Griechenland das neue Lehman?

Untersuchung der Subprime- und Finanz- / Staatenkrise mit gesondertem Fokus auf Griechenland


Bachelorarbeit, 2012

50 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS

1 Einführung

2 Die Subprime-Krise
2.1 Verlauf der Subprime-Krise
2.1.1 Die Rolle der FED
2.1.2 Der Immobilienmarkt
2.1.3 Der Verbriefungsprozess
2.1.4 Die Rolle der Rating-Agenturen
2.2 Leidtragende der Subprime-Krise
2.3 Lehman Brothers und die Folgen auf den Interbankenmarkt
2.4 Milliarden für die Rettung

3 Die Finanz- / Staatenkrise
3.1 Verlauf und Status quo
3.2 Die Rolle der EZB

4 Griechenland das neue Lehman?

5 Fazit

QUELLENVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Aktienindizes im Vergleich

Abb. 2: Leitzinsen der FED und EZB

Abb. 3: Veränderung des Bruttoinlandsprodukt der USA

Abb. 4: Case-Shiller-Index

Abb. 5: Vergabe von Subprime-Hypotheken

Abb. 6: Zwangsversteigerungen von Wohnimmobilien in den USA

Abb. 7: Der Verbriefungsprozess

Abb. 8: Übersicht verbriefter Finanzprodukte

Abb. 9: Übersicht der Ratingklassen

Abb. 10: Wachstum bei der Emission von verbrieften Produkten

Abb. 11: Verschiedene Anlagen im Vergleich

Abb. 12: Wichtige Ereignisse im Jahr 2008

Abb. 13: Risikoprämien auf dem Interbankenmarkt

Abb. 14: Die Banken-Rettungspakete (Milliarden Euro)

Abb. 15: Absturz der Aktienmärkte

Abb. 16: Schuldenschnitt für Griechenland

Abb. 17: Einlagenfazilität der EZB

1 Einführung

„ Investieren ist kein Spiel, in dem derjenige mit einem IQ von 160 diejenigen mit einem IQ von 130 schlägt. Vernunft ist wesentlich “ 1

„ Risiko entsteht dann, wenn Anleger nicht wissen, was sie tun “ 2

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) wählte den Begriff Finanzkrise im Jahr 2008 zum Wort des Jahres.3 Dies verdeutlicht, dass die Krisen an den Finanzmärkten seit 2008 das dominierende Thema in Medien-, Wirtschafts- und Finanzwelt sind. Seit dem Ausbruch der Subprime-Krise im selben Jahr und die darauf folgende Wirtschafts- krise, sind die Auswirkungen dieser Krise noch heute spürbar. Durch zahlreiche not- leidende Banken, Versicherungen, Fonds und Unternehmen infolge der Krise, und die dafür eingesetzten Hilfszahlungen seitens der Staaten, stieg die Staatsverschuldung in diesen Ländern enorm an. So ist es zum heutigen Zeitpunkt sogar soweit, dass mit Griechenland ganze Staaten vor dem Bankrott stehen. Über Griechenland wird in den letzten Monaten heftig diskutiert, ob das Land in die Insolvenz gehen soll und somit aus dem Euro austritt, oder ob es durch massive finanzielle Unterstützung der anderen EU- Länder und innenpolitische Reformen versucht, die extreme Schuldenlast von 160 Prozent des Bruttoinlandprodukts abzubauen.

In dieser wissenschaftlichen Arbeit soll dem Leser ein Überblick über die Krisen seit dem Jahr 2007 sowie deren Zusammenhang gegeben werden. Im ersten Abschnitt dieser Arbeit wird ein Überblick über den Verlauf und die Auswirkungen der Subprime-Krise gegeben. Hierbei wird insbesondere auf den Ursprung und die unterschiedlichen Akteure der Krise näher eingegangen. Zum Schluss wird in diesem Abschnitt auf die Folgen der Subprime-Krise eingegangen. Im zweiten Abschnitt dieser Arbeit wird die aktuelle Finanz- und Staatenkrise näher erläutert. Auch hier wird dem Leser zuerst ein Überblick über den Verlauf und den Status quo gegeben. Weiter werden die Akteure und vermeintlichen Opfer dieser Krise beleuchtet, wobei der Fokus auf Griechenland liegt. Da die Krise noch nicht überstanden ist, erfolgt die Thematisierung und Behand- lung der Krise nur bis zum Juni 2012. Im weiteren Verlauf wird auf Rolle der Euro- päischen Zentralbank eingegangen. In einem weiteren Punkt wird versucht, aus der Pleite einer Investmentbank Rückschlüsse auf eine mögliche Staatenpleite zu ziehen. Abschließend wird in dieser Arbeit noch ein Fazit gezogen.

