Einsatz der Business Intelligence in der öffentlichen Verwaltung. Jugendämter im nördlichen Niedersachsen


Bachelorarbeit, 2015

53 Seiten, Note: 2,5

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Business Intelligence
2.1 Was ist Business Intelligence (BI)?
2.2 Entwicklung der Business Intelligence
2.3 Aufbau einer klassischen BI-Struktur
2.3.1 Datenbereitstellung
2.3.2 Datenverarbeitung
2.3.3 Informationsverteilung
2.3.3.1 Reporting und Dashboards
2.3.3.2 Ad-hoc Abfragen und OLAP
2.4 Open-Source-BI-Lösungen

3 Aufbau und Organisation der öffentlichen Verwaltung
3.1 Struktureller Aufbau des öffentlichen Sektors
3.2 Die Kommunalverwaltung
3.2.1 Funktionen und Aufgaben
3.2.2 Struktureller Aufbau
3.2.3 Wirtschaftlicher Aufbau
3.3 Management in Kommunalverwaltungen
3.4 Das Jugendamt
3.4.1 Entwicklung des Jugendamtes
3.4.2 Gesellschaftliche Bedeutung
3.4.3 Steigende Komplexität in der Jugendhilfe

4 Theoretisches Konzept zum Einsatz von Business Intelligence in Jugendämtern
4.1 Schaffung der Grundlagen
4.2 Open Source als (Einstiegs-)Alternative
4.3 Erweiterung der BI-Lösung
4.4 Personalisierung der BI-Oberflächen
4.5 Einsatzmöglichkeiten der BI in einer öffentlichen Verwaltung
4.6 Wartung und Pflege

5 Empirische Untersuchung
5.1 Informationen zur Umfrage
5.1.1 Ziel der Umfrage
5.1.2 Teilnehmer der Umfrage
5.1.3 Der Fragebogen
5.2 Ablauf der Umfrage
5.2.1 Erster Kontakt zu den Jugendämtern
5.2.2 Erste Eindrücke nach der Kontaktaufnahme
5.3 Auswertung der Umfrage
5.3.1 Resonanz der Befragten
5.3.2 Ergebnisse der Umfrage
5.3.3 Bedeutung der Business Intelligence für die Jugendämter

6 Vergleich des theoretischen Konzepts mit den Erkenntnissen aus der empirischen Untersuchung

7 Handlungsempfehlungen und Ausblick auf die Entwicklung der Business Intelligence in Jugendämtern
7.1 Handlungsempfehlungen zum Einsatz von Business Intelligence in Jugendämtern
7.2 Zukünftige Entwicklung der Business Intelligence in Jugendämtern

8 Fazit

III. Quellenverzeichnis

IV. Anlagen

I. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1-1: Vereinfachte Darstellung der Datenflüsse

Abb. 1-2: Bsp. Aufbau eines OLAP Cubes

Abb. 1-3: KGSt Produktplan für Städte und Gemeinden

Abb. 1-4: Bedeutung von Innovativität in kommunalen Verwaltungen

Abb. 1-5: Bedeutung von Kennzahlen zur Steuerung des Jugendamtes

1. Einleitung

Der Bereich der Business-Intelligence-Anwendungen, auch bekannt als IT-basierte Managementunterstützung, ist seit vielen Jahren ein wichtiger Bestandteil zahlreicher Unternehmen zur Unterstützung des Managements bei der Entscheidungsfindung. Mittlerweile sind zahlreiche Firmen auf dem Markt vertreten, die Business-Intelligence-Software sowie den entsprechenden Support anbieten.

Ein Bereich, in dem Veränderungen generell etwas später umgesetzt werden, ist der öffentliche Sektor. Aufgrund der starken Präsenz in der Privatwirtschaft, fanden jedoch auch in diesem Umfeld in den letzten Jahren erste Annäherungen an den Bereich der Business Intelligence statt.

Inhalt dieser Bachelorarbeit ist die Untersuchung, inwieweit der Einsatz von Business Intelligence im öffentlichen Sektor fortgeschritten ist. Da der Bereich der Jugendhilfe in vielen Landkreisen und Städten zu den kostenintensiveren gehört, werden in dieser Arbeit ausschließlich Jugendämter zum Einsatz von Business Intelligence befragt. Zu diesem Zweck wird eine Umfrage erstellt, die an die ausgewählten Jugendämter verschickt wird. Es werden ausschließlich Jugendämter im nördlichen Niedersachsen befragt. Der Begriff „öffentliche Verwaltung“ ist ein sehr vielschichtiger Begriff, der in der Literatur nicht oder nur schwer definiert werden kann. Für diese Arbeit wird vereinfacht davon ausgegangen, dass hierunter die Verwaltungen auf kommunaler Ebene zu verstehen sind.

Im ersten Teil dieser Arbeit wird auf die theoretischen Grundlagen von Business Intelligence sowie die öffentlichen Verwaltungen eingegangen. Anhand dieser theoretischen Grundlagen wird ein theoretisches Konzept entwickelt. Dieses Konzept soll veranschaulichen, wie der Einsatz von Business Intelligence in Jugendämtern aussehen kann. Darüber hinaus soll veranschaulicht werden, welche Widerstände bei der Umsetzung entstehen können und wie mit diesen umgegangen werden kann. Da diese Arbeit eher auf die wirtschaftliche Sichtweise fokussiert ist, wird eine tiefgehende technische Sichtweise vernachlässigt.

Zweiter wesentlicher Bestandteil dieser Arbeit ist die empirische Untersuchung zum Einsatz von Business Intelligence in Jugendämtern. Wie bereits erläutert, wird zu diesem Zweck eine Umfrage unter verschiedenen Jugendämtern im nördlichen Niedersachsen durchgeführt. Für die Umfrage wird ein entsprechender Fragebogen entwickelt, der den einzelnen Jugendämtern dann zugeschickt wird. Bei den Befragten handelt es sich um Jugendämter von kreisfreien Städten und Landkreisen mit ca. 49.000-200.000.

Anhand der Auswertung der Fragebögen soll verdeutlicht werden, was Jugendämter generell unter dem Begriff Business Intelligence verstehen. Darüber hinaus soll veranschaulicht werden, ob Business Intelligence bereits in den Jugendämtern eingesetzt wird und falls das der Fall ist, in welcher Form und in welchem Umfang es eingesetzt wird. Die Befragten haben außerdem die Möglichkeit, Widerstände zu nennen, die bei der Umsetzung aufgetreten sind. Abschließend haben die Befragten die Möglichkeit, Vor- und Nachteile der Business-Intelligence-Anwendungen zu nennen.

