächsten Kapitel erläutert, da sich neben einer ganzen Reihe von Schäden auch der eine oder andere positive Nebeneffekt des Klimawandels ergibt.

2.2.1 Schäden

Der Klimawandel ist eine Bedrohung für Natur und Gesellschaft.41Die ersten Ausmaße des Klimawandels sind schon zu erkennen. Nachfolgend wird erklärt, welche ökonomischen Dimensionen der Klimawandel hat und mit welchen negativen Folgen zu rechnen ist. Zunächst werden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur dargestellt.

- Gletscherschwund

Der auffallendste Effekt des Klimawandels ist der Schwund der Gletscher. Im Vergleich zum Zeitalter der Industrialisierung haben die Gletscher in den Alpen die Hälfte ihrer Masse eingebüßt. Dies ist nicht nur in den Alpen zu beobachten, sondern weltweit. Zu erwarten ist, dass die Gletscher aufgrund des prognostizierten Temperaturanstiegs bis 2100 kaum noch vorhanden sind oder gar ganz verschwunden sind. Die Gletscher haben einen nützlichen Effekt für Millionen von Menschen. Im Winter wird das Wasser eingefroren und im Sommer wird das gefrorene Wasser in die Flüsse gespeist. Die Gletscher übernehmen somit die Funktion eines Wasserspeichers. Millionen von Menschen sind vom Wassermangel bedroht.42

- Rückgang des arktischen Eises

2004 stellten 300 Wissenschaftler in einer umfangreichen internationalen Studie fest, dass die Erderwärmung massive Auswirkungen auf die arktischen Regionen hat. Zu den wichtigsten Fakten gehören, dass die Eisdecke in den letzten 30 Jahren um etwa 20 % abgenommen hat. Unsicher ist sich die Wissenschaft über die Abnahme der Dicke des Eises. Während einige Forscher durch ihre Untersuchungen herausgefunden haben, dass die Dicke des Eises optimistischerweise nur um zwischen 8 % bis 15 % abgenommen hat, gehen pessimistischere Forscher im Rahmen ihrer Untersuchung davon aus, dass die Dicke des Eises um knapp 40 % abgenommen hat. Erkenntnisse basierend auf neuester Modellrechnung sagen aus, dass von der pessimistischeren Prognose ausgegangen werden muss. Der Rückgang des arktischen Eises bringt eine ganze Reihe an Folgen mit sich, u. a. den Anstieg des Meeresspiegels (weiter unten ausführlich erklärt). Das Schmelzen des Eises wirkt sich negativ auf die Energiebilanz in den arktischen Regionen aus, denn die hellen Eisflächen reflektieren die Sonne viel besser als das dunkle Meerwasser. Weiterhin sind durch das Schmelzen des Eises die heimische Tierwelt wie Eisbären, Walrosse, einige Seehundarten sowie Seevögel bedroht oder gar vom Aussterben bedroht.43

- Tauen des Permafrosts

In Gebirgsregionen oder auch in polaren Breiten ist der Untergrund dauerhaft gefroren. Dieser gefrorene Boden wird Permafrost genannt. Für Gebirgsregionen bedeutet dies, dass Straßen und Ortschaften vor Steinabbrüchen gesichert werden müssen. Die Maßnahmen zur Sicherung der Gebirgshänge sind kostspielig und verunstalten das idyllische Bild der Bergregionen. In den Alpen wurden schon die ersten Seilbahnpfosten als bedenklich eingestuft. Die Häuser und Infrastruktur in den Polarregionen sind mit dem Permafrost verankert. Durch das Auftauen der Permafrostböden versinken Häuser und Ölpipelines in den schlammig werdenden Böden. In Waldgebieten knicken Bäume durch den schlammigen Boden um und Seen oberhalb der Permafrostböden drohen zu versickern.44Unter den Permafrostböden der Nordhalbkugel liegen laut Schätzungen der Forscher 1700 Gigatonnen Kohlenstoff. Unter den Permafrostböden befinden sich Pflanzen und Tiere, die nicht durch Mikroorganismen zersetzt wurden. Taut der Boden auf, wird der natürliche bakterielle Zersetzungsprozess in Gang gesetzt und würde die

