Cybermobbing unter Schülern/innen. Ursachen, Folgen und Präventionsmöglichkeiten der Schulsozialarbeit


Bachelorarbeit, 2014

38 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Phänomen „Cybermobbing“ unter Schülern/innen
2.1 Das soziale Netzwerk – Begriffserklärung und Bedeutung
2.2 Was ist „Cybermobbing“? – Eine Annäherung
2.3 Formen von Cybermobbing
2.4 Wie häufig sind Schüler/innen von Cybermobbing betroffen?
2.5 Die Ursachen von Cybermobbing
2.6 Die Folgen von Cybermobbing – Opfer vs. Täter

3. Die Profession der Schulsozialarbeit
3.1 Begriffsbestimmung
3.2 Rechtliche Grundlagen der Schulsozialarbeit
3.3 Aufgaben der Schulsozialarbeit

4. Prävention der Schulsozialarbeit gegen Cybermobbing
4.1 Zum Begriff der „Prävention“
4.2 Gewaltprävention und Medienerziehung in der Schule
4.3 Was die Schulsozialarbeit präventiv gegen Cybermobbing tun kann
4.3.1 Prävention auf individueller Ebene
4.3.2 Prävention auf Klassenebene
4.3.3 Prävention auf Schulebene
4.3.4 Zur Wirksamkeit präventiver Maßnahmen

5. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Vor zwei Wochen hat sich Amanda Todd nach jahrelangem Mobbing im Internet und in der Schule umgebracht. Ihr Video war der letzte Versuch, dem Netz Mitgefühl zu entlocken. Seit er gescheitert ist, hat der Clip auf Youtube Millionen Klicks generiert – und in Kanada eine Debatte über Cybermobbing ausgelöst.

Die Geschichte von Amanda Todd ist nicht die erste, die im Netz beginnt und dort endet. Studien belegen, dass in Deutschland jeder dritte Jugendliche schon einmal im Internet belästigt wurde. Jeder zehnte hat nach eigenen Angaben im Netz schon selbst gemobbt, jeder fünfte hält es für möglich, Täter zu werden“ (Kuntz 2012).

Dieser Ausschnitt vom 22. Oktober 2012 aus der Süddeutschen Zeitung spiegelt das immer stärker werdende Problem des Phänomens „Cybermobbing“ wider. Bei dem jungen Mädchen Amanda Todd aus Kanada fing es harmlos an, indem sie in der 7. Klasse anfing im Internet zu chatten, um neue Leute kennenzulernen. Ahnungslos über mögliche Konsequenzen schickte sie ein Foto ihres nackten Oberkörpers an einen fremden Mann. Dieser verbreitete das Foto im Netz, woraufhin es auch an Amandas damalige Schule gelangte. Ihre Mitschüler fingen an sie zu mobben, schlugen sie und filmten die Szenen. „Ich kann das Foto nie zurückholen. Es wird immer irgendwo da draußen sein“, steht auf einem der Zettel in Amandas Video. Sie wechselte mehrmals die Schule, doch dem Mobbing im Netz konnte sie nicht entkommen. In ihrer Verzweiflung beging sie dann schließlich am 10. Oktober 2012 im Alter von 15 Jahren Suizid (vgl. ebd.).

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Cybermobbing“ als ein schulisches Gewaltphänomen. Das Internet nimmt eine immer bedeutendere Rolle in unserer Gesellschaft ein und gehört zum Alltag der meisten Jugendlichen. Jedoch übersehen viele der jungen Menschen die Gefahren, die im Netz lauern – so auch der Fall der 15-jährigen Amanda Todd. Das Phänomen „Cybermobbing“ gilt vor allem für Kinder und Jugendliche als ein unterschätztes Problem im Internet. Anhand dieses Problems werden folgende Fragestellungen aufgegriffen und erörtert: Wie verbreitet ist Cybermobbing unter deutschen Schülern/innen? Welche Ursachen und Folgen ergeben sich? Warum ist die Kooperation von Schule und Jugendhilfe in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung und was kann diese tun, um eine nachhaltige Verbesserung zu gewährleisten?