Teilziele dieser Arbeit sind somit die Erarbeitung eines theoretischen Konzeptes zum Einsatz von Business Intelligence in Jugendämtern und die Erstellung und Durchführung einer Umfrage in ausgewählten Jugendämtern. Hauptziel dieser Bachelorarbeit ist der Vergleich des theoretischen Konzeptes mit den aus der Umfrage gewonnenen Erkenntnissen. Anhand des Vergleiches kann dann verdeutlicht werden, wie der aktuelle Status zum Einsatz von Business Intelligence in Jugendämtern ist. Bei Bedarf können dann Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden.

Die Bachelorarbeit wird dann mit einem persönlichen Fazit abgeschlossen.

2. Business Intelligence

In Kapitel 2 soll dem Leser der Begriff des Business Intelligence, welches nachfolgend mit BI abgekürzt wird, nähergebracht werden. Hierzu wird der Begriff des BI als erstes allgemein erläutert. Anschließend wird die zeitliche Entwicklung des BI ausführlich dargestellt. Da unter dem Begriff BI nicht nur ein einzelner Prozess zu verstehen ist, sondern eine Reihe von zusammenhängenden Prozessen, wird anschließend der Aufbau einer klassischen BI-Struktur beschrieben.

2.1 Was ist Business Intelligence (BI)?

Diese Frage kann nicht anhand einer allgemeingültigen Definition beantwortet werden, da es eine solche Definition nicht gibt. Insgesamt findet man in der Literatur viele verschiedene Definitionen zu diesem Thema. Der Begriff BI wird häufig als IT-basierte Managementunterstützung übersetzt. Für diese Bachelorarbeit wird der Begriff des BI definiert als: „Alle Aktivitäten innerhalb einer Unternehmung, die interne und externe Daten so aufbereiten und transformieren, dass mittels verschiedener EDV technischer Prozesse hieraus neue Erkenntnisse gewonnen werden können, die es dem Management sowie anderen Führungsebenen ermöglichen, die Unternehmung noch gezielter steuern zu können.“1

Es handelt sich bei BI somit nicht um einen einzelnen Prozess, sondern um die Gesamtheit aller Prozesse in einem Unternehmen, die das Ziel haben, durch den Einsatz technischer Hilfsmittel, große unternehmensinterne und -externe Datenmengen zusammenzutragen und zu vereinheitlichen. Mithilfe von verschiedenen softwaretechnischen Abfragen kann dann aus den gesammelten und aufbereiteten Daten neues Wissen gewonnen werden.

2.2 Entwicklung der Business Intelligence

Die IT-basierte Managementunterstützung ist bereits seit den 1960er Jahren bekannt, konnte sich in den ersten Jahren jedoch aufgrund der schwierigen technischen Umsetzung nicht durchsetzen. Erst durch die Entwicklung von Einzelsystemen, die an spezielle Benutzergruppen sowie Aufgabenbereiche angepasst werden konnten, konnte sich die IT-basierte Managementunterstützung durchsetzen. In den 1980er Jahren etablierte sich für den Bereich der Informations- und Kommunikationssysteme der Begriff „Management Support Systems (MSS)“, welches in Deutschland auch als „Managementunterstützungssysteme (MUS)“ bekannt wurde. Dieser Begriff wird teilweise auch heute noch verwendet. Der Begriff BI etablierte sich erst im Jahr 1996. Die Gartner Group war maßgeblich an der Entwicklung und Definition des Begriffes beteiligt.2

2.3 Aufbau einer klassischen BI-Struktur

Anhand der oben genannten Definition von BI erkennt man, dass BI alle Schritte umfasst, von der Sammlung und Aufbereitung der Daten bis hin zur benutzerdefinierten Verteilung und Darstellung der Daten. Für diese Arbeit wird davon ausgegangen, dass die klassische BI-Struktur sich im Wesentlichen aus drei Bereichen zusammensetzt, die im Folgenden erläutert werden.

2.3.1 Datenbereitstellung

Voraussetzung für den Aufbau eines BI-Systems ist die Implementierung einer entsprechenden BI-Software. Der erste wichtige Schritt in diesem System ist die Informationsbeschaffung und Speicherung. Im Rahmen der Informationsbeschaffung werden unternehmensinterne Daten gesammelt. Diese gesammelten Daten werden vorerst unverändert an einem zentralen Ort gespeichert. Dieser Ort wird als Data Warehouse („Datenlager“) bezeichnet. Der Aufbau einer Data-Warehouse-Struktur wird als Data Warehousing bezeichnet. Anhand der Daten, die in einem Data Warehouse gesammelt werden, können vorgefertigte Reports und Dashboards sowie individuelle Abfragen mit Informationen versorgt werden. I. d. R. werden solche Abfragen in vorgegebenen Zyklen automatisch generiert. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, sogenannte Data Marts zu entwickeln. Data Marts sind eigenständige Datenbestände, die für spezielle Nutzergruppen erstellt werden. Data Marts werden häufig für einzelne Abteilungen oder Fachbereiche erstellt, z. B. für das Controlling. Die Versorgung mit Daten kann bei Data Marts auf zwei Arten erfolgen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Data Marts unabhängig vom Data Warehouse mit Daten versorgt werden, das bedeutet, dass die Daten direkt aus den Quellsystemen geladen werden, wie z. B. einem ERP-System. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, das Data Marts auf dem Data Warehouse aufgebaut werden, also die Daten direkt aus dem Data Warehouse ziehen. Diese Variante wird auch als Hub-and-Spoke-Architektur bezeichnet und bietet den Vorteil, dass die Daten im Data Warehouse bereits vereinheitlicht wurden. Die Vorteile von Data Marts sind die schnelleren Antwortzeiten bei Abfragen, da die Datenbestände in Data Marts spezialisierter sind als im Data Warehouse. Außerdem kann mithilfe der Data Marts die der Zugriff durch Benutzer individueller gestaltet werden.3

Es reicht jedoch nicht, irgendwelche Daten ins Data Warehouse zu laden. Um bei späteren Abfragen ein optimales Ergebnis zu erzielen, ist es wichtig, einige Grundlagen zu beachten. Dies geschieht mithilfe des sogenannten ETL-Prozesses. ETL steht für Extraktion, Transformation, Laden. Der ETL Prozess gewährleistet, dass das Data Warehouse optimal mit Daten versorgt wird. Im Nachfolgenden werden die einzelnen Stufen des ETL Prozesses beschrieben.