Atmosphäre mit zusätzlichen Treibhausgasen belasten.45> Anstieg des Meeresspiegels Der Meeresspiegel ist seit der Industrialisierung um 20 cm gestiegen. Prognostiziert wird, dass der Meeresspiegel bis zum Jahre 2100 zwischen 50 und 150 cm ansteigen wird. Der Grund für den Anstieg ist, dass das Schmelzwasser in die Ozeane abfließt und sich das Meerwasser somit ausdehnt.46Nach einer Studie könnte der Meeresspiegel bis zum Jahr 2300 sogar um bis zu 5 m steigen.47Durch den Meeresspiegelanstieg werden einzelne Länder im Pazifischen Ozean in Mitleidenschaft gezogen. Aufgrund ihrer sehr geringen Höhe drohen die Inseln im Wasser zu versinken. Der Inselstaat Tuvalu hat vorsorglich seit 2001 einen Asylantrag bei Neuseeland gestellt, da der Staat stark bedroht ist. Indien und Bangladesch befinden sich in dem Dilemma, dass die Reisfelder durch das Meerwasser versalzen. Weiterhin droht das Meerwasser in das Grundwasser einzudringen, somit ist die Qualität des Trinkwassers in Gefahr.48

- Änderung der Meeresströmung

Normalerweise funktioniert die Meeresströmung wie ein Abfluss in der Badewanne. Extreme Wassermassen sinken im europäischen Nordmeer und in der Labradorsee in die Tiefe und verteilen das warme Wasser aus dem Süden in die hohen nördlichen Breiten. Es entsteht eine gewaltige Umlaufverteilung der Wassermassen von ca. 15 Millionen Kubikmeter pro Sekunde. Der Klimawandel nimmt auf zwei Arten Einfluss auf die Meeresströmung. Einerseits schwächt die Erwärmung des Klimas die Dichte des Meerwassers durch die thermische Ausdehnung und andererseits führen verstärkte Niederschläge und das Abschmelzen der Gletscher dazu, dass das salzige Meerwasser mit Süßwasser verdünnt wird. Beides nimmt Einfluss auf das Absinken des Wassers im nördlichen Atlantik. Zur Zeit ist noch nicht damit zu rechnen, dass sich die Meeresströmungen in Kürze ändern werden, aber bis zur Mitte dieses Jahrhunderts gehen Forscher davon aus, dass sich die Meeresströmungen ändern werden. Mit welchen Effekten durch die Verlangsamung oder des Stillstandes der Meeresströmungen zu rechnen ist, ist in dem Hollywood-Film The day after tommorow zu sehen. Durch den Stillstand der Meeresströmung kommt es zu extremen Kalt­Ereignissen. Diese Kalt-Effekte könnten auch in Zukunft zur Bedrohung werden.49

- Wetterextreme

Der Anstieg der Temperatur nimmt Einfluss auf die Häufigkeit von Wetterereignissen wie Hitzewellen, Dürren, Starkregen, Überflutungen

und Tropenstürme.50Forscher sind der Meinung, dass sich durch den Ausstoß von anthropogenen Treibhausgasen die Wahrscheinlichkeiten von Hitzewellen verdoppeln. Es könnte sogar sein, dass Hitzewellen am Ende des Jahrhunderts zur Normalität werden. Starke Regenfälle führen zu Überschwemmungen. Die Erwärmung der Meere führt dazu, dass die

Intensität von Stürmen, insbesondere der Wirbelstürme, steigt.51'

- Verlust von Arten und Ökosystemen

Der Anstieg der Temperatur von 2°C birgt die Gefahr des Verlustes von Arten und Ökosystemen. Die klimatischen Bedingungen haben sich auf der Erde mit sehr hohem Tempo geändert, so dass die Anpassungs- und Regenerationsfähigkeit der Natur überfordert ist. Diese klimatische Veränderung hat es seit Millionen von Jahren nicht gegeben.52Es wird geschätzt, dass der Klimawandel dazu führt, dass zwischen 20 % und 30 % der Pflanzen- und Tierwelt bedroht sind.53Ebenfalls gefährdet sind Ökosysteme wie die Mangrovenwälder, Korallenriffe und der Amazonas­Regenwald. Den Ökosystemen drohen nicht zu reparierende Schäden oder die komplette Zerstörung.

- Versauerung der Ozeane

Der Ausstoß des anthropogenen CO2 führt zu einer Versauerung der Meere. Ca. ein Drittel des CO2 aus der Luft wurde von den Meeren aufgenommen, dadurch ist der pH-Wert im Vergleich zur Zeit der Industrialisierung gesunken.54Die Auswirkung der Versauerung der Meere ist noch nicht bekannt, zu vermuten ist aber, dass die Versauerung der Meere eine negative Wirkung auf marine Schalen bildende Organismen wie z. B. Korallen hat. Die Organismen, die von den Korallen abhängig sind, werden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen.55

Neben den Risiken, die der Natur drohen, ist zu erwarten, dass die Temperaturerhöhung von 2°C Folgen für die Gesellschaft mit sich bringt, mit denen die Gesellschaft schwer zu kämpfen haben wird. Mit folgenden Auswirkungen ist in der Zukunft durch den ungebremsten Klimawandel zu rechnen.