2 Die Subprime-Krise

Im Frühjahr 2007 nahm die Subprime-Krise ihren Lauf und wurde langsam von den Medien und Finanzmärkten wahrgenommen. Nach dem Zusammenbruch der Invest- mentbank Lehman-Brothers am 15. September 2008, die als Sinnbild für die Subprime- Krise gilt, traten erhebliche Verwerfungen an den Kapitalmärkten auf. Für eine genauere Untersuchung der Entstehung und Folgen der Subprime-Krise muss ein Blick auf viele vorherige Zeitperioden und verschiedene Akteure erfolgen, die in den nach- stehenden Punkten erfolgen soll.

2.1 Verlauf der Subprime-Krise

Es gibt viele verschiedene Theorien über den Ausbruch der Subprime-Krise. Nicht weniger viele unterschiedliche Interessengruppen betrieben Ursachenforschung und stellten die verschiedensten Hypothesen auf. Ein paar Ansätze scheinen jedoch über alle Gruppen hinweg erhaben zu sein: Zum ersten, dass die Krise aus Amerika stammt und zum zweiten, dass es eine Krise im Anlagengeschäft ist.4 Bei genauerer Unter- suchung des Ursprungs für die Subprime-Krise kann festgehalten werden, dass der Be- ginn auf das Jahr 2000 zurückführt. In diesem Jahr zerbrach die in den Medien als Dotcom-Blase bezeichnete Spekulationsblase an den Finanzmärkten, worauf die Finanzmärkte nach neuen Höchstständen die ersten Einbrüche hinnehmen mussten. Hinter der Dotcom-Blase verbirgt sich eine Überbewertung an den Finanzmärkten, der so genannten New-Economy-Unternehmen5. Ein weiteres wichtiges Ereignis für den Ausbruch der Subprime-Krise war der Terroranschlag in den USA am 11. September 2001. Dieser führte dazu, dass die Aktienmärkte noch weiter als bisher fielen (Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Aktienindizes im Vergleich

Quelle: Sinn, (2009), Kasino-Kapitalismus, S. 44

Auf diese schwerwiegenden Ereignisse reagierte die amerikanische Zentralbank mit drastischen Zinssenkungen zur Stützung der Aktienmärkte. Die niedrigen Zinsen kön- nen unter anderem als ein weiterer Auslöser der Subprime-Krise anerkannt werden. Auf die Rolle der US-Zentralbank (FED) wird im nachfolgenden Kapitel näher eingegangen. Ein zusätzlicher Auslöser der Krise war die sogenannte Verbriefung, die unter Punkt 2.1.3 ausführlicher beschrieben wird.

2.1.1 Die Rolle der FED

Viele Ökonomen machen den damaligen Zentralbankpräsidenten Greenspan mit seiner lockeren Geldpolitik für den Immobilienboom verantwortlich. So erreichte der Leitzins in Amerika im Jahre 2000, vor dem Platzen der Dotcom-Blase, seinen Höhepunkt von 6,5 Prozent. Nach dem Platzen dieser Spekulationsblase und den Terroranschlägen auf das World-Trade-Center hatte Greenspan den Leitzins aggressiv und kontinuierlich ge- senkt. So fiel der Leitzins innerhalb eines Jahres bis Ende 2001 auf 1,75 Prozent. Weiterhin wurde der Zins von der amerikanischen Zentralbank bis zum Ende des Jahres 2003 auf ein Prozent gesenkt, was bis dahin der niedrigste Stand in der Geschichte der Vereinigten Staaten war. Der geringe Zinssatz der US-Zentralbank hat definitiv zur Be- lebung der Wirtschaft in den USA beigetragen.6 Die schnellen Zinssenkungen durch die Federal Reserve Bank (FED) werden durch Abbildung 2 verdeutlicht, wobei die rote Zinskurve die der Federal Reserve Bank (FED) und die blaue Zinskurve die der Europäischen Zentralbank (EZB) widerspiegelt. In der Abbildung wird zudem ersichtlich, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen nicht so enorm gesenkt hat. Dafür wurde sie anfangs von vielen Ökonomen kritisiert, weil es die USA bereits eineinhalb Jahre vor Deutschland aus der Krise geschafft hatte.7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Leitzinsniveau der FED und EZB