Der erste Schritt ist die Extraktion der Daten. Das Ziel der Extraktion ist es, alle relevanten Daten zu finden, die für die weiteren Schritte benötigt werden. Wie bereits beschrieben, können Daten sowohl intern als auch extern beschafft werden. Interne Daten sind z. B. in ERP-Systemen zu finden. Externe Daten können z. B. Börsenkurse oder Statistiken sein. Die Datenbeschaffung erfolgt automatisch und basiert auf Abfragen die von den Usern vorgefertigt werden.4

Für die späteren Auswertungen müssen die Daten u. a. eine vorgegebene Struktur haben. Dies geschieht im zweiten Schritt, der sogenannten Transformation. Dort können die Daten auch auf ihre Qualität überprüft oder Datenformate vereinheitlicht werden. Dieser Schritt ist somit entscheidend, um die verschiedenen Daten für eine Auswertung brauchbar zu machen. Sobald die Daten erfolgreich nach den Vorgaben des Nutzers transformiert wurden, werden die Daten im dritten Schritt in das Data Warehouse bzw. in die jeweiligen Zieldatenbanken geladen.5

In der nachstehenden Abbildung 1-1 wird der Datenfluss von den Datenquellen bis zur Informationsauswertung vereinfacht dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3.2 Datenverarbeitung

Nachdem alle relevanten Daten in das Data Warehouse geladen wurden, können die Daten verarbeitet werden. Es besteht eine Vielzahl von technischen Möglichkeiten, die Daten aus dem Data Warehouse zu verwenden. Im Folgenden werden die gängigsten Verwendungsmöglichkeiten genannt und genauer beschrieben.

Eine Möglichkeit die Daten aus dem Data Warehouse zu verwenden, ist das sogenannte Data Mining. Der Begriff hat nicht ohne Grund Ähnlichkeit mit dem Bergbau. Es handelt sich nämlich bei dieser Verwendungsform um die Suche nach wertvollen Informationen im „Datenberg“ des Data Warehouses. Die Besonderheit bei dieser Methode liegt in der Tatsache, dass hier keine Zielformulierung zugrunde liegt. Aufgabe des Data Mining ist es, Zusammenhänge zwischen Daten selbstständig zu erkennen, z. B. wenn im Rahmen der Jugendhilfe eine bestimmte Hilfeart häufig einer anderen Hilfeart folgt. Daraus könnte man ableiten, dass die Hilfearten evtl. kombiniert werden müssen oder dass die Wirksamkeit der ersten Hilfeart fragwürdig ist. Das Data Mining bedient sich dabei Methoden der Statistik sowie des maschinellen Lernens. Sinn des Data Mining ist es somit, bestimmte Muster zu erkennen die über die normale Auswertung von Kennzahlen hinausgehen, sodass eine zusätzliche Optimierung erfolgen kann.6

Die wichtigsten Bestandteile der BI sind die Methoden der Unternehmenssteuerung. Es gibt eine Vielzahl von Methoden für die Verwendung der Daten aus dem Data Warehouse. Im Folgenden werden die wichtigsten Methoden beschrieben unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Einsatz der Methoden in Jugendämtern als sinnvoll erachtet werden kann. Dabei ist auch zu beachten, dass die genannten Methoden aufeinander aufbauen. Nachfolgend eine Übersicht über die ausgewählten Methoden:

- Prognose- und Szenariotechnik
- Entscheidungsunterstützung
- Controlling7

Die erste Methode ist die Prognose- und Szenariotechnik. Bei der Prognose- und Szenariotechnik geht es um die Erstellung von Vorhersagen, die einen Blick auf die Frage ermöglichen, wie sich die Unternehmung weiterhin entwickeln kann. Beim Einsatz von Business Intelligence wird auf die historischen Daten zugegriffen, die im Data Warehouse gespeichert sind. Für Unternehmungen gewinnen solche Vorhersagetechniken zunehmend an Bedeutung, da die allgemeine Komplexität stetig zunimmt und Unternehmungen gezwungen sind, frühzeitig auf Veränderungen zu reagieren. Dies gilt mittlerweile nicht mehr nur für Unternehmen aus der Privatwirtschaft, auch Behörden sind mittlerweile gezwungen, wirtschaftlich zu arbeiten.8

Bei der zweiten Methode handelt es sich um Entscheidungsunterstützungssysteme. Solche Systeme dienen der Unterstützung des Managements und der Entscheidungsträger. Zielgruppen dieses Systems sind in der öffentlichen Verwaltung z.B. Politiker, Dezernenten, Amtsleitungen und weitere Entscheidungsträger. Diese Systeme werden beim Einsatz von BI mit Daten aus dem Data Warehouse versorgt. Die Nutzung eines solchen Systems ersetzt nicht das unternehmerische Denken und Handeln der Entscheidungsträger, jedoch bietet es dem Management die Möglichkeit, zusätzliches Wissen zu erlangen, um zukünftige Schritte gezielter planen zu können. Bei den Entscheidungsunterstützungssystemen gibt es mehrere Wege, wie eine solche Unterstützung erfolgen kann. Das bereits beschriebene Data Mining ist eine solche Form der Unterstützung. Auch die bereits genannte Prognose- und Szenariotechnik unterstützt das Management bei ihren Entscheidungen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Methoden, die auf die Nutzung von BI aufbauen. Dies sind z. B. vorgefertigte Reports, die sowohl automatisch als auch „auf Knopfdruck“ einen im Vorfeld erstellten Bericht mit Inhalt füllen oder auch sogenannte OLAP-Abfragen, die in Kapitel 2.4 erläutert werden.9

Die dritte Methode ist das Controlling. Für die Verwaltung der BI-Anwendungen stellt das Controlling die ideale Benutzergruppe dar. Kontrolle, Planung und Steuerung sind sowohl Aufgaben des Controllings als auch des BI-Einsatzes. BI-Anwendungen können somit in gewisser Weise eine technische Erweiterung des Controllings darstellen. Im öffentlichen Sektor unterscheiden sich die Aufgaben des Controllings nicht zwingend von denen in der Privatwirtschaft. Das Controlling befasst sich auch hier sowohl mit operativen als auch strategischen Aufgaben. So gehören z. B. Soll-Ist-Vergleiche und Abweichungsanalysen zu den operativen Aufgaben des Controllings in der öffentlichen Verwaltung. Das strategische Controlling beschäftigt sich hingegen mit langfristigen Entwicklungen und versucht, Frühwarnsysteme zu entwickeln, die es dem Management ermöglichen, noch gezieltere Entscheidungen treffen zu können. Zu den weiteren Aufgaben eines Controllings in öffentlichen Verwaltungen gehören z. B. die Erstellung von Budgetberichten und Budgetanmeldungen.10