- Wasserversorgung

Die oben genannten Wetterextreme und der Gletscherschwund wirken sich negativ auf die Wasserversorgung von Haushalten, Gesundheits­systeme, Landwirtschaft und Industrie aus. Die Peruanische Millionenstadt Lima, die zu 80 % von Gletscherschmelzwasser abhängig ist, wird stark von dem Klimawandel betroffen sein.5657

- Gesundheitsrisiken

Der Klimawandel kann zu gesundheitlichen Schäden bei der Erdbevöl­kerung führen. 45 °% aller Bewohner der Erde leben in Gebieten, in den Malaria übertragen werden kann. Durch die Erwärmung droht sich Malaria in nördliche Regionen auszubreiten. Die Menschen in den nördlichen Regionen besitzen keine Immunität gegen diese Krankheit. Weiterhin besteht die Gefahr, dass sich durch die Erwärmung Parasiten in höhere nördliche Regionen ausbreiten. Die Konsequenz daraus ist, dass Moskitos auch dort Krankheiten wie Dengue- und Gelbfieber übertragen. Zecken übertragen Krankheiten wie die Lyme-Krankheit, das Hantavirus-Lungen- syndrom oder Enzephalitis. Weiterhin ist damit zu rechnen, dass wegen der Erwärmung die Anzahl von Herz-Lungen-Erkrankungen steigt und dass es mehr Asthmatiker und Allergiker geben wird.5'

- Nahrungsmittelproduktion

Die Landwirtschaft wird durch den Klimawandel beeinträchtigt. Der Anstieg der Temperatur sowie die Folgen der Wetterextreme wie Dürren und die Umverteilung der Häufigkeit der Niederschläge führen dazu, dass

Regionen, in denen das Wasser jetzt schon knapp ist, noch trockener werden. Länder, die jetzt schon von Armut und Hungersnöten betroffen sind, werden die Verlierer unter dem Temperaturanstieg sein, da ihre Nahrungsmittelproduktion noch stärker negativ beeinträchtigt wird.58

Die Folgen des Klimawandels haben starke negative Auswirkungen auf Gesellschaft und Natur, aber dass der Klimawandel nicht nur Nachteile hat, wird im nachfolgenden Kapitel dargestellt.

2.2.2 Positive Effekte des Klimawandels

Abgesehen von der Vielzahl der negativen Effekte des Klimawandels bringt der Anstieg der Temperatur einige positive Nebenwirkungen mit sich.

- Bodenschätze

Die Arktis verbirgt unter ihren Eisschichten wertvolle Bodenschätze wie Gold, Uran und Öl. Das Abschmelzen des Eises bedeutet, dass der Zugang zu den Mineralien leichter wird.59Zu den größten Gewinnern dürfte die Ölindustrie gehören, denn unter dem gefrorenen Eis der Arktis befinden sich in etwa ein Viertel aller weltweiten Ölreserven. Einige Länder wie Kanada und Russland versuchen jetzt schon territoriale Ansprüche an der Arktis geltend zu machen.60Ebenfalls zu den Gewinnern dürfte sich Grönland zählen, durch das Abschmelzen der Eismassen werden Rohstoffe wie Gold und Uran sowie wertvolle Metalle, die als seltene Erden bezeichnet werden, zugänglich.61

- Landwirtschaft

Der Anstieg der CO2-Konzentration bringt einen düngenden Effekt mit sich, der sich auf das Pflanzenwachstum auswirkt. Zum quantitativen Wachstumseffekt kommt ein qualitativer Aspekt hinzu. Die chemische

Zusammensetzung der Pflanzen ändert sich, was zu einem veränderten Gehalt an Nähr- und Inhaltsstoffen führt.62

- Handelsroute

Durch das Schmelzen der Eismassen wären die arktischen Seewege in den Sommermonaten für Schiffe passierbar und es entstünde somit eine verkürzte und sicherere Handelsroute. Der Seeweg zwischen Hamburg und Shanghai würde sich um 6 400 km verkürzen. Zudem könnte die Route durch den Suez-Kanal vermieden werden, die dafür bekannt ist, dass Piraten in dieser Region Schiffe kapern. China profitiert von dieser neuen Handelsroute, da sie die verkürzte Handelsroute nutzen können, um schnelleren Zugang zu den deutschen und amerikanischen Märkten zu bekommen.63

