Grundsätze und Probleme der erstmaligen Anwendung der IFRS


Seminararbeit, 2003

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Notwendigkeit der Umstellung

2 Aktuelle Vorschriften und Methoden der Internationalisierung
2.1 Internationalisierungsstrategien des HGB-Abschlusses
2.2 Vorgehensweise bei der Umstellung
2.2.1 einzelner IAS
2.2.2 Des gesamten Jahresabschluss
2.2.2.1 anzuwendende Standards und Interpretationen
2.2.2.2 retrospektive Anwendung
2.2.2.3 Übergangsbestimmungen und kumulierte Auswirkungen
2.2.2.4 Vergleichsinformationen und Angabepflichten im Anhang
2.3 Probleme bei der Anwendung und ungeregelte Sachverhalte

3 Zukünftige Methoden der Internationalisierung
3.1 Gründe der Entwicklung und Anwendungsbereich des ED1
3.2 Ansatz und Bewertung
3.2.1 Eröffnungsbilanz und Grundregel der Überleitung
3.2.2 Befreiung von der retrospektiven Anwendung
3.2.2.1 Verbot der retrospektiven Umstellung
3.2.2.2 Befreiungsvorschriften bei hohen Kosten und Arbeitsaufwand
3.2.3 Verzicht auf die Anwendung der Befreiungsvorschriften
3.3 Wertaufholungen und Anhangangaben
3.4 Zeitlicher Ablauf und Implementierung in der Praxis

4 Kritische Würdigung der neuen Regel
4.1 Verbesserung des ED1 und Kritik
4.2 offene Fragen

5 Schlussbetrachtung

Materialienverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Notwendigkeit der Umstellung

In den letzten Jahren haben internationale Rechnungslegungsvorschriften zunehmend Eingang in die Bilanzierung und Bewertung deutscher Unternehmen gefunden. Der Anwendung liegen dabei unterschiedliche Motive zugrunde. Die Finanz- und Kapitalmarktteilnehmer erwarten transparente und international vergleichbare Unternehmensdaten. Der Kapitalbedarf global tätiger Unternehmen erfordert die Inanspruchnahme internationaler Finanzmärkte. Mit der Wahl bestimmter Börsenplätze lässt sich eine Internationalisierung der Rechnungslegung nicht vermeiden. Seit Gründung des neuen Marktes im März 1997 wurde erstmals in Deutschland eine Anwendung der „International Financial Reporting Standards“[1] oder US-GAAP für einen Teil der börsennotierten Unternehmen in Deutschland Pflicht.[2] Weitere Wechsel zu internationalen Vorschriften waren in den Börsensegmenten DAX und MDAX zu beobachten. Seit 1.1.2002 sind nunmehr auch die Unternehmen des SMAX zur Anwendung internationaler Vorschriften verpflichtet.

Um der Skepsis ausländischer Investoren gegenüber HGB Abschlüssen zu begegnen, wurde 1998 die Öffnungsklausel § 292a HGB verabschiedet. Dadurch ist für deutsche börsennotierte Konzernmutterunternehmen eine Bilanzierung nach internationalen Normen möglich und mittlerweile auch gängige Praxis.[3] Eine Ausweitung dieser Regelungen durch das KapCoRiLiG im Jahr 2000 ermöglicht Unternehmen eine internationale Bilanzierung, ohne selbst börsennotiert zu sein.[4]

Mit der Zustimmung des Ministerrates der EU am 07.06.2002 sind alle kapitalmarktorientierten Unternehmen ab 01.01.2005 verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse nach den IFRS aufzustellen. Es handelt sich dabei um Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaates der EU unterliegen und deren Wertpapiere zum Handel in einem geregelten Markt zugelassen sind.[5] Ein Wahlrecht für die einzelnen Mitgliedstaaten der EU existiert bezüglich Unternehmen, deren Wertpapiere in einem Markt außerhalb der EU gehandelt werden und die ihren Abschluss nach einer anderen international anerkannten Norm, wie US-GAAP aufstellen. Für sie kann eine Übergangsfrist bis zum 01.01.2007 geschaffen werden. Diese gilt aber nicht für Unternehmen, die in der EU gelistet sind, aber bisher freiwillig nach US-GAAP bilanzieren.[6] Weiterhin kann eine Übergangsfrist für jene Unternehmen geschaffen werden, von denen lediglich Schuldverschreibungen zum Handel am geregelten Markt eines EU-Mitgliedstaates zugelassen sind.[7]

