Wir verstehen jeden Tag. Wir können etwas oder jemanden verstehen, können Kunst, Musik, Literatur oder einfach einen anderen Menschen verstehen - oder auch nicht. Es ist ersichtlich, dass das „Verstehen“ kein Prozess ist, der der Wissenschaft beziehungsweise der wissenschaftlichen Diskussion vorenthalten ist, sondern etwas zutiefst Menschliches und damit etwas zutiefst Alltägliches. Fast in jeder Lebenssituation konstituieren wir als Menschen uns als verstehende Wesen, auch wenn dies oftmals als Reflex stattfindet, der weder ins Bewusstsein rückt, noch willentlich unterdrückt werden kann. Verstehen findet immer statt. Selbst dann wenn wir meinen etwas nicht zu verstehen, scheint in dieser Feststellung schon etwas Verstandenes auf. Das Nicht-Verstehen ist also etwas Positives: das Fehlende, vergleichbar mit dem Phänomen das Heidegger anspricht, wenn er vom nicht zuhandenen Hammer schreibt, der erst im Fehlen bewusst wird. Versucht man das „Verstehen“, wenn auch „nur“ im alltäglichen Sinne, zu definieren, so wird man schnell zu der Erkenntnis kommen, dass dies nicht einfach ist. „Verstehen“ ist ein sehr vielschichtiger Begriff, der sich auf verschiedenen Ebenen menschlicher Kommunikation bewegt.
charakteristisch für diesen Akt ist eine geistige Leistung, die jedes symbolverwendende Wesen innerhalb einer sprachlichen Gemeinschaft vollzieht. Der Begriff der sprachlichen Gemeinschaft impliziert zweierlei: zum einen handelt es sich beim Verstehen meist um das Verstehen von Sprache, zum anderen weist der Begriff der Gemeinschaft daraufhin, dass sich das alltägliche Verstehen „unter den pragmatischen Vorzeichen eingespielter sozialer Praxis vollzieht“. Das Verstehen funktioniert hier wie von selbst, da einsozialisierte Deutungsroutinen gleichsam automatisch funktionieren. Wir versuchen stets unsere Umwelt durch Rückgriff auf Altes (im Idealfall schon Verstandenes) und Bekanntes zu verstehen und verschaffen uns damit selbst Sicherheit und Ordnung. Gadamer geht in stets kritischer Auseinandersetzung mit der Wissenschaft der Hermeneutik sogar davon aus, dass „Verstehen die Seinsweise des Daseins selbst sei, das alle Menschen verbindende Element, um die Welt zu begreifen und Erfahrungen zu teilen“. Sich an Gadamer orientierend schreibt Jean Grondin über das Verstehen treffend
„Das Verstehen ist weniger eine Erkenntnis als eine Erfahrung, die uns trägt und aus der wir zehren […].
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Verstehen aus fachwissenschaftlicher Perspektive
- „Verstehen“ in der Hermeneutik
- Die verschiedenen Ebenen des Verstehens
- Übergang zum fachdidaktischen Teil – Verstehen und Interpretieren
- Das Verstehen in der Literaturdidaktik
- Verstehenskompetenz
- Kompetenzmodelle des Textverstehens
- Die Trias Textreproduktion,-analyse,-interpretation
- Kognitionspsychologisches Modell
- Unterrichtsentwurf: „Das Verstehen verstehen“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem komplexen Begriff des Verstehens und untersucht dessen Bedeutung in unterschiedlichen Bereichen. Sie beleuchtet die Hermeneutik als zentrale Wissenschaft des Verstehens und analysiert die verschiedenen Ebenen des Verstehens, um anschließend den Übergang zum fachdidaktischen Teil zu gestalten.
- Die Hermeneutik als „Kunst, die Rede eines anderen richtig zu verstehen“
- Verschiedene Ebenen des sprachlichen Verstehens
- Der Zusammenhang zwischen „Verstehen“ und „Interpretieren“
- Verstehenskompetenzen in der Literaturdidaktik
- Ein Unterrichtsentwurf, der das Verstehen als Prozess bewusst machen soll
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Teil der Arbeit wird ein Überblick über die Hermeneutik als zentrale Wissenschaft des Verstehens gegeben. Es werden die verschiedenen Ebenen des sprachlichen Verstehens beleuchtet, um den Zusammenhang zwischen „Verstehen“ und „Interpretieren“ aufzuzeigen. Im zweiten Teil wird das Verstehen in der Literaturdidaktik und in den Kompetenzen des Bildungsplans behandelt. Zwei Kompetenzmodelle zum Textverstehen werden vorgestellt, bevor ein Unterrichtsentwurf präsentiert wird, der den Schülerinnen und Schülern den Prozess des Verstehens bewusst machen soll.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie Hermeneutik, Verstehen, Interpretation, Sprachverstehen, Lebensäußerungen, Kompetenzmodelle, Textverstehen und Unterrichtsentwurf.
- Arbeit zitieren
- Fabian Fitz (Autor:in), 2013, Das Verstehen verstehen. Ein Überblick mit Unterrichtsentwurf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301163