2.3.3 Informationsverteilung

Ein weiterer Vorteil von BI ist die gezielte Verteilung der neu gewonnenen Informationen. Wichtig ist die Festlegung wer welche Informationen wann bekommt. Die einzelnen Anwender müssen somit eigene Profile und Nutzerrechte innerhalb der BI-Anwendung erhalten. Nachdem der Nutzerkreis ausgewählt wurde, muss entschieden werden, welche Informationen die einzelnen Anwender abrufen dürfen. Entsprechend der Aufgaben, die die jeweiligen Anwender im Unternehmen wahrnehmen, wird dann der Grad der Detaillierung der Informationen eingestellt. Dabei ist zu beachten, dass es auch technisch ermöglicht werden muss, bestimmte Daten detailliert abzubilden. Für die Verteilung des neu gewonnenen Wissens stehen verschiedene Arten von Verteilungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zum einen gibt es größtenteils vordefinierte Abfragen und zum anderen besteht auch die Möglichkeit, Abfragen flexibel mithilfe von OLAP-Würfeln zu gestalten. Im Folgenden werden die beiden Varianten beschrieben.11

2.3.3.1 Reporting und Dashboards

Der klassische Weg, um die gewonnen Informationen zu verteilen, ist die Erstellung von Standard Reports. Standard Reports können optisch relativ frei gestaltet werden, sodass es sich bei solchen Reports sowohl um grafische, tabellarische als auch um Reports in Textform handeln kann. Auch eine Kombination ist möglich. Da es sich um vordefinierte Berichte handelt, ist die Erstellung auch automatisierbar. Dies ermöglicht somit auch eine automatische Verteilung der Berichte an eine im Vorfeld definierte Benutzergruppe. Standard Reports können in verschiedenen Formaten versendet werden, z. B. als PDF oder Excel-Dokument. Reports bieten außerdem die Möglichkeit, den angezeigten Inhalt durch Anklicken weiter zu detaillieren, um weitere Hintergrundinformationen zu erhalten. Der Aufruf solcher Reports kann nicht nur auf normalen Desktop PCs erfolgen, sondern auch auf Tablet PC´s und Handys. Die Reports können nach dem Erhalt auch ausgedruckt werden, falls diese Option vorher freigegeben wurde.12

Ein weiterer Weg, um wichtige Informationen darzustellen, ist die Entwicklung sogenannter Dashboards. Das Wort Dashboard heißt wörtlich übersetzt Armaturenbrett bzw. Instrumententafel. Der Sinn eines Dashboard aus Sicht der Business Intelligence ist ein ähnlicher wie der eines Armaturenbretts bzw. einer Instrumententafel im Auto. Die Aufgabe eines solchen Dashboards ist nämlich die komprimierte Darstellung aller relevanten Informationen. Der Fahrer eines Autos braucht nicht sämtliche Detailinformationen, die ein Auto sammelt, und er braucht auch nicht „hunderte“ von Schaltern. Genauso richten sich Dashboards überwiegend an Nutzergruppen, die das Unternehmen „steuern“, also vornehmlich an das Management und weitere Führungsebenen. Dashboards zeichnen sich vornehmlich durch ein sehr übersichtliches und unkompliziertes Design aus. Der Nutzer muss möglichst alle relevanten Informationen auf einen Blick erkennen können. Die Komprimierung muss idealerweise so weit gehen, das der Nutzer das Dashboard auf einem Bildschirmauszug seines Monitors erkennen kann, sodass er nicht einmal scrollen muss. Dashboards zeichnen sich auch durch den verstärkten Einsatz von Grafiken aus. Hier wird durch den Einsatz von Farben die Entwicklung von Kennzahlen visuell unterstrichen. Sollte der Nutzer dennoch eine detaillierte Ansicht der Informationen verlangen, besteht die Möglichkeit, das Dashboard interaktiv zu gestalten, sodass durch den Klick auf bestimmte Bereiche des Dashboards der detaillierte Background angezeigt werden kann.13

2.3.3.2 Ad-hoc Abfragen und OLAP

Neben den meist vorgegebenen Reports und Dashboards bietet BI auch die Möglichkeit, individuell gestaltbare Reports zu erstellen. Es handelt sich hierbei um Ad-hoc-Reports. Solche Reports sprechen Nutzergruppen an, die großen Wert auf individuelle Gestaltung legen. Damit spiegeln sie das Gegenteil dessen wieder, was z. B. Nutzer von Standard Reports und Dashboards erwarten. Trotz dieser gestiegenen Individualität ist diese Art der Abfrage auch für nicht IT-Anwender geeignet, da der Anwender auf einen bereits aufbereiteten Datenpool, z. B. im Data Warehouse, zugreifen kann. Vor allem sollen Controller diese Form der Berichterstellung nutzen. Durch eine benutzerfreundliche Weboberfläche kann der Anwender sowohl das Design als auch den Inhalt des Reports individuell gestalten. Die Daten können nach eigenen Vorgaben gefiltert werden und z. B. in eigens dafür definierten Gruppen abgelegt werden.14

Sollte der Anwender noch mehr Individualität und Flexibilität bei der Erstellung von Abfragen benötigen, besteht die Möglichkeit, sogenannte OLAP-Abfragen zu nutzen. OLAP steht für Online Analytical Processing. Der Begriff wurde 1993 durch Edgar F. Codd das erste Mal verwendet und etablierte sich dann auch innerhalb der nachfolgenden Jahre.15 OLAP-Abfragen werden häufig durch den Einsatz von Würfeln, auch als Cubes bekannt, visualisiert (Abb. 1-2). Dieser Würfel gliedert den Datenraum in Kennzahlen (auch Fakten genannt) und Auswertungskriterien (auch als Dimensionen bezeichnet). Kennzahlen können z. B. Kosten sein. Bei den Auswertungskriterien geht es um die Frage, wonach die Zählung bzw. Messung gegliedert wird. Es kann z. B. nach der Zeit gegliedert werden oder nach Produkten. Des Weiteren bietet es sich an, Dimensionen um Hierarchien zu erweitern, also z. B. die Unterteilung nach Jahr, Quartal, Monat und Tag. Dies ist wichtig für die spätere Nutzung in einem Report. Anhand der OLAP-Abfrage kann also z. B. folgende Frage beantwortet werden: „Welche Kosten verursachte das Produkt XY, im 3. Quartal 2014 in der Region Emden?“ Die Art der Betrachtung des Würfels erfolgt nicht als 3D-Würfel auf dem PC-Monitor, sondern als benutzerfreundliche Oberfläche, die u. a. auch in Excel eingegliedert werden kann. Die Navigation durch die Daten kann mithilfe verschiedener OLAP-Auswertungsoptionen erfolgen. Das Drill-down und das Roll-up sind zwei dieser Optionen. Beim Drill-down kann der Nutzer die Daten immer weiter detaillieren bis zur kleinstmöglichen Ansicht. Beim Roll-up geht es genau in die andere Richtung, die Daten werden also aggregiert. Darüber hinaus gibt es noch das Slicing und das Dicing. Beim Slicing handelt es sich um die Betrachtung einer „Scheibe“, die aus dem Würfel geschnitten wird. Bei Abb. 1-1 wäre das zum Beispiel der Fall, wenn man die Verkaufserlöse für alle Produkte aus allen geografischen Lagen, die in Q3 verkauft wurden, betrachten will. Beim Dicing werden einzelne Cubes innerhalb des gesamten Cubes betrachtet, was z. B. der Fall ist, wenn man Informationen über die Verkäufe eines Produktes in Q2 in der geografischen Lage XY betrachten will.16