- Weniger Kältetote

Gerade die nördlichen kalten Regionen haben einen Nutzen von dem zu erwartenden Temperaturanstieg. Die Erwärmung führt dazu, dass in Zukunft weniger Kältetote zu erwarten sind. Demnach stehen die Zunahmen durch Hitzetote dem Rückgang der Zahl von Kältetoten gegenüber. Der Meinung der Wissenschaft zu Folge liegt der Rückgang der Todesfälle durch Kälte höher als die Sterberate durch die Hitze. In der Summe führt der Temperaturanstieg zu weniger Sterbefällen und ist somit als positiver Effekt anzusehen.64

Beim Klimawandel gibt sowohl Gewinner als auch Verlierer. Die negativen Auswirkungen dominieren dennoch über die positiven Auswirkungen.65 Die Frage, die sich dabei stellt, ist der Klimawandel gerecht? Zu den größten Emittenten66 der Treibhausgase seit der Industrialisierung
gehören die Länder der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD)67, die Mitgliedsstaaten der G868. Zu den größten Einzelemittenten zählen die USA, die Europäische Union, Russland, Deutschland und China. Während die Industrieländer für den Anstieg der Treibhausgase verantwortlich sind, dürfen die Rechnung für die Aus­wirkungen die Schwellenländer bezahlen.69 Nachfolgend wird analysiert, welche Strategien vorhanden sind, um dem Klimawandel entgegen­zuwirken.

2.3 Strategien gegen Klimawandel

Prinzipiell gibt es drei Möglichkeiten, auf den Anstieg der Temperatur zu reagieren. Die erste Option wäre die Strategie der Vermeidung, um die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen. Die zweite Variante wäre, die Folgen des Klimawandels in Kauf zu nehmen und sich dem Klimawandel anzupassen. Als letzte und dritte Option steht die Strategie der Ignorierung zur Verfügung. Bei dieser Strategie wird weder durch Vermeidung noch durch Anpassung auf den Klimawandel reagiert. Dabei werden die ersten beiden Strategien außer Acht gelassen. Es stellt sich die Frage, ob es sinnvoller ist, die Gelder, die nicht für Vermeidung ausgegeben werden, für eine Art Versicherungssystem zu verwenden, um den vom Klimawandel bedrohten Länder zu helfen.70

2.3.1 Vermeidung

Bei dem Treibhausgas CO2 handelt es sich um einen globalen Schadstoff. Das heißt, es spielt keine Rolle, wo auf der Welt gerade eine Tonne CO2 ausgestoßen wird. Eine Tonne CO2, welche in China ausgestoßen wird, hat dieselbe Umweltbelastung zur Folge wie eine Tonne CO2, die in Deutschland ausgestoßen wird. Den Klimawandel zu vermeiden, bedeutet

nichts anderes, als die Emission'1 von Treibhausgasen zu vermeiden. Demnach ist der soziale Nutzen größer als der private Nutzen bei der

Vermeidung von CO2.

Der größte Teil der Treibhausgase entsteht bei der Energiegewinnung, in der Industrie, im Verkehr und der Landwirtschaft sowie durch das Roden der Wälder. Besonders Entwicklungsländer wie China, Brasilien und Indien konnten im letzten Jahrzehnt große wirtschaftliche Wachstumsraten verzeichnen. Das Wachstum der Entwicklungsländer fand unter dem Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase statt.'3 Daher erscheint es als sinnvoll, auf nicht-fossile sowie erneuerbare Energieträger zu setzen. Beim Verbrennen von Kohle entsteht z. B. doppelt so viel Kohlenstoff (C) wie beim Verbrennen von Gas. Erneuerbare Energien wie Biomasse, Geothermie, Fotovoltaik, Wasser und Wind erzeugen kein C. Ebenso wie Kernenergie.71727374

Viele Entwicklungsländer besitzen große Potenziale, die oben genannten erneuerbaren Energien zu nutzen und komplett auf fossile Energien zu verzichten. Dies bringt den Vorteil, dass Treibhausgase vermieden und Arbeitsplätze geschaffen werden.75 76 In Marokko wurde Anfang des Jahres 2013 das Großbauprojekt Desertec gestartet. Hierbei handelt es sich um die größte Solaranlage der Welt. Es ist geplant, Europa durch die
klimafreundliche und schadstoffarme Solarenergie zu versorgen.76 Eine weitere Strategie, um auf den Klimawandel zu reagieren, wird nachfolgend geklärt.

