Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Verantwortungsbegriff als eine vierstellige Relation
2.1. Der Urheber
2.2. Der Adressat und die Maßstäbe
3. Drei Dimensionen der Konsumentenverantwortung
3.1. Definition der Moral, des Rechts und der Politik
3.2. Dimensionen der Verantwortung: Stellenwert und Verflechtungen
4. Relevanz der Übernahme der Konsumentenverantwortung (nach Neuhäuser)
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Eines der mittlerweile prägnanten Schlagworte der modernen Wirtschaften ist „Nachhaltigkeit“; dies ist eng mit den Begriffen Unternehmen- und Konsumethik verbunden. Die Nachhaltigkeit und die ethischen Prinzipien stellen eine Basis für die moralischen Handlungen aller Marktsubjekte dar, dies wird jedoch oftmals mit den realen Marktbedingungen konfrontiert. Das Thema „Nachhaltigkeit“ im Alltag gilt zum Teil über die Rahmen der Ethik hinaus und ist, angesichts der Verbreitung, in die rechtlichpolitischen Lebensbereiche integriert worden.
Die soziale Verantwortung fordert die Beteiligung aller Gesellschaftsmitglieder. Demnach setzt sich die gesamtwirtschaftliche Verantwortung zusammen aus derjenigen der einzelnen Gesellschaftsmitglieder, die auf dem Markt agieren. Da der Verantwortung auf der Unternehmensebene derzeit relativ viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, bleibt das Thema der Konsumentenverantwortung etwas abseits der öffentlichen Diskussionen. Das Kaufverhalten der Konsumenten wird nämlich noch verhältnismäßig selten von den ethischen Überlegungen begleitet, und die Schuld daran wird der wirtschaftlichen Instabilität gegeben. Dennoch ist die Bedeutsamkeit der Konsumentenverantwortung nicht minder zu bewerten als die Bedeutung der Unternehmensverantwortung. Diese Thematik ist in dem Artikel von Christian Neuhäuser behandelt worden, in: „Drei Dimensionen der Verantwortung von Konsumenten und Unternehmen“. Der Autor hat demnach unterschieden zwischen drei Dimensionen. Bei der Verantwortung der Konsumenten und Unternehmen hat er den Akzent auf die Relevanz der Verantwortung jeder einzelnen Gruppe der Marktsubjekte gelegt, auch auf die Wechselseitigkeit dieser Verantwortungen auf allen drei Ebenen.
In der vorliegenden Arbeit werden die Überlegungen von Neuhäuser analysiert, damit anschließend eigene Erkenntnisse über die Perspektive der drei Dimensionen der Verantwortung einfließen und formuliert werden können. Dabei soll die Frage beantwortet werden, ob die moralische Verantwortung seitens der Konsumenten und der Unternehmen einen Einfluss auf rechtlich-politische Veränderungen ausüben kann, sodass die Entscheidungen der „Marktspieler“ künftig mehr von den ethischen Überlegungen geprägt werden.
2. Der Verantwortungsbegriff als eine vierstellige Relation
Der Verantwortungsbegriff ist vielseitig und beinhaltet somit sowohl die Handlungen als auch die positiven und die negativen Folgen dieser Handlungen. Verantwortung ist demnach eng mit der Handlungsethik verbunden und lässt sich, gemäß Neuhäuser, als eine vierstellige Relation darstellen; das einfache Schema der Verantwortung könnte so aussehen:
„Der Urheber (U) ist gegenüber dem Adressat (A) für das Ereignis (E) auf der Grundlage des Maßstabs (M) verantwortlich“.1
Offensichtlich ist, dass dieses Verhältnis unmittelbar mit der Wahl der richtigen Entscheidung zusammenhängt und damit für die Konsumenten- und die Unternehmenshandlungen gültig ist. Im Allgemeinen verbindet man den Begriff der Verantwortung mit den Maximen, Werten und Normen; der Begriff wird auch außerhalb der Ethik im Sinne „für etwas einstehen“ verwendet. Andere Autoren beziehen den Begriff „Verantwortung“ auf
„Die Zuständigkeit von Personen für übernommene Aufgaben, Rechte, Pflichten; diese Zuständigkeit im Handeln und Unterlassen ist bezogen auf eine Instanz, die Rechenschaft fordert (Gericht, gewissen, Gott). Aufgrund seiner Fähigkeit zur Verantwortung wird der Mensch zum moralischen und ethischen (auch religiösen) Subjekt, das für sein Handeln und Unterlassen einzustehen hat“.2
Um dieses Schema erklären zu können, hat Neuhäuser explizit alle vier Relationen der Verantwortung einbezogen.