2.4 Open-Source-BI-Lösungen

Wie bereits beschrieben wächst der Markt für BI-Anwendungen immer weiter. Auch viele mittelständische und kleine Unternehmen wollen in den Genuss von BI-Systemen kommen. Die Kosten für solche Systeme können jedoch sehr hoch sein, sodass kleine und mittelständische Unternehmen die Kosten für ein solches System nicht tragen können. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren verstärkt Open-Source-Varianten auf dem Markt angeboten. Open Source bedeutet, dass es sich um eine lizenzfreie Software-Lösung handelt, die kostenlos im Internet heruntergeladen werden kann. Außerdem bieten solche Softwarelösungen einen sehr großen Spielraum, da der Quellcode beliebig veränderbar ist. Der zusätzliche Spielraum begründet sich durch die Möglichkeit, dass der Anwender durch eigene Programmierung die Software nach seinen Vorstellungen erweitern und optimieren kann.17

Dieser große Freiraum bedeutet aber auch, dass der Anwender in der Lage sein muss, die Veränderungen an der Software vorzunehmen. Um Veränderungen durchzuführen bedarf es einschlägiger Kenntnisse im Bereich der Programmierung, z. B. mithilfe von Java. Außerdem bieten Open-Source-Lösungen i. d. R. keinen Support durch die Anbieter der Software. Es besteht jedoch häufig die Möglichkeit, über eine eigene Community Erfahrungen mit anderen Anwendern auszutauschen. Verständlicherweise sind Open Source Varianten häufig sehr stark eingeschränkt, was den Funktionsumfang angeht. Erweiterungen sind häufig möglich, kosten aber Geld.18

Eine solche Community bietet außerdem die Möglichkeit, Quellcodes von anderen Anwendern zu erhalten, um so die eigene Software zu optimieren. Als Beispiel für eine solche Community sei das Palo-Forum der Jedox AG genannt.19

Insgesamt bieten Open-Source-BI-Lösungen aber eine sehr gute Möglichkeit für den Einstieg in die BI-Welt. Es können erste Erfahrungen mit der Software gesammelt werden, um somit den Nutzen der Software besser einschätzen zu können. Außerdem können durch den Einsatz solcher Open-Source-Lösungen auch skeptische Benutzergruppen unverbindlich an das Thema herangeführt werden und im Idealfall überzeugt werden.

3 Aufbau und Organisation der öffentlichen Verwaltung

Nachdem in Kapitel 2 der Bereich des Business Intelligence näher erläutert wurde, wird in diesem Kapitel die öffentliche Verwaltung näher betrachtet. Wie bereits in der Einleitung verdeutlicht, wird für diese Arbeit davon ausgegangen, dass der Begriff „öffentliche Verwaltung“ vereinfacht als die Verwaltungen auf kommunaler Ebene angesehen wird. Um zu verdeutlichen, wie das Jugendamt in der kommunalen Verwaltung eingegliedert ist, wird der Aufbau des kommunalen sowie des gesamtdeutschen Verwaltungsapparates näher erläutert. Für diese Arbeit wird nur auf die Jugendämter in Landkreisen und kreisfreien Städten im nördlichen Niedersachsen eingegangen. Somit liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Betrachtung der Verwaltung auf kommunaler Ebene (siehe Kapitel 3.1). Der Bereich des Business Intelligence ist ein wesentliches Unterstützungssystem für das Management und alle Entscheider. Aus diesem Grund wird in Kapitel 3.3 der Bereich des Public Management näher erläutert, um zu verdeutlichen, wie das Management im öffentlichen Sektor aufgebaut ist. Abschließend erfolgt in Kapitel 3.4 die Darstellung des Jugendamtes. Hierzu gehören die geschichtliche Entwicklung sowie die aktuelle gesellschaftliche Bedeutung des Jugendamtes. In Punkt 3.4.3 werden noch die aktuellen Herausforderungen sowie die steigende Komplexität der Jugendhilfe näher erläutert.

3.1 Struktureller Aufbau des öffentlichen Sektors

Der Aufbau der deutschen Verwaltung ist klar gegliedert. Der Staat besteht aus insgesamt drei Verwaltungsebenen. Oberste Verwaltungsebene ist die Bundesverwaltung. Hierzu zählen alle Bundesbehörden, wie z. B. die Bundespolizei oder das Kraftfahrtbundesamt. Die nächste Ebene sind die 16 Landesverwaltungen. Hierbei handelt es sich z. B. um die Finanzverwaltung der Länder oder Hochschulen. Die unterste Ebene besteht aus den zahlreichen Kommunalverwaltungen. Dies sind die Verwaltungen, mit denen die Bürger am häufigsten zu tun haben, z. B. die allgemeine Verwaltung in den Gemeinden und Städten.20

3.2 Die Kommunalverwaltung

Da Jugendämter ein Teil der klassischen Kommunalverwaltung sind, wird die Kommunalverwaltung in diesem Abschnitt näher erläutert. Dazu werden als erstes deren Funktionen und Aufgaben betrachtet, um die Handlungsgrundlagen der Kommunalverwaltung besser kennenzulernen. Der zweite Teil ist die Beschreibung des strukturellen Aufbaus einer klassischen Kommunalverwaltung. Abschließend wird noch der wirtschaftliche Aufbau einer Kommunalverwaltung näher erläutert.

3.2.1 Funktionen und Aufgaben

Welche Bedeutung die kommunalen Verwaltungen in der Grundstruktur des Staates haben, wird im Grundgesetzt geregelt. Maßgeblich hierfür sind die Art. 20 und 28 GG. In Art. 20 GG geht es um die Gewaltenteilung, aus der sich drei unabhängige Gewalten ergeben. Die Judikative (Rechtsprechung), die Legislative (gesetzgebende Gewalt) und die Exekutive (vollziehende Gewalt). Darüber hinaus regelt Art. 28 GG den föderalen Staatsaufbau. Somit ist vorgesehen, dass der Staatsaufbau aus zwei unabhängigen staatlichen Ebenen besteht. Beim Föderalismus verfügen einzelne Glieder (die Bundesländer) über eine gewisse Eigenständigkeit und einen staatlichen Charakter. Jedoch sind die einzelnen Glieder zu einem Gesamtstaat (dem Bund) zusammengeschlossen.21

