Der Kalte Krieg in der Musik. "Russians" von Sting


Hausarbeit, 2010

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographischer Hintergrund

3.Zeitgeschichtlicher Hintergrund

4. „Russians“
4.1. Lyrics
4.2. Musik
4.3. Musikvideo

5. Postscript & Fazit

6. Quellenangaben

1. Einleitung

Nichts hat die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts stärker geprägt als der Kalte Krieg. Dieser weltpolitische Ausnahmezustand, das Gefühl der ständigen Bedrohung durch einen möglichen Ausbruch des Krieges, beschäftige und besorgte die Menschen weltweit über vier Dekaden lang. Da ist es nur selbstverständlich, dass gerade die zeitgenössischen Künstler und Kulturschaffenden sich verstärkt mit dem globalen Konflikt beschäftigten oder sich von ihren Ängsten und Gedanken zu dem Thema zu zahlreichen Werken inspirieren ließen. So existieren neben zahlreichen Filmen und literarischen Werken die sich mit dem Kalten Krieg auseinandersetzen, auch eine ganze Reihe von Musikstücken zur Thematik des Ost/West Konfliktes. Besonders in der Popmusik der 1980er Jahre findet man zahlreiche Songs, die sich direkt oder indirekt mit dem Kalten Krieg befassen. Zu den bekanntesten gehören neben „Leningrad“(1989) von Billy Joel, „99 Luftballons“(1983) von Nena oder „Nikita“(1985) von Elton John auch „Russians“(1985) von Sting, den ich im Folgenden genauer untersuchen möchte. Hierbei werde ich werde den biographischen und politisch/zeitgeschichtlichen Hintergrund des Stückes erläutern, eine Textanalyse vornehmen sowie die Musik und den Videoclip genau betrachten.

„Russians“ ist vielleicht der interessanteste politische Song dieser Epoche, da in den Lyrics zahlreiche Verweise zu finden sind, sowohl auf konkrete zeitgeschichtliche Personen und Ereignisse, als auch auf allgemeine Sorgen,Vorstellungen und Hoffnungen der Gesellschaft bezüglich der politischen Situation zur Entstehungszeit des Liedes. Daher eignet sich „Russians“ sehr gut dafür, an seinem Beispiel exemplarisch die Verarbeitung des Kalten Krieges in der Popmusik zu analysieren.

Ziel soll es sein, herauszufinden, wie Sting den Kalten Krieg in dem Song darstellt und verarbeitet und warum, welche Botschaften er zu vermitteln versucht und ob er sich damit auf der Höhe der Zeit befand.

2. Biographischer Hintergrund

Sting wurde unter dem Namen Gordon Matthew Thomas Sumner am 2. Oktober 1951 in Wallsend, England mitten in den beginnenden Kalten Krieg hinein geboren: am Tag, an dem er geboren wurde, fand der zweite sowjetische Atombombentest statt und der walisische Politiker Aneurin Bevan sprach auf einer Konferenz der Labour Party davon, wie sich die Sowjetunion in eine „Militärtyrannei“1 verwandle. Ein knappes Jahr zuvor, am 30. November 1950, hatte US-Präsident Harry S. Truman auf einer Pressekonferenz eine „weltweite Mobilmachung gegen den Kommunismus“2 angekündigt, und dass hierbei auch der Gebrauch von Atomwaffen in Betracht gezogen würde. Der Rüstungswettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion begann, und diese Bedrohung hatte auch Einfluss auf Stings persönliche Entwicklung. So schärften die politischen Geschehnisse beispielsweise seine kritische Sichtweise gegenüber Autoritäten3. Während der Kubakrise im Oktober 1962, deren Eskalation in Form eines Nuklearkrieges „mit höchster Wahrscheinlichkeit“4 zuerst Mitteleuropa und damit Stings Heimat getroffen hätte, war dieser mit 11 Jahren bereits in einem Alter, in dem er die politische Situation durchaus schon bewusst wahrnehmen und bewerten konnte. Sting mokierte sich schon „lauthals über das Pentagon (...), als er erst 11 oder 12 Jahre alt war. Schon damals fühlte er sich zu Problemen hingezogen.“5, wie ein Jugendfreund erzählt. Das politische Interesse und das Bewusstsein für Problematiken und Bedrohungen auf der Welt, die später zu Texten wie „Russians“ führen, waren demnach bereits in jungen Jahren vorhanden.