2.3.2 Anpassung

Die zweite Strategie, um dem Klimawandel entgegenzuwirken, ist, auf die Anfälligkeit von Mensch und Natur durch den drohenden Temperatur­anstieg zu reagieren. Der Klimawandel führt dazu, dass im öffentlichen Bereich wie Infrastruktur und der Grundversorgung Veränderungen vorgenommen werden müssen. Handlungsbedarf besteht ebenfalls im Bereich der stark betroffenen Sektoren wie Land-, Forst-, Fischerei- und Wasserwirtschaft.77

Bei der Anpassung müssen zwei Gesichtspunkte berücksichtigt werden, erstens entstehen Kosten für eine zu erwartende klimatische Veränderung und zweitens kann dieser Effekt einen Nutzen bringen oder Kosten minimieren.'78Für private Personen können gewaltige Kosten durch Gebäudeisolierungen und den Erwerb von Klimaanlagen entstehen.79Der Klimawandel erweist sich als gesellschaftliche Aufgabe in der Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung, Verwaltung, Bildung und Politik, welche gemeinsam an Lösungen arbeiten müssen, um durch vorsorgliche Planung auf die drohende Klimaveränderung optimal zu reagieren80.

Für den Energiesektor in Deutschland bedeutet das zum Beispiel, dass prognostiziert wird, dass durch längere Hitzeperioden und weniger Niederschläge die Leistungen in Wärmekraftwerken wie bspw. Kohle- und Atomkraftwerken reduziert werden müssen, da weniger Kühlwasser aus Flüssen zur Verfügung steht. Weiterhin wird erwartet, dass durch das häufige Eintreten von Stürmen und Starkregen Schäden an den Verteilernetzen entstehen. Schwellenländer, die keine oder kaum finanzielle Mittel haben, um sich gegen die Folgen des Klimawandels zu wehren, müssen bei der Strategie der Anpassung unterstützt werden, um steigende Armut zu vermeiden und soziale Spannungen zu verringern.81 82 83 Weiterfolgend wird sich mit der Strategie des Ignorierens des Klimawandels auseinander gesetzt.

2.3.3 Ignorieren

Die dritte und letzte Strategie, die gegen den Klimawandel genutzt werden könnte, ist, einfach nichts zu tun und weder zu vermeiden oder anzupassen und den Folgen des Klimawandels einfach freien Lauf zu lassen. Diese Option der Laissez-faire -Strategie wird als bedenklich eingestuft. Der Nachteil dieser Strategie ist, dass die Verschmutzung weiter ihren Lauf nehmen würde und kommende Generationen unter den Folgen der Verschmutzung zu leiden hätten. Ferner gilt diese Strategie als moralisch fragwürdig, da die Schwellenländer die Folgen des Ausstoßes der Emissionen der Industrieländer ausbaden müssten.

Ökonomen argumentieren aber, dass es günstiger wäre, vom anstei­genden Meeresspiegel bedrohte Südseeinseln nach Australien oder Indonesien auf Kosten der Industrieländer umzusiedeln. Bei dieser Über­legung werden aber soziale und ethische Probleme außer Acht gelassen.

Eine moralisch weniger fragwürdige Maßnahme der globalen Politik wäre, welche nicht direkt zur Vermeidung zählt, dass ein weltweites Klimapflichtversicherungssystem eingeführt wird. Dieses Versicherungs­modell stellt ein analoges Modell zum Pflichtversicherungsmodell der Kranken- und Pflegeversicherung dar. Automatisch mit der Geburt wird jeder Mensch Mitglied dieser Klimakasse. Die Versicherungsprämie der

Länder richtet sich nach der jährlichen gesamten ausgestoßenen Treibhausgas-Menge. Das Geld, welches damit eingenommen wird, kommt den Ländern zugute, die unter den Folgen des Klimawandels zu leiden haben.84

Weiterführend stellt sich die Frage, wie diese Strategien klimapolitisch umgesetzt werden. Im nachfolgen Kapitel wird diese Frage diskutiert.