Der Art. 28 GG führt dazu, das den Kommunen eine gewisse Selbstverwaltung ermöglicht wird. Diese kommunale Selbstverwaltung ermöglicht den Städten, Gemeinden, Samtgemeinden und Landkreisen einen gewissen Handlungsspielraum. Die Grundlagen für die Kommunen sind die Gesetze und Entscheidungen, die Bundestag und Landesparlamente (Legislative) beschließen. Aus der Verabschiedung solcher Entscheidungen gehen auf kommunaler Ebene meistens neue Aufgaben hervor, bzw. bestehende Aufgaben ändern sich oder werden erweitert. Die Arbeit der Kommunen spiegelt also das Fundament des Staates wider, da diese für die Einhaltung der Gesetze verantwortlich sind. Darüber hinaus erfolgt auch eine Zuweisung von Finanzmitteln durch den Bund und die Länder an die Kommunen, sodass die Kommunen in der Lage sind, die entstehenden Aufgaben auszuführen. Jedoch werden diese Finanzmittel überwiegend für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises angewiesen. Im Rahmen der Selbstverwaltung können die Kommunen auch freiwillige Aufgaben (z. B. Erstellung von Freizeitangeboten) wahrnehmen, sofern es finanziell noch möglich ist.22

3.2.2 Struktureller Aufbau

Die Aufgaben der Kommunalverwaltung sind sehr zahlreich. Aus diesem Grund entwickelte die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) 1979 einen Musterverwaltungsgliederungsplan. Dieser Plan umfasst insgesamt 45 Aufgabenfelder, die als Ämter bezeichnet werden. Als Bürger hat man i. d. R. mit diesen Ämtern zu tun. Die Ämter übernehmen somit die Aufgaben der Kommunalverwaltung und führen diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten aus. Aus organisatorischen Gründen sind die einzelnen Ämter noch in übergeordnete Einzelverwaltungen eingruppiert. Der Musterverwaltungsgliederungsplan sieht acht solcher Einzelverwaltungen vor.23

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In den 1990er Jahren kam es, aufgrund der Diskussion über die Modernisierung der Verwaltung, zu einer Optimierung des ursprünglichen Verwaltungsgliederungsplanes. Der Fokus soll nun auf dem Output der Verwaltung liegen, also den Ergebnissen und Dienstleistungen, die diese erbringt. Diese Ergebnisse und Dienstleistungen werden Produkte genannt. Wichtig hierfür ist die Frage, welche Mittel für diese Produkte gebraucht werden. Zu diesem Zweck wurde von der KGSt der Muster-Produktplan für Städte und Gemeinden entwickelt (Abb. 1-3). Eine weitere Veränderung war die Erweiterung der Ressourcenverantwortung in den einzelnen Fachbereichen. Das hatte zur Folge, dass die Fachbereiche eine erhöhte Kompetenz bei organisatorischen, finanziellen und personellen Entscheidungen erhalten sollen. Die Fachbereiche werden in dem neuen KGSt-Produktplan als Produktbereiche bezeichnet, die wiederum zu Produktgruppen zusammengefasst sind.24

3.2.3 Wirtschaftlicher Aufbau

Der wirtschaftliche Aufbau von Kommunen hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Es wurden zunehmend Einflüsse aus der Privatwirtschaft zugelassen. Eine wesentliche Erweiterung war die Einführung des Neuen kommunalen Rechnungswesens (NKR) am 01.01.2006, auch als Doppik bekannt. Vor Einführung des NKR wurde nach den Vorschriften der kameralistischen Buchführung gearbeitet. Die Kameralistik ist ein einfaches Buchungssystem, welches ausschließlich Einnahmen und Ausgaben bucht. Somit bestand bei dieser Methode das Problem, dass der Ressourcenverbrauch völlig außer Acht gelassen wurde. Unter Ressourcen sind finanzrelevante Aufwendungen von Finanz-, Sach- und Personalmitteln zu verstehen. Dies führte dazu, dass die angestrebte generationengerechte Haushaltspolitik nicht konsequent und belegbar verfolgt wurde. Eine solche Haushaltspolitik hat das Ziel, dass die Gesamtheit des Ressourcenverbrauchs durch die Summe der Erträge gedeckt ist, sodass die nachfolgenden Generationen nicht durch die finanziellen Versäumnisse der alten Generation belastet werden. Ein weiteres Problem der Kameralistik ist die fehlende Berücksichtigung von Rückstellungen, wie z. B. Pensionsrückstellungen.25

Die genannten Problematiken der Kameralistik führten dazu, dass Mitte der 1990er Jahre ein Umdenken bei der betriebswirtschaftlichen Ausrichtung der Kommunen angestoßen wurde. Im Rahmen dieses Umdenkens wurde es Kommunen von Rechtswegen gestattet, neue Modelle für die Weiterentwicklung bzw. Abschaffung der klassischen Kameralistik zu testen. Anfang 2006 erfolgte dann die verbindliche Einführung des NKR in Niedersachsen. Das NKR basiert auf der doppelten Buchführung, sodass es starke Ähnlichkeit mit der Buchführung der Privatwirtschaft hat.26

Wesentliche Komponenten des neuen NKR sind die Ergebnisrechnung, die Vermögensrechnung und die Finanzrechnung. Da der Fokus einer Kommunalverwaltung nicht auf der Erwirtschaftung von Gewinn oder Verlust liegt, wird dieser erste wichtige Teil als Ergebnisrechnung bezeichnet. Bei der Ergebnisrechnung geht es um die verursachungsgerechte Betrachtung von Aufwendungen und Erträgen im Laufe einer Periode. Die Ergebnisrechnung ermöglicht es den Kommunen, beim Jahresabschluss alle Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser) in den Jahresabschluss mit einzubeziehen, sodass ein großer Gesamtjahresabschluss möglich ist. Zweiter Teil des NKR ist die Vermögensrechnung. Während in der Privatwirtschaft bereits seit Langem vorgeschrieben ist, dass jährlich in der Bilanz eine Aufstellung des Vermögens und der Schulden dargestellt werden muss, war dies zwar auch in abgeschwächter Form bei kommunalen Verwaltungen vorgeschrieben, jedoch wurde dies nicht vollumfänglich umgesetzt. Somit ermöglicht die Vermögensrechnung einen vollständigen Überblick über Vermögen und Schulden des öffentlichen Trägers. Letzter Bestandteil des NKR ist die Finanzrechnung. Aufgabe der Finanzrechnung ist die Darstellung von Zahlungsströmen der Kommune innerhalb eines Jahres. Außerdem ermöglicht die Finanzrechnung eine Aufgliederung der Finanzströme nach unterschiedlichen Bereichen. Es besteht somit eine Ähnlichkeit zur Kapitalflussrechnung aus der Privatwirtschaft.27

