Akzeptanzförderung durch Beteiligung bei Planfeststellungsverfahren


Studienarbeit, 2013

34 Seiten, Note: 13,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung

B. Das Planfeststellungsrecht

C. Bereitschaft zur Akzeptanz im Planfeststellungsrecht
I. Was ist Akzeptanz?
II. Bedeutung von Akzeptanz
III. Die Abnahme von Akzeptanz

D. Akzeptanzbildung im Verwaltungsverfahren
I. Auf das Ergebnis kommt es an!
II. Akzeptanz als legitimes Ziel des Verwaltungsverfahrens
III. Akzeptanzbeeinflussende Faktoren in einem Verwaltungsverfahren
1.) Zügiger Abschluss des Verfahrens
2.) Beteiligung der Öffentlichkeit am Verfahren
3.) Kommunikation, Information und Transparenz
4.) Neutralität der Behörden

E. Das Planfeststellungsverfahren
I. Die jüngste Reaktion des Gesetzgebers: Das PlVereinhG
II. Ablauf des Planfeststellungsverfahrens

F. Bewertung des Planfeststellungsverfahrens
I. Ein richtiger Schritt: Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung
II. Unglückliche Regelung der Verbandsbeteiligung
III. Nur eine behördliche Trennung sorgt für Neutralität
IV. Einsatz eines privaten Projektmanagers beim Erörterungstermin
V. In der Transparenz und Kommunikation liegen noch Potential
VI. Zu kurze Fristen und zu überdehnte Heilungsvorschriften

G. Kritische Würdigung weiterer Reformideen
I. Mediation
II. Verfahrensbegleitende Beteiligung
III. Bedarfserörterung

H. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einleitung

„Gehört werden bedeutet nicht erhört werden“ so Ministerpräsident Winfried Kretschmann jüngst zu dem anhaltenden Konflikt über den geplanten Nationalpark Nordschwarzwald.1 Eine Aussage, die sehr passend den Spagat zwischen der Beteiligung von Bürgern am und deren Mitbestimmungsmöglichkeiten im Verfahren verdeutlicht. Wie sollen die Bürger in einem Verfahren beteilig werden und wie muss ein Verfahren grds. ausgestaltet sein, um eine hohe Akzeptanz der Entscheidung zu erreichen?

Diese rechtspolitische Debatte wird schon seit den 60er Jahren geführt.2 Auslöser hierfür waren bereits in der Vergangenheit meist planfeststellungsbedürftige Vorhaben, wie bspw. die Errichtung von Atomkraftwerken oder die Ausweisung von Deponien.3 Wieder angefacht wurde die Debatte, in einer so noch nie dagewesenen Art und Weise, durch den Konflikt um das Eisenbahnprojekt „Stuttgart 21“4 im Jahre 2011. Doch warum gelingt es häufig nicht, durch das Planfeststellungsverfahren Akzeptanz herzustellen? Was müsste man verändern um die Akzeptanz besser zu fördern? Diese Fragen möchte die vorliegende Arbeit beantworten. Ideen zur veränderten Ausgestaltung des Planfeststellungsverfahrens gibt es spätestens seit „Stuttgart 21“ genug.5 Auch der Gesetzgeber hat auf die Debatte reagiert und verabschiedete kürzlich ein Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren (PlVereinhG).6 Inhalt dieses ist insb. die Einfügung eines § 25 III VwVfG, mit welchem eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei größeren Vorhaben eingeführt wird.

Diese Arbeit versucht sich dem Thema der Akzeptanzförderung durch Verfahren - dargestellt am Beispiel des Planfeststellungsverfahrens - derart anzunehmen, dass sie zunächst einen Überblick über das Planfeststellungsrecht verschafft (B.). Anschließend wird die Bereitschaft zur Akzeptanz im Planfeststellungsrecht dargestellt (C.), ehe allgemein akzeptanzbildende Faktoren im Verwaltungsverfahren untersucht werden (D.). Anhand dieser wird das Planfeststellungsverfahren, nach einer Vorstellung (E.), auf dessen Fähigkeit die Akzeptanz zu fördern, bewertet (F.). Abschließend werden sodann noch Reformideen zur Akzeptanzförderung kritisch gewürdigt (G.).

