Marketing im konfessionellen Krankenhaus. Widerspruch oder Segen?

Inwiefern kann das Marketing aus der Gewerbewirtschaft auf den Nonprofit-Gedanken einer freigemeinnützigen Klinik übertragen werden?


Studienarbeit, 2014

39 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungen

1 Einleitung

2 Das kirchliche Krankenhaus
2.1 Das Krankenhaus als stationärer Leistungsanbieter
2.1.1 Krankenhausbetriebswirtschaftliche Grundlagen
2.1.2 Das Krankenhaus als Dienstleistungsbetrieb
2.2 Abgrenzung des konfessionellen Krankenhauses
2.2.1 Theologische Perspektive
2.2.2 Rechtliche Perspektive
2.2.3 Ökonomische Perspektive

3 Krankenhausmarketing
3.1 Definition und Charakteristika des Krankenhausmarketing
3.2 Marketingforschung
3.3 Marketingkonzeption im Krankenhaus
3.3.1 Marketing Ziele
3.3.2 Marketingstrategie
3.3.3 Marketing-Mix

4 Diskussion Marketing im kirchlichen Krankenhaus – Widerspruch oder Segen?

5 Fazit

Quellenverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Vorwort

Die gesundheitsökonomischen und -politischen Strukturveränderungen am Gesundheitsmarkt korrelieren mit einem zunehmenden Wettbewerb. Kliniken müssen sich mit Strukturen und Maßnahmen befassen, um sich dauerhaft am Markt zu positionieren oder zu profilieren. Im Hinblick auf diese Entwicklungen etabliert sich das lange Zeit ausschließlich als Werbung und Verkaufsförderung verkannte Marketing auch im Krankenhaussektor. In der vorliegenden Studienarbeit wird geprüft, inwiefern das aus der Gewerbewirtschaft stammende Marketing, als mögliches Instrument, auf die konfessionelle Ausrichtung eines freigemeinnützigen Krankenhauses übertragen werden kann.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufgabenschwerpunkte der Krankenhaus-Marketingforschung

Abbildung 2: Markfeldstrategien im Dienstleistungsmarketing

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Deutschland befindet sich im demografischen Wandel. Dem kontinuierlichen Absinken der Geburtenrate steht, vor allem wegen des medizin-technischen Fortschritts und der Verbesserung der Hygienebedingungen, eine zunehmend höhere Lebenserwartung der Bevölkerung gegenüber.[1] Diese Veränderung führt zu einer steigenden Zahl chronisch erkrankter und multimorbider Patienten. Da deren Behandlung aufwändiger und kostenintensiver durchgeführt werden muss, erscheint der Krankenhaussektor in finanzieller Hinsicht vom demografischen Wandel besonders betroffen. Zusätzlich konkurriert der Gesundheitssektor um die immer knapper werdende Ressource der Fachkräfte. Der seit 2010 verpflichtende Nachweis eines Qualitätsmanagements (gemäß §137 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V), die pauschalierte Vergütung auf Preisbasis (Diagnosis Realated Groups - DRGs) sowie zunehmende gesundheitswirtschaftliche Einsparungen erhöhen den Kostendruck auf Seiten der Krankenhäuser. Diese Situation wird durch immer kürzere Krankenhausverweildauern, den Abbau von Betten sowie die zunehmende Privatisierung öffentlicher Träger verschärft.[2] Somit stehen Krankenhäuser, heute mehr denn je, unter einem steigenden Wettbewerbsdruck.