Quelle: URL: http://www.leitzinsen.info/ [08.06.2012]

Durch die Niedrigzinspolitik der Federal Reserve Bank (FED) wurden enorme Mengen an billigem Geld in die Finanzmärkte gepumpt, woraus sich eine steigende Inflation während dieser Zeit andeute. Die Liquidität sowie das Kreditangebot waren auf den Kapitalmärkten durch diese Maßnahmen sehr hoch. Daraus resultierten niedrige An- leihezinsen und die Finanzmarkt-Akteure suchten neue Anlagemöglichkeiten für das Überschüssige Geld. Die Inflation betrug in dieser Zeit ca. 2 Prozent, was in Verbindung mit den Zinsen einen negativen Realzins zur Folge hatte. Daraus resultierte eine steigende Kreditexpansion, wodurch sich die befürchtete, langanhaltende Rezession in den USA ab dem Jahre 2002 langsam erholte.8 Verdeutlicht wird dies an- hand des Wachstums des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts in Abbildung 3.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Veränderung des Bruttoinlandsprodukt der USA

Quelle: URL: http://tutor2u.net/blog/index.php/economics/comments/reverse-de-coupling-may-save-the- usas-bacon [08.06.2012]

Nach einer ein bis zwei jährigen Niedrigzinsphase stabilisierte sich das Wachstum der Vereinigten Staaten im Jahre 2004 langsam. Auf Grund dessen steuerte die amerikanische Zentralbank mit steigenden Leitzinsen, wie in Abbildung 2 zu sehen, gegen den dadurch höheren Inflationsdruck. Durch die Anhebung des Leitzinses kamen viele Kreditnehmer in ernstzunehmende Schwierigkeiten. Genauer betrachtet wird dieses Problem im nachfolgenden Kapitel.

2.1.2 Der Immobilienmarkt

Einen weiteren wichtigen Ausgangspunkt für die Subprime-Krise bildet der amerikani- sche Immobilienmarkt. Hierfür muss zuerst verstanden werden, dass die Bedeutung eines Eigenheims für einen Amerikaner sehr viel größer ist, als beispielsweise für einen Franzosen. „Das eigene Haus ist fester Bestandteil des American Dream.“9 Das Ziel eines fast jeden Amerikaners ist es, ein eigenes Heim zu Besitzen. Dagegen wohnen Menschen in Frankreich und anderen europäischen Ländern oft in Mietwohnungen in- nerhalb und außerhalb der Ballungszentren.10 „Wer ein eigenes, frei stehendes Ein- familienhaus erwirbt - und sei es in einer noch so monotonen Vorortsiedlung -, ist mit einem Schlag ein ››richtiger‹‹ Bürger der Vereinigten Staaten.“11 „Schon immer haben die Amerikaner einen relativ höheren Anteil ihres Einkommens für ihre Häuser aus- gegeben als die Europäer, die ihr Geld im Durchschnitt eher in Reisen, Essen und Kultur investieren. My home is my castle - dieser englische Ausspruch passt auf die Bewohner der USA.“12 Um sich sein eigenes Haus zu kaufen, konnte der Amerikaner einen sogenannten regressfreien Kredit aufnehmen. Regressfreie Kredite sind in den Vereinigten Staaten üblich und besitzen eine beschränkte Durchgriffshaftung auf das sonstige Vermögen des Hausbesitzers. Das bedeutet, dass sich die Banken im In- solvenzfall nur an dem Haus des Schuldners bedienen dürfen und nicht an seinen künf- tigen Arbeitseinkommen oder sonstigen Wertgegenständen. Üblicherweise wurde bei diesen Krediten eine Anzahlung in Höhe von 20 Prozent geleistet. Was so viel bedeutet wie, dass 80 Prozent des Eigenheims Fremdfinanziert war. Mit der Zeit war es sogar möglich, sein Eigenheim zu 100 Prozent fremd zu finanzieren. Solange die Häuser- preise in den USA stiegen, stellte die komplette Fremdfinanzierung kein Problem dar, denn der Wert der Immobilie überstieg den Wert der aufgenommenen Hypothek. Über- wiegend waren die Kredite mit einer 30-jährigen Laufzeit und einem festen Zinssatz strukturiert.13 Die steigenden Häuserpreise werden durch Abbildung 4 verdeutlicht. Der so genannte Case-Shiller-Index bildet die Hauspreisentwicklung in den USA ab. Hier ist deutlich zu sehen, dass die Preise auf dem amerikanischen Häusermarkt seit Anfang der 90er Jahre kontinuierlich zunahmen. Ab dem Jahre 2000 entwickelten sich die Häuser- preise überproportional. So hatte sich der Wert eines Eigenheims im Durchschnitt in den Jahren 2000 bis 2006 fast verdoppelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Case-Shiller-Index