Damit die Umsetzung des NKR möglichst optimal verläuft, empfiehlt sich die Implementierung eines Controllings. Genau wie in der Privatwirtschaft hat auch das Controlling in einer öffentlichen Verwaltung die Aufgaben der Planung, Steuerung, Kontrolle und der Einleitung von Gegensteuerungsmaßnahmen, falls diese gebraucht werden. Das Controlling kann dabei sowohl eine zentrale Abteilung innerhalb der Kommunalverwaltung sein als auch Bestandteil eines einzelnen Fachbereiches, z. B. dem Jugendamt. Innerhalb des Fachbereiches kann das Controlling sowohl als Stabstelle der Abteilungsleitung als auch als eigenständiger Bereich fungieren. Die Eingliederung des Controllings ist abhängig von der Größe der jeweiligen Kommune. Die Hauptaufgabe ist jedoch immer die Unterstützung der Führungsebene mit Informationen zur gezielteren Steuerung der jeweiligen Abteilung. Das Controlling kann dabei sowohl auf der strategischen (langfristigen) als auch auf der operativen (kurzfristigen) Ebene arbeiten. Unter den Aufgaben des operativen Controllings könnte man z. B. die jährliche Haushaltsplanung wiederfinden. Beim strategischen Controlling wäre z. B. die Definition eines Leitbildes für die langfristige Entwicklung des Fachbereiches eine wichtige Aufgabe. Für ein erfolgreiches Controlling bedarf es der Definition von Zielen sowohl auf finanzwirtschaftlicher Ebene als auch auf Leistungsebene. Sollten noch keine Ziele definiert worden sein, hat das Controlling die Aufgabe, die Definition von Zielen anzuregen und bei Bedarf die Entscheider methodisch zu unterstützen. Die Ziele sollten in jedem Fall nach dem SMART Prinzip definiert worden sein, damit sie für das Controlling verwendet werden können. SMART steht dabei für spezifische, messbare, aktiv beeinflussbare, realisierbare und terminierte Ziele. Ein Controlling baut seine Ziele dabei meist auf der Erreichung bestimmter Kennzahlen auf. Diese Kennzahlen sollten im Vorfeld sorgfältig ausgewählt werden, um eine Überflutung mit unwichtigen Kennzahlen zu vermeiden. Darüber hinaus besteht dann die Möglichkeit, Kennzahlen zu vergleichen und daraus weitere Erkenntnisse zu gewinnen, z. B. durch den Vergleich mit anderen Kommunen. Das wichtigste Instrument für das Controlling ist das Berichtswesen. Ziel des Berichtswesens ist es, das gewonnene Wissen anschaulich zu machen und an die jeweiligen Leitungsebenen zu verteilen. Dabei gibt es eine Vielzahl von Wegen, ein solches Berichtswesen zu betreiben. Wie bereits in Kapitel 2 beschrieben, kann durch Business Intelligence ein solches Berichtswesen aufgebaut werden.28

3.3 Management in Kommunalverwaltungen

Grundlage für die Entscheidungsfreiheit der Kommunen bei öffentlichen Angelegenheiten ist die kommunale Selbstverwaltung, die in Art. 28 GG geregelt wird. Die hierarchische Struktur in öffentlichen Verwaltungen ist klar gegliedert. Je nach Größe können Kommunalverwaltungen einen zwei- bzw. einen dreistufigen Aufbau besitzen. An oberster Stelle steht die Verwaltungsleitung, diese kann z. B. ein Bürgermeister/Oberbürgermeister bzw. in Landkreisen ein Landrat sein. Wie bereits beschrieben, kann sich der Aufbau der Leitungsebenen unterscheiden, je nachdem welche Größe die Kommunen haben. Bei einem dreistufigen Aufbau steht unter der Ebene der Verwaltungsleitung die Dezernatsebene. Beim zweistufigen Aufbau in kleineren Kommunen entfällt die Dezernats-Ebene. Die Dezernenten tragen über eine oder mehrere Produktgruppen die Verantwortung. Die einzelnen Ämter, zu denen u. a. auch das Jugendamt gehört, verfügen über eine eigene Leitungsebene. Je nach Größe der Ämter können diese dann nochmal in einzelne Bereiche unterteilt werden. Die einzelnen Leitungsebenen verfügen über verschiedene Entscheidungskompetenzen. Bei wichtigen Entscheidungen muss darüber hinaus der Stadt- bzw. Gemeinderat entscheiden. Dieser wird durch das Volk gewählt und vertritt somit das Interesse des Volkes. Bei solchen wichtigen Entscheidungen hat die Verwaltungsleitung die Aufgabe, diese Entscheidungen entsprechend vorzubereiten, um diese dann zu präsentieren und im Idealfall die Mehrheit für die Umsetzung zu bekommen. Als Beispiel sei an dieser Stelle der Beschluss der Haushaltssatzung für das kommende Jahr genannt.29

Dieser hierarchische Aufbau verdeutlicht die Starrheit dieses Systems und dem damit verbundenen Management. Im Laufe der 1980er/1990er Jahre wurde immer deutlicher, dass der interne Aufbau von öffentlichen Verwaltungen eine effiziente und effektive Arbeitsweise nicht gewährleisten kann. Im Gegensatz zur Privatwirtschaft zeichnen sich öffentliche Verwaltungen bis dato durch folgende Eigenschaften aus:

- Input-Orientierung
- starrer hierarchischer Aufbau
- hohe Komplexität der Prozesse
- hohe Kontrolldichte
- keine/wenige Anreizsysteme für Beschäftigte
- klassische Verwaltungskultur30

Um diesem starren System entgegenzuwirken, entwickelte sich in den letzten Jahren der Public-Management-Ansatz. Beim Public Management handelt es sich um einen langfristigen Prozess, der nicht zum Ziel hat, betriebswirtschaftliche Vorgehensweisen eins zu eins auf die öffentliche Verwaltung zu übertragen. Vielmehr geht es um die optimale Verbindung von öffentlicher Verantwortung und Demokratie mit einem gesteigerten Kostenbewusstsein. Die Input-Orientierung soll sich durch den Public-Management-Ansatz in eine Output-Orientierung wandeln. Der Fokus der öffentlichen Verwaltung soll somit auf dem Produkt liegen (siehe Kapitel 3.2.2). Wesentlicher Bestandteil des Public Management ist eine Anpassung der internen Verwaltungsabläufe und Organisationsstrukturen unter Berücksichtigung von Verfahrensweisen des Managements aus der Privatwirtschaft.31

3.4 Das Jugendamt

Als einer von zahlreichen Fachbereichen ist das Jugendamt (u. a. auch als Amt für Kinder, Jugend und Familie bezeichnet) ein wesentlicher Bestandteil einer jeden Kommune. Im ersten Teil dieses Kapitels wird auf die geschichtliche Entwicklung des Jugendamtes kurz eingegangen. Anschließend erfolgt eine Erläuterung über das Ansehen des Jugendamtes in der Öffentlichkeit. Die Komplexität der Jugendhilfe hat in den letzten Jahren stark zugenommen und stellt die Kommunen vor immer neue Herausforderungen. Welche Auswirkungen die steigende Komplexität hat, wird im dritten Teil dieses Kapitels erläutert. Abschließend erfolgt dann die wirtschaftliche Betrachtung der Jugendhilfe.

