Sozialkompetenzen und Stressmanagement von Kindern und Jugendlichen. Förderung durch gezielte Unterstützung in der Freizeit


Bachelorarbeit, 2015

58 Seiten, Note: 3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Fragestellung und Zielsetzung
1.2. Begriffsdefinitionen zur Fragestellung
1.3. Sozialpädagogische Relevanz
1.4. Kapitelübersicht

2. Soziale Entwicklung
2.1. Soziales Lernen
2.2. Persönlichkeitsbildung
2.3. Identitätsentwicklung nach Erik Erikson
2.4. Der Einfluss Gleichaltriger auf die Charakterbildung

3. Stress
3.1. Wissenschaftliche Sicht auf Stress
3.2. Stressmodell
3.3. Negativer und positiver Stress
3.4. Stress aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen

4. Soziale Kompetenz
4.1. Fähigkeiten von sozial kompetenten Kindern und Jugendlichen
4.2. Soziale Kompetenz Modelle im Vergleich
4.2.1. Soft Skills Modell nach Ruth Meyer
4.2.2. Sozial Kompetenz Modell nach Caldarella und Merrell
4.3. Soziale Kompetenzen und resilientes Verhalten

5. Resilienz
5.1. Das Konzept der Resilienz
5.2. Risiko- und Schutzfaktoren
5.3. Förderung von resilientem Verhalten

6. Möglichkeiten der Freizeitbetreuung
6.1. Die Rolle der sozialpädagogischen Fachkraft in der Freizeit
6.2. Sinnvolle Freizeitgestaltung
6.2.1. Bewegung und Sport
6.2.2. Kunst und Bildnerisches Gestalten
6.2.3. City Bound, Erlebnisorientiertes soziales Lernen in der Stadt
6.2.4. Entspannungstechniken
6.2.5. Weitere Möglichkeiten für Freizeitgestaltung

7. Resümee

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In der heutigen Zeit kennt jeder Mensch den Alltagsstress. Manche Menschen haben eine starke Persönlichkeit, sind entspannt oder haben ein gutes Zeitmanagement und schaffen es sich nicht zu stressen. Aber es gibt auch viele die durch Leistungsdruck von außen oder von sich aus, an Überforderung und Erschöpfung leiden. Durch diesen andauernden Stress kommt es meistens zu physischen und psychischen Erkrankungen, die einem sprichwörtlich die Lust am Leben nehmen. Chronische Schmerzen, Depressionen oder Burnout sind nur einige Erkrankungen deren Auslöser Stress ist. Nun denken wir, dass Stress nur ein „Erwachsenen Problem“ wäre und können uns schwer vorstellen, dass auch Kinder und Jugendliche, genauso wie Erwachsene, davon betroffen sein können. Doch leider betrifft dieses Phänomen auch Kinder und Jugendliche, wenn nicht sogar noch intensiver. Erwachsene haben den Vorteil, durch Lebenserfahrung, einer ausgeprägten Persönlichkeit oder durch Wissen, Stress zu erkennen und sich durch Stressbewältigungsstrategien, die schon einmal funktioniert haben, zu schützen. Kinder und Jugendliche, die sich noch in der Persönlichkeitsentwicklung befinden und nicht auf lange Lebenserfahrung zurückgreifen können, sind dem entsprechend ungeschützter gegenüber Stress. Nicht nur, dass Kinder und Jugendliche ungeschützter sind, sie werden durch Stress auch in ihrer Entwicklung eingeschränkt. Die Selbstsicherheit schwindet, das Selbstwertgefühl bildet sich nur unzureichend aus und die Angst daraus begleitet die Heranwachsenden vielleicht ihr ganzes Leben lang. Dem kann man aber vorbeugen, wenn darauf geschaut wird, was benötigt wird um Kinder und Jugendliche zu unterstützen. Wann ist ein Kind Überfordert? Was kann einem Jugendlichen helfen Probleme nicht als unlösbar zu sehen, sondern als Herausforderungen anzunehmen! Wie und was für Möglichkeiten haben sozialpädagogische Fachkräfte ihren Erziehungsauftrag so umzusetzen, dass Kinder und Jugendliche in eine stressfreiere Zukunft blicken können.