Der Beginn dieser Arbeit liefert einen Überblick über das Phänomen „Cybermobbing“. In einem ersten Schritt wird der Begriff des „sozialen Netzwerkes“ definiert und die Bedeutung und Rolle im Leben von Jugendlichen herausgearbeitet. Im zweiten Schritt erfolgt eine Annäherung an den Terminus „Cybermobbing“. Des Weiteren werden die Formen und die Verbreitung dieses Phänomens unter Schülerinnen und Schülern erörtert. In einem letzten Schritt werden die vielfältigen Ursachen und die daraus resultierenden Folgen für Opfer und Täter aufgezeigt.

Das dritte Kapitel dient zur Veranschaulichung der Profession der Schulsozialarbeit. Nach einer Erläuterung des Begriffs, wird weiter auf die rechtlichen Grundlagen der Schulsozialarbeit im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bzw. Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) eingegangen. Im Anschluss daran werden die Aufgaben der Schulsozialarbeit skizziert.

Das vierte Kapitel bildet den Schwerpunkt der Arbeit und beinhaltet die Präventionsmöglichkeiten der Schulsozialarbeit gegen das Mobbing im Internet. Dabei werden zuerst die Begriffe „Prävention“, „Gewaltprävention“ und „Medienerziehung“ erklärt und beschrieben. Danach werden die präventiven Handlungsmöglichkeiten der Schulsozialarbeit gegen Cybermobbing aufgelistet und erläutert. Diesbezüglich wird auf die drei Handlungsebenen der individuellen Schülerebene, der Klassenebene und der Schulebene eingegangen. Schließlich wird kurz die Wirksamkeit präventiver Maßnahmen dargestellt.

2. Das Phänomen „Cybermobbing“ unter Schülern/innen

Die Schule gilt neben der Familie als eine wichtige Sozialisationsinstanz für Kinder und Jugendliche. Sie stellt in unserer Gesellschaft eine dominante Bildungsinstitution dar, die über die Zeit und die Zukunft junger Menschen bestimmt und entscheidet. Aus unter anderem diesen Gründen wird sie in der Literatur neben der Familie, welche als primäre Erziehungsinstitution signiert wird, als die sekundäre Erziehungs- und Bildungsinstitution dargestellt (vgl. Schilling/ Zeller 2012, S. 100). Angesichts des Ausbaus von Ganztagsschulen entwickelt sich die Schule immer mehr zu einem Lebensort für Kinder und Jugendliche. Sie fungiert als sozialer Ort, an dem die jungen Menschen ihren Platz finden müssen und mit ihrer sozialen Kontakt- und Anpassungsfähigkeit konfrontiert werden. Doch durch den Zwangscharakter der Institution der Schule, dem Leistungs- und Konkurrenzdruck und den sozialen und intellektuellen Herausforderungen ist es nicht verwunderlich, dass die Schule auch als ein Ort vermehrter Konflikte gilt (vgl. Pupeter/ Hurrelmann 2013, S. 111). Gewalt an Schulen hat es schon immer gegeben, jedoch gewinnt sie aktuell eine zunehmende Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und in den Medien. Besondere Beachtung beansprucht dabei die alltägliche Gewalt des Mobbings. Dieses Phänomen hat im Zuge der Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien im Internet ein neues Forum gefunden und wird als „Cyberbullying“ bzw. „Cybermobbing“ bezeichnet. Da soziale Netzwerke diesbezüglich als zentraler Tatort gelten, wird sich im Folgenden verstärkt auf dieses Medium bezogen.

2.1 Das soziale Netzwerk – Begriffserklärung und Bedeutung

„Ob im Café, auf dem Rücksitz im Auto oder in der Schule: Immer mehr Schüler sind online“ (Wolff 2011, S. 10). Das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen ist in der heutigen Zeit stark von den neuen Medien geprägt. Der 14. Kinder- und Jugendbericht spricht auf Grund dessen von einer „Mediatisierung des Aufwachsens“. Die zunehmende Bedeutung des medialen Wandels wirkt sich in diesem Zusammenhang auf die Identität, den Alltag, die Kultur und die Gesellschaft aus. Die Kommunikation der jüngeren Generation verlagert sich immer mehr in die Welt des sozialen Netzwerkes. Dies führt dazu, dass die jungen Menschen oft nicht mehr zwischen virtueller und realer Welt unterscheiden. Angesichts der aktuellen Verbreitung von Smartphones hat auch die mobile Internetnutzung zugenommen. Daraus resultiert ein „zunehmend konvergentes Medienhandeln im Sinne einer crossmedialen Nutzung“, wodurch über unterschiedliche Geräte hinweg kommuniziert und veröffentlicht werden kann (vgl. BMFSFJ 2013, S. 181).