B. Das Planfeststellungsrecht

Das Planfeststellungsrecht regelt die Zulassung von privaten und staatlichen Großvorhaben, welche sich durch ihren Raumbezug und den vielen dabei gegenläufigen Interessen auszeichnen.7 Typische planfeststellungspflichtige Vorhaben sind der Aus- und Neubau von Straßen, Schienenwegen, Wasserstraßen, Flughäfen sowie Hochspannungsleitungen.8 Die Rechtsgrundlagen finden sich zuvorderst in §§ 72 – 78 VwVfG.9 Ergänzt werden diese Vorschriften sowohl durch die spezielleren Fachgesetze, als auch die allgemeinen Vorschriften des VwVfG. Kennzeichnend ist, dass der Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung ein planerischer Gestaltungsspielraum zukommt.10 Diesem sind aber insoweit Grenzen gesetzt, dass sie den eingereichten Plan nur „abwägend nachvollzieht“.11 Ebenso haben Entscheid-ungen zum Bedarf und der ungefähren räumlichen Lage aus vorgelagerten selbstständigen Verfahren, wie die europäische Rahmenplanung bei transeuropäischen Netzen, die Bedarfsplanung bei Verkehrswegen, die Raumordnungspläne, die Raumordnungsverfahren oder die Linienbestimmungen bei Bundesfern- und Bundeswasserstraßen, nicht unwesentliche Auswirkungen auf die Entscheidung.12 Der von der Planfeststellungsbehörde erlassene Planfeststellungsbeschluss hat sehr weitreichende Wirkungen: Gestaltungswirkung, § 75 I 2 VwVfG, Konzentrationswirkung, § 75 I 1 Hs. 2 VwVfG, Genehmigungswirkung, § 75 I 1 Hs. 1 VwVfG, enteignungsrechtliche Vorwirkung, § 10 FStrG, § 22 AEG, und Duldungswirkung, § 75 II 1 VwVfG.13

C. Bereitschaft zur Akzeptanz im Planfeststellungsrecht

Eingangs gilt es zu klären, was Akzeptanz überhaupt ist und warum diese im Planfeststellungsrecht gefördert werden sollte.

I. Was ist Akzeptanz?

Akzeptanz kommt vom lateinischen „accipere“ und bedeutet dort das Annehmen oder das Billigen von Entscheidungen.14 Ein einheitliches Begriffsverständnis scheint in den verschiedenen Wissenschaften nicht vorzuherrschen.15 Eine treffende Definition im Sinne der Rechtswissenschaft formuliert Würtenberger. Akzeptanz bedeutet: „Auch derjenige, der aus besserer Einsicht die Verwaltungsentscheidung ablehnt, bleibt gleichwohl bereit, diese als noch vertretbare Problemlösung anzuerkennen.“16 Akzeptanz ist mithin nicht gleichzusetzen mit Konsens,17 sondern umschreibt „die Spannbreite des Bewertens von Verwaltungsentscheidungen von richtig bis noch anerkennungswürdig“ und umfasst somit auch Teile des Dissenses.18 Dabei gilt es zu beachten, dass die Frage der Akzeptanz von Entscheidungen in keinerlei Zusammenhang mit deren Rechtmäßigkeit steht; beides ist strikt von einander zu trennen.19 Ferner gibt es kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine Entscheidung, die man persönlich akzeptieren kann.20

Ziekow spricht anstelle von Akzeptanz im Zusammenhang mit Planfeststellungsverfahren von „Verfahrensakzeptanz“, da sich Akzeptanz nur auf das Verfahren und nicht auf das Ergebnis beziehen könne.21 Abgesehen davon, dass das Wörterbuch der deutschen Sprache das Wort der „Verfahrensakzeptanz“ nicht kennt, kann davon ausgegangen werden, dass Ziekow hiermit sogleich Akzeptanz im obigen Sinne meint. Er bezeichnet seine Wortneuschöpfung als ein Verfahren, das „in seiner Gesamtheit als fair empfunden wird, auch wenn es nicht mit dem individuell präferierten Ergebnis übereinstimmt.“22 Es wird nie gelingen, jeden von einer Entscheidung zu überzeugen,23 aber gerade deshalb kann man zumindest über die Verfahrensausgestaltung dazu beitragen, dass diese Person, die sich anschließende Entscheidung zumindest akzeptiert. Teils ist auch von Akzeptanz (wenn die Entscheidung nur hingenommen wird) und Akzeptabilität (wenn der Betroffene partizipieren konnte) die Rede.24 Auf diese sprachliche Unterscheidung wird nachfolgend verzichtet.