Quelle: URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Case-Shiller-Index [09.06.2012]

Durch die stetig steigenden Häuserpreise wurde der private Konsum und somit die amerikanische Konjunktur gestützt. Jeder Immobilienbesitzer fühlte sich reicher, da sein Vermögen durch den Immobilienpreisanstieg wuchs.14 Ende 2001 kamen zu der Er- wartung ständig steigender Hauspreise die niedrigen Leitzinsen der Federal Reserve (FED), siehe Kapitel 2.1.1, wodurch die Hypothekenzinsen enorm fielen. Diese zwei Ereignisse führten dazu, dass die amerikanischen Immobilienbesitzer anfingen ihre auf- genommenen Hypothekenkredite mit 30-jährigem festem Zinssatz umzuschichten.15 Aufgrund des amerikanischen Gesetzes war dies möglich, wodurch der Kreditnehmer bei fallenden Zinssätzen seinen Kreditvertrag kündigen konnte und dafür einen Vertrag mit variablen und anfangs günstigeren Zinsen aufnehmen kann.16. Dieses Ereignis, zu- sammen mit der unkontrollierten Kreditvergabe seitens der amerikanischen Banken, kann als Kernproblem für den Ursprung der Subprime-Krise identifiziert werden, da das spätere Problem der Krise dort seinen Anfang fand. Das folgende Beispiel soll das zu- vor genannte Problem auf Grund seiner Bedeutung nochmals verdeutlichen. Ein amerikanischer Hauseigentümer ist im Besitz einer Immobilie, die einen Wert von 300.000 US-Dollar hat. Die Immobilie ist zu 100 Prozent fremdfinanziert. Getilgt hat der Schuldner bereits 150.000 US-Dollar, was einem Eigenkapital von 150.000 US-Dollar, das in dem Haus verankert ist, entspricht. Jetzt verändern sich zwei Dinge: Zum ersten sinkt seine Hypothek mit 30-jährigem festem Zinssatz von 8,8 Prozent auf 6 Prozent. Zum zweiten steigt der Immobilienpreis von 300.000 US-Dollar auf 400.000 US-Dollar. Jetzt kann, wenn die Banken zusagen, eine neue Hypothek in Höhe von 200.000 US-Dollar mit variablem Zinssatz aufgenommen werden. Mit der neuen Hypo- thek kann jetzt der Rest der alten Hypothek von 150.000 US-Dollar abgelöst und gleichzeitig immer noch ein Eigenkapitalanteil von 50 Prozent (200.000 US-Dollar) vorgewiesen werden. Der Hauseigentümer hat somit 50.000 US-Dollar mehr Eigen- kapital im Haus, kann aber durch den neuen Kredit gleichzeitig 50.000 US-Dollar für andere Dinge ausgeben. Am Ende fällt sogar die Zinsbelastung von 1.100 US-Dollar auf 1.000 US-Dollar im Monat.17 So wurden bei vielen neuen Krediten Baraus- zahlungen vereinbart, die dazu genutzt wurden, um beispielsweise Kreditkartenschulden oder diverse Rechnungen zu bezahlen. Es fand quasi eine Zweckentfremdung der Hypothekenkredite statt. Die Kredite wurden so zu einfachen Ratenkrediten umfunktioniert.18 Durch die leichtsinnige Kreditvergabe der Hypothekenbanken und die niedrigen Zinsen der US-Zentralbank erhöhte sich das Volumen der Hypothekenkredite von 385 Milliar- den US-Dollar im Jahre 2000 auf einen Höchstwert im Jahre 2005 von 963 Milliarden US-Dollar.19 Durch Abbildung 5 wird erkenntlich, dass sich die Anzahl der Hypo- thekenkredite bei den so genannten Subprime-Kreditnehmern ab dem Jahr 2000, in dem auch die Zinsen sehr niedrig waren, drastisch erhöhten. Es ist außerdem in der Abbildung 5 ersichtlich, dass zu Beginn der 90er Jahre nur sehr wenig Subprime- Kredite vergeben wurden. Überwiegend wurden die neuen Hypothekenverträge mit ei- nem für kurze Zeit festen Zinssatz und nachfolgendem variablen Zinssatz aus- geschmückt. Folglich vervielfachte sich die zu zahlende monatlichen Hypotheken der Schuldner bei steigenden Zinsen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Vergabe von Subprime-Hypotheken

