In seiner „deutschen Philosophie“2, der Utopie vom „Untergang des Abendlandes“ spiegelt sich bei Oswald Spengler eine als allgegenwärtig empfundene Unsicherheit und Sinnleere wider, die er in der mechanischen, „seelenlosen“ Zivilisation der Gegenwart begründet sieht3. Zentrum dieser "Seelenlosigkeit" ist die Weltstadt, die der „organisch gewachsenen Provinz“ das Leben aussaugt. „Der Untergang des Abendlandes“, erstmals erschienen 1918, spiegelt in vielen Bereichen eine Unsicherheit wider, die für die Menschen der Weimarer Republik allgegenwärtig war.
Das schon um die Jahrhundertwende mit der zunehmenden Entmythisierung der Welt durch die Naturwissenschaften von Vertretern der jungen Avantgarde als Aufbruch in die Moderne empfundene veränderte Menschen- und Weltbild4 ruft unter Zeitgenossen große Verunsicherung und Skepsis hervor. Die u.a. von Bloch proklamierte „Krise des Ich“5 scheint sich weiter fortzusetzen, insbesondere auf die Großstadt mit ihren vielfältigen Umweltreizen und -forderungen kann das „Individuum“ scheinbar nur noch reagieren, auch in der – nicht mehr nur industriellen – Arbeitswelt stellt der Einzelne nichts als eine Funktion dar. Dem klassischen Ideal der selbstbestimmten Persönlichkeit scheint kein Raum mehr gelassen in einer Massenkultur.6
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2 Spengler: Der Untergang des Abendlandes, S.IX
3 Spengler: Der Untergang des Abendlandes, ab Kap. VI
4 Leiß/Stadler: Deutsche Literaturgeschichte, S.5
5 Ebd., S.28
6 Ebd., S.29
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Provinz versus Metropole - Anti-Moderne und Anti-Urbanismus
- Mensch und Metropole im Programm der Neuen Sachlichkeit
- Urbane Ästhetik
- Roman-Typen und die Metropole
- Das „Girl“ und die „Neue Frau“ am Beispiel Irmgard Keuns
- Urbane Kinderliteratur am Beispiel Erich Kästners
- Der Angestellte im Roman am Beispiel Hans Falladas
- Hauptrolle: Großstadt am Beispiel Alfred Döblins
- Ergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle der Großstadt im Roman der Neuen Sachlichkeit. Im Fokus stehen die Auswirkungen der Urbanisierung auf die menschliche Psyche und die ästhetischen Strategien der Autoren, die sich mit dem Phänomen der Metropole auseinandersetzen.
- Die Gegenüberstellung von Provinz und Metropole als Symbol für den Wandel von der Tradition zur Moderne
- Die Darstellung des Großstadtlebens in verschiedenen Roman-Typen
- Die ästhetischen Prinzipien der Neuen Sachlichkeit im Kontext der urbanen Umwelt
- Die Auswirkungen der Großstadt auf die menschliche Identität und das Selbstverständnis
- Die Rolle der Großstadt als Handlungsort und Schauplatz von literarischen Ereignissen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung beleuchtet die gesellschaftliche und kulturelle Situation der Weimarer Republik. Sie thematisiert die Unsicherheit und Sinnleere, die mit der zunehmenden Urbanisierung und der mechanischen Zivilisation einhergehen. Die Großstadt, insbesondere Berlin, wird als Zentrum der Avantgarde und gleichzeitig als Symbol für die „Seelenlosigkeit“ der Moderne dargestellt.
Provinz versus Metropole - Anti-Moderne und Anti-Urbanismus
In diesem Kapitel wird die Gegenüberstellung von Provinz und Metropole im Kontext der Weimarer Republik analysiert. Es werden die kritischen Stimmen gegen die Großstadt und die Romantisierung der Provinz vorgestellt, die in der Anti-Moderne und dem Anti-Urbanismus Ausdruck finden.
Mensch und Metropole im Programm der Neuen Sachlichkeit
Dieses Kapitel beleuchtet die ästhetischen Prinzipien der Neuen Sachlichkeit im Kontext der urbanen Umwelt. Es werden verschiedene Roman-Typen vorgestellt, die die Großstadt aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten, wie z.B. das „Girl“ und die „Neue Frau“, die urbane Kinderliteratur und die Darstellung des Angestellten. Die Rolle der Großstadt als Handlungsort und Schauplatz von literarischen Ereignissen wird ebenfalls thematisiert.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Neue Sachlichkeit, Großstadt, Metropole, Berlin, Provinz, Moderne, Anti-Moderne, Urbanisierung, Zivilisation, Roman-Typen, Mensch und Metropole.
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- Magistra Artium Katharina Kirsch (Author), 2004, Mensch und Metropole - Die Rolle der Großstadt im Roman der Neuen Sachlichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30186