Der zwischenmenschliche Umgang im Sufismus des 11. Jh. am Beispiel des Werks "Das Elixier der Glückseligkeit" von Al Ghasāli


Hausarbeit, 2014

17 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographie Imam Al-Ghazali

3. Der Sufismus

4. Die Pflichten gegenüber Freunden im Sufismus

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema des Sufismus im 11. Jahrhundert, welcher anhand des Werks „Das Elixier der Glückseligkeit" von Imam Al-Ghazäli verdeutlicht werden soll.

Ich werde zuerst das Leben und die Werke des Imam Al-Ghazäli vorstellen. Anschließend möchte ich die Definition des Sufismus Begriffs und die Historie näher erläutern, da Ghazäli in der zweiten Periode des Sufismus eine wichtige Rolle gespielt hat. Im Anschluss werde ich einen kurzen Überblick zum Freundschaftsverständnis von Ghazäli geben und die zwischenmenschlichen Pflichten der Freundschaft in Gott im Werk näher betrachten. Diese werde ich anschließend mit dem Sufismus Verständnis analysieren, da ich speziell die Freundschaft unter Sufis betrachten möchte. Im Fazit folgt eine kurze Zusammenfassung und die Antwort auf die Frage: „Wie ist der zwischenmenschliche Umgang bei Freundschaften im Sufismus des 11. Jahrhunderts, am Beispiel des Werks „Das Elixier der Glückseligkeit" von Al-Ghazäli?"

2. Biographie Imam Al-Ghazali

Abü Hamid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazäli wurde 1058/59 in Tabarän-Tüs, Iran, geboren. Er war Schüler beim Gelehrten al-Dschuwaini an der Nizämiyya Madrasa nähe Nishapur. 1091, nach dem Tod seines Lehrers, ging er zum Hof des großen Seldschukensultans Malikshäh und seinem Wesir Nizam al-Mulk, welcher ihn zum höchsten Professor der Nizamiyya Madrasa in Bagdad ernannte. Nach der Ermordung des Wesirs al-Mulk verließ er Bagdad 1095 in einer spirituellen Krise. Al-Ghazäli wandte sich dem Sufismus zu. Er wanderte nach Palästina und Syrien, wo er dann erkannt hat, dass sein religiöses Leben als Virtuose nicht vereinbar ist mit seinen Diensten auf Höfen. Aus diesem Grund schwörte er, dass er seine Dienste weder an den Höfen von Sultanen oder Wesiren, noch an staatlich finanzierten Schulen anbieten würde. Danach lehrte Al-Ghazäli an kleinen Schulen, die aus privaten Spenden finanziert wurden. Nach seiner Wallfahrt 1096 kehrte er zurück nach Tüs, wo er in einer kleinen privaten Schule unterrichtet und einem Sufi Konvent angehört hat. 1106 brach er seinen Schwur und kehrte an die Nizämiyya Madrasa in Nishapur zurück und lehrte dort bis zu seinem Tod 1111.[1]

Zur Philosophie hatte Ghazâli eine zwiegespaltene Haltung. Zum einen bezieht er sich in seinen Werken auf griechische und islamische Philosophie. Zum anderen lehnte er die Philosophie als Weg zur Wahrheit ab, und lehrte den Weg zum Gottesbewusstsein aus dem Herzen, da nur so die unislamischen Faktoren ausgeblendet werden.

Im Gegensatz dazu sah Ghazâli in seinem Sufismus-Denken die reine Philosophie und die Theologie nicht als erforderlich, da sie keine Glaubensbasis bilden. Er sah die persönliche Erfahrung als notwendig, um den besten Weg zum geistlichen Verstehen zu finden. Natürlich war die Theologie auch wichtig, da es den wahren Glauben und die wahre Praxis schütze.[2]

Al-Ghazâli trug viel zur Anerkennung des Sufismus im Islam bei. Er hat zu vielen verschiedenen Themen Werke veröffentlicht, wie zum Beispiel der Theologie, dem Sufismus, der Philosophie, dem Recht und der Logik. Weiterhin hat er eine Autobiographie geschrieben, in der er seine Verwirrung und die Erlösung davon beschreibt. Imam Al-Ghazâli war islamischer Theologe, Philosoph und Mystiker zugleich und gehört bis heute zu den bedeutendsten religiösen Denkern des Islam und auch der ganzen Welt, da er einen bemerkenswerten Blick auf Philosophie hatte.