Wolff definiert soziale Netzwerke als „Netzwerke, bei denen die Nutzer selbst Inhalte generieren und bereitstellen“ (vgl. Wolff 2011, S. 127). Sie sind in der Regel kostenlos und bieten den Nutzern ein vielfältiges Angebot aus Kommunikation mit Freunden, Spaß und Unterhaltung. Mittelpunkt sind die User/innen und ihre Kontakte, die sich durch Selbstdarstellung zeigen wollen. Ertelt beschreibt soziale Netzwerke als eine „Plattform für den Austausch von Profildaten und Alltäglichem ohne thematische Strukturierung“ (vgl. Ertelt 2008, S. 54).

Die aktuelle Cyberlife-Studie belegt die Bedeutung des sozialen Netzwerkes für Schülerinnen und Schüler. In insgesamt 6739 ausgewerteten Schülerbefragungen gaben 94 % an, sich in sozialen Netzwerken wie „Facebook“ auszutauschen. Insgesamt 55 % teilten mit, täglich dort aktiv zu sein. Die Studie stellt dabei fest, dass bei der Internetnutzung vor allem die Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken wie „Facebook“ besonders anziehend für die jungen Menschen ist. Der wesentliche Grund für die Mitgliedschaft besteht laut 59 % der Schüler/innen im funktionalen Zweck, sich zu verabreden und auszutauschen. Weitere Gründe sind der soziale Zwang (32 %), emotionale Gründe wie z.B., „weil die Leute mir dort sehr wichtig sind“ (24 %) und das Kennenlernen neuer Leute (14 %). Es lässt sich also sagen, dass die Kontakte in den sozialen Netzwerken eine besondere Bedeutung im alltäglichen Leben des Jugendlichen einnehmen. Die Studie zeigt weiter, dass Jugendliche, die mit ihrem Leben unzufrieden sind, soziale Netzwerke häufiger anlässlich emotionaler Gründe und eines sozialen, äußeren Gruppendrucks nutzen. Unzufriedene nutzen demnach das soziale Netz auch, um ihren Mangel an Selbstachtung zu kompensieren und um ihre Sorgen und Nöte in die Online-Welt zu verlagern. Des Weiteren belegt die Studie, dass die sozialen Netzwerke für die Persönlichkeit und das Spiel der Identität eine sehr große Bedeutung haben. Rund 18 % der deutschen Jugendlichen testen laut der Befragung im Internet aus, wie sie bei anderen ankommen, 9 % der befragten Schüler/innen gaben an, dass sie sich selbst durch den Austausch in sozialen Netzwerken besser kennenlernen und weitere 12 % suchen sich im Netz gezielt Vorbilder für Mode und Lifestyle. Die Studie zeigt außerdem, dass sich 9 % der Jugendlichen in sozialen Netzwerken wohler fühlen als in der eigenen Schulklasse. Der Austausch in sozialen Netzwerken kann für die reale Persönlichkeit der Nutzer positive Folgen haben wie die Steigerung des Selbstbewusstseins (25 %) und das Gefühl, beliebter in der Klasse zu sein (14 %) (vgl. Cyberlife-Studie 2013, S. 80ff).

Doch die Nutzung des sozialen Netzwerkes hat nicht nur positive Folgen für Kinder und Jugendliche. Heutzutage werden gerade im Zusammenhang mit dem Internet immer wieder die Persönlichkeitsrechte von Menschen verletzt. Eine spezielle Form der Gewalt, die immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt, ist das sog. „Cybermobbing“. Laut Studie finden 75 % bis 84 % der Vorfälle von Cybermobbing in sozialen Netzwerken statt (vgl. ebd., S. 95).

