Wenn Kinder das Wort haben. Möglichkeiten der Partizipation in Kindertagesstätten


Hausarbeit, 2014

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung S

2. Partizipation im politischen Kontext
2.1. UN-Konventionüber die Rechte des Kindes
2.2. Partizipation auf Bundesebene

3. Partizipation im pädagogischen Kontext
3.1. Begriffserklärung
3.2. Formen von Partizipation
3.2. Prinzipien für gelingende Partizipation
3.3. Grenzen von Partizipation durch Überforderung

4. Förderung der Basiskompetenzen durch Partizipation

5. Partizipation aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte
5.1. Ein verändertes Bild vom Kind
5.2. Eine veränderte Rolle der pädagogischen Fachkraft

6. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Ich hatte gelernt, dass Kinder eine Macht sind, die man zur Mitwirkung ermuntern und durch Geringschätzung verletzen kann.“ (Janusz Korczak)

Betrachtet man dieses Zitat im Hinblick auf Partizipation genauer, so wird deutlich, dass bereits Janusz Korczak die Ressourcen zur Mitbestimmung in den Kindern er- kannte und sie in der Lage sind Prozesse mitzugestalten. In der heutigen Praxis ist jedoch häufig festzustellen, dass den Kindern im frühen Alter die eigene Entschei- dungsmacht abgesprochen, nicht zugetraut oder zugemutet wird, um sie vor even- tuellen Überforderungen schützen zu wollen. Leider kommt dabei eine gut gemeinte Fremdbestimmung von Seiten der pädagogischen Fachkraft zu tragen, was gleich- zeitig eine Geringschätzung bei dem Kind hervorruft. Denn in der Praxis wird häufig von Überforderung des Kindes gesprochen, wenn es darum geht, bestimmte päd- agogische Lernprozesse zu initiieren, dieser aber, aus bestimmten Gründen für un- realistisch erachtet werden. Kinder sollen die Möglichkeit erhalten ihre Lebenswelt mitzugestalten und an Lernprozessen teilhaben zu dürfen, denn nur so kann von ei- ner gelingenden Partizipation gesprochen werden. All das bedeutet für die pädago- gischen Fachkräfte eine weitläufige Veränderung in Blickrichtung Haltung, Förde- rung statt Überforderung und bewusste Wertschätzung statt ungewollter Gering- schätzung.

Um einen Einblick für die oben angeschnittene Thematik zu erhalten, beschäftigt sich diese Hausarbeit mit dem Schwerpunkt Partizipation in Kindertagesstätten. Da- bei geht die Hausarbeit der zentralen Frage nach, was Kinder durch Partizipation lernen und welche Bedeutung die Partizipation für die pädagogische Fachkraft hat. Weiterhin möchte die Verfasserin mit der vorliegenden Arbeit deutlich machen, dass jedes Kind beteiligt werden kann, ohne es in irgendeiner Art und Weise zuüberfor- dern.

Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den Grundlagen von Partizipation im Hinblick auf Rechte und Gesetzestexte im politischen Kontext auf verschiedenen Ebenen. Im Folgenden setzt sich der zweite Teil mit der Partizipation im pädagogi- schen Kontext auseinander, um die Vielfalt anhand von einer Begriffserklärung, For- men, Kriterien und Grenzen darzustellen. Der Hauptteil beschäftigt sich mit der För- derung der kindlichen Basiskompetenzen und der Sichtweise der Fachkräfte von Partizipation, um zum Schluss die positiven Lerneffekte für die kindliche Entwick- lung aufzuzeigen und die Rolle der pädagogischen Fachkräfte zu reflektieren.

2. Partizipation im politischen Kontext

In diesem Kapitel wird sich einführend mit dem Begriff „Partizipation“ auf internatio- naler, sowie Bundesebene auseinandergesetzt, da die Beteiligung von Kindern ein verankertes Recht ist und nicht nur allein im Ermessen der pädagogischen Fach- kräfte liegt. (vgl. Hansen 2011, S.47) Es folgt hier eine Eingrenzung auf die Bundes- ebene, da die Landesebene den Rahmen dieser Arbeit ausweiten würde.

2.1. UN-Konventionüber die Rechte des Kindes

Die Beteiligung von Kindern ist gesetzlich festgelegt und zwar nicht nur in den Ge- setzen der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch auf internationaler Ebene ist das Recht auf Mitbestimmung für Kinder niedergeschrieben. In der UN-Konventionüber die Rechte des Kindes sind die Kinderrechte international verankert. Diese Rechte basieren auf vier Grundprinzipien: das Recht auf Gleichbehandlung, das Prinzip des besten Interesses des Kindes, das Recht auf Leben und persönliche Entwicklung, sowie die Achtung vor der Meinung des Kindes. Aus den eben ge- nannten Grundprinzipien werden in der UN-Konvention drei Gruppen von Teilhabe- rechten abgeleitet: Versorgungsrechte, Schutzrechte und Beteiligungsrechte, wel- che insbesondere in Artikel 12 der UN-Konvention niedergeschrieben wurden. (edb., S.48) So heißt es dort: „Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührende Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“