Der Anteil an Kliniken in finanzstarker, privater Trägerschaft hat sich im Zeitraum von 1991 bis 2010 bereits verdoppelt.[3] Auf Grund deren Wachstumsstrategie wird sich dieser Trend, vor allem zu Ungunsten der öffentlichen Trägerschaften weiter fortsetzen. Durch den historisch begründeten Vertrauensvorsprung in der Versorgung von alten und kranken Menschen haben die freigemeinnützigen Krankenhäuser einen Wettbewerbsvorteil. Daher hält sich deren Entwicklung mit einem Marktanteil um die 36 % konstant.[4] Dennoch müssen sich konfessionelle Träger mit Strategien und Maßnahmen auseinandersetzen, die ihnen dauerhaft einen Wettbewerbsvorteil sichern und sie als Unternehmen am Gesundheitsmarkt weiter positionieren.

Ziel der vorliegenden Studienarbeit ist es zu prüfen, inwiefern das aus der Gewerbewirtschaft stammende Marketing, als mögliches Instrument, auf den Nonprofit-Gedanken[5] einer freigemeinnützigen Klinik übertragen werden kann.

Dazu wird das kirchliche Krankenhaus sowohl als Dienstleitungsunternehmen sowie als konfessionelle Institution dargestellt. Weiter werden die theoretischen Grundlagen des Krankenhausmarketings aufgezeigt. Mittels dieser Erkenntnisse wird die Forschungsfrage „Marketing im kirchlichen Krankenhaus - Widerspruch oder Segen?“ diskutiert und beantwortet. Innerhalb eines abschließenden Fazits erfolgt die kurze Zusammenfassung der Ergebnisse.

2 Das kirchliche Krankenhaus

Im folgenden Teil der Arbeit wird das Krankenhaus, sowohl als Dienstleistungsunternehmen sowie als konfessionelle Institution dargestellt.

2.1 Das Krankenhaus als stationärer Leistungsanbieter

Zunächst werden die betriebswirtschaftlichen Grundlagen eines Krankenhauses erklärt, um im Anschluss eine Klassifizierung der selbigen als Dienstleistungsunternehmung durchzuführen.

2.1.1 Krankenhausbetriebswirtschaftliche Grundlagen

Definitionen des Begriffes Krankenhaus finden sich im § 2 Krankhausfinanzierungsgesetz (KHG) sowie im § 107 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V).

(1) Krankenhäuser im Sinne dieses Gesetzbuchs sind Einrichtungen, die

1. der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen,
2. fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten,
3. mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, und in denen
4. die Patienten untergebracht und verpflegt werden können.[6]

Die krankenhausspezifische Kernleistung besteht in der Verbesserung des Gesundheitszustands des Patienten, durch Diagnose-, Therapie- und Pflegeleistungen.[7] Eine Ergänzung erfolgt durch Versorgungs- (z.B. Unterbringung und Verpflegung) und Serviceleistungen (z.B. Freizeit- und Kulturprogramme). Sie zielen darauf ab, einen möglichst angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen. Verwaltungs- und Instandhaltungsleistungen setzen die notwendigen Rahmenbedingungen zur effizienten und zeitnahen Erbringung aller Prozesse.[8]

Krankenhausleistungen umfassen die stationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre Behandlung sowie die stationären Leistungen im Rahmen einer Integrierten Versorgung[9]. Weiter nehmen Krankenhäuser, beispielsweise durch die Gründung medizinischer Versorgungszentren (MVZ)[10], ambulantes Operieren oder im Falle einer Unterversorgung im vertragsärztlichen Bereich, an der ambulanten Versorgung teil.[11]

Der Betreiber einer Gesundheitseinrichtung wird als Träger bezeichnet. In Deutschland sind drei Arten von Klinikträgerschaften zu unterscheiden:[12]

- Öffentlich-rechtliche Krankenhäuser

Bundesländer, Gemeinden oder sonstige Einrichtungen (z.B. Polizei und Bundeswehr) sind Besitzer dieser Kliniken. Das wesentliche Ziel ist die Sicherstellung der Krankenversorgung der Bevölkerung. Im Jahr 2012 ist dies mit 29,8 % die am wenigsten vertretene Trägerform.