Um die Arbeit lesbar zu halten wurde statt "sozialpädagogische/r FachbetreuerIn" der genderneutrale Begriff "sozialpädagogische Fachkraft" verwendet.

1.1. Fragestellung und Zielsetzung

Daraus ergibt sich folgende Fragestellung:

Welche Möglichkeiten hat die sozialpädagogische Fachkraft um Kinder und Jugendliche in ihrer freien Zeit so zu unterstützen, dass diese die notwendigen Kompetenzen und Eigenschaften entwickeln, um Stress vorzubeugen, zu bewältigen oder damit umgehen zu können?

In dieser Arbeit soll erklärt werden was Kinder und Jugendliche zu einer gesunden Entwicklung brauchen. Es wird der Begriff "Stress" beschrieben. Anschließend wird auf die Relevanz von sozialen Kompetenzen und Resilienz eingegangen. Zum Schluss werden noch die Möglichkeiten durch gezielte Freizeitgestaltung soziale Kompetenzen und die Stressresistenz aufzubauen angeschaut.

1.2. Begriffsdefinitionen zur Fragestellung

Kompetenzen

Menschen "verfügen über Kenntnisse, Erfahrungen, praktische Fertigkeiten, persönliche Fähigkeiten und Vorlieben, die sie in spezifischen Handlungssituationen einsetzen. Die Kompetenz eines Menschen zeichnet sich dadurch aus, auf welche Weise er seine persönlichen Ressourcen situativ mobilisiert bzw. mit den wechselnden Handlungssituationen kombiniert" (Erpenbeck/Heyse 1999, o. S., zit. nach Spiegel 2008, S.254). Laut Weinert (2000) versteht man Kompetenzen als „ die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen Motivationen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können “ (Weinert 2000, S.27ff., zit. nach Franke 2005, S.35).

Freizeit

"Freizeit meint das relative Frei-Sein von Verpflichtungen oder Zwängen. Freizeit ist somit gekennzeichnet durch spontane Eigentätigkeit, Freiwilligkeit, offene Handlungssituationen und Selbstbestimmung. Die Gestaltung der Freizeit kann sowohl eigenständig als auch in organisierter Form, z.B. durch Freizeitpädagogik, erfolgen"(Tenorth et al. 2007, S.261).

Stressbewältigung und Umgang mit Stress (Coping)

Der Umgang mit Stress wird auch Coping genannt. Nach Smith (2007) ist Coping ein Prozess, den ein Mensch selbst verursacht hat und zu bewältigen der Mensch versucht. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Coping: Es gibt das problemorientierte Coping. Diese Form beschäftigt sich ausschließlich mit der Problemsituation und versucht zukünftige Lösungen zu finden, um solche Situationen zu vermeiden. Dann gibt es das emotionsorientierte Coping. Hier geht es vor allem um die Emotionen, die zur Stresssituation führen. Durch die emotionsorientierte Bewältigungsstrategie wird verhindert, dass die Menschen von negativen Emotionen überwältigt werden (vgl. Smith et al. 2007, S.674ff., zit. nach http://lexikon.stangl.eu/36/coping/). Durch den Umgang mit Stress werden Strategien zur Bewältigung von Stress entwickelt. Dieses Verhalten nennt man Stressbewältigung.

1.3. Sozialpädagogische Relevanz

Für die Sozialpädagogik ist das Thema Stress von großer Bedeutung, denn Kinder und Jugendliche in sozialpädagogischer Betreuung kommen mit vielen Problemen. Die Überforderung, Hilflosigkeit und / oder Belastung vieler Familien-systeme ist der Grund warum sozialpädagogische Fachkräfte benötigt werden. In den Systemen werden die Kinder und Jugendlichen viel mit Stressoren konfrontiert, einige entwickelten Resilienz, einige weisen Verhaltensauffälligkeiten auf, weil sie nicht die Fähigkeit besitzen mit dem Stress umzugehen. Auch der Freundeskreis spielt eine große Rolle. Deshalb ist es auch in sozialpädagogischen stationären Einrichtungen eine besondere Herausforderung mit Kindern und Jugendlichen umzugehen. Viele Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten können unter den gegebenen Rahmenbedingungen füreinander negative Vorbilder sein. Aber auch in Maßnahmen zur Unterstützung der Erziehung ist auf vorbelastete Kinder und Jugendliche zu treffen. Diese Kinder sind meistens noch in Familiensystemen die einer Unterstützung bedürfen. Gerade in diesem Bereich werden viele freizeitpädagogische Methoden angewendet. Mit den Kindern und Jugendlichen werden Freizeitaktivitäten durchgeführt, um erstens einen leichteren Zugang zum Kind oder Jugendlichen zu bekommen und um zweitens ihr Selbstwertgefühl und / oder andere Eigenschaften zu stärken. Da die Kinder und Jugendlichen mit Stress belastet sind, ist es die Aufgabe der sozialpädagogischen Fachkräfte die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen und den Erwerb von Kompetenzen zu fördern.

