Die Weltbevölkerung ist einer doppelten demografischen Entwicklung unterworfen. Während die Gesamtzahl der Menschen auf unserem Planeten seit den 50er-Jahren rapide ansteigt, stagniert bzw. sinkt die Bevölkerungszahl in den reichen Ländern der Erde.
Die moderne Wohlstandsgesellschaft ist zunehmend von einer demografischen Alterung und Schrumpfung betroffen, die sich auch in Deutschland seit Jahrzehnten angekündigt hat.
Bezüglich der Wahrnehmung dieses Phänomens bestehen zwei einander entgegengesetzte, extreme Haltungen. So ist zum einen die Rede von einer lautlosen Katastrophe, während die andere Seite dazu neigt, die Bedeutung des demografischen Wandels zu verharmlosen.
Ein Bezug zum Migrationsgeschehen aus der Sicht der reichen Zielregionen wird in der Debatte wenigstens in zweierlei Hinsicht suggeriert: Einerseits im Sinn eines wachsenden Zuwanderungsbedarfs der hochindustrialisierten Nationen und andererseits als Gefahr der Überfremdung durch Zuwanderung in Folge der Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungsländern. Zahlreiche Forscher warnen demgegenüber vor einer Demografisierung des Gesellschaftlichen.
Die vorliegende Arbeit möchte vor diesem Hintergrund einen eigenen Beitrag zur Versachlichung der Debatte leisten. Hierzu erkläre ich in Kapitel 2 zunächst die zentrale Begrifflichkeit der demografischen Forschung.
Auf dieser Grundlage zeichne ich in Kapitel 3 den auf bevölkerungswissenschaftliche Erhebungen gestützten Diskurs mit den entsprechenden Auswirkungen nach. Hierbei wird die Gefahr von ausschließlich auf Zahlen basierenden Bevölkerungs- und Migrationsprognosen und der daraus abgeleiteten normativen Bevölkerungspolitik deutlich.
Auf dieser Grundlage erklärt sich die in Kapitel 4 beschriebene fortlaufende Distanzierung der sozialwissenschaftlich orientierten Migrationsforschung von der Bevölkerungswissenschaft.
Das Fazit besteht in einer klaren Positionierung in Bezug auf die Notwendigkeit, demografische Datenerhebungen mit den in der sozialwissenschaftlichen Migrationsforschung gewonnenen Erkenntnissen zu integrieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Faktoren der Bevölkerungsentwicklung und ihre Auswirkungen
- Geburten- und Sterberate
- Zu- und Fortzüge
- Demografischer Diskurswandel
- Die Malthusianische Theorie
- Die nationalsozialistische Bevölkerungspolitik
- Tabuisierung und Tabubruch
- Der Umgang der Migrationsforschung mit demografischen Argumenten
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit will die Debatte über die demografische Entwicklung in Deutschland versachlichen. Sie beleuchtet den demografischen Wandel in seinen Ursachen und Folgen, insbesondere im Kontext der Migration. Die Arbeit zeigt die Grenzen des demografischen Denkens und die Notwendigkeit einer interdisziplinären Perspektive auf.
- Die Bedeutung der demografischen Grundgleichung und ihrer Faktoren (Fertilität, Mortalität, Migration)
- Die historische Entwicklung des demografischen Diskurses, von der Malthusianischen Theorie bis hin zur nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik
- Die Gefahren von ausschließlich auf Zahlen basierenden Bevölkerungs- und Migrationsprognosen
- Die Rolle der Migrationsforschung bei der Kritik an einer rein demografischen Sichtweise auf gesellschaftliche Herausforderungen
- Die Notwendigkeit, demografische Datenerhebungen mit sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen zu integrieren
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 erläutert die grundlegenden Faktoren der Bevölkerungsentwicklung: Fertilität, Mortalität und Migration. Es werden die entsprechenden Kennzahlen und ihre Berechnung vorgestellt, sowie die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Bevölkerungsstruktur.
Kapitel 3 zeichnet den historischen Diskurs über die Bevölkerungsentwicklung nach. Es werden die Malthusianische Theorie, die nationalsozialistische Bevölkerungspolitik und die Tabuisierung des Themas behandelt. Der Abschnitt zeigt, wie demografische Argumente im Laufe der Geschichte instrumentalisiert wurden.
Kapitel 4 befasst sich mit dem kritischen Umgang der Migrationsforschung mit demografischen Argumenten. Es wird deutlich, dass eine rein demografische Sichtweise die Komplexität des Migrationsphänomens nicht erfassen kann. Die sozialwissenschaftliche Migrationsforschung betont die Notwendigkeit einer multiperspektivischen Betrachtung.
Schlüsselwörter
Demografischer Wandel, Bevölkerungsentwicklung, Fertilität, Mortalität, Migration, Geburtenrate, Sterberate, Zuwanderung, Auswanderung, Malthusianische Theorie, Nationalsozialistische Bevölkerungspolitik, Migrationsforschung, Sozialwissenschaftliche Migrationsforschung, Bevölkerungswissenschaft, Demografisierung.
- Quote paper
- Tobias Keßler (Author), 2008, Die demografische Falle. Sozialwissenschaftliche Migrationsforschung und Bevölkerungswissenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300859