2.4 Das Kyoto-Protokoll als internationaler Leitfaden zur Klimapolitik

2.4.1 Inhalte des Kyoto-Protokolls

Entstanden ist das Kyoto-Protokoll im Dezember 1997 in der Stadt Kyoto. Das Kyoto-Protokoll stellt einen konkreten Ansatz zur Bekämpfung des Klimawandels auf internationaler Ebene dar.85Die Industriestaaten verpflichteten sich dazu, dass sie den Ausstoß der sechs wichtigsten Treibhausgase, u. a. CO2, CH4 und Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), reduzieren und das Niveau ihrer Treibhausgasemission um mindestens 5 % von dem Wert von 1990 bis zu dem Zeitraum von 2008 bis 2012 senken.86Die Entwicklungsländer weigerten sich, dem Kyoto-Protokoll beizutreten, da ihre durchschnittliche Pro-Kopf-Emission weit unter dem der Industrieländer lag.87'

Das Protokoll galt und gilt immer noch als Meilenstein, da es zum ersten Mal verbindliche Vorgaben für die Reduktion der Treibhausgasemission vorsieht. Ein Rückschlag für das Kyoto-Protokoll geschah im Jahr 2001, als die USA ihren Rücktritt vom Kyoto-Protokoll erklärten.8889Der Rückschlag trifft die Mitglieder des Kyoto-Protokolls deshalb so hart, da die USA einen Anteil von 36,1 °% am weltweiten CO2-Ausstoß aufweisen. Die USA begründeten ihren Austritt folgendermaßen. Erstens empfanden

sie es als ungerecht, dass die Entwicklungsländer sich nicht an der Reduktion des CO2 beteiligten, und zweitens sahen sie den American way of life gefährdet, bei dem ein hoher Stromverbrauch für den Amerikaner als normal gilt. Der Stromverbrauch eines US-Bürgers liegt ca. 30 % höher als der eines deutschen Bundesbürgers.89 Am 16.02.2005 ist das Kyoto­Protokoll in Kraft getreten und wurde somit völkerrechtlich bindend. Damit das Kyoto-Protokoll in Kraft treten konnte, mussten zwei Bedingungen erfüllt sein. Erstens müssen mindestens 55 Mitgliedsstaaten das Protokoll unterzeichnen und zweitens müssen mindestens 55 % der Treibhausgas­emissionen von den Industrieländern verursacht werden. Die zweite Bedingung konnte erst erfüllt werden, als Russland das Kyoto-Protokoll unterzeichnete, da Russland für 16 % des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich ist.90 91

In Doha/Katar wurde auf der Klimakonferenz die zweite Verpflichtungs­periode für den Zeitraum von 2013 bis 2020 beschlossen. Teilgenommen haben an der Klimakonferenz knapp 200 Staaten. Das Ziel der 27 EU- Mitgliedsstaaten plus zehn weitere Länder ist es, den Treibhausgas­Ausstoß bis zum Jahr 2020 zwischen 20 % und 30 % gegenüber dem Ausstoß von 1990 zu reduzieren. Weiterhin setzte sich die BRD als ehrgeiziges Ziel, die Treibhausgasemission bis 2030 um 40 % und bis 2050 um 80 % zu verringern.92Dabei sind die 37 Länder, die ihren Treibhausgas-Ausstoß bis 2020 zwischen 20 % bis 30 % verringern möchten, gerade einmal für 15 % der gesamten Treibhausgasemission verantwortlich.93Weiterführend werden im nächsten Kapitel die Ziele, die sich die Mitgliedsstaaten gesetzt haben, analysiert.

2.4.2 Ziele des Kyoto-Protokolls

Die Bilanz des Kyoto-Protokolls für die Reduktion der Treibhausgas­emission stellt sich als ernüchternd dar. Einige Länder, u. a. auch die BRD, haben die Ziele des Kyoto-Protokolls erfüllt, während sich andere Länder als Klimasünder erweisen und ihre Ziele bei weitem verfehlt haben.94Die folgende Grafik zeigt Ziele des Kyoto-Protokolls und die Veränderung der T reibhausgase bis zum Jahr 2010.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Treibhausgasemissionen in CO2-Äquivalenten und Kyoto-Protokoll-Ziele für 2008-201295

Bevor die Auswertung der Ziele erfolgt, gibt es eine kurze Erläuterung zur Darstellung der Auswertung. Die Daten in den Klammern sind folgendermaßen zu lesen: (Ziele des Kyoto-Protokolls/Veränderung der Treibhausgasemission im Jahr 2010/Differenz zwischen Treibhausgas­emission und Zielen des Kyoto-Protokolls). Die Länder der EU-Ost- Erweiterung haben die meisten Treibhausgase eingespart.

