Seit den Nahost-Friedensgesprächen von Madrid im Jahre 1991 wird die
Debatte über die Demokratisierung in Palästina häufig verkürzt und sehr
stark reduziert dargestellt und diskutiert. In diesen Fällen richtet sich das
Hauptaugenmerk dann meist lediglich auf die Frage der palästinensischen
Autorität (und in diesem Zusammenhang auf die Frage, ob die Vertretung
des palästinensischen Volkes dazu de facto überhaupt fähig ist) . Weiterhin
wird die Demokratiedebatte dergestalt reduziert dargestellt, dass es sich
bei dem Prozess der Demokratisierung in erster Linie um die Bildung
repräsentativer Institutionen handelt, die authentisch und
verantwortungsfähig sein müssen. Darüber hinaus konzentriert sich die
Betrachtung auf die Etablierung von demokratischen
Entscheidungsprozessen sowie auf die Respektierung und die Garantie der
Menschen- und Bürgerrechte1.
Dabei wird einer Dynamik weniger Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl sie
unter Umständen ebenso wichtig sein kann für den palästinensischen
Demokratisierungsprozess wie das oben Genannte – soziale Bewegungen.
Diese setzten bereits ein, als noch überhaupt keine Rede von
palästinensischer „Autorität“ war. Sie vollzogen sich nämlich außerhalb der
formal-politischen Sphäre.
Diese palästinensischen Bewegungen begannen in den späten Siebziger
Jahren in der Westbank und im Gazastreifen mit dem Errichten einer
sozialen Infrastruktur in verschiedenen Bereichen. Daraus resultierte ein
Bedeutungszuwachs sozialer Fragen in der palästinensischen
Nationalbewegung. Außerdem fand damit einhergehend ein Umdenken in
der palästinensischen Gesellschaft statt und man begann, sich mit den
formalen PLO-Strukturen auseinanderzusetzen. Das Ergebnis war, dass
den sich noch im Aufbau befindlichen Staats- und Regierungsstrukturen
alternative Demokratieformen entgegengesetzt wurden und somit Politik in
der gesamten arabischen Zivilgesellschaft komplett neu gedacht werden
musste2. [...]
1 Craissati, D.: Social Movements and Democracy in Palestine: Politicization of Society or
Civilization of Politics? In: Orient, 1/1996, S. 122
2 Ebenda, S. 122
Inhaltsverzeichnis
- Demokratie und Zivilgesellschaft in der arabischen Welt
- Soziale Bewegungen und Demokratie
- Neue Soziale Bewegungen in demokratischer Partizipation in Palästina
- Gesundheitspolitik in Palästina
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text analysiert die Rolle von sozialen Bewegungen in Palästina im Kontext der Demokratisierung. Der Schwerpunkt liegt auf der Frage, wie diese Bewegungen zur Entwicklung einer Zivilgesellschaft und zur Stärkung demokratischer Prozesse beitragen können.
- Die Bedeutung sozialer Bewegungen für die Demokratisierung in Palästina
- Die Herausforderungen für den Aufbau einer Zivilgesellschaft in Palästina
- Die Rolle der palästinensischen Autorität und der PLO im Demokratisierungsprozess
- Die verschiedenen Formen der zivilgesellschaftlichen Organisation in Palästina
- Die Bedeutung von Gewaltfreiheit und Toleranz für die Entwicklung einer demokratischen Zivilgesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel I: Dieses Kapitel beleuchtet die Bedeutung von Demokratie und Zivilgesellschaft in der arabischen Welt und stellt fest, dass die Debatte über die Demokratisierung in Palästina oft reduziert und verkürzt dargestellt wird. Es betont die Bedeutung sozialer Bewegungen als wichtige Triebkraft für den Demokratisierungsprozess.
- Kapitel II: Dieses Kapitel erörtert die Rolle von sozialen Bewegungen im Allgemeinen in Bezug auf Demokratie und stellt fest, dass sie außerhalb der formal-politischen Sphäre eine wichtige Rolle spielen können.
- Kapitel III: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die neuen sozialen Bewegungen in Palästina und analysiert, wie diese Bewegungen zur demokratischen Partizipation beitragen.
Schlüsselwörter
Dieser Text befasst sich mit den Themen Demokratie, Zivilgesellschaft, soziale Bewegungen, Palästina, arabische Welt, Demokratisierungsprozess, Gewaltfreiheit, Toleranz, politische Partizipation und Menschenrechte.
- Quote paper
- Sebastian Göke (Author), 2003, Neue Soziale Bewegungen in Palästina: Zivilgesellschaft und Demokratie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30392