Bereits 1994 ging Giandomenico Majone in seiner Arbeit „The Rise of the Regulatory State in Europe” auf die mittlerweile gängigste Form des Regierens seitens der Europäischen Union ein und begann damit eine Debatte, die bis zum heutigen Tage in der Europaforschung kontrovers geführt wird und an Bedeutung hinzugewonnen hat.
Der Begriff „Regulatory State“ beschreibt eine Veränderung des Regierungsstils in westlichen Demokratien, demzufolge die traditionelle interventionistische Form des Regierens zugunsten eines regulativen Politikverständnisses im Zuge der Liberalisierung der Märkte aufgegeben wurde. Die Europäische Union ist seit ihrem Bestehen abhängig von der Ressourcenbereitstellung ihrer Mitgliedsstaaten und aufgrund der begrenzten eigenen Mittel zum regulativen Regierungsstil verpflichtet. Diesen praktiziert sie zunehmend, indem sie an „non- majoritan institutions“ Kompetenzen überträgt. Wie weitreichend solche Kompetenzen z.B. an europäische Agenturen abgegeben werden beziehungsweise wie unabhängig Agenturen gegenüber anderen Institutionen arbeiten können, ist Gegenstand dieser Arbeit.
Dabei gilt es sowohl die Unabhängigkeit der Agenturen, die ihnen durch ihr institutionelles Design zugesprochen wurde, als auch die Unabhängigkeit hinsichtlich ihrer alltäglichen Arbeit, zu berücksichtigen. Die konkrete Forschungsfrage zielt darauf ab herauszufinden, wie groß die Diskrepanz zwischen der „de jure“ und der „de facto“ Unabhängigkeit eigentlich ist. Der Frage soll am Beispiel der Agentur Europol nachgegangen werden- diese Agentur eignet sich im besonderen Maße zur Untersuchung, da an ihrem institutionelles Design seit ihrer Gründung einige Veränderungen vorgenommen wurden und sich damit die Unabhängigkeit der Agentur im Verlauf der Zeit herausstellen lässt.
Diese Arbeit leistet den Beitrag, dass sie in vergleichender Weise bisher voneinander getrennte Ansätze zur Analyse der formalen und tatsächlichen Unabhängigkeit zusammenführt. Der Aufbau dieser Arbeit gestaltet sich wie folgt; in einem ersten Schritt wird ein Überblick über die Entstehung und die Ausgestaltung von europäischen Agenturen gegeben und anschließend die Theorien und Konzepte diskutiert, die im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit der Agenturen eine Rolle spielen. Der Fokus dabei liegt auf zwei sehr unterschiedlichen Ansätzen, die ausgiebig vorgestellt werden. Daraufhin wird die Entwicklung der[…]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Überblick über die Arbeit der Agenturen
- 3. Theorien und Konzepte
- 4. Fallbeispiel Europol
- 5. Schlussfolgerung
- 6. Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Unabhängigkeit europäischer Agenturen am Beispiel von Europol. Sie untersucht die Diskrepanz zwischen der formalen („de jure“) und der tatsächlichen („de facto“) Unabhängigkeit dieser Agenturen. Die Arbeit beleuchtet die institutionellen Rahmenbedingungen und die alltägliche Praxis der Agenturen, um ein umfassendes Bild ihrer Unabhängigkeit zu zeichnen.
- Die Entstehung und Entwicklung europäischer Agenturen
- Theorien und Konzepte der Agentur-Unabhängigkeit
- Die Rolle von Europol als Fallbeispiel
- Der Einfluss von institutionellem Design auf die Agentur-Unabhängigkeit
- Die Auswirkungen von Agentur-Unabhängigkeit auf die EU-Politik
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der europäischen Agenturen und ihrer Unabhängigkeit ein. Sie stellt die Forschungsfrage und die Zielsetzung der Arbeit dar.
- Kapitel 2: Überblick über die Arbeit der Agenturen: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung und Entwicklung von europäischen Agenturen. Es erläutert die verschiedenen Arten von Agenturen, ihre Aufgaben und ihre rechtliche Grundlage.
- Kapitel 3: Theorien und Konzepte: In diesem Kapitel werden verschiedene Theorien und Konzepte der Agentur-Unabhängigkeit diskutiert. Der Fokus liegt auf dem Prinzipal-Agenten-Konzept und seiner Relevanz für die Analyse von Agenturen.
- Kapitel 4: Fallbeispiel Europol: Dieses Kapitel analysiert Europol als Fallbeispiel für die Unabhängigkeit europäischer Agenturen. Es beleuchtet die institutionelle Entwicklung von Europol und die Auswirkungen auf seine Unabhängigkeit.
Schlüsselwörter
Europäische Agenturen, Europol, Agentur-Unabhängigkeit, institutionelles Design, „de jure“ und „de facto“ Unabhängigkeit, Prinzipal-Agenten-Konzept, Regulierungsstaat, Europäische Union, Politikbereiche, Harmonisierung, Binnenmarkt, Rechtspersönlichkeit, Autonomie, Kontrollfunktion, Europäische Kommission, Europäisches Parlament, Europäischer Rat.
- Quote paper
- Carsten Müller (Author), 2011, Die Unabhängigkeit europäischer Agenturen am Beispiel von Europol, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300447