Im Jahr 1841 hatte sich Ludwig Feuerbach in seiner Schrift „Das Wesen des Christentums“ kritisch gegen die Religion gewandt – mit der These, Gott sei nur eine Projektion des endlichen Menschen, der Unendlichkeit ersehne. Dieser These schließt sich Freud in seinem Werk „Die Zukunft einer Illusion“ (1927) weitestgehend an, indem er ebenfalls artikuliert, dass der Gottesglaube einem menschlichen Wunschdenken entspringe. Freud nennt dieses Phänomen Illusion und bezieht seinen psychoanalytischen Ansatz mit in die diesbezüglichen Untersuchungen ein.
Inhaltsverzeichnis
- Was hat die Ontogenese (=Individualgeschichte) des menschlichen Individuums mit der Religion zu tun?
- Inwiefern ist nicht nur die persönliche, sondern auch die soziokulturelle Bedeutung der Religion fragwürdig?
- Illusion oder Irrtum - welchem Begriff kann man die Religion eher zuordnen?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay untersucht Freuds These, dass der Gottesglaube eine Illusion ist, die aus den kindlichen Bedürfnissen nach Schutz und Orientierung resultiert. Dabei wird Freuds psychoanalytischer Ansatz auf die Religion angewendet und die Rolle der Ontogenese in der Entwicklung des religiösen Gefühls beleuchtet.
- Die Rolle des Vaterkomplexes in der Entstehung des Gottesglaubens
- Die soziokulturelle Funktion der Religion
- Die Illusion des Gottesglaubens im Vergleich zu wissenschaftlichen Erkenntnissen
- Die Kritik an Freuds These durch Theologen wie Hans Küng und Karl-Heinz Weger
Zusammenfassung der Kapitel
Was hat die Ontogenese (=Individualgeschichte) des menschlichen Individuums mit der Religion zu tun?
Freud argumentiert, dass der Mensch in seiner Kindheit ein Bedürfnis nach Schutz und Orientierung entwickelt, das durch die Eltern, insbesondere den Vater, gestillt wird. Im Laufe seiner Entwicklung sehnt sich der Mensch nach einer noch mächtigeren Vaterfigur, die er in Gott findet. Die Religion bietet dem Menschen eine „großartige Erleichterung für die Einzelpsyche“ (Freud: Zukunft einer Illusion, S. 133), indem sie die Ängste und Unsicherheiten des Lebens mildert und Antworten auf existenzielle Fragen liefert.
Inwiefern ist nicht nur die persönliche, sondern auch die soziokulturelle Bedeutung der Religion fragwürdig?
Freud kritisiert die soziokulturelle Funktion der Religion, die er als ein Mittel zur Kontrolle und Unterdrückung der Menschen sieht. Am Beispiel des Tötungsverbotes zeigt er auf, dass die Religion durch ihre moralischen Gebote den Menschen zwar zu einem friedlicheren Zusammenleben bewegen kann, aber gleichzeitig seine Freiheit einschränkt. Freud plädiert für eine rationale Begründung der moralischen Regeln, die nicht auf göttlichen Geboten, sondern auf den Bedürfnissen der Menschen selbst beruht.
Schlüsselwörter
Psychoanalyse, Religion, Illusion, Vaterkomplex, Ontogenese, Soziokultur, Tötungsverbot, Wissenschaft, Kritik, Hans Küng, Karl-Heinz Weger.
- Arbeit zitieren
- Milena Bonifert (Autor:in), 2015, Freud über den Gottesglauben als Illusion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303153