- Private Krankenhäuser

Dabei handelt es sich um Einrichtungen, die eine Konzession nach der Gewerbeordnung voraussetzen und in privater Rechtsform mit dem Ziel der Gewinnerzielung betrieben werden (z.B. Sana Kliniken AG und Rhön-Klinikum AG). Die Zahl dieser Häuser stieg bis zum Jahr 2012 auf 34,6 %.

- Freigemeinnützige Krankenhäuser

Die meisten deutschen Kliniken (im Jahr 2012 35,6 %) gehören zu einem Träger der freien Wohlfahrtspflege (z.B. Deutscher Caritasverband und Deutsches Rotes Kreuz). Für diese Krankenhäuser spielt das erwerbswirtschaftliche Prinzip keine Rolle. Die Hauptmaxime der Leistungserbringung wird durch ethische Normen, wie Menschenwürde, Freiheit und Gerechtigkeit beeinflusst.

Seit 1972 trennt der Bundesgesetzgeber, auf Rechtsgrundlage des KHG, die Krankenhausfinanzierung in Investitions- und Betriebskosten. Man spricht daher von einer dualen Finanzierung.[13] Gemäß § 1 Abs. 1 KHG ist das Ziel eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich haushaltenden Krankenhäusern sowie die wirtschaftliche Absicherung dieser Kliniken und die Realisation sozial verantwortbarer Pflegesätze.[14] Dabei ist nach § 1 Abs. 2 KHG die Vielfalt der Krankenhausträger zu beachten und die wirtschaftliche Absicherung freigemeinnütziger sowie privater Krankenhäuser zu gewährleisten.[15]

Anspruch auf dieses Finanzierungsprinzip haben Krankenhäuser, die nach § 108 SGB V für die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zur Krankenhausbehandlung zugelassenen sind:[16]

1. Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind,
2. Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder
3. Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

Die Investitionskosten (z.B. für Neu- und Umbauten, Erstausstattungen, Gebrauchsgüter sowie Anlagegüter) werden steuerfinanziert vom verantwortlichen Bundesland getragen. Die Finanzierung der laufenden Betriebskosten (beispielsweise für Personal, Strom und Heizung) erfolgt über die Abrechnung der Behandlungsfälle im Rahmen eines pauschalierten Entgeltsystems. Sie werden von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen aus Beitragsmitteln oder von selbstzahlenden Patienten über Leistungsentgelte beglichen.[17] Das duale System erweist sich jedoch vor allem durch die Verteilung von Investitionsmitteln auf Landesebene sowie durch lange bürokratische Wege als komplikationsbehaftet.[18] Der erschwerte Zugang zu öffentlichen Fördergeldern führt zu einem Wettbewerbsvorteil der privaten Träger. Das zur Verfügung stehende Eigenkapital befähigt diese, Organisationsprozesse durch Investitionen zu optimieren.[19]

2.1.2 Das Krankenhaus als Dienstleistungsbetrieb

Dienstleistungen sind per Definition weitgehend immaterielle, nichtlagerfähige und selbständig marktfähige Leistungen, deren Bereitstellung mittels Leistungsfähigkeiten (personellen, sachlichen oder immateriellen Ressourcen) erfolgt. Der Dienstleistungserstellungsprozess bedingt die Integration eines externen Faktors in Form von Objekten (z.B. Auto in der Werkstatt) oder Subjekten (z.B. Patient im Krankenhaus). Bestreben ist es, eine nutzenstiftende Wirkung zu erzielen.[20] Weiter erfolgen Produktion und Konsum der Leistung, nach dem uno-actu Prinzip, zeitlich und räumlich simultan.[21]

Die in der stationären medizinischen Einrichtung erbrachten Leistungen sind patientenspezifisch und daher schwer zu standardisieren. Ferner erfordern sie einen hohen Personalaufwand mit einem sehr intensiven Kontakt zwischen dem therapeutisches Team (z.B. Arzt oder Gesundheits- und Krankenpflegepersonal) und dem Patienten. Eine direkte Beteiligung des Patienten an der Behandlung, als humaner externer Faktor, ist zwingend vorausgesetzt.[22]