3. Der Sufismus

Der Sufismus ist die Mystik im Islam. Das Ziel der Sufiyya ist es, den tauhid, also die Einheit und Einzigartigkeit Gottes, zu verinnerlichen. Dies geschieht durch die Disziplinierung und Reinigung des Selbst von irdischen Begierden, wozu man Meditation ausüben und sich von der Welt abkehren muss. Bei den Meditationsübungen sind Atemübungen und rhytmische Bewegungen sehr wichtig. Außerdem spielt dikhr, das Wiederholen göttlicher Namen in Begleitung von Musik, Tanz und Gesang,[3] eine große Rolle, da dies den Sufi Gott näher bringt und die Liebe zu ihm wachsen lässt.[4] Natürlich ist hier auch das Ideal, die goldene Mitte zu finden, da es islamwidrig gesehen wird, wenn man extreme Askese oder übertriebene religiöse Handlungen betreibt.[5] Historisch unterteilt man den Sufismus in zwei Perioden. Die erste geht vom 7. bis zum 10. Jahrhundert und wird als Frühklassischer und ab dem 9. Jahrhundert als Klassischer Sufismus benannt.[6] Hier haben sich die Begrifflichkeiten entwickelt. Und zwar kommt die Bezeichnung Sufismus vom arabischen Wort ,,sût, welches „Wolle" bedeutet. Der Begriff wird vom Wollgewand der Mystiker abgeleitet. Im Singular wird von dem Sufi gesprochen und im Plural von der Sufiyya. In der Frühklassischen Zeit des Sufismus steht die persönliche religiöse Erfahrung im Mittelpunkt.[7] Durch Musik und Gedichte meditiert der Sufi, um seine Liebe zu Gott zu intensivieren, welches dann bis zur Ekstase führen kann. Den dikhr übt die Sufiyya kollektiv aus.[8] Der Frühklassische Sufismus wurde von asketischen Bräuchen der christlichen Mönche, den Zoroastriern und auch von der hinduistischen Wedanta-Philosophie beeinflusst[9], was auch die Meditativen Übungen und das Wollgewand der Sufiyya erklärt, da diese Gewänder auch in anderen Traditionen getragen wurden.[10]

Der wichtigste Mystiker seiner Zeit war Hasan al-Basri (642-728). Er wird als Vater des Sufismus gesehen, obwohl er selbst keine Bewegung gegründet hatte.[11] Jedoch bildeten seine Schüler eine klosterähnliche Gemeinschaft in Abadan bei Basra im Irak.[12] Eine der Mitglieder dieser Gemeinschaft ist Rabia al-Adawiyya (720-801), eine ehemalige Sklavin, die ihr Leben mit der Suche nach Gott geführt haben soll.[13] Auch sie ist eine der bekanntesten Repräsentanten des Frühklassischen Sufismus.[14]

Ein Problem in der damaligen Zeit war, dass die orthodoxe-muslimische Theologie die sufistische Vorstellung von der Vereinigung mit Gott nicht verstehen konnte. Aus diesem Grund kamen Häresie Vorwürfe gegen einige Sufis, die deswegen hingerichtet wurden.[15]

Die zweite Periode des Sufismus ging vom 11. bis zum 13. Jahrhundert. Hierunter fällt der Postklassiche Sufismus.[16] In dieser Zeit stand die sufistische Bruderschaft, das Leben in Gemeinschaften und somit auch das gemeinsame Beten und die Rituale im Mittelpunkt.[17] Der größte islamische Denker und Gelehrte war Ghazâli, der die Theologie mit dem Sufismus versöhnen wollte.[18] Ein weiterer Charakter, der wichtig für diese Zeit und den Sufismus war, ist Mevlana Jalal ad-Din Rumi. Dieser verknüpfte sunnitische, schiitische und nicht-islamische Vorstellungen und Praktiken.[19] Rumi schrieb Geschichten, die mystische Überlieferungen beinhalteten, und auch mystische Gedichte in persischer Sprache[20], welche über das Thema der Beziehung zwischen dem Selbst und Gott waren.[21] Rumis Sohn Walad gründete den Mevlevi-Orden[22], bei dem der Tanz die Form einer rhytmischen, alles umfassenden Körperbewegung annimmt, um eine Trance zu bewirken und dadurch die Vereinigung mit Gott zu erreichen.[23] „Erneut lag der Schwerpunkt im islamischen Osten, in Anatolien, Iran, Transoxanien und Indien."[24] Noch heute ist der Sufismus eine Angelegenheit

4. Die Pflichten gegenüber Freunden im Sufismus

Am Anfang dieses Kapitels möchte ich auf die Wichtigkeit von Freundschaft eingehen und eine kurze Definition des Begriffs der Freundschaft nach Ghazâli geben.

Das Freundschaft-Halten wird als eine gute Sinnesart angesehen, da es Liebe und Einmütigkeit mit sich bringt. Im Gegensatz dazu wird die Entfremdung von einem Freund als böse Sinnesart gesehen, da dies zu Hass, Neid und Verfeindung führt.[25] [26] Das bedeutet, man solle Freundschaft halten auch zu dem, der das Band der Freundschaft zerreißt und dem verzeihen der Unrecht tut und so auch von Entfremdung von Freunden Abstand halten. Jedoch gibt Ghazâli hier auch ein Zitat, der eine Warnung gibt: „Da sprach Gott: <0 David, sei wach und suche dir Freunde; doch meide den, der dir nicht hilft auf dem Weg zu mir, denn er macht dein Herz hart und entfernt dich von mir.>"[27] Hieran erkennt man, wie wichtig die Freundschaft ist, jedoch sollte man trotzdem beachten, dass man sich nicht von Gott entfernt, weil es im Sufismus genau darum geht, dass man eine direkte und enge Verbindung zu Gott anstrebt. An diesem Beispiel erkennt man auch, dass von Askese abgeraten wird, da es davor heißt: „Gott offenbarte sich David und sprach: <0 David, warum fliehst du die Menschen und sitzest allein?> David sprach: <Herr, die Liebe zu dir hat das Andenken der Menschen aus meinem Herzen getilgt, ich habe Widerwillen gegen sie alle.> Da sprach Gott: <0 David, sei wach und suche dir Freunde; [,..].>"[28] Hier wird deutlich, dass von der Isolation und Askese abgeraten wird und man sich Freunde suchen soll, um Gott näher zu kommen, was in der zweiten Periode des Sufismus auch durch die Sufi-Orden in das Zentrum des Sufismus gerückt wurde. Das Leben in der Gemeinschaft hatte an Wichtigkeit zugenommen, da man kollektive Ritualelausübte und gemeinsam den Weg zu Gott finden sollte. Ein weiterer Punkt bei der Freundschaft ist, dass man eine Freundschaft annehmen sollte, wenn man die Liebe und die Freundschaft einer Person wahrnimmt. Das erkennt man an folgender Stelle: „Omar sprach: <Wenn einer von euch von seinem Bruder Liebe erfährt, so greife er danach, denn gar selten wird ihm solches zuteil werden.>"[29] Der Khalif Omar erklärt hier, dass Freundschaft so selten ist, dass man es wertschätzen sollte, falls man dies von jemandem wahrnimmt. Omar benutzt hier das Wort „Bruder", woran man erkennen kann, dass Freunde den Status eines Bruders bekommen haben und somit zur Familie gehörten, was auch die Verbundenheit von Freunden erklärt. An diesen Beispielen findet man die Grundzüge des Sufismus in der zweiten Periode, da es dort um den kollektiven Zusammenhalt der Gemeinschaft geht und somit auch um das Festigen des Freundschaftsbandes.