Um eine schnelle Harmonisierung der Rechnungslegung in Europa zu erreichen wurde erstmals auf diesem Gebiet in Form einer Verordnung die Anwendung der IFRS vorgeschrieben. Es handelt sich also um direkt geltendes Recht, welches keiner Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten bedarf.[8] Wahlrechte wurden den Staaten dagegen bezüglich der nicht-kapitalmarktorientierten Unternehmen und bei Einzelabschlüssen eingeräumt. Auch wenn in Deutschland eine zwingende Anwendung der IFRS bei Einzelabschlüssen als unwahrscheinlich angesehen werden kann, sollten beispielsweise auch mittelständische Unternehmen über die (freiwillige) Änderung ihrer Bilanzierungsmethode nachdenken um einem Anstieg der Fremdkapitalkosten entgegen zu wirken.[9] Die insgesamt realistischere Abbildung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage trägt dabei zur Stärkung der Verhandlungsposition gegenüber Investoren und Kreditinstituten bei. Insbesondere vor dem Hintergrund von Basel II und der Verschärfung der Bonitätsbeurteilung der Kreditnehmer dürfte dies künftig von steigendem Interesse sein[10]. Aufgrund der genannten Globalisierungstendenzen und gesetzlichen Bestimmungen sehen sich viele Unternehmen heutzutage gezwungen ihre Rechnungslegung von HGB auf internationale Rechnungslegungsnormen, also IAS/IFRS zu transformieren. Im Moment wird dieser Übergang noch von der Interpretation SIC-8 geregelt. Bis voraussichtlich Mitte des Jahres 2003 wird dann ein eigener Standard zu diesem Thema verabschiedet worden sein.

2 Aktuelle Vorschriften und Methoden der Internationalisierung

2.1 Internationalisierungsstrategien des HGB-Abschlusses

Hat ein Unternehmen sich entschieden seine Rechnungslegung international anzugleichen, existieren vier Alternativen einer Überleitung nach IFRS. Der Zweitabschluss ist eine Möglichkeit, welche jedes Unternehmen uneingeschränkt wahrnehmen kann. Die Aufstellung ist jedoch aufgrund der Kosten für die zweigleisige Rechnungslegung langfristig als unakzeptabel anzusehen.[11] Die Idee des dualen Konzernabschluss besteht darin, den HGB-Abschluss durch die Ausnutzung von Wahlrechten weitgehend an die IFRS-Vorschriften anzupassen. Bei gewissen Bilanzposten stehen der Realisierbarkeit aber zahlreiche Sachverhalte entgegen.[12] Die dritte Option ist die Aufstellung eines HGB-Abschlusses und darauf aufbauend eine Überleitung zum IFRS-Abschluss. Durch die Erstellung einer Überleitungsrechnung werden für alle Bilanz- und GuV-Positionen die betragsmäßigen Effekte aus der Anwendung der jeweils anderen Rechnungslegungsnorm, dargestellt und erläutert. Zwar verursacht diese Methode bedeutend weniger Aufwand, doch kann sie bei den Bilanzadressaten leicht zu Verwirrungen führen.[13] Seit Inkrafttreten des § 292a HGB können börsennotierte Unternehmen einen befreienden Konzernabschluss aufstellen. Die Anforderungen des HGB entfallen. Der Jahresabschluss wird somit ausschließlich nach den IFRS-Vorschriften aufgestellt.

2.2 Vorgehensweise bei der Umstellung

2.2.1 einzelner IAS

Die erstmalige Anwendung einzelner IFRS wird allgemein in IAS 8 geregelt. Enthält ein erstmalig anzuwendender IFRS spezifische Übergangsbestimmungen, sind diese vorrangig zu beachten.[14] Sie können in Abweichung zu IAS 8 vorsehen, dass die neu anzuwendenden Rechnungslegungsmethoden nur prospektiv, d.h. für die aktuelle und alle zukünftigen Berichtsperioden zu berücksichtigen sind. Enthält ein erstmalig anzuwendender IFRS keine Übergangsvorschriften, sind die Auswirkungen grundsätzlich retrospektiv zu berücksichtigen.[15] Von dieser Vorschrift darf in Ausnahmefällen abgewichen werden, wenn der daraus resultierende Anpassungsbetrag nicht mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden kann.