2.2 Was ist „Cybermobbing“? – Eine Annäherung

Das Prinzip des Mobbings ist nicht neu und stellt schon immer ein Problem an Schulen dar. Allerdings bekommen solche Verhaltensweisen der gegenseitigen Drangsalierung unter Kindern und Jugendlichen im digitalen Zeitalter eine ganz neue Qualität und Tiefe (vgl. Junge 2013, S. 67). Bei der Definition von Cybermobbing zeigen sich viele Parallelen zum traditionellen Schulmobbing. Jedoch weist das Phänomen aufgrund der neuen technischen Möglichkeiten wesentliche Unterschiede auf, die es rechtfertigen, Cybermobbing als ein eigenes Kapitel zu betrachten.

„Unter Cybermobbing versteht man das absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer mithilfe moderner Kommunikationsmittel“ (vgl. Jannan 2010, S. 38f). In der Definition von Jannan wird vor allem der Aspekt der Absichtlichkeit betont. Gugel verwendet in seiner Definition den Begriff des „Opfers“ und verweist auf die Schädigung, die das Opfer davonträgt: „Unter Cyber-Mobbing, auch Cyber-Bullying oder Cyber-Stalking, versteht man die Nutzung moderner Kommunikationsmittel (z.B. dem Internet), um anderen Menschen zu schaden. Dabei werden die Opfer durch Bloßstellung im Internet, permanente Belästigung oder durch Verbreitung falscher Behauptungen gemobbt“ (vgl. Gugel 2010, S. 584). Es handelt sich bei Cybermobbing also um ein absichtlich böswilliges Verhalten, welches durch den Einsatz neuer Kommunikationstechnologien erfolgt.

Durch die neuen Medien und der damit verbundenen Spezifika wird das Mobben im Internet wirkungsvoller, nachhaltiger und schädigender als das traditionelle Mobbing. Die Gemeinsamkeiten zum traditionellen Schulmobbing sind die „Intentionalität der Schädigung, die Wiederholung des schädigenden Verhaltens und das Kräfteungleichgewicht zwischen Täter(n) und Opfer, das es Letzterem erschwert, sich erfolgreich gegen das schädigende Handeln zur Wehr zu setzen“ (vgl. Sitzer/ Marth 2014, S. 221). Als eine Besonderheit, die für das Cybermobbing gilt, lässt sich der Zeitfaktor aufführen. Das Internet ermöglicht einen ständigen Eingriff in das Privatleben, sodass sich das Mobbing zeitlich nicht mehr eingrenzen lässt. Der Aspekt der Flexibilität spielt hierbei eine ganz besondere Rolle. Das Mobbing findet also unabhängig von Ort und Zeit statt, sodass noch nicht einmal das eigene Zuhause als Schutzraum angesehen werden kann (vgl. Meier 2014)1. Des Weiteren ist der Anonymitätsgrad beim Cybermobbing sehr hoch. Die Hemmschwelle für Mobbing-Aktionen sinkt und den Tätern ist oft nicht bewusst, welchen Schaden sie durch ihr Handeln anrichten. Da die Opfer oft nicht wissen, wer sich hinter der Mobbingattacke verbirgt und dadurch eine Identifikation des Täters nicht erfolgen kann, steigt die Hilflosigkeit der Betroffenen ins Unermessliche (vgl. Katzer 2014, S. 61). Eine weitere Besonderheit ist der immens hohe Öffentlichkeitsgrad. Nachrichten und Bilder, die im Netz veröffentlicht werden, erreichen ein unüberschaubar großes Publikum, wobei keinerlei Kontrolle mehr über die Verbreitung stattfindet. Inhalte können kopiert, immer wieder abgerufen und weiterverbreitet werden (vgl. Jannan 2010, S. 41).

Es werden unterschiedliche Formen bzw. Ausprägungsformen von Cybermobbing unterschieden, auf die im folgenden Punkt näher eingegangen wird.