Auf Grund der fehlenden Lagerfähigkeit muss die Krankenhausdienstleistung, gemäß dem uno-actu-Prinzip, an anwesenden Patienten erstellt werden.[23] Die krankenhausbetriebliche Leistung ist durch ein immaterielles Ergebnis gekennzeichnet. In Bezug auf die Ergebnisqualität setzt sie, insbesondere vor Inanspruchnahme, das Vertrauen des Patienten voraus.[24] Weiter ist die Krankenhausleistung durch die Bereitstellung von Ressourcen seitens des Anbieters charakterisiert. Da eine Reihe von Leistungen in der Klinik mit Hilfe von Sachmitteln erbracht wird, ist eine strikte Trennung von medizinischen Dienst- und Sachleistungen nur schwer möglich.[25] Beispielsweise bedingt das Implantieren eines Herzschrittmachers neben der Erbringung einer Dienstleistung eine Sachleistung, ohne die die Dienstleistung keinen Nutzen stiften würde.

Demnach ist nach der Art der betrieblichen Leistungen das Krankenhaus in die Gruppe der Dienstleistungsbetriebe einzuordnen.

2.2 Abgrenzung des konfessionellen Krankenhauses

Um das konfessionelle Krankenhaus von anderen Klinikträgern abzugrenzen, erfolgt im nachfolgenden Teil der Arbeit die Begriffsbestimmung des kirchlichen Krankenhauses aus theologischer, rechtlicher und ökonomischer Perspektive.

2.2.1 Theologische Perspektive

Die Begriffsdefinition des kirchlichen Krankenhauses aus theologischer Sicht setzt das Verständnis der Grunddienste der Kirche voraus. Demnach ist die Martyria die Verkündigung des christlichen Glaubens durch die lebendige Weitergabe oder die Heilige Schrift. Liturgie bezeichnet die Feier des Gedenkens an Jesu Christi (beispielsweise innerhalb von Gebet, Gottesdienst und Wallfahrt) sowie die Feier der Sakramente (z.B. Taufe, Eucharistie und Firmung). Der dritte Grundvollzug der Kirche ist die Diakonie, welche die Werke der Liebe und der Barmherzigkeit gegenüber notleidenden Menschen fokussiert. Die Koinonia ist Bestandteil der drei anderen Wesensäußerungen und bezieht sich auf die christliche Gemeinschaft.[26]

Dementsprechend

„[…] kann das kirchliche Krankenhaus als Werk am notleidenden Menschen verstanden werden, das sich zur Aufgabe gemacht hat, dem Menschen, in Krankheit, Heilung und Genesung beizustehen. […] Die Gottesverkündigung, die Gottesliebe und die Gottesgemeinschaft sind im Dienst am Kranken eins.“[27]

Diese Einordnung bestimmt das Wertesystem und den Grundauftrag eines konfessionellen Krankenhauses. Somit ist die biblische Tradition Richtschnur der Unternehmenspolitik. Aus dem christlichen und damit ganzheitlichen Menschenbild resultiert die Begleitung und Versorgung des Patienten und seiner Angehörigen bis hin zu Sterben und Tod. Das Angebot der religiösen Begleitung durch die Klinikseelsorge nimmt daher einen besonders hohen Stellenwert ein. Im Rahmen einer angestrebten, guten Zusammenarbeit wird von den Mitarbeitern einer kirchlich geführten Klinik die Identifikation mit den christlichen Unternehmenswerten vorausgesetzt. Angebote zur Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben sollen dies unterstützen. Gemäß der Koinonia erfolgt die Mitarbeiterführung anhand gemeinsam festgesetzter Ziele.[28]