2.1. Der Urheber
Der Urheber ist das unmittelbare Subjekt, der Träger der Verantwortung - also jemand, der die Folgen für das Ereignis trägt. Der Urheber kann sowohl eine physische (ein Individuum) als auch eine juristische Person (ein Unternehmen) sein. Die Verantwortung kann sich auf jeden gesellschaftlichen Bereich beziehen. Die einzige Voraussetzung für die Übernahme der Verantwortung sowohl bei den Individuen als auch bei den Unternehmen ist die allgemeine Zurechnungsfähigkeit des Urhebers.3 Diese normative Ausgangslage, die als Verantwortungsfähigkeit bezeichnet wird, ermöglicht den Urhebern, einen bestimmten rechtlichen, politischen oder moralischen Standpunkt zu vertreten und ihre Handlungen danach auszurichten.4
2.2. Der Adressat und die Maßstäbe
Die Person oder eine Gemeinschaft, für die der Urheber die Verantwortung trägt, bezeichnet man als „Adressat der Verantwortung“. Die Verantwortlichkeiten sind mit bestimmten Ereignissen (Aktionen, Handlungen etc.) verbunden und werden meistens anhand der Gesetze und Vorschriften gemessen. Die geltenden Normen und Gesetze können aufgrund bestimmter Aspekte hinterfragt werden. Aber mehrheitlich nimmt man diese als allgemeingültige Rechte wahr, und damit stellen sie die kodifizierten Maßstäbe dar, an denen die Urheber sich zu orientieren haben. Diese Maßstäbe sind allerdings nicht immer fest vorgeschrieben. So sind zum Beispiel die rechtlichen Normen in den Gesetzen zu finden, dagegen kann die Ansicht bzw. Deutungsweise, welche Handlungen als politisch legitim oder moralisch vertretbar gelten, je nach den gesellschaftlichen Reglements variieren. Auch die Perspektive bzw. der Kontext mancher Handlungen sind relevant, um den Grad der Legitimität zu bestimmen. Deshalb sind die moralischen Normen und Regelungen nicht immer nachprüfbar; sogar die von den Philosophen begründete „rational feststellbare Objektivität moralischer Normen“ ist oftmals unterschiedlich interpretiert worden. Die Relevanz der moralischen Verantwortung der Konsumenten und der Unternehmen darf dennoch nicht unterschätzt werden. Auch in solchen Fällen, in denen der Fokus der Betrachtung die Wahrnehmung verzerren kann, existiert immer eine moralische Grundhaltung, die den meisten Handlungsakteuren bzw. Urhebern überantwortet und damit zugeschrieben wird, jedoch ohne einen „Letztbegründungsanspruch“. Diese Grundhaltung, die von den meisten Menschen als moralischer Grundsatz akzeptiert wird, wird den meisten Akteuren sowohl im privaten als auch im gesellschaftlichen Raum unterstellt.5 Das heißt: in fraglichen Situationen wird nicht an das Gesetz, sondern an das moralische Gewissen des Handlungsakteurs (Konsument oder Unternehmen) appelliert.
Schließlich kann auch die transzendente Instanz - oder nach Immanuel Kant „der innere Gerichtshof“ - als Adressat der Verantwortung gelten, da diese ebenfalls als Vorschriften wahrgenommen werden. Somit liegt die Verantwortung, je nachdem, im rechtlichen oder im ethischen Bereich.6
3. Drei Dimensionen der Konsumentenverantwortung
Neuhäuser hat sich in seinen theoretischen Überlegungen über die Natur der Verantwortung auf drei gesellschaftliche Aspekte konzentriert: die Moral, das Recht und die Politik. Somit hat er die rechtliche, die politische und die moralische Dimension der Verantwortung unterschieden. Bei der zugegebenen Relevanz der politischen und rechtlichen Dimensionen der Verantwortung ist der moralische Aspekt der Handlungen für Neuhäuser ausschlaggebend. Dabei stellt die Moral eine recht unbeständige und wenig greifbare Dimension dar, sodass ein unmittelbarer Vergleich der Handlung mit der Norm nicht möglich ist. Doch gemäß Neuhäuser ist diese Dimension der Verantwortung sehr wichtig, da die eigene Moralvorstellung eine Selbstüberprüfung des handelnden Akteurs impliziert und damit die Bedeutung und die Wirkung der politischen und rechtlichen Normen verstärkt. Diese moralische Überprüfung seitens des Urhebers der Verantwortung ist sowohl für die Konsumenten als auch für das gesamte Unternehmen wichtig, da dadurch eine Wechselwirkung zwischen dem ethischen Konsum und der ethischen Produktion gewährleistet wird.7
Die drei Dimensionen der Verantwortung sollten somit als drei Facetten einer einheitlichen Sache verstanden werden, da diese normativen Standpunkte auch im realen Leben bzw. bei konkreten Handlungen nicht so leicht zu trennen sind.
[...]
1 Neuhäuser, Christian: Drei Dimensionen der Verantwortung von Konsumenten und Unternehmen, S. 281.
2 Dietzfelbinger, Daniel: Praxisleitfaden Unternehmensethik, S. 72.
3 Vgl. Dietzfelbinger, Daniel: Praxisleitfaden Unternehmensethik, S. 72.
4 Vgl. Neuhäuser, Christian: Drei Dimensionen der Verantwortung von Konsumenten und Unternehmen, S. 281.
5 Vgl. Neuhäuser, Christian: Drei Dimensionen der Verantwortung von Konsumenten und Unternehmen, S. 281f.
6 Vgl. Dietzfelbinger, Daniel: Praxisleitfaden Unternehmensethik, S.70-72.
7 Vgl. Neuhäuser, Christian: Drei Dimensionen der Verantwortung von Konsumenten und Unternehmen, S. 280.