2.2.2 Des gesamten Jahresabschluss

2.2.2.1 anzuwendende Standards und Interpretationen

Die IAS/IFRS-Standards enthalten keine expliziten Vorschriften für die erstmalige Erstellung eines kompletten IFRS-Abschlusses. Lediglich in IAS 1.11 ist allgemeinverbindlich geregelt, dass dabei alle IASB-Vorschriften beachtet werden müssen. Nur dann darf der Abschluss als mit den IFRS übereinstimmend bezeichnet werden.[16] Neben den für einzelne IFRS zu beachtenden Übergangsbestimmungen ist die Interpretation SIC-8 die vorrangige Regelungsgrundlage für die Aufstellung des ersten IFRS-Abschlusses. Demnach ist für die erstmalige Erstellung eines eigenständigen IFRS-Abschlusses eine IFRS-Eröffnungsbilanz einschließlich aller Vergleichszahlen auf den Beginn des betreffenden Geschäftsjahres aufzustellen. SIC-8 bezieht sich dabei ausdrücklich auf IAS 1.11. Entgegen verschiedener Literaturmeinungen ist IAS 8 also nicht auf die erstmalige Aufstellung eines IFRS-Abschlusses übertragbar. IAS 8 geht von der gänzlich anderen Situation aus, dass das bilanzierende Unternehmen bereits in Vorjahren einen IFRS-Abschluss erstellt hat.[17]

2.2.2.2 retrospektive Anwendung

Nach SIC-8.3 ist bei der erstmaligen Aufstellung eines IFRS-Abschlusses so zu verfahren, als sei schon immer nach IFRS bilanziert worden. Die in der Periode der erstmaligen Anwendung geltenden Standards und Interpretationen sind rückwirkend anzuwenden. Dies führt aber nicht dazu, dass in früheren Berichtsperioden erstellte Abschlüsse geändert oder erneut offengelegt werden müssen. Von der retrospektiven Anwendung ausgenommen sind einzelne Standards, die eine andere Übergangsbehandlung verlangen. Dies betrifft beispielsweise die erstmalige Anwendung des IAS 19 für Berichtsperioden, die am oder nach dem 1.1.1999 beginnen, wonach bei der Verteilung erkannten Aufwands aus Pensionsverpflichtungen eine 5jährige Übergangsfrist gilt.[18]

Weiterhin muss auf die retrospektive Anwendung verzichtet werden, wenn der Anpassungsbetrag aus früheren Perioden nicht verlässlich ermittelt werden kann.[19] Dies ist einerseits bei objektiver Unmöglichkeit der Fall, wenn etwa aufgrund des Ablaufs der Aufbewahrungsfristen keine Aufzeichnungen mehr vorhanden sind, andererseits aber auch, falls der Anpassungsbetrag nicht mehr mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden kann. In diesen Fällen ist prospektiv umzustellen.[20] Die Vorschrift ist eng auszulegen und auf Ausnahmefälle zu beschränken.[21] Die retrospektive Anpassung ist demzufolge so lange vorzunehmen, wie noch mit vertretbarem Aufwand hinreichend genaue Schätzungen der Auswirkungen auf die Abschlüsse vergangener Perioden möglich sind. Falls nur einzelne IFRS und Interpretationen nicht retrospektiv anwendbar sind, schließt das eine rückwirkende Anwendung der anderen IFRS nicht aus. Die Möglichkeit des Verzichts aufgrund mangelnder Wesentlichkeit der Auswirkungen folgt direkt aus der Einführung zu SIC-8. Damit jedoch eine Berufung auf die Unwesentlichkeit möglich ist, müssen die Auswirkungen der Änderungen durch eine vorherige grobe Schätzung ermittelt werden. SIC-8 enthält keine explizite Aussage darüber, wie viele vergangene Berichtsperioden retrospektiv anzupassen sind. Der zu berücksichtigende Zeitraum ist nicht auf die im Abschluss dargestellten Vorperioden zu beschränken.[22] Einzig aus den in SIC-8.3 genannten Gründen ist eine Beschränkung abzuleiten.