Quelle: URL: http://corporatecontrol.de/finanzkrise/subprimekrise/ [10.06.2012]

Unter Subprime-Kreditnehmer wird im Allgemeinen Kreditnehmer mit schlechter Boni- tät verstanden. Subprime kann als zweitklassig oder zweitklassiger Kredit mit schlechter Bonität interpretiert werden. Weiter besteht bei diesen Kreditnehmern ein erhöhtes Ri- siko eines Zahlungsverzugs oder sogar einer Insolvenz. Die amerikanischen Hypothe- kenbanken entwickelten diesbezüglich speziell für dieses Segment Finanzierungs- produkte mit sehr geringen Kreditvergabestandards. So wurden diese Produkte auf Grund ihrer besonderen Anreize für Hausbesitzer mit schlechter Bonität in der Presse auch als NINJA-Loans (no income, no job, no assets) bezeichnet. Zwei dieser Produkte waren beispielsweise die Hybrid Adjustable Rate Mortages oder die Payment Options Adjustable Rate Mortages. Bei dem erst genannten Produkt handelt es sich um einen Hypothekenkredit, bei dem am Anfang der Laufzeit ein fester niedriger Zins vereinbart wurde und nach einer kurzen Zeit der variable Zinssatz einsetzte. Bei dem zweiten ge- nannten Produkt waren zu Beginn ebenfalls sehr niedrige Zinsen vereinbart worden, sogar deutlich unterhalb der Zinskosten. Daraufhin erhöhte sich der Kreditbetrag zum Anfang der Laufzeit erheblich. Zwei weitere Finanzierungslösungen der Hypotheken- banken waren die sogenannten Piggyback-Darlehen und die Stated-income-loans. Bei einem Piggyback-Darlehen handelt es sich um einen zweiten Kredit, der neben dem ursprünglichen 80 Prozent Finanzierungsdarlehen, die eigentlich als 20 prozentige Ei- genkapitaleinlage zählenden Teil finanziert. Bei dem zuletzt genannten Produkt wurde vollständig auf eine Bonitätsüberprüfung des Kreditnehmers verzichtet.20 Aber die Rechnung der Kreditnehmer und Banken ging nur auf, solange der Wert des Hauses den Wert der Hypothek überstieg. „Insgesamt lag der Vergabe von Krediten an Kunden mit schlechter Bonität sowohl von Seiten des Kreditgebers wie auch des Kreditnehmers eine Spekulation auf stabile beziehungsweise steigende Immobilienpreise sowie auf niedrige respektive sinkende Zinsen zugrunde.“21 Durch dieses Verhalten der amerikanischen Hausbesitzer und den amerikanischen Banken wurde die Spekulationsblase erst richtig vergrößert. „Das böse Erwachen auf dem Immobilienmarkt begann erst im Sommer 2006: Die Immobilienpreise fielen, erst langsam, dann immer schneller.“22 In Ab- bildung 4 ist der rasante Abfall der Immobilienpreise gut ersichtlich. Während in den Jahren 2003 bis 2007 die Zinsen von ein Prozent auf 5,75 Prozent anstiegen, gerieten vorwiegend die Schuldner mit variablen verzinsten Hypothekenverträgen in Bedrängnis. Viele der Schuldner hatten durch die erhöhten Zinsen eine so hohe monatliche Raten- zahlung, dass sie diese nicht mehr leisten konnten.23 Zusätzlich waren die Banken zu dieser Zeit auch nicht mehr bereit, neue Kredite zu vergeben, was zu vielen Zwangsver- steigerungen führte, vor allem in dem so genannten Subprime-Markt.24 Durch Ab- bildung 6 wird nochmals verdeutlicht, dass vor allem im Subprime-Markt die Anzahl der Zwangsversteigerungen enorm anstieg.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Zwangsversteigerungen von Wohnimmobilien in den USA Quelle: Sinn, (2009), Kasino-Kapitalismus, S. 122