Beleuchtet man den Artikel 12 genauer, stellt man fest, dass die Umsetzung durch- aus zu Problemen führen kann. „Rechte werden Kindern erst dann zugestanden, wenn sie als fähig erachtet werden, sich eine eigene Meinung zu bilden Die Ent- scheidung darüber, ab wann das der Fall ist, treffen Erwachsene. Fraglich ist: Ist diese Fähigkeit alters- oder entwicklungsabhängig? Braucht man dafür bestimmte intellektuelle Grundfähigkeiten? Und was passiert dann mit den Kindern (und Er- wachsenen), die diese nicht erlangen? Auch wenn es formale Rechte für Kinder gibt, bleibt es doch den Erwachsenenüberlassen, Kindern diese Rechte in der Pra- xis auch einzuräumen, indem sie ihnen die Fähigkeit zugestehen, selbst entschei- den zu können.“ (Knauer/ Brandt 1998, S.159) In Kapitel 4 wird die eben beschrie- bene veränderte Rolle der pädagogischen Fachkraft explizit dargestellt.

2.2. Partizipation auf Bundesebene

Rechtliche Grundlagen für Partizipation von Kindern, sowie Hinweise zu Kinderrech- te im Allgemeinen lassen sich auf der Bundesebene in der Verfassung, im Bürgerli- chen Gesetzbuch und Sozialgesetzbuch, dem Kinder- und Jugendhilfegesetz wie- derfinden. In der Verfassung und im Bürgerlichen Gesetzbuch lässt sich die direkte Beteiligung von Kindern als Recht nur leicht erahnen, indem es zum einen in Artikel 5 Abs.1 GG heißt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild fei zu äußern (...)“ und zum anderen alle Menschen zum Zeitpunkt der Geburt Träger von Rechten sind, laut §1 BGB. Hierbei wird deutlich das Kinder Rechte haben und Erwachsene diese achten sollten, jedoch nicht explizit das Recht auf Partizipation.

Im Gegensatz dazu wird im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) das Recht auf Partizipation an verschiedenen Stellen formuliert. Im SGB VIII verdeutlicht der §8 dieses Recht am ehesten: „Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Ent- wicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugend- hilfe zu beteiligen (...)“ Diese Beteiligungssrechte liegen jedoch auch im Ermessen des Erwachsenen, wie viel und mit welchen Alter Partizipation möglich ist. Der §22 SGB VIII fordert von der pädagogischen Arbeit eine Orientierung an den Interessen und Bedürfnissen des Kindes, indem es da heißt: „(...) Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Le- benssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orien- tieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.“

„Im Kinder- und Jugendhilfegesetz wird an verschiedenen Stellen die Absicht deut- lich, Kinder als Subjekte mit eigenen Rechten zu verstehen. Immer wieder wird ihre Mitsprache bei Entscheidungen verlangt. Die Rechte der Kinder bleiben allerdings vage und letztlich immer von ihrer Gewähr durch Erwachsene abhängig. Damit ent- steht auch die Gefahr wohlmeinender Bevormundung.“ (Hansen 2011, S.50) Die for- mulierten Rechte auf Partizipation für Kinder sind in erster Linie ein Appell an die pädagogischen Fachkräfte, „Kinder als Subjekte wahrzunehmen und deren Interes- sen in der Arbeit zu berücksichtigen. Wenn Kindern Rechte der Mitbestimmung er- öffnet werden, schwächt das die Möglichkeiten der Erwachsenen, sie paternalistisch zu behandeln.“ (edb., S.50)

3. Partizipation im pädagogischen Kontext

Dieses Kapitel erklärt anfangs den Begriff „Partizipation“, um ein verständlichen Bildüber die Thematik zu erhalten, was die Gesetze im vorangestellten Kapitel im Grun- de meinen. Im weiteren Verlauf wird aufgezeigt, welche Formen Partizipation haben kann und welche Kriterien geschaffen werden müssen, um diese umzusetzen. Zu- dem wird noch einmal die Frage gestellt, welche Grenzen sich ergeben, wenn Überforderung im Raum steht.

3.1. Begriffserklärung

Das Wort Partizipation lässt sich aus dem Lateinischen Wort „participare“ ableiten und heißtübersetzt „teilnehmen, Anteil haben“. Jedoch bedeutet Partizipation weitaus mehr als die bloße Teilnahme, von welcher in der Gesellschaft meist ausge- gangen wird: „nämlich mitwirken, mitgestalten, mitbestimmen zu können. (…) Grundlegendes Merkmal von Partizipation ist die Mitwirkung von Subjekten, also von selbstbestimmungsfähigen Personen, an realen und für den Einzelnen und die Gemeinschaft bedeutsamen Entscheidungen.“ (edb., S.19) Diese Begriffserklärung lässt sich auch im bayerischen Erziehungs- und Bildungsplan von 2012 wiederfin- den, indem es heißt:

