Die vorliegende Schwerpunktbereichsarbeit im Bereich Forensische Praxis, Wahlbereich transnationale Rechtsverfolgung, beschäftigt sich mit der Reform der Europäischen Insolvenzverordnung (EuInsVO) wie sie im Reformvorschlag der Europäischen Kommission vom 12.12.2012 (COM(2012) 744 final) angelegt ist. Sie behandelt hierzu zunächst die Schwierigkeiten, welche sich im Rahmen der Anwendung der bisherigen Verordnung in der Praxis gezeigt haben. Im Anschluss werden die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen vorgestellt und – insbesondere im Hinblick auf die Lösung der zuvor dargestellten Probleme – bewertet. Abschließend enthält die Arbeit einen Ausblick auf mögliche künftige Reformen und Entwicklungen im Europäischen Insolvenzrecht.
Durch die vorgeschlagenen Änderungen soll die Effizienz und Effektivität von grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren maßgeblich gesteigert werden, was nach Aussage der Kommission jährlich ca. 50.000 Unternehmen betreffen würde. Maßgebliches Ziel der Reform ist die Abkehr von der Unternehmensliquidation hin zu einer europäischen „Rettungs- und Sanierungskultur“. Damit soll v.a. auch der Kurs nachgezeichnet werden, den viele nationale Insolvenzrechtsordnungen in den letzten Jahren beschritten hätten. Im deutschen Rechtsraum ist hier insbesondere das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) zu nennen.
Gerade in Zeiten fortwährender Wirtschaftskrisen, Bankenrettungen und Staatsverschuldungen können selbst rentable Unternehmen schnell – häufig sogar unverschuldet – in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Durch die nachfolgende Insolvenz und Zerschlagung gehen jährlich ca. 1,7 Millionen Arbeitsplätze in der EU verloren.
Daneben kommt es aber auch zu einer erheblichen Einbuße an wirtschaftlichen Werten, da der Zerschlagungswert eines Unternehmens regelmäßig beträchtlich unter dessen Fortführungswert liegen wird. Letzterer kann jedoch nur durch eine Sanierung des angeschlagenen Unternehmens realisiert werden.
Durch die Reform des bestehenden Europäischen Insolvenzrechts beabsichtigt die Europäische Kommission günstigere Rahmenbedingungen für angeschlagene Unternehmen zu schaffen und somit redlichen Unternehmern eine "zweite Chance" zu ermöglichen.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Einführung und Darstellung des Untersuchungsgegenstandes
- II. Vorgehensweise
- B. Die gegenwärtige EuInsVO – beinahe 12 Jahre Praxis
- I. Anwendungsbereich
- 1. Vorrang der Anhänge
- 2. Erfassung von Vor- und Hybridverfahren
- 3. Insolvenzen von Privatpersonen und Selbstständigen
- II. Internationale Zuständigkeit
- 1. Bestimmung des COMI
- a) Gesellschaften und juristische Personen
- b) Natürliche Personen
- 2. Insolvenztourismus und „forum shopping“
- 3. Zuständigkeit für Annexverfahren
- III. Koordinierung von Haupt- und Sekundärverfahren
- 1. Behinderung des Hauptverfahrens
- 2. Beschränkung auf Liquidationsverfahren
- 3. Unklare und unzureichende Mitwirkungspflichten
- IV. Publizität und Forderungsanmeldung
- 1. Unzureichende Publizität
- 2. Rein formale Stellung trotz erleichterter Forderungsanmeldung
- V. Fehlendes Konzerninsolvenzrecht
- 1. Erhöhte Koordinationsprobleme
- 2. Bisherige Lösungsansätze unzureichend
- C. Der Reformvorschlag - Analyse und Bewertung
- I. Erweiterung des Anwendungsbereiches
- 1. Neudefinition des Begriffs „Insolvenzverfahren“
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- 2. Anpassungen im Hinblick auf die Anhänge
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- II. Konkretisierung der int. Zuständigkeit
- 1. Definition des COMI
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- 2. Anpassung des Verfahrensrechts
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- 3. Zuständigkeit für Annexverfahren
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- 4. Gerichtsstand des Sachzusammenhangs
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- III. Koordination von Haupt- und Sekundärverfahren
- 1. Eindämmung der Sekundärverfahren
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- 2. Freie Verfahrenswahl
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- 3. Ausbau der Kooperations- und Kommunikationspflichten
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- IV. Verfahrenspublizität und Forderungsanmeldung
- 1. Mehr Verfahrenspublizität
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- 2. Verbesserte Forderungsanmeldung
- a) Änderungen
- b) Bewertung
- V. Schaffung eines Konzerninsolvenzrechts
- 1. Änderungen
- 2. Bewertung
- a) Kommissionsvorschlag
- b) Weitergehende Lösungsansätze
- D. Resümee und Ausblick
- I. Resümee
- II. Ausblick
- 1. Anpassungen im Gesetzgebungsprozess
- 2. Weitere Angleichung des nationalen Rechts
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die europäische Insolvenzverordnung (EuInsVO) und ihre Reformvorschläge. Der Fokus liegt dabei auf der Bewertung der aktuellen Rechtslage und der Analyse der vorgeschlagenen Änderungen im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Praxis.
- Anwendungsbereich der EuInsVO und ihre Grenzen
- Internationale Zuständigkeit und die Bedeutung des COMI
- Koordination von Haupt- und Sekundärverfahren im Insolvenzrecht
- Verfahrenspublizität und Forderungsanmeldung
- Fehlendes Konzerninsolvenzrecht und die Notwendigkeit seiner Einführung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Untersuchungsgegenstand und die Vorgehensweise der Arbeit vor. Das zweite Kapitel beleuchtet die gegenwärtige EuInsVO und analysiert ihre Stärken und Schwächen anhand der Praxisbeispiele. Der Fokus liegt dabei auf den Themen Anwendungsbereich, internationale Zuständigkeit, Koordinierung von Haupt- und Sekundärverfahren, Publizität und Forderungsanmeldung sowie dem Fehlen eines Konzerninsolvenzrechts.
Das dritte Kapitel analysiert die Reformvorschläge und bewertet ihre Auswirkungen. Es werden die Änderungen im Anwendungsbereich, der internationalen Zuständigkeit, der Koordination von Haupt- und Sekundärverfahren, der Verfahrenspublizität und Forderungsanmeldung sowie die Schaffung eines Konzerninsolvenzrechts beleuchtet.
Das letzte Kapitel fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen im europäischen Insolvenzrecht.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen der Arbeit sind das Europäische Insolvenzrecht, die EuInsVO, die Reformvorschläge, der Anwendungsbereich, die internationale Zuständigkeit, die Koordinierung von Haupt- und Sekundärverfahren, die Verfahrenspublizität, die Forderungsanmeldung und das Konzerninsolvenzrecht.
- Arbeit zitieren
- Erik Neumann (Autor:in), 2014, Neues Europäisches Insolvenzrecht in der reformierten EuInsVO, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303857