II. Bedeutung von Akzeptanz

Wird die Entscheidung nicht mehr als vertretbare Problemlösung angenommen, führt dies dazu, dass sich die Verwaltung nur noch schwer durchsetzen kann.25 Auf das Planfeststellungsrecht bezogen, bedeutet dies, dass bei der Realisierung von Vorhaben mit erheblichen Verzögerungen zu rechnen ist, der Vorhabenträger mit einer finanziellen Belastung zu kämpfen hat und im schlimmsten Fall das Vorhaben komplett scheitert.26 Sehr anschaulich wurde dies erst kürzlich wieder bei „Stuttgart 21“: Große Demonstrationen (teils mit über 60.000 Teilnehmern),27 hoher Sicherheitsaufwand, Projektstopp, Schlichtung und landesweite Volksabstimmung. Das sind natürlich Folgen, die sich auch auf die Standortattraktivität Deutschlands auswirken und daher im engen Zusammenhang mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stehen.28 Mangelnde Akzeptanz ist mithin keine wünschenswerte Situation und nicht einfach nur ein „Schönheitsfehler“.29

III. Die Abnahme von Akzeptanz

Leider ist „Stuttgart 21“ in diesem Zusammenhang kein Einzelfall. Trotz der jahrelangen rechtspolitischen Debatte muss festgestellt werden, dass die Akzeptanz im Planfeststellungsrecht immer weiter abgenommen hat.30 Beispielhaft für diese Entwicklung lassen sich aktuell auch der Bau einer Monoxid-Pipeline in Nordrhein Westfahlen,31 die Errichtung eines Kohlekraftwerks in Datteln,32 der Bau eines Pumpspeicherkraftwerks in Atdorf33 oder auch generell die Errichtung von Hochspannungsstromnetzen nennen.

Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Zum einen kann beobachtet werden, dass sich die Gesellschaft die letzten Jahre über verändert hat. Es lässt sich ein wachsender Individualismus und Egoismus feststellen.34 Begleitet wird diese Entwicklung von einem starken Interesse an Partizipation und Schutz der Umwelt.35 Bürgerinitiativen, in welchen man seine persönlichen Interessen situationsbezogen vertritt, und Umweltverbände sind mittlerweile allgegenwärtig. Da planfeststellungspflichtige Vorhaben die Interessen einer Vielzahl an Personen betreffen, ist der Konflikt grds. schon vorprogrammiert. Darüber hinaus ist aufgrund der dichten Besiedelung, der benötigte Raum für ein Vorhaben, entweder durch bestehende Immissionen vorbelastet oder noch frei jeglicher Bebauung - somit schützenswerte Natur.36

Ferner lassen sich die Entscheidungen wegen ihrer Komplexität immer schwieriger nachvollziehen.37 So umfasste bspw. der Planfeststellungsantrag für die neue Landebahn des Frankfurter Flughafens ca. 60 Aktenordner.38 Der Bürger kann solche Entscheidungen nur schwer und meist nur mit fachlichem Beistand verstehen. Dies erklärt auch, dass insgesamt ein Desinteresse an Verwaltungsverfahren feststellbar ist.39 Das Vorhaben ruft somit erst dann ein erhebliches öffentliches Interesse vor, wenn die Folgen der Entscheidung sichtbar werden, sprich wenn mit dem Bau begonnen wird.40

Eng damit im Zusammenhang steht die mangelnde bis fehlende Kommunikation. Behörden sehen es meist nicht als ihre Pflicht an, die Öffentlichkeit mehr als vorgeschrieben zu informieren und die Vorhabenträger von Großprojekten meiden aus Angst vor möglichen kritischen Diskussionen die Öffentlichkeit.41 Da der Vorhabenträger im Planfeststellungsrecht einen fertigen Plan einreicht, verwundert es daher nicht, dass viele Bürger sich vor vollendete Tatsachen gestellt sehen und eine Mitgestaltung vermissen.42

Darüber hinaus gibt es immer mehr Bürger, die den staatlichen und politischen Institutionen generell kritisch gegenüber stehen, weil sie den handelnden Akteuren nur noch bedingt vertrauen.43 Dies wurzelt zum einen in dem mangelnden Vertrauen in die Neutralität der Verwaltung44 und zum anderen lässt sich ein hoher Sachverstand in der Bürgerschaft feststellen.45 Kennzeichnend für diesen Vertrauensverlust steht, dass „Wutbürger“ zum Wort des Jahres 2010 gewählt worden ist.46

D. Akzeptanzbildung im Verwaltungsverfahren

Doch wie kann man dieser Akzeptanzabnahme entgegen treten? Ist dies durch das Planfeststellungsverfahren möglich? Dafür ist zu klären, welche Faktoren im Verwaltungsverfahren die Akzeptanz beeinflussen.