Die größten Einsparer von Treibhausgasen sind Bulgarien (-8/-53,7/-45,8), die Tschechische Republik (-8/-28,4/-20,4), Estland (-8/-51,9/-43,9), Ungarn (-6/-41,4/-35,4), Lettland (-8/-53,4/-45,4), Litauen (-8/-57,9/-49,9), Polen (-6/-28,9/-22,9), Rumänien (-8/-56,4/-48,4) und die Slowakei (-8/36,2/-28,2). Weitere Länder, die ihre Ziele erreicht haben, sind United Kingdom (-12,5/-24/-11,5), die BRD (-21/-24/-3), Frankreich (0/-7,4/-7,4), und Belgien (-7,5/-9,1/-1,6). Die Länder Griechenland (+25/+10,6/-14,4), Irland (+13/+10,3/--2,7) und Portugal (+27/+17,4/-9,6) haben zwar schädliche Treibhausgase ausgestoßen, aber sie sind unter ihrer zulässigen Menge geblieben und können somit eine positive Bilanz ziehen.

Die Länder Österreich (-13/+7/+20), Dänemark (-21/-11,9/+9,1), Finnland (0/+5/+5), Italien (-6,5/-3,+3,5), Luxemburg (-28/-8,3/+19,3), die Nieder­lande (-6/-1,4, +4,6) und Slowenien (-8/-4,1/+3,9) haben die Ziele des Kyoto-Protokolls nicht erfüllt. Spanien (+15/+22,8/+7,8) hat sogar die zulässige auszustoßende Menge überschritten. Insgesamt konnten die EU-15-Staaten (-8/-11/-3) Treibhausgase einsparen. Malta, Zypern und die EU-27-Staaten hatten keine Ziele aus dem Kyoto-Protokoll. Unter dem Strich konnten die EU-15-Staaten eine leicht positive Bilanz ziehen. Sehr löblich sind die Treibhausgas-Einsparungen der Länder der EU-Ost- Erweiterung mit der Ausnahme von Slowenien.96

3. Umweltoptimum und umweltpolitische Instrumente 3.1 Marktversagen

Güter können generell in Verfügbarkeit und in der Ausschließbarkeit im Konsum unterschieden werden. Marktversagen entsteht, wenn ein Gut frei verfügbar ist und niemand vom Konsum ausgeschlossen werden kann.

[...]


1Vgl. IPCC (2007a), S. 8f.

2Vgl. Sinn, H. J. (2008), S. 1.

3Vgl. UNEP (1999a), S. 11.

4Vgl. Rahmstorf, S. /Schellnhuber, H. J. (2007), S. 91f.

5Vgl. Bardt, H. /Selke, J. W. (2007), S. 19.

6Vgl. Piemonte, T. (2010), S. 8f.

7Vgl. Sparwasser, R. / Engel, R. / Voßkuhle, A. (2003), S. 105.

8Vgl. Binder, K. G. (1999), S. 200.

9Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.) (2009), S. 13.

10Vgl. Umweltbundesamt (Hrsg.) (2013a).

11Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.) (2009), S. 8.

12Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.) (2009), S. 12.

13Vgl. Umweltbundesamt (Hrsg.) (o. J.), S. 1.

14Vgl. Umweltbundesamt (Hrsg.) (2012b).

15Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2013).

16Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 29.

17Vgl. WGBU (Hrsg.) (2009).

18Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (Hrsg.) (o. J.), Treibhauseffekt.

19Vgl. Piemonte, T. (2010), S. 3.

20Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 31.

21Vgl. IPCC (Hrsg.) (o. J.).

22Vgl. IPCC (2007a), S. 8.

23Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 31.

24Vgl. Greenpeace e. V. (Hrsg.) (2012).

25Vgl. IPCC (2007a), S. 8.

26Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 31.

27Vgl. Sturm, B. / Vogt, C. (2010), S. 133; Greenpeace e. V. (Hrsg.) (2012).

28Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 31.

29Vgl. IPCC (2007a), S. 8f.

30Vgl. IPCC (2007a), S. 10.

31Durch den Menschen verursacht. Vgl. Bibliographisches Institut GmbH (Hrsg.) (2013), anthropogen.

32Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 35.

33Vgl. Sinn, H. J. (2008), S. 1.

34Vgl. Sturm, B. / Vogt, C. (2010), S. 136.

35Vgl. Sinn, H. J. (2008), S. 2.

36Vgl. Dürr, D. (2008), S. 2.

37„280 Millionstel Volumenanteile an der Lufthülle“, WGBU, S. 9.

38Vgl. Sinn, H. J. (2008), S. 1.

39Vgl. IPCC (2007b), S. 5.

40Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 32f.

41Vgl. UNEP (1999a), S. 11.

42Vgl. Sturm, B. / Vogt, C. (2010), S. 138f.

43Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 58f.

44Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 60.

45Vgl. Seidler, C. (2013).

