Menschen wenden aufgrund ihrer beschränkten kognitiven Ressourcen vereinfachte Entscheidungsprozesse an, um die Menge und Komplexität der Entscheidungsprobleme bewältigen zu können. Zu diesen sogenannten Heuristiken zählt auch der sogenannte Verankerungseffekt.
Mit dem Verankerungseffekt wird das systematisch zu beobachtende Phänomen beschrieben, dass sich Menschen bei Schätzungen (unbewusst) stark an einem ersten Richtwert orientieren und sich zu wenig in ihrer Schätzaussage von dem Anker lösen. Der Anker hat also diesbezüglich eine angleichende, bzw. assimilative Wirkung auf die Schätzaussage (Tversky & Kahneman, 1974).
Studien, die diesen Wirkungszusammenhang belegen, beziehen sich aber regelmäßig nur auf das Schätzverhalten von Individuen in einem isolierten Entscheidungskontext. Effekte, die beispielsweise aus sozialen Interaktionen in einer Gruppe entstehen, werden hierbei ausgeblendet. In dem sozialen Setting von Auktionen sind diese sozialen Interaktionen allerdings von hoher Bedeutung, sodass sich auch hier die Wirkungszusammenhänge des Verankerungseffektes deutlich verändern. Es ist sogar häufig zu beobachten, dass bei einem niedrig gewählten Anker für eine Auktion (z.B. ein geringer Startpreis bei Ebay) der letztlich erzielte Verkaufspreis sogar noch höher ausfällt. Die ursprüngliche angleichende Wirkung des Ankers kehrt sich also in diesem Kontext ins Gegenteil um: Ein niedriger Anker führt tendenziell eher zu einem höheren Verkaufspreis.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Wirkungszusammenhänge zu erläutern, die im Kontext einer Auktion zu dieser Umkehr führen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Definition und Beispiele für Ankereffekte
- Studien zur Umkehr des Ankereffektes
- Studie 1 - Einfluss einer geringen Eintrittsbarriere auf die Bieterzahl
- Studie 2 – Assimilative Wirkung eines niedrigen Ankers
- Studie 3 – Einfluss des Gebotsaufkommens auf den Endpreis
- Studie 4 - Einfluss einer Eskalation des Commitments
- Fazit
- Diskussion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Umkehr des Ankereffektes im Kontext von Auktionen, insbesondere im Hinblick auf niedrige Startpreise. Sie analysiert, wie ein niedriger Anker, der zunächst eine assimilative Wirkung haben sollte, zu einem höheren Endpreis führen kann.
- Der Einfluss einer niedrigen Eintrittsbarriere auf die Bieterzahl
- Die Eskalation des Commitments durch die Beteiligung an der Auktion
- Die Wirkung des Gebotsaufkommens auf die Wahrnehmung des Objektwertes
- Die Umkehr des Ankereffektes als Ergebnis der Interaktion dieser Prozesse
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema des Ankereffektes ein und erläutert seine grundlegende Funktionsweise. Kapitel 2 beleuchtet die Studien von Ku, Galinsky und Murninghan (2006) und analysiert, wie soziale Interaktionen in Auktionen den Ankereffekt beeinflussen können. Die Arbeit konzentriert sich auf die Prozesse, die zu einem höheren Endpreis bei niedrigen Startpreisen führen.
Schlüsselwörter
Ankereffekt, Auktion, Startpreis, Eintrittsbarriere, Eskalation des Commitments, Gebotsaufkommen, sozialer Einfluss, Umkehr des Ankereffektes.
- Arbeit zitieren
- Jannis von Nitzsch (Autor:in), 2012, Wirkungszusammenhänge bei der Umkehr von Ankereffekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300120