1.4. Kapitelübersicht

Nach der Einleitung im 1.Kapitel wird in dieser Arbeit im 2.Kapitel auf die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eingegangen. Dabei wird soziales Lernen kurz beschrieben und anschließend erklärt wie die Persönlichkeitsbildung eines Heranwachsenden stattfindet. Mit dem Identitätsentwicklungsmodell von Erikson werden psychosoziale Krisen erklärt. Auch wird der Einfluss der Peergruppe auf die Persönlichkeit berücksichtigt. Im 3.Kapitel wird der Begriff Stress durchgenommen. Wie dieser wissenschaftlich gesehen wird und welche Stressmodelle es gibt. Auch wird der positive und negative Stress erklärt. Anschließend wird Stress aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen aufgeführt. Im 4.Kapitel geht es um soziale Kompetenz und welche Möglichkeiten sozialkompetente Kinder und Jugendliche haben können. Weil Sozialkompetenz ein sehr weitgefasster Begriff ist, werden noch zwei verschiedene Sozialkompetenz Modelle vorgestellt. Anschließend wird Resilienz in der Sozialkompetenz erwähnt. Das 5. Kapitel widmet sich ausschließlich der Resilienz und deren Konzept, da es eine Eigenschaft ist, die Kinder und Jugendliche bei psychischen Belastungen unterstützen kann. Nach dem Erwähnen der Schutz- und Risikofaktoren, werden die Fördermöglichkeiten von Resilienz beschrieben. Im 6.Kapitel wird die Rolle der sozialpädagogischen Fachkräfte in der Freizeit der Kinder und Jugendlichen beschrieben. Anschließend wird auf sinnvolle Freizeitgestaltung eingegangen. Nach vier Beispielen für die Freizeitgestaltung kommt im 7.Kapitel das Resümee dieser Arbeit.

2. Soziale Entwicklung

Da die soziale Entwicklung von vielen Faktoren beeinflusst wird, ist sie ein komplexer Vorgang. Einerseits bestimmen diese Entwicklung verschiedenste Kompetenzen und Eigenschaften der Kinder und ihrer Eltern, andererseits sind der Aufbau einer sozialen Gemeinschaft, deren Werte und Vorstellungen einflussreiche Faktoren. Das Angebot an außerfamiliärer Betreuung, die Verfügbarkeit und Kontinuität von Bezugspersonen und das soziale Umfeld der Gleichaltrigen, sind weitere wichtige Faktoren, welche die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bestimmen. Ein erfolgreicher und gesunder Lebensverlauf ist die Voraussetzung für eine gelungene Integration in eine soziale Gemeinschaft (vgl. Preuß 2010, S.43). Um sich in eine soziale Gemeinschaft zu integrieren, ist es unter anderem wichtig zu wissen wie soziales Lernen funktioniert.

2.1. Soziales Lernen

Es bedarf der Fähigkeiten des Individuums zur Selbstreflektion und zur sozialen Kontaktaufnahme mit anderen als Voraussetzung, damit sich ein wertschätzender Umgang unter einander ergibt. Soziales Lernen bietet für jede Persönlichkeit eine Entwicklungschance, die sowohl auf der individuellen, als auch auf der gesellschaftlichen Ebene so früh wie möglich gezielt gefördert werden sollte. "Soziales Lernen meint den Erwerb von Interaktionssituationen für (späteres) Interaktionshandeln" (Kasten 1981, S.340). Erwerbsorte, wo bewusst und unbewusst soziale Fähigkeiten und Kompetenzen vermittelt, gelernt und erprobt werden können, sind unter anderem die Familie, der Freundeskreis, die Schule und Vereine. Soziales Lernen soll einen Bezug zu lebensweltlichen Erfahrungen und Alltagshandlungen der Kinder und Jugendlichen herstellen und deren Probleme und Entwicklungsaufgaben aufgreifen (vgl. Popp 2007, o. S., zit. nach Schatzl 2011, S.30).