I. Auf das Ergebnis kommt es an!

Die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen lässt sich zuvorderst durch deren Ergebnis verbessern. Entspricht dieses den individuellen Interessen dann wird die Entscheidung akzeptiert.47 Nicht umsonst gibt es den bekannten Satz: „Auf das Ergebnis kommt es an!“. In einer empirischen Untersuchung gaben dies bspw. 73 % der Befragten an.48 Gleichwohl kann die Akzeptanz von Entscheidungen auch unabhängig von ihrem Ergebnis, nämlich durch das Verwaltungsverfahren gefördert werden. Dies gaben bei der gleichen Untersuchung 61 % der Befragten an. Dies funktioniert aber nur insoweit, wie es sich nicht um fundamentale Konflikte, insb. um Konflikte handelt, bei denen Werte im Spiel sind.49 Konflikte dieser Art lassen sich nur sehr schwer bis gar nicht auflösen.

II. Akzeptanz als legitimes Ziel des Verwaltungsverfahrens

Doch ist Akzeptanz eigentlich ein verwaltungsrechtliches Ziel? Dies wurde von der Verwaltungswissenschaft in den 80er Jahren bestritten, da man den Entscheidungsspielraum der Behörden nicht einschränken wollte. Das Verfahren hatte ausschließlich die Funktion, diese über abwägungsrelevante Belange zu informieren, um rechtmäßige und sachrichtige Entscheidungen zu treffen, und die subjektiven Rechte des Einzelnen zu sichern.50 Dies ist auch heute noch unumstrittener Zweck des Verfahrens. Gleichwohl geht man mittlerweile davon aus, dass das Verfahren auch noch andere Funktionen - wie z.B. Legitimation oder auch Akzeptanz - erfüllt.51 Begründet werden diese weiteren Funktionen zutreffend mit dem Demokratieprinzip, dem Übermaßverbot und der Verfahrensökonomie.52 Es wäre verfehlt, das Verfahren nur auf seine rechtsstaatliche Funktion zu reduzieren; denn es hat auch eine demokratische Funktion, sodass die Bürger in das Verfahren einzubinden, mit ihren Forderungen zu hören und mit ihren Bedürfnissen zu berücksichtigen sind. Mithin ist Akzeptanz auch ein verwaltungsrechtliches Ziel und kann deshalb mit dem Verwaltungsverfahren verfolgt werden.

III. Akzeptanzbeeinflussende Faktoren in einem Verwaltungsverfahren

Ein Patentrezept, wie sich die Akzeptanz von Entscheidungen durch das Verwaltungsverfahren verbessern lässt, gibt es - wie so oft - nicht. Dennoch lassen sich einige Kriterien aufstellen, welche die Akzeptanz beeinflussen.

1.) Zügiger Abschluss des Verfahrens

Eine Beschleunigung des Verfahrens wird nicht nur den Begünstigten erfreuen, sondern hat auch akzeptanzbildendes Potential. So wird eine Entscheidung, die nicht mehr für möglich gehalten wurde und dann trotzdem umgesetzt wird, für heftigen Widerstand sorgen.53 Ebenso wird und kann sich wohl niemand über einen längeren Zeitraum mit ein und derselben Sache beschäftigen.54 Zumal damit noch nicht sicher gestellt ist, dass sich bis zum Baubeginn äußere Umstände dann doch ändern.55 Dennoch muss darauf geachtet werden, dass der Grundsatz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“56 gilt, da anderenfalls auch ein zügig abgeschlossenes Verfahren wohl kaum die Akzeptanz fördert. Daher dürfen, gerade weil die Verfahren immer komplizierter geworden sind, die Fristen nicht allzu kurz bemessen sein.57 Dies gilt insb. für Präklusions-Fristen. Denn an eine Abschaffung dieser ist wegen ihrer Bedeutung für die Verfahrensdauer sowie die Rechtssicherheit nicht zu denken.58 Ebenfalls maßvoll sollte mit Unbeachtlichkeits- und Heilungsvorschriften umgegangen werden. Ein Verfahren, das „hintenrum wieder nimmt, was vorne versprochen wurde“ fördert nicht die Akzeptanz.59 Dasselbe gilt im Übrigen auch für sachliche Veränderungen während des Verfahrens. Um das Verfahren zügig zu Ende zu bringen, muss dieses in solchen Fällen zwar nicht nochmals komplett neu durchgeführt werden, dennoch sollten diejenigen, die von diesen Veränderungen betroffen sind, hierzu Stellung beziehen können.