2.2.2 Rechtliche Perspektive

Gemäß des Bundesverfassungsgerichtes unterliegt ein kirchliches Krankenhaus nach Art. 4 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes (GG) der Religionsfreiheit. Art. 19 Abs. 3 GG schließt juristische Personen und damit die kirchlichen Trägerschaften in den Geltungskreis ein.[29]

Um verfassungsrechtlich als konfessionelle Klinik zu gelten, bedarf es einer glaubensmäßigen Ausrichtung an den Lehren der Kirche. Weiter handelt es sich um caritative und religiöse Einrichtungen, wenn die Gesundheitsversorgung an einem ganzheitlichen Menschenbild orientiert ist.[30] Das Bundesverfassungsgericht erkennt die kirchliche Krankenversorgung als Religionsausübung an, sofern der Dienst an Gott mit dem Dienst am Kranken korreliert.[31] Somit sind kirchliche Krankenhäuser angehalten die Beziehung zur Kirche zu stärken und diese sowohl nach außen als auch betriebsintern glaubhaft zu leben und umzusetzen.[32]

2.2.3 Ökonomische Perspektive

Im ökonomischen Kontext zählen kirchliche Krankenhäuser per Definition zu Dienstleitungsunternehmen unter freigemeinnütziger Trägerschaft. Als sogenannte Nonprofit-Organisationen (NPO) nehmen sie eine Sonderstellung am Krankenhausmarkt ein.[33]

„Einer sehr breiten Definition folgend versteht man unter Nonprofit-Organisationen (NPO) alle diejenigen Organisationen, die weder erwerbswirtschaftliche Firmen noch öffentliche Behörden der unmittelbaren Staats- und Kommunalverwaltung sind. NPO sind ferner jene Organisationen, die einem gesellschaftlich als sinnvoll und notwendig anerkannten Leistungsauftrag folgen und dabei nicht in erster Linie vom Ziel der Gewinngenerierung geleitet werden.“[34]

Eine Besonderheit stellen deren abgabe- und arbeitsrechtlichen Privilegien dar. Auf Grundlage der Gemeinnützigkeit kirchlicher Krankenhäuser sind diese von einigen Steuerabgaben befreit (z.B. Körperschaftssteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer).[35] Auch fallen sie als Wesensäußerung der Kirche unter das sogenannte Autonomierecht. Demnach haben Kirchen das Recht, ihre Angelegenheiten selbständig und innerhalb des allgemein gültigen Gesetzes zu regeln. Die Dienstgemeinschaft sowie ein spezielles Individual- und Kollektivarbeitsrecht charakterisieren den arbeitsrechtlichen Rahmen. Darüber hinaus existieren Vorteile im Bereich der Geldzuwendungen durch Spenden. Dennoch determinieren gemeinnützige Abgabeordnungen, kirchliches Arbeitsrecht und staatliche Finanzierung den ökonomischen Handlungsspielraum kirchlicher Krankenhäuser. Die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen sind geprägt durch parallel existierende Entscheidungsgremien, doppelte Geltungsbereiche sowie ein starres Tarifsystem und sind daher reformationsbedürftig. Der freigemeinnützige Status korreliert mit staatlichen Vorgaben bezüglich der Finanzierungsform und der strategischen Ausrichtung.[36] Auch können konfessionelle Krankenhäuser weder Betriebsverluste, noch fehlende Fördermittel aus Steuermitteln ersetzen. Somit verstärkt sich die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung.[37]

3 Krankenhausmarketing

Im folgenden Teil der Arbeit wird der Begriff Krankenhausmarketing theoretisch behandelt und dessen verschiedene Facetten aufgezeigt. Weiter wird der, auf die Besonderheiten des Krankenhausbetriebs zugeschnittene, Marketing-Mix aufgezeigt.