2.3 Formen von Cybermobbing

Die Formen von Cybermobbing sind vielfältig. Eine Form stellt die Belästigung (harassment) dar, worunter alle Handlungen von Individuen oder Gruppen fallen, die vom Opfer als beeinträchtigend oder schädigend wahrgenommen werden. Damit einbegriffen sind Verhaltensweisen wie Beleidigungen, Erpressungen, Beschimpfungen, Bedrohungen wie auch Hänseleien (vgl. Sitzer/ Marth 2014, S. 222). Als eine weitere Form gilt die sexuelle Belästigung (sexual harassment). Damit ist eine Form der Belästigung gemeint, die auf das Geschlecht der betroffenen Person abzielt. Dazu gehören „sexistische und geschlechtsbezogene entwürdigende bzw. beschämende Bemerkungen und Handlungen, unerwünschte Annäherung, Annäherungen in Verbindung mit Versprechen von Belohnungen und/oder Androhung von Repressalien“ (vgl. ebd.). Des Weiteren gibt es die Form der Rufschädigung (denigration). Dabei werden bewusst und gezielt verleumderische oder gemeine Informationen über eine Person mittels sozialer Netzwerke verbreitet. Oft besteht eine Unkenntnis über die Identität des Täters, da, wie bereits erwähnt, die Aktivitäten in der Regel anonym erfolgen (vgl. ebd.). Außerdem kann Cybermobbing anhand von Bloßstellung und Verrat (outing and trickery) geschehen. Hierbei werden gezielt persönliche, intime oder peinliche Informationen, Fotos oder Videos des Opfers in sozialen Netzwerken verbreitet. Der Unterschied zur Rufschädigung besteht darin, dass die veröffentlichten Inhalte ursprünglich vom Opfer selbst stammen (vgl. ebd.). Eine andere Ausprägung von Cybermobbing ist der Identitätsdiebstahl. Dabei handelt es sich um die Verfälschung eines Profils, in der die Identität des Opfers angenommen wird. Dort werden falsche Informationen über das Opfer angegeben oder Beschimpfungen im Namen des Opfers ausgesprochen (vgl. Robertz 2010, S. 75). Darüber hinaus gibt es die Form des sozialen Ausschlusses (exclusion). In diesem Zusammenhang werden die Opfer gezielt aus Chatgesprächen und Online-Kommunikationen ausgeschlossen. Freundschafts- und Kontaktanfragen werden ständig abgelehnt und der/die Betroffene wird ignoriert (vgl. Sitzer/ Marth 2014, S. 223). Die bewusste Gefährdung des Opfers durch Dritte (cyberbullying by proxy) gilt als eine weitere Ausprägungsform. Hierbei werden persönliche und vertrauliche Informationen des Opfers an gefährliche Personen bzw. Personengruppen weitergegeben oder das Opfer wird beispielsweise auf Sexseiten angeboten (vgl. Robertz 2010, S. 75). Schließlich lassen sich die beiden Formen des „Happy Slapping“ und des „Cyberstalking“ unterscheiden. Beim sog. „Happy Slapping“ werden gewaltträchtige Szenen, die meist aus dem Schulalltag stammen, mit dem Handy gefilmt und anschließend im Netz veröffentlicht. Beim sog. „Cyberstalking“ werden die Opfer über einen längeren Zeitraum hinweg von ihren Peinigern anhand neuer Medien verfolgt, bedroht und belästigt (vgl. ebd.).

Katzer unterscheidet insgesamt zwei Kategorien: das verbale und das psychische Cybermobbing. Zum verbalen Cybermobbing gehören Verhaltensweisen wie Beleidigungen, Bedrohungen, Erpressungen und Hänseleien. Die Verbreitung böser Gerüchte und Lügen, der soziale Ausschluss aus Online-Kommunikationen, das wiederholte Ablehnen von Kontaktanfragen sowie die Verbreitung intimer und peinlicher Fotos und Videos im Netz, lassen sich dem psychischen Cybermobbing zuordnen (vgl. Katzer 2014, S. 62). Die Autorin betont in ihren Ausführungen, dass es beim Cybermobbing durchaus zu einer Verbindung zwischen virtueller und physischer Gewalt kommen kann. Dies ist der Fall, wenn sich beispielsweise das reale Mobbing in der Schule im Internet fortsetzt oder umgekehrt. Auch die Form des „Happy Slapping“ besteht aus der Verbindung zwischen diesen beiden Gewaltformen (vgl. ebd., S. 63).