2.) Beteiligung der Öffentlichkeit am Verfahren

Darüber hinaus verbessert sich die Akzeptanz, wenn der Bürger das Gefühl hat, gestaltend auf die Entscheidung Einfluss nehmen zu können.60 Er möchte in einem „offenen und auf Diskurs angelegten“ Verfahren beteiligt sein.61 Dies ist auch verständlich, schließlich ist die Akzeptanz von Entscheidungen wesentlich höher, wenn sie den individuellen Interessen entspricht. Es ist aber darauf zu achten, dass man bei den Bürgern keine falschen Erwartungen weckt, da man sonst wohl eher das Gegenteil erreichen wird. Eine direkte Einflussnahme der Bürger auf die spätere Entscheidung ist nicht umsetzbar; denn diese zu treffen ist Aufgabe der Behörde.62 Die Bürger haben kein durch „demokratische Wahlen vermitteltes Mandat“ und haben mithin grds. keine Legitimation um schlussendlich mitzuentscheiden.63 Aus diesen Gründen ist auch der, zum Teil immer wieder geforderte,64 Einsatz von plebiszitären Elementen im Verfahren abzulehnen.65 Hierzu wird richtigerweise ebenfalls noch angeführt, dass man niemals zur Zufriedenheit aller, den Kreis derjenigen Personen festlegen könnte, der an entsprechenden Abstimmungen teilnehmen dürfte.66 Ferner würden sich Entscheidungen mit einem komplexen Abwägungsprozess, wie Planfeststellungsbeschlüsse, nicht in ein Ja/Nein-Schema drängen lassen67 und bei gebundenen Entscheidungen, wie der Baugenehmigung, sei für ein Mitentscheiden der Öffentlichkeit rechtlich kein Raum.68 Die Beteiligten können sich demnach in das Verfahren einbringen und bspw. auf bestimmte Probleme aufmerksam machen, sie können aber nicht abschließend eine Entscheidung treffen. Dieser Grenzen müssen sich die Beteiligten bewusst sein.

Damit der Bürger einen möglichst großen und gestaltenden Einfluss auf die Entscheidung nehmen kann, ist die Beteiligung idealerweise möglichst früh durchzuführen.69 Sprich dann, wenn die entscheidenden Parameter noch nicht feststehen und noch die Möglichkeit besteht diese zu beeinflussen.70 Allerdings muss auch darauf geachtet werden, dass schon hinreichend konkrete Aussagen zur Sache gemacht werden können.71 Eine frühe Beteiligung beugt ferner dem Problem vor, dass sich bereits ein Bürgerprotest gebildet hat und die Behörden somit nur noch ihre Positionen verteidigen können.72 Findet die Beteiligung möglichst früh statt, hat die Behörde die Möglichkeit zu agieren, anstatt lediglich zu reagieren.

Um eine möglichst große Akzeptanz in der Öffentlichkeit erreichen zu können, ist eine Beteiligung mit einer breiten Öffentlichkeit durchzuführen.73 Gerade bei umweltrelevanten Themen ist zudem zu beachten, dass die anerkannten Umweltverbände beteiligt werden, da diesen es meist eher möglich ist, sich in komplexe Unterlagen einzuarbeiten, und mithin diese als Vermittler zu ihren Mitgliedern, die nicht nur die „politisch aktiven Mittstands-Eliten“ umfasst, auftreten können.74 Einschränkungen ergeben sich insofern, dass nicht vergessen werden darf, dass die Beteiligung im Verfahren auch dem Grundrechtsschutz der Betroffenen dient. Im Sinne dieser, deren Akzeptanz es zuvorderst zu fördern gilt, sollte darauf geachtet werden, dass deren Beteiligung nicht untergeht. Ebenso ist eine Beteiligung auch nur dann sinnvoll, wenn sie noch durchführbar und übersichtlich bleibt.75

