Die Entstehungszeit von Sophie von La Roches Briefroman "Geschichte des Fräuleins von Sternheim" liegt, unter modetechnischer Betrachtung, in einer Zeit radikaler Umbrüche. Zum Ende des 18. Jahrhunderts hin verloren Mode und Kleidung ihren ständischen und beruflichen Repräsentationscharakter und funktionierten immer mehr als Zeichen eines symbolischen Systems.
Ich möchte in dieser Arbeit die beschriebenen Kleider des Fräuleins von Sternheim bezüglich ihrer Bedeutung und Funktion als Zeichen im höfischen Repräsentationssystem untersuchen. Die Figurenkonzeption des Fräuleins steht ganz im Zeichen der „bürgerlich-empfindsamen Aufrichtigkeitsdoktrin“, welche die Konvergenz von innerer Verfassung und äußerlicher Erscheinung fordert. Diese Forderung ist in einem höfischen Kontext jedoch nicht zu erfüllen. La Roche thematisiert in der "Geschichte des Fräuleins von Sternheim" unter anderem diese beiden sozialen Ordnungen, wobei die höfische und bürgerlich-ländliche Sphäre in „Überlagerung und gegenseitiger Durchdringung“ präsentiert werden.
Abgesehen von den reinen Kleiderzeichen möchte ich auch der Frisurengestaltung, der Mimik, und der Bewegungsästhetik Beachtung schenken, um das äußerliche Gesamtkonzept des "Fräuleins von Sternheim" angemessen bearbeiten zu können. In diesem Sinne werde ich herausstellen, welche der verwendeten äußerlichen Zeichen zum Erfolg der Intrigen gegen das Fräulein dienen. Demgegenüber stelle ich die permanenten Zeichen, die Indizien für die Wahrung der Tugend sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Höfische Repräsentation und bürgerliche Natürlichkeit
- Die Kleider des Fräuleins von Sternheim
- Von den ,,Kleidern meiner Mutter“ zu einem höfischen Putz
- Ein „liebenswürdige[s] Hausgespenst“ zwischen „Damen und Kavalieren“ – Die erste Begegnung mit höfischer Gesellschaft
- Im spanischen Kostüm in der Oper - die Präsentation des Fräuleins vor dem Fürsten
- ,,Das Bild der lautern Unschuld“- Sophie als Alpenmädchen
- Das Kleid einer Mätresse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung und Funktion von Kleidern als Zeichen im höfischen Repräsentationssystem im Briefroman „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ von Sophie von La Roche. Die Arbeit analysiert die Kleiderbeschreibungen des Fräuleins von Sternheim und setzt sie in Beziehung zur „bürgerlich-empfindsamen Aufrichtigkeitsdoktrin“, welche die Konvergenz von innerer Verfassung und äußerlicher Erscheinung fordert. Im Kontext des höfischen Lebens stellt die Arbeit die Frage, wie diese Forderung erfüllt werden kann und welche Konflikte zwischen bürgerlicher Natürlichkeit und höfischer Repräsentation entstehen.
- Die Bedeutung von Kleiderzeichen im bürgerlichen und höfischen Kontext
- Die Konvergenz von innerer Verfassung und äußerlicher Erscheinung im Kontext der „bürgerlich-empfindsamen Aufrichtigkeitsdoktrin“
- Die Funktion von Kleidern als Zeichen im höfischen Repräsentationssystem
- Die Konflikte zwischen bürgerlicher Natürlichkeit und höfischer Repräsentation
- Die Bedeutung von Kleidern, Frisuren, Mimik und Bewegungsästhetik für die Inszenierung der eigenen Person am Hof
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über die Bedeutung von Kleidern in der Literatur und stellt die Forschungsfrage der Arbeit vor. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Entwicklung von Kleiderzeichen im bürgerlichen und höfischen Kontext. Es wird erläutert, wie Kleidung im 18. Jahrhundert als Ausdruck der Stände und Berufe fungierte und wie sich diese Bedeutung im Kontext der Aufklärung veränderte. Das dritte Kapitel analysiert die Kleider des Fräuleins von Sternheim im Hinblick auf ihre Bedeutung und Funktion im höfischen Repräsentationssystem.
Schlüsselwörter
Kleiderzeichen, höfische Repräsentation, bürgerliche Natürlichkeit, Aufrichtigkeitsdoktrin, Sophie von La Roche, Geschichte des Fräuleins von Sternheim, Briefroman, 18. Jahrhundert, Mode, Kleidung, Ständekonflikt, Inszenierung, Mimik, Bewegungsästhetik
- Arbeit zitieren
- Angela Krebil (Autor:in), 2015, Die Verkleidung der Tugend. Funktion der höfischen Kleider im "Fräulein von Sternheim", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299342