Rohstoffe bilden die Basis des weltweiten Wohlstands und haben zudem eine hohe politische Relevanz. Die aktuellen Aufstände in Ägypten, Tunesien oder Syrien werden allgemein als das Streben nach Demokratisierung und Selbstbestimmung in autoritär regierten Staaten angesehen. Die auslösende, treibende Kraft des arabischen Frühlings begründet sich jedoch in Hungerkrisen (Pies, 2012, S. 2). Rasant steigende Agrarpreise in den Jahren 2007/08 und 2011 trieben die Lebensmittelpreise dort in kaum mehr bezahlbare Sphären. Infolgedessen trafen sich die Menschen zu Protestaktionen auf dem Tahrir-Platz oder in den Straßen von Tunis. Besonders mit dem Blick auf die ärmere Bevölkerung der Erde beschuldigten einige Zivilgesellschaftliche Organisationen (ZGOs) schnell Spekulanten, die durch Fonds, Futures und sonstige Derivate am Rohstoffmarkt auf Preisentwicklungen wetten, für hohe Lebensmittelpreise verantwortlich zu sein. Aufgrund des großen öffentlichen Drucks haben viele Finanzinstitute in Deutschland der Rohstoffspekulation bereits den Rücken zugekehrt, darunter die Commerzbank und einige Landesbanken (Drost, 2013, S. 26). Nur die Deutsche Bank beharrt auf dem Geschäft mit Rohstoffen und verweist gegenüber Spekulationskritikern auf wissenschaftliche Studien, die keine negativen Effekte der Spekulation messen können.
In der öffentlichen Debatte in Deutschland kritisieren die ZGOs alle Spekulanten und insbesondere die Deutsche Bank als Institution für den Handel mit Rohstoffen aufs Schärfste: In der von der europäischen Verbraucherinformationsorganisation Foodwatch in Auftrag gegebenen Studie wird die Deutsche Bank gar als „Hungermacher“ betitelt. Ferner wird vom Staat gefordert, die Spekulation mit Nahrungsmitteln und Energierohstoffen drastisch einzuschränken, um Hungersnöte in den ärmsten Ländern der Welt zu vermeiden (Behme, 2011, S. 3). Das Gros der Wissenschaft entgegnet jedoch, dass solche Studien schlicht keine empirischen Untersuchungen aufweisen und auf Vermutungen und zeitlichen Übereinstimmungen von Beobachtungen fußen. In dieser hitzigen Auseinandersetzung diskreditiert die Foodwatch-Studie zudem die Finanzmarktkenntnisse des Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaften Paul Krugman und führt stattdessen ein Interview mit einem Bauer auf Rügen als Beweis für einen Preiseinfluss der Spekulation an (Pies, 2012, S. 8). Während viele Aktivisten ein Bild gieriger und manipulierender Finanzjongleure bei dem Begriff des Spekulanten vor Auge haben, so (...)
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Definitionen und Grundlagen
- 2.1. Commodities
- 2.2. Finanzmarktbegriffe
- 2.2.1. Spekulation
- 2.2.2. Volatilität
- 2.2.3. Liquidität
- 2.2.4. Arbitrage
- 2.2.5. Spot- und Terminmarkt
- 2.3. Einblick in die Rohstoffmärkte
- 2.3.1. Rohöl
- 2.3.2. Getreide
- 2.3.3. Handelsplätze und Volumen
- 3. Finanzialisierung der Commodity-Märkte
- 3.1. Der Begriff der Finanzialisierung
- 3.2. Spekulative Anlageinstrumente
- 3.2.1. Derivate
- 3.2.2. Indexfonds
- 3.3. Marktteilnehmer
- 3.4. Regulierung und Reporting
- 4. Theoretische Erklärungskonzepte
- 4.1. Das Cost-of-Carry Modell
- 4.2. Das Modell der Erwartungen
- 4.3. Spekulation durch Lagerbestandsänderung
- 4.4. Preisblasen in Commodity-Märkten
- 5. Empirische Untersuchungen
- 5.1. Masters Hypothese
- 5.2. Diskussion der empirischen Forschungsliteratur
- 5.2.1. Erklärungskraft der Fundamentalfaktoren
- 5.2.2. Spekulation und Preisniveau
- 5.2.3. Rolliervorgänge von Indexfonds
- 5.2.4. Co-Movement von Commodity-Preisen
- 5.2.5. Spekulation und Volatilität
- 5.3. Implikationen und Maßnahmen
- 6. Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die Bachelorarbeit analysiert den Einfluss von Spekulation auf Commodity-Märkte, insbesondere auf die Preisentwicklung von Rohstoffen. Sie untersucht die Funktionsweise und Entwicklung der Finanzialisierung von Commodity-Märkten, beleuchtet die verschiedenen theoretischen Erklärungskonzepte und präsentiert Ergebnisse empirischer Untersuchungen.
- Finanzialisierung von Commodity-Märkten und ihre Auswirkungen auf die Preisentwicklung
- Theoretische Modelle zur Erklärung von Preisbewegungen, insbesondere des Cost-of-Carry Modells und des Modells der Erwartungen
- Empirische Untersuchungen zur Rolle der Spekulation auf die Preisbildung und Volatilität
- Analyse von Rolliervorgängen von Indexfonds und deren Einfluss auf Commodity-Preise
- Diskussion der Implikationen der Ergebnisse für die Regulierung von Commodity-Märkten
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung führt in die Thematik des Einflusses von Spekulation auf Commodity-Märkte ein und erläutert die Relevanz des Themas. Kapitel 2 legt die wichtigsten Definitionen und Grundlagen des Themas fest, insbesondere zu Commodities, Finanzmarktbegriffen wie Spekulation, Volatilität und Arbitrage sowie einem Einblick in die Rohstoffmärkte. Kapitel 3 beleuchtet die Finanzialisierung der Commodity-Märkte, beschreibt die Bedeutung von spekulativen Anlageinstrumenten und diskutiert die Rolle von Marktteilnehmern und die Bedeutung von Regulierung und Reporting. Kapitel 4 präsentiert die wichtigsten theoretischen Erklärungskonzepte, insbesondere das Cost-of-Carry Modell und das Modell der Erwartungen, sowie die Auswirkungen von Spekulation durch Lagerbestandsänderung und die Entstehung von Preisblasen in Commodity-Märkten.
Kapitel 5 widmet sich empirischen Untersuchungen, analysiert die Masters Hypothese und diskutiert die Ergebnisse der empirischen Forschungsliteratur. Dabei werden die Erklärungskraft von Fundamentalfaktoren, der Einfluss von Spekulation auf das Preisniveau, die Rolle von Rolliervorgängen von Indexfonds, das Co-Movement von Commodity-Preisen und die Beziehung zwischen Spekulation und Volatilität betrachtet. Abschließend werden die Implikationen der Ergebnisse für die Regulierung von Commodity-Märkten diskutiert.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Bachelorarbeit befasst sich mit zentralen Themen der Rohstoffmärkte, insbesondere der Finanzialisierung und dem Einfluss von Spekulation auf die Preisentwicklung. Zentrale Konzepte sind Commodities, Spekulation, Volatilität, Arbitrage, Derivate, Indexfonds, Cost-of-Carry Modell, Modell der Erwartungen, Preisblasen, empirische Untersuchungen, Rolliervorgänge von Indexfonds, Co-Movement von Commodity-Preisen und Regulierung von Commodity-Märkten.
- Arbeit zitieren
- Moritz Stern (Autor:in), 2013, Der Einfluss von Rohstoffspekulation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300150