Als Folge der vielen Zwangsversteigerungen, und somit ausbleibenden Hypotheken- zahlungen sowie den sinkenden Häuserpreisen, konnten die Banken die restlichen Dar- lehenssummen durch den Verkauf der Häuser nicht mehr einbringen. Daraufhin gerieten viele Banken in Liquidationsengpässe und einige Banken standen dadurch sogar kurz vor einer Insolvenz, wodurch das Vertrauen der Banken untereinander schwere folgen erlitt.25

2.1.3 Der Verbriefungsprozess

Ein weiterer Grund für das Ausbrechen und vor allem für die Verkettung der Subprime- Krise auf den globalen Finanzmärkten, stellen einige Produktinnovationen seitens der Banken dar. „Die globale Verschuldung hätte nie zu ihrer heutigen Dimension auflaufen können, wenn die Finanzbranche nicht etwas erfunden hätte, was es den Unternehmen ermöglichte, in den letzten fünfundzwanzig Jahren die Verschuldungsmaschinerie noch einmal stark zu beschleunigen: die ››Securitization‹‹ (abgeleitet von dem englischen Wort security = Wertpapier) oder auch ››Verbriefung‹‹.“26 Der Gedanke der hinter der Verbriefung steckt, ist einen perfekten Rendite-Risiko-Mix für die Investoren zu bieten.

In der Regel treten für verbriefte Finanzprodukte Banken, Versicherungen, Unterneh- men oder Finanzgesellschaften als Verkäufer auf. Im Prozess der Verbriefung fasst der Verkäufer verschiedene Vermögenswerte zu einem so genannten Pool zusammen. Der Pool entspricht dann einer Anleihe. Überwiegend wurden Hypothekenkredite, Kredit- kartenkredite oder Autokredite in einem Pool zusammengefasst. Dieser Pool aus unter- schiedlichen Krediten soll dann an den Finanzmärkten verkauft werden. Die Forderungen gegenüber den Kreditnehmern werden also so an Dritte weiter verkauft. Abbildung 7 verdeutlicht nochmals den Vorgang einer Verbriefung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Der Verbriefungsprozess

Quelle: Bartmann/Buhl/Hertel, (2009), Ursachen und Auswirkungen der Subprime-Krise, S. 3

Hier wurden überwiegend Special Purpose Vehicle ´ s (Zweckgesellschaften) gegründet, an die diese Bündelung von Vermögenswerten verkauft wurden. Diese Zweckgesell- schaften teilen dann den Pool in verschiedene Tranchen auf, wobei die Kredite je nach Ausfallrisiko bewertet und in einzelne Tranchen zusammengefasst werden. Durch die unterschiedlichen Bewertungen der Tranchen, haben diese auch unterschiedliche Ren- diten. Wobei Tranchen mit einem höheren Ausfallrisiko folglich auch eine höhere Ren- dite enthalten. So entstehen Tranchen mit Bezeichnungen wie AAA-Tranche (sehr ge- ringes Ausfallrisiko), BBB-Tranche (mittleres Ausfallrisiko) und einer Equity-Tranche (sehr hohes Ausfallrisiko). Bei der Bedienung der einzelnen Tranchen steht die AAA- Tranche, auch Senior-Tranche genannt, an erster Stelle. Daraus folgt das die letzte, die Equity-Tranche, erst dann ausbezahlt wird, wenn alle anderen Tranchen bedient wur- den. Das nötige Know-How für die richtige Tranchierung holen sich die Zweckgesell- schaften bei den Investmentbanken, die sich überwiegend um die Strukturierung und Platzierung am Kapitalmarkt kümmern. Durch die Zusammenfassungen von Ver- mögenswerten mit unterschiedlichen Risiken wird es ermöglicht, bessere Bewertungen zu erhalten, was für die einzelnen schlechten Vermögenswerte nicht möglich wäre. Von den einzelnen Tranchen erwerben die Investoren je nach Risikoneigung einzelne Anteile und bekommen dafür im Gegenzug monatliche Zahlungen, in Form von Cash-Flow´s. Für das Verbriefen hatten die Emittenten verschiedene Gründe. So können durch die Verbriefung von einzelnen Krediten die Finanzierungskosten herunter gefahren werden. Indem die Emittenten diese weiter verkaufen, können sie die Kapitalunterlegungspflich- ten nach Basel II umgehen. Weiter können die Emittenten durch das Verbriefen die Ausfallwahrscheinlichkeiten einzelner Kreditnehmer auf mehrere Investoren verteilen. Ein weiterer positiver Aspekt besteht in der durch die verbrieften Finanzprodukte neu geschaffene Liquiditätsbeschaffung. Emittenten können so also neue Wege zur Beschaf- fung von Finanzmitteln gehen, wodurch diese wiederum mehr Kredite vergeben kön- nen.27 Einen Überblick über die gängigsten Verbriefungsprodukte wird durch Abbil- dung 8 gegeben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Übersicht verbriefter Finanzprodukte