Die Bedenken, dass eine umfangreiche Öffentlichkeitsbeteiligung zu endlosen Verzögerungen führt,76 mag auf den ersten Blick nahe liegen. Gerade auch die Tatsache, dass der Erörterungstermin für die Erweiterung beim Frankfurter Flughafen 101 Verhandlungstage dauerte, mag dies rechtfertigen.77 Sie sind auf den zweiten Blick aber falsch. Natürlich kostet eine umfangreiche (vor allem eine gründliche) Öffentlichkeitsbeteiligung Zeit. Gemessen an dem gesamten Verfahren nimmt die Öffentlichkeitsbeteiligung aber meist nur einen sehr bescheidenen Teil der kompletten Verfahrensdauer in Anspruch.78 Diese wird darüber hinaus auch noch schnell kompensiert, wenn man dadurch aufwendige Gerichtsverfahren im Anschluss an die Entscheidung vermeidet.79 Mithin führt eine umfangreiche Öffentlichkeitsbeteiligung nicht nur zu mehr Akzeptanz der Entscheidung, sondern in den meisten Fällen auch zu einer Beschleunigung des Verfahrens.80

Abschließend sei aber noch erwähnt, dass man es mit der Beteiligung der Öffentlichkeit auch nicht übertreiben sollte. Man sollte deren Wirkung zur Förderung der Akzeptanz nicht überschätzen.81 Zu viele Beteiligungsmöglichkeiten in einem Verfahren wirken für den Bürger oft abschreckend82 und ob das Verfahren dadurch übersichtlicher und einfacher wird, mag doch sehr stark bezweifelt werden.

3.) Kommunikation, Information und Transparenz

Von diesen Teilhaberechten kann man aber nur Gebrauch machen, wenn man über das Verwaltungshandeln informiert ist.83 Auch sonst ist das Thema der Kommunikation, Information und Transparenz im Verwaltungsverfahren nicht zu unterschätzen. Es ist für die Akzeptanzbildung von „zentraler Bedeutung“.84 Denn „oft können schon eine bessere Informationspolitik und eine größere Dialogbereitschaft der Verwaltung ausreichen“, um die Akzeptanz zu verbessern.85 Beachtet werden sollte dabei, dass auch solche Informationen in die Öffentlichkeit getragen werden, welche grds. eher gegen die Entscheidung sprechen.86 Ansonsten macht man sich unglaubwürdig und erreicht vielmehr das Gegenteil, von dem was man erreichen möchte. Ebenso ist die Akzeptanz höher, wenn die Entscheidung von den Bürgern verstanden wird, sprich sie für diese nachvollziehbar erscheint.87 Aus diesem Grund ist auch wichtig, dass Themen möglichst in einfacher Sprache übermittelt werden, sodass der Bürger sie versteht und sich ernstgenommen fühlt.88 Ferner ist wichtig, dass die abschließende Entscheidung begründet wird. Daran kann man sodann auch überprüfen, ob sich die Behörde mit den jeweiligen Einwänden beschäftigt hat.89 Insgesamt sollte darauf geachtet werden, dass die Behörde das Verfahren so transparent wie möglich gestaltet und nicht nur das tut, wozu sie verpflichtet ist.90 Die Rechte Dritter (z.B. Betriebsgeheimnisse) sind dabei natürlich zu beachten.

Die Frage, ob die Verwaltung dabei eine Bringschuld oder der Bürger eine Holschuld hat, dürfte sich durch das Internet mittlerweile relativiert haben. Denn für beide dürfte sich die Kommunikation dadurch wesentlich vereinfacht haben. Allgemein sollte im 21. Jh. verstärkter auf das Internet, als Informationsquelle, zurückgegriffen werden, um eine möglichst hohe Transparenz herzustellen. Die alleinige Auslegung von Unterlagen im Rathaus ist bspw. mittlerweile „unzureichend und antiquiert“.91 Damit wird auch das Problem umgangen, dass die Medien sich oftmals erst dann für eine Sache interessieren, wenn Konflikte auftreten.92 Doch weißt Fehling zu Recht darauf hin, dass es nur mit dem online stellen auch nicht getan ist.93 Es muss natürlich auch darüber hinaus eine gute behördliche Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden, um die Öffentlichkeit auf die im Internet eingestellten Unterlagen zu stoßen. Ebenso muss selbstverständlich berücksichtigt werden, dass längst nicht alle Bürger mit dem Internet vertraut sind.94

[...]


1 Vgl. Wiegert/Kugel/Senft-Werner/Grachtrup, Kein Interesse an Bürgermeinung?, in: Schwarzwälder-Bote, 14.05.2013.

2 Burgi/Durner, Modernisierung VwVfG, 150; Durner, ZUR 2011, 354, 356.

3 Durner, ZUR 2011, 354, 355.

4 Überblick: Dossier zu Stuttgart 21 / Neubaustrecke Wendlingen – Ulm v. 26.10.2010.