3.1 Definition und Charakteristika des Krankenhausmarketing

Der aus dem Englischen stammende Begriff Marketing ist mit Vertrieb oder Absatz zu übersetzen. In der Literatur findet sich keine einheitliche Definition. Vielmehr ist diese Begrifflichkeit einem permanenten Wandel im Zeitverlauf unterworfen.[38]

Die klassische Interpretation von Marketing durch Meffert umfasst

„[…] die Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potentiellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. Durch die dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse sollen die Unternehmensziele verwirklicht werden.“[39]

Die international anerkannte und verbreitete Begriffsbestimmung der American Marketing Association (AMA) aus dem Jahr 2010 vertritt das moderne und erweiterte Marketingverständnis. Demnach ist Marketing die Aktivität von Institutionen und Prozessen zur Erstellung, Kommunikation, Bereitstellung und Austausch von Angeboten, die Mehrwert für Kunden, Partnern und der Gesellschaft insgesamt haben.[40] Der Kundenbegriff kann in Verbindung mit dem Dienstleistungsunternehmen Krankenhaus gleichgesetzt werden mit

- aktuellen, ehemaligen und potentiellen Patienten,
- Fach- und Hausärzten (in ihrer Funktion als Zuweiser[41] ),
- Geldgebern (z.B. gesetzliche und private Krankenkassen, Banken, Industrie),
- Besuchern,
- aktuellen, ehemaligen und potentiellen Mitarbeitern
- öffentliche Medien,
- Lieferanten,
- anderen Krankenhäusern
- und Krankenhausträgern.[42]

Aus dem Blickwinkel der NPO nimmt der Patient eine Sonderstellung ein. Dieser ist nicht Kunde im Sinne erwerbswirtschaftlicher Geschäfte. Vielmehr ist er Leistungsempfänger, der nach den Prinzipien einer NPO ohne direkten finanziellen Ausgleich behandelt wird.[43] Aus diesem Blickwinkel ist das Marketing von Krankenhausleistungen eine Philosophie der konsequenten Patientenorientierung, die alle Bereiche und Aktivitäten des Klinikbetriebs umfasst. Sie zielt primär darauf ab, die Wünsche und Bedürfnisse des Patienten zu befriedigen.[44]

Eine weitere Schlüsselposition obliegt den niedergelassenen Ärzten. Sie übernehmen als sogenannte Zuweiser die Vermittlerfunktion zwischen ambulantem und stationärem Sektor. Als fachkundige Personen und durch die praktische Erfahrung in der Zusammenarbeit sind sie in der Lage die Dienstleistungsqualität adäquat zu beurteilen. Für potentielle Patienten dienen sie als unabhängige Informationsquelle, die in den Krankenhausauswahlprozess mit einbezogen wird.[45]

Innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Kosten der in Anspruch genommenen Leistungen übernommen. Dazu schließen die Krankenkassen mit den Krankenhäusern Versorgungsaufträge ab, die sie verpflichten die im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erbrachten Leistungen zu vergüten. Gleichzeitig sind die Krankenkassen die Interessenvertreter der Versichertengemeinschaft und fordern vom Krankenhaus eine qualitativ hochwertige Versorgung zu vertretbaren Beitragssätzen.[46] Insofern sind auch sie als eine bedeutende Kundengruppe anzusehen.

3.2 Marketingforschung

Strategische Grundsatzentscheidungen basieren auf Informationen über den Ist-Zustand des aktuellen Marktsystems sowie erkennbaren prospektiven Entwicklungstendenzen. Krankenhäuser benötigen Marktforschung und kontinuierliche Analysen, um Chancen und Risiken aufzudecken und damit eine professionelle und zielgerichtete Entscheidungsgrundlage zu haben.[47] Umwelt- und Umfeldentwicklung sowie die Auswirkung alternativer Marktbearbeitungsstrategien sind mögliche Forschungsinhalte.

„Die Relevanz der Leistungsfähigkeit des Anbieters, die Integration des externen Faktors sowie die Immaterialität führen zu Bewertungsunsicherheiten bei potentiellen Nachfragern, deren Identifizierung Aufgabe der Marktforschung im Dienstleistungssektor ist.“[48]

[...]