„,Beteiligung' bedeutet ,Partizipation' im Sinne von Mitwirkung, Mitgestaltung und Mitbestimmung. Sie gründet auf Partnerschaft und Dialog. Partizipieren heißt, Pla- nung und Entscheidungenüber alle Angelegenheiten, die das eigene Leben und das der Gemeinschaft betreffen, zu teilen und gemeinsam Lösungen für anstehende Fragen und Probleme zu finden. Sie zeichnet sich aus durch ergebnisoffene Situa- tionen, in denen Willensbildungsprozesse gemeinsam erfolgen und Ergebnisse an- ders als erwartet ausfallen können. Kinderbeteiligung umfasst Mit- und Selbstbe- stimmung.“ (Bayerischer Erziehungs- und Bildungsplan 2012, S.389)

Jedoch reicht diese Begriffserklärung nicht aus, da es unerlässlich ist, den Begriff Partizipation genau anhand eines Stufenmodells zu definieren, um ein besseres Verständnis zu erlangen. In diesem Stufenmodell kann zum einen zwischen Nicht- Beteiligung, Quasi-Beteiligung und schließlich Beteiligung (Partizipation) unter- scheiden. Wenn pädagogische Fachkräfte sämtliche Entscheidungen in den Kinder- tagesstätten vollziehen, spricht man von einer Nicht-Beteiligung. Es wird auch hier nicht beabsichtigt, diese Situation zu ändern, da den Kindern keinerlei Beteiligungs- möglichkeiten zugestanden werden. Auf der Stufe der Quasi-Beteiligung werden Kinder hingegen zur Beteiligung befähigt, indem sie z.B.über alles notwendige in- formiert werden und ihre Interessen, sowie Wünsche in den Entscheidungen der pädagogischen Fachkräfte berücksichtigt werden. Dies ermöglicht es ein Vertrau- ensverhältnis zwischen den beiden Parteien aufzubauen und sie miteinander in Dia- log treten zu lassen. Dennoch wird hierbei noch keine echte Partizipation durchge- führt, denn die Kinder können nicht wirklich Entscheidungen treffen oder auch revi- dieren, weswegen die klassische Machtverteilung weiterhin erhalten bleibt. Bei der eigentlichen Beteiligung sind die Kinder befugt, eigene Entscheidungen gleichbe- rechtigt mit den pädagogischen Fachkräften zu treffen und diese auch zu revidieren. (vgl. Petersen 2002, S.913)

3.2. Formen von Partizipation

Partizipation kann in vielfältigen Formen umgesetzt werden. „Im Elften Kinder- und Jugendbericht (BMFSFJ 2002) werden drei Beteiligungsformen unterschieden, die sich auch in Kindertageseinrichtungen wiederfinden: Repräsentative Formen der Beteiligung, Offene Formen der Beteiligung und Projektorientierte Formen von Beteiligung.“ (Hansen 2011, S.60)

Repräsentative Beteiligungsformen sind dadurch gekennzeichnet, dass eine Gruppe von Kindern stellvertretend für alle anderen Themen bearbeitet, plant und Entscheidungen fällt.“ (edb, S.62) Diese Formen sind in Kindertagesstätten der Kinderrat und das Kinderparlament. Im Kinderrat werden Delegierte der Kindergruppen als Vertreter gewählt. Sie treffen sich regelmäßig in Besprechungen mit Mitgliedern des pädagogischen Teams, der Einrichtungsleitung und evtl. mit der Elternvertretung, um aktuelle Anliegen zu besprechen.

Zu der offenen Beteiligungsform werden Kinderkonferenzen, Stuhlkreise und Kinderversammlungen gezählt. Diese richten sich an alle Kinder der Einrichtung, je nach Setting, oder an diese, welche vom Thema betroffen sind. Die offene Beteiligungsform ist im Gegensatz zur repräsentative Beteiligung freiwillig. Hier können die Kinder ihre Anliegen einbringen, diskutieren und zugleich Einfluss auf den Alltag in der Kindertagesstätte nehmen.

Bei der projektorientierten Beteiligungsformen beschäftigen sich die Kinder in ei- nem zeitlichüberschaubaren Rahmen mit einem spezifischen Thema und sind zu- dem ergebnis- und produktorientiert. Dabei können die Kinder in allen Phasen an den Entscheidungen beteiligt sein. „Projektorientierte Beteiligung bietet sich für die Beschäftigung mit Themen an, zu denen es vielfältige Zugänge gibt oder die eine ganze Reihe von Fragestellungen aufwerfen. Das können Planungen sein (…) oder die Auseinandersetzung mit umfassenden inhaltlichen Themen (…)Sie ermöglichen es, erste Erfahrungen mit Partizipation zu machen, ohne zunächst die Abläufe in der Kindertageseinrichtung grundlegend zu verändern.“ (edb. , S.68f)

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Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Wenn Kinder das Wort haben. Möglichkeiten der Partizipation in Kindertagesstätten
Hochschule
Hochschule Koblenz (ehem. FH Koblenz)
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
17
Katalognummer
V303993
ISBN (eBook)
9783668027466
ISBN (Buch)
9783668027473
Dateigröße
496 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wenn, kinder, wort, möglichkeiten, partizipation, kindertagesstätten
Arbeit zitieren
Cornelia Döring (Autor:in), 2014, Wenn Kinder das Wort haben. Möglichkeiten der Partizipation in Kindertagesstätten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303993

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