5 Beispielhaft Böhm, NuR 2011, 614 ff.

6 Gesetz v. 31.05.2013; BGBl. I, 1388.

7 Sauer, DVBl. 2012, 1082, 1083.

8 § 17 FStrG, § 37 StrG BW, § 18 AEG, § 14 WaStrG, § 8 LuftVG, § 43 EnWG.

9 Aufgrund Art. 83 GG werden idR die LVwVfGe, die aber wegen der Simultangesetzgebung grds. mit dem VwVfG identisch sind, Anwendung finden.

10 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 72, Rn. 11.

11 BVerwGE 72, 365, 367; Burgi/Durner, Modernisierung VwVfG, 164.

12 Fehling, BLJ 2012, 92, 93.

13 Leist/Tams, JuS 2007, 995, 997.

14 Vgl. Wikipedia, Akzeptanz, in: Wikipedia, 06.09.2013.

15 Vgl. Ronellenfitsch, Anlagenzulassung, 89; Benda, DÖV 1983, 305, 306.

16 Würtenberger, NJW 1991, 257, 259.

17 Ziekow, Zügige Verwaltungsverfahren, 79.

18 Würtenberger, Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen, 61.

19 Guckelberger, DÖV 2006, 97, 100; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 103; Würtenberger, NJW 1991, 257, 258.

20 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 103; Würtenberger, Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen, 101.

21 Ziekow, NVwZ 2013, 754, 755.

22 Ziekow, NVwZ 2013, 754, 755.

23 Schink, ZG 2011, 226, 229; Würtenberger, NJW 1991, 257, 258.

24 Winter, ZUR 2012, 329.

25 Würtenberger, NJW 1991, 257.

26 Pünder, NuR 2005, 71, 72.

27 Böhm, NuR 2011, 614.

28 Pünder, NuR 2005, 71, 72; Würtenberger, NJW 1991, 257, 258.

29 Strohbusch, DVP 2013, 271.

30 Bertrams, NWVBl. 2012, 289, 290; Knauff, DÖV 2012, 1; Schink, ZG 2011, 226, 227; Strohbusch, DVP 2013, 271; a.A. wohl Durner, ZUR 2011, 354, 359 der aber auch Akzeptanzförderungspotentiale sieht.

31 Vgl. Schink, ZG 2011, 226, 227.

32 Vgl. Anmerkung zum Urteil OVG Münster Verstey, NuR 2009, 819 f.

33 Projektübersicht bei Landratsamt Waldshut, Projekt Pumpspeicherkraftwerk Atdorf, in: Landkreis Waldshut, 06.09.2013.

34 Steinberg, ZUR 2011, 340, 350.

35 Bertrams, NWVBl. 2012, 289, 290; so schon Würtenberger, NJW 1991, 257, 258.

36 Steinberg, ZUR 2011, 340.

37 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 102; Wulfhorst, DÖV 2011, 581, 582.

38 Steinberger, ZUR 2011,340, 342.

39 Knauff, DÖV 2012, 1.

40 Wulfhorst, DÖV 2011, 581, 582.

41 Schink, DVBl. 2011, 1377, 1379.

42 Statt vieler Wulfhorst, DÖV 2011, 581, 583; Ziekow, DJT-Gutachten, D 81.

43 Bertrams, NWVBl. 2012, 289, 290; so auch schon Hill, JZ 1988, 377; Geißler, Schlichtung Stuttgart 21 PLUS 2010, 2.

44 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 102.

45 Steinberg, ZUR 2011, 340, 350 spricht sogar von „bürgerschaftlicher Konkurrenz“.

46 Gesellschaft für deutsche Sprache, Pressemitteilung v. 17.12.2010.

47 Würtenberger, Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen, 54.

48 Befragung zu dem umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 11 LImSchG Bln vgl. Strohbusch, DVP 2013, 271, 272.

49 Ronellenfitsch, Anlagenzulassung, 91; Schink, DVBl. 2011, 1377, 1378.

50 Darstellung bei Würtenberger, NJW 1991, 259, 260 m.w.N; nach der Rspr. des BVerfG müssen Verfahren so ausgestaltet sein, dass sie die subjektiven Rechte des Einzelnen sichern können BVerfGE 63, 131, 143.

51 Burgi/Durner, Modernisierung VwVfG, 29 ff.; zur Legitimation: Sauer, DVBl. 2012, 1082, 1087; zur Akzeptanz schon: Würtenberger, NJW 1991, 259, 261; Fehling, VVDStRL 70, 278, 281 zur „nichtinstrumentellen Funktion“ des Verfahrens.