2.4 Wie häufig sind Schüler/innen von Cybermobbing betroffen?

Im Folgenden wird sich auf die Cyberlife-Studie des Bündnisses gegen Cybermobbing e.V. bezogen. In Kooperation mit der ARAG Versicherung (A llgemeine R echtsschutzversicherungs- AG) hat das Bündnis die größte und umfassendste Studie zum Thema Cyberlife und Cybermobbing ins Leben gerufen. Die Erhebung bei den Schülern/innen wurde in der Zeit vom 14. November 2012 bis 26. Februar 2013 mittels einer Onlinebefragung und einer Paper-Pencil-Befragung durchgeführt. An der Erhebung beteiligten sich insgesamt 6.993 Schüler/innen, wobei sich letztendlich eine Netto-Stichprobe von 6.739 Fällen ergab, die zur Auswertung verwendet wurde (vgl. Cyberlife-Studie 2013, S. 93ff).

Laut der Studie waren 16,6 % der befragten Schüler/innen bereits Opfer von Cybermobbingattacken. In diesem Punkt unterscheiden sich die Fallzahlen im Hinblick auf die Schulform. An Gymnasien liegen die wenigsten Fälle von Cybermobbing vor (10 %), wohingegen an Hauptschulen die meisten Vorfälle stattfinden (26 %). Circa 5 % der Grundschüler sind bereits in Cybermobbing involviert (vgl. ebd.). Die Erfahrung zeigt, dass gegenwärtig in erhöhtem Maße die jüngeren Kinder betroffen sind. Schüler/innen bringen beim Wechsel auf eine weiterführende Schule meist schon Altlasten aus der Grundschule mit, da sie dort bereits mit Smartphones ausgestattet sind (vgl. Meier 2014). Gemäß Cyberlife-Studie sind Mädchen häufiger Opfer von Cyberattacken. Die meisten Fälle von Cybermobbing lassen sich im Alter zwischen 12 und 15 Jahren registrieren. Grund hierfür sind die intensivere Beschäftigung mit dem Internet sowie der Umstand der Pubertät. Wie bereits aufgeführt, sind soziale Netzwerke der zentrale Tatort für Cybermobbing. In den sozialen Netzwerken werden am häufigsten Lügen und Gerüchte verbreitet (84 %). Rund 79 % werden mittels sozialer Netzwerke gehänselt und 77 % unter Druck gesetzt, bedroht oder gar erpresst. Beleidigungen und Beschimpfungen finden sich ebenfalls sehr häufig vor (75 %). Das soziale Netz dient in hohem Maße als Plattform für die Veröffentlichung peinlicher Fotos (80 %). Unter den befragten Schülern/innen gaben 19,1 % an, selbst schon einmal Täter von Cybermobbingattacken gewesen zu sein. In diesem Zusammenhang gilt das Phänomen auch als ein Mittel, um sich zu wehren, denn mehr als ein Drittel der Täter war selbst schon einmal Opfer von Cybermobbing (vgl. Cyberlife-Studie 2013, S. 93ff).

Die Studie zeigt also, dass das Mobbing im Internet einen neuen Tatort gefunden hat und dort eine immer stärkere Verbreitung unter Schülern/innen findet. Dabei ist das Phänomen ein Problem aller Schulformen. Cybermobbing tritt am häufigsten in den Altersstufen auf, in denen auch eine intensivere Beschäftigung mit dem Internet zu verzeichnen ist. Die Schule als eine wichtige Sozialisationsinstanz für Kinder und Jugendliche gilt hierbei als bevorzugter und besonders geeigneter Ort. Cybermobbing versteht sich als die Online-Variante zum traditionellen Schulmobbing (vgl. Hintz 2011, S. 146).

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1 Experteninterview vom 22.07.2014 mit einer Schulsozialarbeiterin zum Thema Cybermobbing an einer Gesamtschule.

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Cybermobbing unter Schülern/innen. Ursachen, Folgen und Präventionsmöglichkeiten der Schulsozialarbeit
Hochschule
Universität Trier
Note
2,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
38
Katalognummer
V302128
ISBN (eBook)
9783668010352
ISBN (Buch)
9783668010369
Dateigröße
559 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Cybermobbing, Schule, Prävention, Schulsozialarbeit
Arbeit zitieren
Tatjana Müller (Autor:in), 2014, Cybermobbing unter Schülern/innen. Ursachen, Folgen und Präventionsmöglichkeiten der Schulsozialarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/302128

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