Die Persönlichkeitsbildung, auf welche soziales Lernen ebenfalls wirkt, fokussiert die Ebene des Individuums. Dieses bezieht sich in seinem Handeln auf andere und soll empathiefähig werden. Hier ist Selbstkompetenz und Persönlichkeitsbildung im weitesten Sinne angesprochen, wozu die Entwicklung des Selbstvertrauens und des Selbstwertgefühls gehört. Es ist wichtig, dass Heranwachsende Vertrauen in ihre Fähigkeiten erlangen und sich selbst als liebenswert und wertvoll ansehen lernen. Aber auch Frustrationstoleranz zu entwickeln, vor allem im Umgang mit Kritik, sowie die Fähigkeit sich selbst einzuschätzen, die eigenen Stärken und Defizite zu erkennen, wären hier zu nennen (vgl. ebd., S.30).

Es ist für die Individuelle Persönlichkeit von Bedeutung Freundschaften zu schließen, Beziehungen zu entwickeln und die Nähe zu anderen Menschen zu zulassen und genießen zu können. Dazu bedarf es der individuellen Achtung, Anerkennung und Toleranz in Beziehungen. Es geht auf der individuellen Ebene um konkretes Handeln und dazu gehört etwa ein gewaltfreies Kommunikationsmanagement, die Bereitschaft den Sinn sozialer Regeln zu erfassen und diese einzuhalten, ein respektvoller kommunikativer Umgang, sowie die Übernahme von Verantwortung (vgl. ebd., S.30). Individualität und Selbstwert sind einige der Eigenschaften, die Kinder und Jugendliche zur Persönlichkeitsbildung brauchen und um eine eigene Identität zu entwickeln.

2.2. Persönlichkeitsbildung

Persönlichkeitsbildung oder Charakterbildung ist ein lebenslanger Prozess, wo viele Faktoren von Bedeutung sind. Das Verständnis für die Identität ist für die Entwicklung im Kinder und Jugendalter bedeutend. Identität im psychologischen Sinne wird als einzigartige Persönlichkeitsstruktur im Zusammenhang mit dem Bild, welches andere von dem Menschen haben, verstanden.

Identität basiert demnach auf zwei Aspekten:

- Selbstwahrnehmung
- Einschätzung durch andere Personen

Identität und Selbst werden öfters im gleichen Zusammenhang verwendet. Das Selbst bezieht sich auf alle inneren Aspekte, die eine Person ausmachen. Was eine Person hingegen noch ausmachen kann, wird von außen nur durch das Verhalten der Person bestimmt (vgl. Böcher 2013, S.245).

Identitätsentwicklung ist ein konstruktiver, kreativer und produktiver Prozess. Ein System von Zielen, Werten und Überzeugungen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens aufbaut und die ihm wichtig sind, stellt seine Identität dar (vgl. ebd., S.245).

Für die Persönlichkeitsbildung ist auch der Selbstwert entscheidend. Dieser entwickelt sich nicht aus sich heraus, sondern aus der Auseinandersetzung mit der Umwelt. Es handelt sich um ein Erleben einer positiven Grundeinstellung, bei der sich der Mensch als wertvoll erkennt und sich, seine Anlagen und Fähigkeiten wertschätzt. Um das Gefühl des Selbstwertes erfahren zu können, müssen vorher noch andere Eigenschaften erlernt werden z.B.:

- Selbstbewusstsein: Erkennt der Mensch seine Schwächen und überwindet diese, entwickelt er Stärken, was die Persönlichkeit entfaltet
- Selbstvertrauen: Es ist das Vertrauen darauf, dass aufgrund eigener Fähigkeiten Dinge erfolgreich zu Ende gebracht werden können
- Selbstachtung: besagt, dass man sich so verhält, dass man sich selbst ansehen, mögen und damit achten kann
- Selbstsicherheit: ist erprobtes und erfahrenes Selbstvertrauen