[1] Vgl. Preißing, Dagmar (2010), S. 4-5.

[2] Vgl. Spindler, Jutta/ Schelhase Torsten (2009), S. 658-659, Arnold, Andrea (2008), S. 539.

[3] Vgl. Statista (2014), online im Internet unter http://de.statista.com/statistik/daten/studie/180058/umfrage/anteile-der-krankenhaeuser-in-deutschland-nach-traegerschaft/ (Stand:08.08.2014)

[4] Vgl. Bölt, Ute/ Graf, Thomas (2012), S. 114, Fischer, Michael (2009), S. 39.

[5] Gesellschaftlich als sinnvoll und notwendig anerkannter Leistungsgedanke ohne das Ziel der Gewinngenerierung. Vgl. Gabler-Wirtschaftslexikon, Stichwort Nonprofit-Organisation, online im Internet unter http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/nonprofit-organisation-npo.html?extGraphKwId=4696 (Stand:10.08.2014).

[6] Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), Gesetzliche Krankenversicherung, in der Fassung vom 20.12.1988 (BGBI. I S. 2477), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- Finanzierungsgesetz – GKV-FinG) am 22.12.2010 (BGBI I S.2309,2309).

[7] Vgl. Preuß, Olaf (2013), S. 26.

[8] Vgl. Hagen, Alexander (2009), S. 347.

[9] Sektorübergreifende Versorgungsform, durch eine Vernetzung der verschiedenen medizinischen Fachrichtungen. Vgl. Bundesministerium für Gesundheit (2014), online im Internet unter http://www.bmg.bund.de/krankenversicherung/zusatzleistungen-wahltarife/integrierte-versorgung.html (Stand: 08.08.2014).

[10] MVZ sind in der gesetzlichen Definition (§ 95 SGB V) fachübergreifende, ärztlich geleitete Einrichtungen, die über die strukturierte Zusammenarbeit mindestens zweier Ärzte mit unterschiedlichen Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen eine interdisziplinäre Versorgung aus einer Hand gewährleisten sollen. Vgl. Bundesverband Medizinische Versorgungszentren-Gesundheitszentren-Integrierte Versorgung e.V., online im Internet unter http://www.bmvz.de/wissenswertes/mvz-information/medizinische-versorgungszentren/#p1 (Stand:25.08.2014).

[11] Vgl. Zapp, Winfried/ Oswald, Julia et al. (2014), S. 17, Wernitz, Martin H./ Pelz, Jörg (2011), S. 91.

[12] Vgl. Zapp, Winfried/ Oswald, Julia et al. (2014), S. 104-111, Birkner, Barbara/ Lüttecke, Henner/Gürtler, Jochen (2009), S. 186-188, Preuß, Olaf (2013), S. 23, Statista (2014), online im Internet unter http://de.statista.com/statistik/daten/studie/180058/umfrage/anteile-der-krankenhaeuser-in-deutschland-nach-traegerschaft/ (Stand:08.08.2014).

[13] Vgl. Kolb, Thomas (2001), S. 31.

[14] Vgl. Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze, in der Fassung vom 10.04.1991 (BGBI. I S. 886), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz – KHRG) am 17.03.2009 (BGBI. I S. 534,534).

[15] Ebd.

[16] Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), Gesetzliche Krankenversicherung, in der Fassung vom 20.12.1988 (BGBI. I S. 2477), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV- Finanzierungsgesetz – GKV-FinG) am 22.12.2010 (BGBI I S.2309,2309).

[17] Vgl. Birkner, Barbara/ Lüttecke, Henner/Gürtler, Jochen (2009), S. 199-202.

[18] Vgl. Wernitz, Martin H./Pelz, Jörg (2011), S. 95.

[19] Vgl. Zapp, Winfried/ Oswald, Julia et al. (2014), S. 109.