2.2.2.3 Übergangsbestimmungen und kumulierte Auswirkungen

Unabhängig von ihrem Inhalt sind die in den IFRS enthaltenen Übergangsbestimmungen gem. SIC-8.6 bei der erstmaligen Aufstellung eines IFRS-Abschlusses nur in den Perioden anzuwenden, die zu dem in den entsprechenden Standard vorgeschriebenen Zeitpunkt enden.[23] Solange die IFRS dabei nicht innerhalb der spezifischen Überleitungsbestimmungen einen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Standards als der „vorgeschriebene Zeitpunkt“ heranziehen. Die Ausübung eingeräumter Wahlrechte im erstmaligen Abschluss ist unabhängig von der bisherigen Bilanzierung möglich.[24] Die Ausübung der Wahlrechte bindet das Unternehmen jedoch an die retrospektive Anpassung.[25] Unternehmen, die vor der erstmaligen Anwendung aller IFRS bereits einzelne IFRS berücksichtigt haben, ohne dass die Vorraussetzungen des IAS 1.11 erfüllt wurden, können sowohl im erstmaligen Abschluss als auch in allen anzupassenden Perioden die gewährten Wahlrechte, unabhängig von deren Berücksichtigung in den vorhergehenden Abschlüssen, neu ausüben. Dies folgt aus der Tatsache, dass die nationalen Standards bei Nichterfüllung des IAS 1.11 als primäre Grundlage gesehen werden. Die rückwirkende Neuausübung der Wahlrechte stellt damit keine Verletzung der geforderten Stetigkeit dar. Zudem war die Wahlrechtsausübung vorher möglicherweise von anderen Motiven geprägt, z.B. der Einhaltung nationaler Vorschriften, so dass die Neuausübung der Wahlrechte in diesem Fall sinnvoll sein kann.

[...]


[1] Bis 2001 als „IAS“ bezeichnet

[2] Vgl. Küting/Zwirner (2002), S.785

[3] §292a HGB tritt am 31.12.2004 außer Kraft und ist letztmals auf das Geschäftsjahr anzuwenden, das spätestens am 31.12.2004 endet.

[4] Vgl. Küting/Zwirner (2002), S.785

[5] i.S.d. Artikel 1 Absatz 13 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie

[6] bis 2005 möglich, z.B. für Unternehmen am Neuen Markt, aufgrund § 292a HGB

[7] Vgl. Brücks (2002), S.166

[8] Vgl. Grünberger/Grünberger II (2002), S.605

[9] Vgl. Reuter (2003), S.172

[10] Vgl. Marten/Schlereth/Crampton (2002), S.2012

[11] vgl. Tschesche (2000), S.59

[12] vgl. Küting/Dürr/Zwirner (2002), S.7

[13] vgl. Tschesche (2000), S.62

[14] Vgl. IAS 8.46

[15] Vgl. Adler/Düring/Schmalz (XXXX)

[16] Vgl. Baetge/Kirsch/Wollmert (2002), S.3

[17] Vgl. IDW

[18] Vgl. Baetge/Kirsch/Wollmert (2002), S.5

[19] Vgl. Adler/Düring/Schmalz (1997), S.16

[20] Vgl. Theile (2002), S.1791

[21] Vgl. Baetge/Kirsch/Wollmert (2002), S.6

[22] Vgl. Adler/Düring/Schmalz (1997), S.17

[23] Vgl. SIC-8.6

[24] Vgl. SIC-8.12

[25] Vgl. SIC-8.13

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Grundsätze und Probleme der erstmaligen Anwendung der IFRS
Hochschule
Technische Universität Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
24
Katalognummer
V30185
ISBN (eBook)
9783638315043
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grundsätze, Probleme, Anwendung, IFRS
Arbeit zitieren
Therese Schwabe (Autor:in), 2003, Grundsätze und Probleme der erstmaligen Anwendung der IFRS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30185

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