46Vgl. WGBU (2007), S. 11.

47Vgl. Germanwatch (Hrsg.) (2007), S. 12.

48 Vgl. Greenpeace e. V. (Hrsg.) (o. J.).

49Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 67f.

50Vgl. WGBU (2007), S. 11.

51Vgl. UNEP (Hrsg.) (1999b), S. 34.

52Vgl. WGBU (2007), S. 11.

53Vgl. IPCC (2007b), S. 58.

54Vgl. WGBU (2007), S. 11.

55Vgl. IPCC (2007b), S. 58.

56Vgl. WGBU (2007), S. 12f.

57Vgl. UNEP (Hrsg.) (1999b), S. 29f.

58Vgl. Reichert, T. (o. J.), S. 1.

59Vgl. Focus Online (Hrsg.) (2012), S. 1.

60Vgl. Klimawandel Global (Hrsg.) (2011).

61Vgl. Von der Weiden, S. (2012).

62Vgl. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hrsg.) 6?. J. a).

3 Vgl. Financial Times Deutschland (Hrsg.) (2010).

64Vgl. Sturm, B. / Vogt, C. (2010), S. 145f.

65Vgl. Sturm, B. / Vogt, C. (2010), S. 147.

66Ein Emittent ist jemand, der in der Industrie tätig ist und Schadstoffe an die Umwelt abgibt. Der Emittent aus dem Bankwesen ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Vgl. Bibliographisches Institut GmbH (Hrsg.) (2013), Emittent.

67Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurde am 30.09.1961 als Nachfolgeorganisation der OEECD gegründet, besteht aus 30 Mitgliedsstaaten und hat ihren Sitz in Paris. Die OECD möchte durch ihre Aktivitäten ein angemessenes Wirtschaftswachstum in Entwicklungsländern verwirklichen. Vgl. Gabler Verlag (Hrsg.) (o. J.): Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: OECD.

68G8 bedeutet Gruppe der Acht und die Mitgliedsstaaten der G8 sind die BRD,

69Frankreich, Italien, Großbritannien, Japan und die USA. Seit 1976 ist Kanada und seit

701998 Russland Mitglied. Vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.)

71Emission in der Umweltpolitik bedeutet, dass aus der Produktion entstandene Abfälle in der Form von Schadstoffen an die Umwelt abgegeben werden und die Qualität der Umwelt beeinträchtigt wird. Die Emission aus dem Bankenhandel ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Vgl. Gabler Verlag (Hrsg.) (o. J.): Stichwort: Emission.

72Vgl. Sturm, B. / Vogt, C. (2010), S. 147.

73Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hrsg.)

74, S. 148.

75Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hrsg.)

76(2012a).

77(2012b).

78Vgl. Sturm, B. / Vogt, C. (2010), S. 151.

79Vgl. Sinn, H. J. (2008), S. 2.

80Vgl. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (o. J. b) (Hrsg.).

81Vgl. Sturm, B. / Vogt, C. (2010), S. 152.

82Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hrsg.) 82°12b).

83Laissez-faire bedeutet einfach gewähren lassen und sich nicht einmischen. Vgl. Bibliographisches Institut GmbH (Hrsg.) (2013): Stichwort Laissez-faire.

84Vgl. Rahmstorf, S. / Schellnhuber, H. J. (2007), S. 92f.

85Vgl. Bardt, H. / Selke, J. W. (2007), S. 19.

86Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (o. J.).

87Vgl. Zwingmann, K. (2007), S. 29f.

88Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (o. J.).

8919

90Vgl. Zwingmann, K. (2007), S. 31f.

91Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (o. J.). Vgl. Süddeutsche Zeitung GmbH (Hrsg.) (2012).

92Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hrsg.) (2012c).

933 Vgl. Süddeutsche Zeitung GmbH (Hrsg.) (2012).

94Vgl. Bardt, H. (2009), S. 8.

95Abb. aus: European Environment Agency (2012), S. 10.

96Vgl. European Environment Agency (2012), S. 10.

Ende der Leseprobe aus 107 Seiten

Details

Titel
Der europäische Emissionshandel als Instrument des Klimaschutzes
Untertitel
Darstellung und kritische Würdigung
Hochschule
Hochschule Bochum
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
107
Katalognummer
V298812
ISBN (eBook)
9783656951506
ISBN (Buch)
9783656951513
Dateigröße
1263 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
emissionshandel, instrument, klimaschutzes, darstellung, würdigung
Arbeit zitieren
Manuel Gust (Autor:in), 2014, Der europäische Emissionshandel als Instrument des Klimaschutzes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298812

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