3.4.1 Entwicklung des Jugendamtes

Die Ursprünge der Jugendhilfe waren bereits im 19. Jahrhundert zu erkennen. Unter den Bezeichnungen Kinderarmenpflege, Pflegekinderwesen, Vormundschaftswesen und Fürsorgeerziehung gab es zu dieser Zeit zahlreiche Aufgabefelder, die von verschiedenen Aufgabeträgern wahrgenommen wurden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts zeichnete sich ein Ende dieser Verteilung von Aufgaben ab. Es wurde immer mehr nach einer einheitlichen Koordinationsstelle verlangt, die sich um alle Belange der Jugendhilfe (Jugendfürsorge) kümmert. Des Weiteren wurde deutlich, dass man von einer nachträglich handelnden Vorgehensweise in eine vorbeugende und vorausschauende Handlungsweise umlenken musste. Darüber hinaus wurde auch die Bedeutung einer rechtlich einheitlichen Grundlage immer deutlicher. Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Stimmen nach eigenständigen Einrichtungen auf kommunaler Ebene immer lauter. Die ersten Jugendämter entstanden 1909-1910. Im Laufe des 1. Weltkrieges ging die Entwicklung der Jugendhilfe langsam voran. Nach dem 1. Weltkrieg war die Jugendhilfe jedoch immer noch nicht klar gegliedert, sowohl auf gesetzlicher als auf organisatorischer Ebene. Zu diesem Zweck wurde am 14.07.1922 das Reichsjugendwohlfahrtgesetzt (RJWG) verabschiedet, das eine einheitliche gesetzliche Grundlage schaffte und den Oberbegriff der Jugendhilfe vereinheitlichte. Im Laufe des Nationalsozialismus wurden die Rechte der Jugendämter an vielen Stellen deutlich gekürzt. Die meisten Aufgaben wurden zu dieser Zeit von der HJ und der NSV wahrgenommen. Nach Ende des 2. Weltkrieges wurden die Gesetze im Bereich der Jugendhilfe größtenteils wieder auf die ursprünglichen Gesetze, die vor dem 2. Weltkrieg Bestand hatten, umgeschrieben. Bis zum Fall der Mauer entwickelte sich der Bereich der Jugendhilfe in Ost- und Westdeutschland unterschiedlich. Nach der Vereinigung von Ost und West zeichnete sich ab, dass die neuen Bundesländer die gesetzliche Grundlage der westlichen Bundesländer übernehmen. Diese hatten am 28.06.1990 ein neues Gesetz zur Kinder- und Jugendhilfe beschlossen, welches am 01.01.1991 in Kraft getreten ist.

[...]


1 Vgl. Müller, R. M., Lenz H.-J. (2013); S. 3 f.

2 Vgl. Kemper, H.-G. , Mehanna, W., Unger, C. (2006); S. 1 f.

3 Vgl. Müller S., Keller, C. (2015); S. 6 f.

4 Vgl. Günzel, H., Bauer, A. (2004); S. 81.

5 Vgl. http://www.enzyklopaedie-der-wirtschaftsinformatik.de/wi-enzyklopaedie/lexikon/daten-wissen/Business-Intelligence/ETL, eingesehen am 25.02.2015, 18:45 Uhr.

6 Vgl. Vitt, E., Luckevich, M., Misner S. (2002); S. 42 f.

7 Vgl. Müller, R. M., Lenz H.-J. (2013); S. 121 f.

8 Vgl. Götze, U. (1991); S. 1 f.

9 Vgl. Müller, R. M. (2013); S. 150 f.

10 Vgl. Reichmann, T. (2011); S. 2 f.

11 Vgl. Müller, S., Keller C. (2015); S. 11 f.

12 Vgl. Haneke, U., Trahasch, S., Hagen, T., Lauer, T. (2010); S. 34 f.

13 Vgl. Müller, S., Keller, C. (2015); S. 13.

14 Vgl. Waniczek, M. (2009); S. 22 f.

15 Vgl. Totok, A. (2001); S. 55 ff.

16 Vgl. Günzel, H., Bauer, A. (2004); S. 97-109.

17 Vgl. Haneke, U., Trahasch, S., Hagen, T., Lauer, T. (2010); S. 47 ff.

18 Vgl. http://www.tecchannel.de/webtechnik/soa/2021946/kostenlose_open_source_ business_intelligence_tools_und_suiten/index2.html, eingesehen am 23.03.2015, 15:57Uhr.

19 http://www.jedox.com/community/palo-forum/ eingesehen am 15.04., 16:52Uhr

20 Vgl. Sturm, F., Forstner, S. (2010); S. 12 f.

21 Vgl. Hopp, H., Göbel, A. (2013); S. 2 f.

22 Vgl. Rose, J. (2013); S. 2 f.

23 Vgl. Hopp, H., Göbel, A. (2013); S. 4 f.

24 Vgl. Naßmacher, H./K.-H. (2007); S. 75 ff.

25 Vgl. http://www.haushaltssteuerung.de/lexikon-kameralistik-einfache.html eingesehen am 12.03.2015, 10:57 Uhr.

26 Vgl. Marettek, C., Hellenbrand, A., Detemple, P. (2009); S. 228.

27 Vgl. Brede, H. (2005); S. 198 f.

28 Vgl. Bals, H., Fischer, E. (2014); S. 213-223.

29 Vgl. http://www.bmi.bund.de/cae/servlet/contentblob/132454/publicationFile/ 13166/Der_oeffentliche_Dienst_in_Deutschland_Id_21754_de.pdf, eingesehen am 11.03.2015,13:08 Uhr.

30 Vgl. Zielinski, H. (2003); S. 14 ff.

31 Vgl. Zielinski, H. (2003); S. 17 ff.

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Einsatz der Business Intelligence in der öffentlichen Verwaltung. Jugendämter im nördlichen Niedersachsen
Hochschule
Hochschule Emden/Leer
Note
2,5
Jahr
2015
Seiten
53
Katalognummer
V301020
ISBN (eBook)
9783656978299
ISBN (Buch)
9783656978305
Dateigröße
2465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Business Intelligence, BI, Jugendamt, Controlling, Umfrage, Data Warehouse, öffentlicher Sektor, Open Source, Pentaho, Jedox, OLAP, Kennzahlen
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Einsatz der Business Intelligence in der öffentlichen Verwaltung. Jugendämter im nördlichen Niedersachsen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301020

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