Mit seiner Band The Police, zu der Andy Summers und Stewart Copeland gehörten, hatte Sting Jahre später die Möglichkeit, seine Meinung zu politischen und gesellschaftlichen Themen öffentlich zu machen. So forderte er das Publikum bei Konzerten in den USA im Jahr 1981 auf, bei der Präsidentschaftswahl „nicht für Ray-gun (Reagan) zu stimmen“6. In Südamerika prangerte er später auf dieser Tournee politische Unterdrückung an7. Auch seinen Einsatz für Menschenrechte zeigte er in der Öffentlichkeit: Ebenfalls im Jahr 1981 trat er auf einer Galaveranstaltung für Amnesty International auf, womit er auch seine Solokarriere einleitete, und trat der Organisation kurz darauf bei8. Journalisten teilte er mit, er sei „Sozialist“ und Menschen seien ihm „außerordentlich wichtig“9.

Während seiner Zeit bei The Police schreibt Sting auch erste politische und gesellschaftskritische Texte. Auf dem Debütalbum Outlandos d'Amour 1978 verarbeitet er im Song „Born in the 50's“ Schlüsselerlebnisse seiner Generation und kommt auf die auch in „Russians“ thematisierte ständige Bedrohung durch das atomare Wettrüsten zu sprechen:

„ Would they drop the bomb on us / while we made love on the beach? “

Im Song „One world (not three)“ von Ghost in the machine (1981) wird wieder auf die Gefahr hingewiesen, die der nukleare Schlagabtausch für die ganze Welt bedeutet:

„ Remember this before you vote:

we can all sink or we all float

'cos we're all in the same big boat “

Man kann sagen, dass Sting in dieser Frühphase seiner Karriere bereits gerne und klar Stellung zu den Geschehnissen in der Welt bezog. „Russians“, auf seinem ersten Soloalbum veröffentlicht, war aber sein bis dato deutlichster und durchdachtester Versuch, in einem Song eine politische Botschaft zu transportieren.