Der Selbstwert hat einen wesentlichen Einfluss auf das Sozial- und Leistungsverhalten einer Person. Mit der Stärkung des Selbstwertes kann gegen abweichende Verhaltensweisen vorgebeugt werden. Umgekehrt liegt bei einer Persönlichkeitsentwicklungsstörung praktisch immer eine Störung des Selbstwertes vor (vgl. Waibel 1998, S.133ff.).

Bestimmte Charaktereigenschaften sind für die positive Entwicklung von Persönlichkeit entscheidend. Ob ein Kind als Jugendlicher oder als Erwachsener mit seinem Leben eher zufrieden oder unzufrieden ist, können Eltern und Bezugspersonen deutlich beeinflussen. Die Wesenszüge Selbstkontrolle, Intelligenz, Empathie, Kreativität und Neugier bestimmen maßgeblich, wie wir handeln, wie wir uns fühlen und wie wir uns und die anderen wahrnehmen (vgl. Heinrich 2014, S.48ff.).

- Selbstkontrolle: Kinder, die ihre Emotionen im Griff haben und ihre Geduld trainieren, sind vergleichsweise erfolgreicher in der Schule und leben gesünder
- Intelligenz: ist zum großen Teil genetisch vorgegeben, doch die Umwelt und familiäre Einflüsse können ihn deutlich ansteigen lassen
- Empathie: Mitgefühl empfinden zu können, ist eine wichtige Voraussetzung für gute Beziehungen zu anderen Menschen
- Kreativität: Freiräume und Vorbilder fördern die Kreativität, diese hilft Kindern später, besser mit Rückschlägen zurechtzukommen
- Neugier: Die Neugier ist von Geburt an da, Eltern und andere Bezugspersonen können verhindern, dass diese irgendwann einschläft

Obwohl die Kindheit entscheidend ist für die Entwicklung der Persönlichkeit, kann sich unser Wesen bis ins hohe Alter noch verändern. Manche Entwicklungsverzögerungen oder -störungen können die Betroffenen mit der richtigen Unterstützungen auch später noch korrigieren (vgl. ebd., S.48ff.). Mit der Korrektur meint der Autor laut Erikson, dass Entwicklungskrisen, auch wenn sie nicht positiv bewältigt wurden, in späteren Krisen, vor allem in der Adoleszenz, wieder Thema werden und die Lebensumstände es vielleicht bei der aktuellen Krise ermöglichen, an alten Krisen wieder zu arbeiten. Im Folgenden wird deshalb die Identitätsentwicklung nach Erik Erikson vorgestellt.

2.3. Identitätsentwicklung nach Erik Erikson

Die menschliche Entwicklung erstreckt sich, nach Erik Eriksons psychosozialer Entwicklungstheorie, über das ganze Leben und ist in acht psychosoziale Phasen gegliedert. Für ihn bilden die Wechselwirkung zwischen Individuum und Umwelt und die daraus gewonnenen Erfahrungen der Vergangenheit, Gegenwart und Verknüpfung mit der Zukunft das Verständnis der Identität (vgl. Preuß 2010, S.43).

Erikson geht davon aus, dass der Mensch sich an eine veränderte Umwelt anpassen und dabei acht Krisen bewältigen muss:

- Erste Krise: Urvertrauen gegen Urmisstrauen
- Zweite Krise: Autonomie gegen Scham und Zweifel
- Dritte Krise: Initiative gegen Schuldgefühl
- Vierte Krise: Leistung (Werksinn) gegen Minderwertigkeitsgefühl
- Fünfte Krise: Identität gegen Rollenkonfusion
- Sechste Krise: Intimität gegen Isolierung
- Siebte Krise: Zeugende Fähigkeit (Generativität) gegen Stagnation
- Achte Krise: Ich-Identität gegen Verzweiflung (vgl. Böcher 2013, S.245)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1

Die Kompetenzen sind gemäß der Theorie von Erikson, auf früheren Stufen bereits vorhanden, sie befinden sich aber erst auf der aktuellen Stufe auf ihrem jeweiligen Entwicklungshöhepunkt. Auf jeder neuen Stufe setzen soziale Interaktionen den Entwicklungshöhepunkt auf neuem Niveau fest (vgl. Preuß 2010, S.43).

Beim Kind ist in seiner ersten Krise, die sichere Bindung an eine zuverlässige Bezugsperson wichtig, denn nur so kann sich Urvertrauen entwickeln. Urmisstrauen hingegen resultiert aus körperlicher oder psychischer Vernachlässigung durch die Bezugsperson in den ersten zwei Jahren (vgl. Böcher 2013, S.245).

In der zweite Krise ist die Sauberkeitserziehung interessant. Durch die Kontrolle von Darm und Blase entsteht ein Gefühl der Autonomie. Negativ wäre hingegen, wenn aufgrund einer strengen Sauberkeitserziehung übermäßige Schamgefühle und Zweifel beim Kind entstehen.

Im Alter ab etwa drei Jahren tritt die dritte Krise auf. Bewegungsfreiheit ermöglicht es dem Kind seine Umwelt zu entdecken und das Gefühl der Eigeninitiative stellt sich ein (vgl. ebd., S.246). Auf dieser Stufe fangen sie an vermehrt Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen und versuchen neue Rollen zu übernehmen. Es kann dazu kommen, dass Kinder sich selber für Fehler verantwortlich machen und sich schuldig fühlen, wenn die Eltern oder Bezugspersonen diese Eigeninitiative zurückweisen (vgl. Heinz 2007, S.170).

Das Interesse an äußeren Realitäten wächst mit Schuleintritt. Durch Leistungsfähigkeit und das Herstellen von Produkten steigt der Werksinn. Eine negative Rückmeldung über die eigene Leistungsfähigkeit könnte beim Kind ein Minderwertigkeitsgefühl hervorrufen (vgl. Böcher 2013, S.246). Es geht den Kindern darum Fähigkeiten, Fertigkeiten und Informationen zu erwerben und sich in weitere soziale Beziehungen einzubinden. Durch die eigenen Erfahrungen und Reaktionen der Umwelt können Kinder entweder auf ihre Leistung und Kompetenzen stolz sein und lernen Spaß an Aktivitäten aller Art zu haben, oder sie entwickeln ein Gefühl zunehmender Unterlegenheit und Angst davor, dass sie bei ihren Aktivitäten versagen (vgl. Heinz 2007, S.170).

Erikson nannte seine fünfte Krise Identität versus Identitätsdiffusion. Sie tritt im Jugendalter auf. Die Jugend ist nach Erikson die Phase, in der sich eine stabile persönliche Identität bildet, die im weiteren Verlauf des Lebens angepasst und aufrechterhalten werden muss. Äußere Umstände und innere Prozesse können die Identität sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Auf die Frage: Wer bin ich? wird die Antwort durch eine realistische Einschätzung der eigenen Person erlangt. Erwartungen der Gesellschaft an die eigene Person sind dabei bedeutsam. Diese werden wiederum von Jugendlichen kritisch hinterfragt. Besonders zu den Themen Beruf, Partnerschaft, Politik und Religion entwickeln Jugendliche individuelle Standpunkte. Die Verantwortung in einzelnen Bereichen zu übernehmen, ermöglicht eine Integration der Jugendlichen in die Gesellschaft. Gefühle wie Treue, Loyalität, Wohlbefinden, Selbstachtung und Zielstrebigkeit werden vermittelt. Erikson spricht von Identitätsdiffusion oder Rollendiffusion, wenn der Prozess des Hinterfragens und die Integration in die Gesellschaft misslingt. Dem Jugendlichen gelingt es dann nicht, seine Zukunftserwartungen mit seinen bisherigen Erfahrungen zu verbinden. Die Folge können Arbeitslähmung oder der Aufbau einer Pseudoidentität sein. Selbsterkenntnis und Zukunftsperspektive oder ein anhaltender Zustand der Verwirrung charakterisiert diese fünfte Krise (vgl. Böcher 2013, S.246).

Die sechste Krise hat den Aufbau einer intimen Beziehung zu einer anderen Person ohne Verlust der eigenen Identität zum Ziel. Gelingt dies nicht, fühlt sich der Mensch einsam und isoliert.

Die Fähigkeit, nicht nur die eigene Person oder die eigene Beziehung zu sehen, schafft Generativität (siebte Krise). Gemeint ist hiermit die Weitergabe eigener Fähigkeiten, Werte und Kenntnisse an andere Personen (auch eigene Kinder), die einem vertraut sind. Selbstabsorption bzw. Stagnation entwickelt sich, wenn der Mensch ausschließlich seine Bedürfnisse in den Vordergrund stellt (vgl. ebd., S.246f.).

Die achte Krise, im hohen Lebensalter, konfrontiert den Menschen mit seinem Ableben. Nimmt der Mensch sein Leben (Ich-Identität) als sinnhaft wahr, entwickelt er ein Gefühl der Integrität. Erkennt man Fehler, stellt sich Verzweiflung ein.

Die Entwicklung der Identität führt nach Erikson insgesamt zu einer immer höheren Integration von Selbsterfahrungen. Konflikte, die erfolgreich gelöst werden, sind eine Basis für die neue Auseinandersetzung mit der Umwelt. Ungelöste Konflikte aus anderen Lebensphasen können in jeder Krise wieder aktuell werden, im Jugendalter gilt dies aber besonders (vgl. ebd., S.246f.).

2.4. Der Einfluss Gleichaltriger auf die Charakterbildung

Die Psychologin Judith Harris stellte vor einigen Jahren die These auf, dass Gleichaltrige die Persönlichkeit (Charakter) eines Kindes mehr beeinflussen als die Eltern. Schon Kleinkinder üben miteinander komplexe Verhaltensweisen, sie teilen ihre Spielsachen und kooperieren, oder sie schließen Kompromisse um nicht alleine spielen zu müssen. Kinder üben Verhaltensmuster im Spielen, sie Schlüpfen in Rollen von Müttern, Vätern und andere. So trainieren sie ihre sozialen und kognitiven Fähigkeiten (vgl. Kirady 2014, S.118). Gleichaltrige und Kinder mit geringem Altersunterschied, die sich hinsichtlich ihrer Kompetenzen auf dem gleichen Entwicklungsstand oder in der Phase zur nächsten Entwicklungsstufe befinden können sich so fordern und fördern. Dies kann für die individuelle Entwicklung und das soziale Spielverhalten entscheidend sein (vgl. Simoni et al. 2008, S.15f.).

Spätestens im Schuleintrittsalter von sechs Jahren erwacht der Wunsch von Gleichaltrigen akzeptiert und be- und geachtet zu werden. Manche Kinder werden dennoch ausgegrenzt. Einige weil sie zu schüchtern sind, um mit anderen in Kontakt zu treten und einige weil sie unbeherrscht und aggressiv agieren. Forscher fanden heraus, dass ausgegrenzte Kinder bei Nichtbeachtung sogar körperlich leiden können. Die schmerzverarbeitenden Regionen im Gehirn werden bei Nichtbeachtung genauso aktiv wie bei einer Verletzung (vgl. Kirady 2014, S.122f.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Sozialkompetenzen und Stressmanagement von Kindern und Jugendlichen. Förderung durch gezielte Unterstützung in der Freizeit
Hochschule
Fachhochschule OberÖsterreich Standort Linz  (Akademie für Weiterbildung)
Veranstaltung
Akademischer sozialpädagogischer Fachbetreuer
Note
3
Autor
Jahr
2015
Seiten
58
Katalognummer
V303374
ISBN (eBook)
9783668014923
ISBN (Buch)
9783668014930
Dateigröße
730 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stress, Sozialpädagogik, Stressbewältigung, Pädagogik, Persönlichkeitsbildung, Identitätsentwicklung, Freizeitgestaltung, Resilienz, Soziale Kompetenz, Abschlussarbeit, Diplomarbeit, Freizeitpädagogik
Arbeit zitieren
Ömer Pestil (Autor:in), 2015, Sozialkompetenzen und Stressmanagement von Kindern und Jugendlichen. Förderung durch gezielte Unterstützung in der Freizeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303374

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