[20] Vgl. Meffert, Heribert/ Burmann, Christoph/ Kirchgeorg, Manfred (2012), S. 29, Meffert, Heribert/ Bruhn, Manfred (2012), S. 14.

[21] Vgl. Preuß, Olaf (2013), S. 27.

[22] Vgl. Olandt, Henrik (1998), S. 10-12, Preuß, Olaf (2013), S. 27.

[23] Vgl. Preuß, Olaf (2013), S. 27.

[24] Vgl. Thill, Klaus-Dieter (1999), S. 44.

[25] Vgl. Fleßa, Steffen (2007), S. 234.

[26] Vgl. Schwegel, Philipp (2010), S. 8-10, O.V. (2004), online im Internet unter http://www.bsbzarchiv.de/unterricht/grundvollzuege_der_kirche.htm (Stand:10.08.2014).

[27] Schwegel, Philipp (2010), S. 10.

[28] Vgl. Fischer, Michael (2009), S. 46-52.

[29] Vgl. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478).

[30] Vgl. Schwegel, Philipp (2010), S. 12-13, Gärtner, Heribert W. (1994), S. 82-84.

[31] Vgl. Leisner, Walter (1983), S. 27, Gärtner, Heribert W. (1994), S. 82-84.

[32] Vgl. Schwegel, Philipp (2010), S. 14, Gärtner, Heribert W. (1994), S. 82-84.

[33] Vgl. Schwegel, Philipp (2010), S. 17.

[34] Gabler-Wirtschaftslexikon, Stichwort Nonprofit-Organisation, online im Internet unter http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/nonprofit-organisation-npo.html?extGraphKwId=4696 (Stand:10.08.2014).

[35] Vgl. Anheier, Helmut K./ Seibel, Wolfgang et al. (2002), S. 24, Fleßa, Steffen (2007), S. 226.

[36] Vgl. Schwegel, Philipp (2010), S. 140, Gärtner, Heribert, W., (1994), S. 87-88.

[37] Vgl. Gärtner, Heribert, W., (1994), S. 87-88, Oberender, Peter (2009), S. 11.

[38] Vgl. Meffert, Heribert/ Burmann, Christoph/ Kirchgeorg, Manfred (2012), S. 11.

[39] Meffert, Heribert (1974), S.8.

[40] Vgl. Meffert, Heribert/ Burmann, Christoph/ Kirchgeorg, Manfred (2012), S. 12-13.

[41] Als Zuweiser wird der niedergelassene Arzt bezeichnet, der den Patienten in das spezifische Krankenhaus einweist.

[42] Vgl. Thill, Klaus-Dieter (1999), S.50-51, Preuß, Olaf (2013), S. 77-79.

[43] Vgl. Scheuch, Fritz (2002), S. 292-293.

[44] Vgl. Fleßa, Steffen (2010), S. 284-286.

[45] Ebd.

[46] Vgl. Haubrock, Manfred/ Meiners, Norbert/ Albers, Frank (1998), S. 44.

[47] Vgl. Scheuch, Fritz (2002), S. 301-302.

[48] Meffert, Heribert/ Bruhn Manfred (2012), S.98.

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Marketing im konfessionellen Krankenhaus. Widerspruch oder Segen?
Untertitel
Inwiefern kann das Marketing aus der Gewerbewirtschaft auf den Nonprofit-Gedanken einer freigemeinnützigen Klinik übertragen werden?
Hochschule
Steinbeis-Hochschule Berlin
Note
1,5
Autor
Jahr
2014
Seiten
39
Katalognummer
V302873
ISBN (eBook)
9783668012554
ISBN (Buch)
9783668012561
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
marketing, krankenhaus, widerspruch, segen, inwiefern, gewerbewirtschaft, nonprofit-gedanken, klinik
Arbeit zitieren
Kerstin Bösl (Autor:in), 2014, Marketing im konfessionellen Krankenhaus. Widerspruch oder Segen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/302873

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