Im Weiteren unterscheidet Ghazâli zwei Arten von Freundschaft: die zufällige Freundschaft, wie zum Beispiel Nachbarschaft oder Zusammensein in Schule oder Markt, und die willkürliche Freundschaft, die zweckgesteuert und bewusst ist. Religiös gesehen, ist diese Art von Freundschaft vom Wert, da nur der Wille zur Handlung verdienstlich gemacht werden kann.[30] Weiterhin führt Ghazâli vier Arten der Liebe auf, wobei hier angemerkt sei, dass es nicht um die Liebe zwischen Mann und Frau geht, sondern um die Liebe in der Freundschaft und der Bruderschaft. Die erste Art der Liebe ist die Liebe, die Menschen seiner selbst Willen zu lieben, das heißt wenn man die Eigenart der Person mag und sich freut wenn man die Person sieht.[31] Die zweite Art der Liebe ist die Liebe als Mittel zum Zweck. Hier geht es darum, jemanden aus Liebe zu einem anderen Gegenstand, wie zum Beispiel Gold, Silber, Ruhm oder Macht, zu lieben. Diese Gegenstände sind zeitliche Güter.[32] Demnach geht es in der dritten Art der Liebe, um die Liebe der ewigen Güter Willen, wie zum Beispiel aus Liebe zum Wissen. Diese Art finden wir zum Beispiel in der Beziehung von Lehrer und Schüler.

[...]


[1] Al Saad, Silvia (2000): „Die Autobiographie von al-Ghazali" in: al-Sakina, http://www.al-sakina.de/inhalt/studien/ghazali/ghazali.html (Letzter Zugriff: 12.07.2014)

[2] Clarke, Peter B.: „Islam-Unterwerfung unter Gott", in: Peter B. Clarke (Hrsg.): Atlas der Weltreligionen, 3.Aufl., München: Frederking und Thaler 1998, S.84-120, hier: S. 98. (Im folgenden Abgekürzt: Clarke1998.)

[3] Krämer, Gudrun: Geschichte des Islam, 2. Aufl., München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2011, S.163.

[4] Meier, Fritz: „The mystic path", in: Bernard Lewis (Hrsg.): The world of Islam, London: Thames and Hudson 1976, S.117-128, hier: S. 117.

[5] Krämer 2011, S. 162.

[6] Meier 1976, S. 117f.

[7] Ebd.

[8] Ebd.

[9] Clarke 1998, S. 99.

[10] Meier 1976, S. 117.

[11] Clarke 1998, S. 99.

[12] Ebd.

[13] Clarke 1998, S. 99.

[14] Krämer 2011, S. 162.

[15] Clarke 1998, S. 99.

[16] Meier 1976, S. 119ff.

[17] Clarke 1998, S.99.

[18] Ebd.

[19] Krämer 2011, S.164.

[20] Ebd.

[21] Clarke 1998, S.99.

[22] Krämer 2011, S.164.

[23] Clarke 1998, S. 98.

[24] Krämer 2011, S. 165.

[25] Ebd.

[26] Al-Ghasali, Abu-Hamid Muhammad Ibn-Muhammad; Ritter, Hellmut: Das Elixier der Glückseligkeit. Sonderausg. München: Diederichs 1998, S. 76.

[27] Al-Ghasali, S. 79.

[28] Ebd.

[29] Ebd., S. 80.

[30] Ebd., S. 80.

[31] Ebd., S. 81.

[32] Ebd., S. 85.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der zwischenmenschliche Umgang im Sufismus des 11. Jh. am Beispiel des Werks "Das Elixier der Glückseligkeit" von Al Ghasāli
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Religionswissenschaft)
Veranstaltung
Islam
Note
1,7
Jahr
2014
Seiten
17
Katalognummer
V301890
ISBN (eBook)
9783956874543
ISBN (Buch)
9783668010857
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Islam, Sufi, Sufismus, Imam Ghazali, Ghazali, Religionswissenschaft, Mystik, Elixier der Glückseligkeit, Glückseligkeit, Gott, Glaube, Freundschaft, Pflichten der Freundschaft
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Der zwischenmenschliche Umgang im Sufismus des 11. Jh. am Beispiel des Werks "Das Elixier der Glückseligkeit" von Al Ghasāli, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301890

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