52 Würtenberger, Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen, 101.

53 Schink, DVBl. 2011, 1377, 1378.

54 Vgl. Stüer, DVBl. 2013, 700, 701.

55 Sauer, DVBl. 2012, 1082, 1087.

56 Schink, DVBl. 2011, 1377, 1378.

57 Burgi/Durner, Modernisierung VwVfG, 184; Fehling, BLJ 2012, 92, 96.

58 Brandt, NVwZ 1997, 233; zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit der materiellen Präklusion BVerfGE 61, 82, 98.

59 Winter, ZUR 2012, 329, 330.

60 Fehling, BLJ 2012, 92, 93; Wulfhorst, DÖV 2011, 581, 583; Ziekow, Zügige Verwaltungsverfahren, 80; so auch die Untersuchung vgl. Strohbusch, DVP 2013, 271, 273.

61 Guckelberger, DÖV 2006, 97, 100.

62 Schink, ZG 2011, 226, 231; Strohbusch, DVP 2013, 271, 274.

63 Hien, UPR 2012, 128, 130; zur Fachplanung: BVerfGE 95, 1, 17.

64 Bspw. Durner, ZUR 2011, 354, 361; Groß, DÖV 2011, 510, 513.

65 Dolde, NVwZ 2013, 769,770; Schink, DVBl. 2011, 1377, 1385; Schönenbroicher, VBlBW 2010, 466, 467; Stüer/Bruchsteiner, UPR 2011, 335, 337.

66 Leisner, NJW 2011, 33, 35; Wulfhorst, DÖV 2011, 581, 586.

67 Ewer, NJW 2011, 1328.

68 Strohbusch, DVP 2013, 271, 274.

69 Statt vieler Ziekow, Zügige Verwaltungsverfahren, 80.

70 Statt vieler Stender-Vorwachs, NVwZ 2012, 1061, 1063.

71 Stender-Vorwachs, NVwZ 2012, 1061, 1063; Wulfhorst, DÖV 2011, 581, 588.

72 Fehling, BLJ 2012, 92, 93; Würtenberger, NJW 1991, 259, 260.

73 Stüer, DVBl. 2013, 700, 707; Wulfhorst, DÖV 2011, 581, 582.

74 Fehling, BLJ 2012, 92, 100.

75 Schmitz/Prell, NVwZ 2013, 745, 746.

76 So Dolde, NVwZ 2013, 769, 771; Ronellenfitsch, Anlagenzulassung, 90.

77 Cancik, DÖV 2007, 107.

78 Wesentliche Verzögerungen treten vor Antragsstellung auf Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 4, Rn. 104.

79 Statt vieler Wulfhorst, DÖV 2011, 581, 586.

80 Fehling, BLJ 2012, 92, 93; Würtenberger, NJW 1991, 257, 259; Ziekow, Zügige Verwaltungsverfahren, 79.

81 Schmitz/Prell, NVwZ 2013, 745, 747.

82 Wulfhorst, DÖV 2011, 581, 582.

83 Würtenberger, Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen, 81.

84 Strohbusch, DVP 2013, 271, 273.

85 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 102.

86 Würtenberger, NJW 1991, 257, 260.

87 Würtenberger, NJW 1991, 257, 261.

88 Strohbusch, DVP 2013, 271, 277.

89 Strohbusch, DVP 2013, 271, 276.

90 Schink, ZG 2011, 226, 229; DVBl. 2011, 1377, 1379.

91 Dolde, NVwZ 2013, 769, 774.

92 Vgl. Fehling, BLJ 2012, 92, 96.

93 Fehling, BLJ 2012, 92, 100.

94 Guckelberger, VerwArch 2012, 31, 51.

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Akzeptanzförderung durch Beteiligung bei Planfeststellungsverfahren
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
13,00
Autor
Jahr
2013
Seiten
34
Katalognummer
V304035
ISBN (eBook)
9783668113671
ISBN (Buch)
9783668113688
Dateigröße
1081 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Akzeptanz, S21, Stuttgart, Baden-Württemberg, Planungsleitfaden, Protest, Großprojekte, Planfeststellungsverfahren, Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung, Planvereinheitlichungsgesetz, Bürgerbeteiligung
Arbeit zitieren
Achim Schober (Autor:in), 2013, Akzeptanzförderung durch Beteiligung bei Planfeststellungsverfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/304035

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Akzeptanzförderung durch Beteiligung bei  Planfeststellungsverfahren



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden