1. Einleitung
Als die revolutionären Veränderungen des Jahres 1989 die Möglichkeit der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands eröffneten, standen nach dem Grundgesetz zwei Wege zur Vereinigung beider deutschen Staaten zur Auswahl:
Artikel 146 des Grundgesetzes (im folgenden abgekürzt mit: Art. Abs. [Absatz] GG) sah die Ausarbeitung einer neuen Verfassung durch eine Verfassungsgebende Versammlung vor. Die neue für ganz Deutschland gültige Verfassung sollte dann einem Volksentscheid unterworfen werden und durch diese Neukonstituierung das Grundgesetz ablösen.
Art.23 eröffnete der Deutschen Demokratischen Republik (im folgenden: DDR) die Möglichkeit, als Ganzes bzw. die fünf wiederherzustellenden Länder auf dem Boden der DDR jeweils für sich zur Bundesrepublik Deutschland beizutreten, was eine Einbeziehung der DDR in den Geltungsbereich des Grundgesetzes bedeutete.
Die Frage nach dem "richtigen" Weg löste einen "heftige[n] Streit unter Politikern und Verfassungsrechtlern"(1) aus.
Auch heute wird die Frage, ob eine neue Verfassung ausgearbeitet werden sollte oder ob man eine neue Verfassung hätte ausarbeiten sollen, immer wieder aufgeworfen und kontrovers diskutiert. Im Zusammenhang mit den Änderungen des Grundgesetzes im Zuge der deutschen Einigung wird oft der Vorwurf erhoben, daß die Bürger der DDR nicht gleichberechtigt behandelt wurden. In dieser Arbeit soll untersucht werden, ob der Beitritt der DDR nach Art.23 und die damit verbundenen Grundgesetz- Änderungen der "richtige Weg" zur Herstellung der deutschen Einheit war. Zu diesem Zweck werden die Änderungen des Grundgesetzes beschrieben und erläutert. Obwohl der sogenannte "Artikelstreit", die Diskussion um den Artikel, der zur deutschen Einheit führen sollte, vor der Wiederherstellung der deutschen Einheit begann, wird er in dieser Arbeit nach den Änderungen des Grundgesetzes dargestellt und bewertet, da die Frage nach dem richtigen Weg zur Einheit Deutschlands auch heute noch Bestandteil politischer Diskussion ist und in dieser Arbeit aus der Sicht der heutigen Zeit bewertet werden soll.
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1 Gerhart Maier, Die Wende in der DDR, 2. Aufl., Bonn 1991, S.73.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Änderungen des Grundgesetzes im Zuge der deutschen Einigung
- Präambel und Art. 23
- Art. 51
- Art. 135a
- Art. 143
- Art. 146
- Die Diskussion um den "richtigen Weg" zur Herstellung der Einheit Deutschlands
- Argumente für die Anwendung des Art. 146
- Die Frage der hinreichenden Legitimation
- Der Interessengegensatz
- Argumente für den Beitritt nach Art. 23
- Der Wert des Grundgesetzes
- Die Erleichterung der Prozedur der Wiedervereinigung
- Das außenpolitische System
- Argumente für die Anwendung des Art. 146
- Gab es einen "richtigen Weg"?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, ob der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes und die damit verbundenen Verfassungsänderungen den "richtigen Weg" zur deutschen Einheit darstellten. Sie analysiert die Änderungen des Grundgesetzes und bewertet die kontroverse Diskussion um die verschiedenen möglichen Wege zur Wiedervereinigung.
- Die verschiedenen Verfassungsänderungen im Zuge der deutschen Einheit
- Die Argumente für und gegen die Anwendung von Artikel 23 und Artikel 146 des Grundgesetzes
- Die Bewertung der Legitimität des gewählten Verfahrens
- Die Auswirkungen der gewählten Vorgehensweise auf die Bürger der DDR
- Die außenpolitischen Implikationen der Wiedervereinigung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach dem "richtigen Weg" zur deutschen Einheit vor dem Hintergrund der Ereignisse von 1989 und der beiden im Grundgesetz verankerten Möglichkeiten (Art. 23 und Art. 146) dar. Sie skizziert den "heftigen Streit" unter Politikern und Juristen und kündigt die methodische Vorgehensweise der Arbeit an, die die Grundgesetzänderungen beschreibt und die Diskussion um den "richtigen Weg" aus heutiger Perspektive bewertet, wobei der Fokus auf der Gleichberechtigung der Bürger der DDR liegt.
Änderungen des Grundgesetzes im Zuge der deutschen Einigung: Dieses Kapitel beschreibt die Verfassungsänderungen, die durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag und den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 festgelegt wurden. Es erläutert die sechs betroffenen Artikel (Präambel, Art. 23, Art. 51 Abs. 2, Art. 135a, Art. 143 und Art. 146) und hebt die Bedeutung des Einigungsvertrages als verfassungsänderndes Instrument hervor. Der Fokus liegt auf der rechtlichen Grundlage der Wiedervereinigung und der damit verbundenen Anpassungen des Grundgesetzes. Die Erläuterungen betonen die Notwendigkeit der Änderungen angesichts der neu entstandenen Situation und deren Bedeutung für die Integration der DDR in die Bundesrepublik.
Die Diskussion um den "richtigen Weg" zur Herstellung der Einheit Deutschlands: Dieses Kapitel analysiert die Argumente für und gegen die Anwendung von Artikel 146 (neue Verfassung) und Artikel 23 (Beitritt der DDR). Es beleuchtet die Debatte um die Legitimation des gewählten Verfahrens und die potenziellen Interessengegensätze zwischen den beiden deutschen Staaten. Die Gegenüberstellung der Argumente soll ein umfassendes Bild der damaligen politischen und rechtlichen Auseinandersetzungen liefern und die Komplexität der Entscheidungsfindung verdeutlichen. Es werden sowohl verfassungsrechtliche als auch politische Aspekte der Debatte berücksichtigt.
Schlüsselwörter
Deutsche Einheit, Grundgesetz, Artikel 23, Artikel 146, Wiedervereinigung, Verfassungsänderung, Beitritt, Zwei-plus-Vier-Vertrag, Einigungsvertrag, Legitimität, Gleichberechtigung, DDR, Bundesrepublik Deutschland.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: "Der Weg zur Deutschen Einheit - Artikel 23 oder Artikel 146?"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Frage, ob der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes und die damit verbundenen Verfassungsänderungen den „richtigen Weg“ zur deutschen Einheit darstellten. Sie analysiert die Änderungen des Grundgesetzes und die kontroverse Diskussion um die verschiedenen möglichen Wege zur Wiedervereinigung.
Welche Aspekte werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die verschiedenen Verfassungsänderungen im Zuge der deutschen Einheit, die Argumente für und gegen die Anwendung von Artikel 23 und Artikel 146 des Grundgesetzes, die Bewertung der Legitimität des gewählten Verfahrens, die Auswirkungen der gewählten Vorgehensweise auf die Bürger der DDR und die außenpolitischen Implikationen der Wiedervereinigung.
Welche konkreten Verfassungsänderungen werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die Änderungen an der Präambel, Artikel 23, Artikel 51 Absatz 2, Artikel 135a, Artikel 143 und Artikel 146 des Grundgesetzes, die durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag und den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 festgelegt wurden.
Welche Argumente für und gegen die Anwendung von Artikel 23 und Artikel 146 werden diskutiert?
Die Arbeit analysiert die Argumente für die Anwendung von Artikel 146 (neue Verfassung), wie z.B. die Frage der hinreichenden Legitimation und den Interessengegensatz zwischen den beiden deutschen Staaten. Sie beleuchtet auch Argumente für den Beitritt nach Artikel 23, wie z.B. den Wert des Grundgesetzes, die Erleichterung der Prozedur der Wiedervereinigung und das außenpolitische System.
Wie wird die Legitimität des gewählten Verfahrens bewertet?
Die Arbeit bewertet die Legitimität des gewählten Verfahrens (Beitritt nach Artikel 23) unter Berücksichtigung der damaligen politischen und rechtlichen Debatte. Sie untersucht die verschiedenen Perspektiven und die Komplexität der Entscheidungsfindung, wobei der Fokus auf der Gleichberechtigung der Bürger der DDR liegt.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit beinhaltet eine Einleitung, ein Kapitel über die Änderungen des Grundgesetzes, ein Kapitel zur Diskussion um den „richtigen Weg“ zur Wiedervereinigung und ein Fazit, welches die Frage nach dem „richtigen Weg“ zusammenfasst.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Deutsche Einheit, Grundgesetz, Artikel 23, Artikel 146, Wiedervereinigung, Verfassungsänderung, Beitritt, Zwei-plus-Vier-Vertrag, Einigungsvertrag, Legitimität, Gleichberechtigung, DDR, Bundesrepublik Deutschland.
Welche methodische Vorgehensweise wird angewendet?
Die Arbeit beschreibt die Grundgesetzänderungen und bewertet die Diskussion um den „richtigen Weg“ aus heutiger Perspektive, wobei der Fokus auf der Gleichberechtigung der Bürger der DDR liegt.
- Arbeit zitieren
- Barbara Lier (Autor:in), 1999, Der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 23 und die damit verbundene Änderung des Grundgesetzes - Der richtige Weg zur Herstellung der deutschen Einheit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3038