Quelle: Bloss/Ernst/Häcker/Eil, (2009), Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise, S. 68

[...]


1 Warren Buffett

2 Warren Buffett

3 Vgl. Gesellschaft für deutsche Sprache, Wort des Jahres 2008

4 Vgl. Reifner, (2010), Die Geldgesellschaft, S. 207

5 Überwiegend Internet Unternehmen

6 Vgl. Sinn, (2009), Kasino-Kapitalismus, S. 53

7 Vgl. Sinn, (2009), Kasino-Kapitalismus, S. 53 f.

8 Vgl. Evans, (2007), Die internationalen finanziellen Turbulenzen, S. 3 f.

9 Otte, (2006), Der Crash kommt, S. 91

10 Vgl. Otte, (2006), Der Crash kommt, S. 91 f.

11 Otte, (2006), Der Crash kommt, S. 92

12 Otte, (2006), Der Crash kommt, S. 92

13 Sinn, (2009), Kasino-Kapitalismus, S. 106 f.

14 Vgl. Storbeck, (2009), Die Jahrhundertkrise, S. 34

15 Vgl. Storbeck, (2009), Die Jahrhundertkrise, S. 34

16 Vgl. Sommer, (2009), Die Subprime-Krise und ihre Folgen, S. 5

17 Vgl. Otte, (2006), Der Crash kommt, S. 86

18 Vgl. Reifner, (2010), Die Geldgesellschaft, S. 216 f.

19 Vgl. Evans, (2007), Die internationalen finanziellen Turbulenzen, S. 4

20 Vgl. Bartmann/Buhl/Hertel, (2009), Ursachen und Auswirkungen der Subprime-Krise, S. 14

21 Bartmann/Buhl/Hertel, (2009), Ursachen und Auswirkungen der Subprime-Krise, S. 14

22 Storbeck, (2009), Die Jahrhundertkrise, S. 34

23 Vgl. Bloss/Ernst/Häcker/Eil, (2009), Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise, S. 27

24 Vgl. Sinn, (2009), Kasino-Kapitalismus, S. 121

25 Vgl. Bloss/Ernst/Häcker/Eil, (2009), Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise, S. 27

26 Otte, (2006), Der Crash kommt, S. 107

27 Vgl. Bloss/Ernst/Häcker/Eil, (2009), Von der Subprime-Krise zur Finanzkrise, S. 67 ff.

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Griechenland das neue Lehman?
Untertitel
Untersuchung der Subprime- und Finanz- / Staatenkrise mit gesondertem Fokus auf Griechenland
Hochschule
Fachhochschule Nordhausen
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
50
Katalognummer
V303185
ISBN (eBook)
9783668015364
ISBN (Buch)
9783668015371
Dateigröße
2401 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Griechenland, Schuldenkrise, Krise, Finanzkrise, Staatskrise, Staatsschuldenkrise, Euro-Krise, Eurokrise, Vergleich, Immobilienmarkt, Zinsen, Lehman Brothers, Lehman, Pleite, Bankenpleite, Staatspleite, Subprimekrise, Subprime;
Arbeit zitieren
Sebastian Boosen (Autor:in), 2012, Griechenland das neue Lehman?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303185

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