3.Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Nachdem die 1970er Jahre weltpolitisch eine Zeit der Entspannung gewesen waren, verschlechterte sich das politische Klima ab 1979 und die Feindseligkeiten zwischen den beiden Großmächten nahmen wieder zu10. Das vorläufige Ende der Entspannungspolitik markierte der Einmarsch der Sowjets in Afghanistan im Dezember 1979, den die USA scharf verurteilten und „schnell und hart“11 mit diversen Sanktionen sowie dem Boykott der Olympischen Spiele 1980 in Moskau reagierten. Außerdem kündigte Präsident Carter an, den Verteidigungshaushalt in den nächsten fünf Jahren um fünf Prozent pro Jahr zu erhöhen.12. Ronald Reagan, der 1981 Präsident wurde, setzte diese Politik fort und ging über diesen Prozentsatz noch weit hinaus (im Jahr 1981/82 eine Erhöhung um 15%)13. Die Zustimmung in der Bevölkerung für diese Politik ließ schnell nach: Während 1981 noch ganze 65% der befragten Amerikaner für eine Rüstungserhöhung stimmten, war es ein Jahr später nur noch ein Drittel der Bevölkerung, genau so viel wie der Anteil derer, die die Ausgaben für die Rüstung als zu hoch ansahen14. Aufrüstung wurde schnell kennzeichnend für die Sowjetunionpolitik der Reagan Administration. Verhandlungen und Dialog mit der UdSSR, so verkündete der Präsident, werde er erst wieder aufnehmen, wenn Moskau beginnen würde, sich „wie eine verantwortungsvolle Macht“15 zu verhalten. Reagan legte eine „Kreuzzug- Rethorik“ an den Tag, die Zeitgenossen leicht verunsichern konnte. 1983 bezeichnete er die Sowjetunion als „Zentrum des Bösen in der modernen Welt“16, sowie, in einem berühmt gewordenen Zitat, noch simplifizierter als „Reich des Bösen“ (evil empire)17. Hieraus ergab sich eine explosive Mischung: auf der einen Seite eine kaum verhüllte Ideologie des Anti- Sowjetismus, auf der anderen eine offensichtliche „Präferenz für militärische Gewaltmittel“18. Die Sowjetunion auf der anderen Seite präsentierte sich ebenfalls angriffslustig und stationierte in Europa eine ganze Reihe hochmoderner Langstreckenraketen19. Die Rüstungsausgaben wurden dort Anfang der 1980er zwar nicht nennenswert erhöht - dafür fehlten vermutlich einfach die Reserven - stagnierten aber „auf hohem Niveau“20. Immer wieder kam es zu Situationen, die die Lage weiter verschärften, so zum Beispiel als die Sowjets am 31. August 1983 ein Passagierflugzeug aus Südkorea, welches versehentlich in deren Luftraum eindrang, abschießen ließen, was von Reagan als „Massaker“ und „Akt der Barbarei“21 tituliert wurde. Ende November des gleichen Jahres beschloss der Deutsche Bundestag die Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen, was den Kreml wiederum veranlasste, die Rüstungskontrollgespräche, die erst im Juni 1982 wieder aufgenommen worden waren, sofort abzubrechen22. Insgesamt schien das weltpolitische Klima sich Anfang bis Mitte des Jahrzehnts immer weiter zu verschlechtern; der Rüstungswettlauf schien auf die Eskalation hinaus zu laufen und die Menschen weltweit sahen hilflos zu. Auch viele Popstars dieser Zeit meldeten sich mit Protestsongs zu Wort, beispielsweise Fisher-Z („Cruise Missiles“, 1981), Donovan („Neutron“, 1980) oder Nena („99 Luftballons“, 1983). Die Gruppe Alphaville drückt in Ihrem Song „Forever Young“ aus dem Jahre 1984 die vorherrschende Angst vor dem nuklearen Holocaust aus:

„ Hoping for the best

but expecting the worst

are you gonna drop the bomb or not? “

Sting ist diesbezüglich also keineswegs als ein Trendsetter zu betrachten, vielmehr kommt sein Beitrag „Russians“ mit seiner Erstveröffentlichung im Sommer 1985 auf dem Album The Dream of the Blue Turtles erst relativ spät.

[...]


1 Sandford: Sting. (2000) S.22

2 Gierling. Geschichte der amerikanischen Außenpolitik. (2003) S.114/115

3 Sandford: Sting. (2000) S.23

4 Schöllgen: Geschichte der Weltpolitik (1996) S. 167

5 Sandford: Sting (2000) S.23

6 Ebd. S.109

7 Ebd.

8 Ebd. S.129

9 Ebd.

10 Schöllgen: Geschichte der Weltpolitik. (1996) S. 358

11 Bierling: Amerikanische Außenpolitik. (2003) S. 173/174

12 Ebd. S.175

13 Ebd. S.178

14 Czempiel: Machtprobe. (1989) S. 133

15 Ebd. S. 134

16 Bierling: Amerikanische Außenpolitik. (2003) S. 177

17 Ebd.

18 Czempiel: Machtprobe. (1989) S. 135

19 Schöllgen: Geschichte der Weltpolitik. (1996) S. 372

20 Czempiel. Machtprobe. (1989) S. 218

21 Bierling: Amerikanische Außenpolitik. (2003) S.179

22 Ebd. S. 179/180

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Kalte Krieg in der Musik. "Russians" von Sting
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Veranstaltung
Seminar "Musik & Identität"
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
15
Katalognummer
V299481
ISBN (eBook)
9783656962663
ISBN (Buch)
9783656962670
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kalter Krieg, Musik, Popmusik, 1980er, Sting, The Police, Atomzeitalter, Atombombe, Russians, Song, Protestsong, Songanalyse, Sowjetunion
Arbeit zitieren
Fridjof Krenz (Autor:in), 2010, Der Kalte Krieg in der Musik. "Russians" von Sting, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299481

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