Man sagt, die vorindustrielle Familie war überwiegend eine Drei-Generationen-Familie. In der Realität war diese jedoch selten, z. B. aufgrund der geringen Lebenserwartung oder der hohen Säuglings- und Kindersterblichkeit. Wie sieht die Realität in unserer Gegenwart aus? Ist es tatsächlich das Zeitalter der bürgerlichen Kleinfamilie? Oder gilt diese Familienform schon für überholt? Tatsache ist doch, daß Scheidungen, häufige Wiederverheiratungen, neue Arten von Liebesbeziehungen, die Zusammensetzung der Geschwistergruppen aus „meinen, deinen, unseren Kindern“ u.v.m. den Familienbegriff längst verändert haben. Jeder von uns hat sicherlich zumindest schon mal im Verwandten- und/oder Freundeskreis eine Partnertrennung unmittelbar miterlebt. Aber wie wirkt sich dieser Wandel der Familienstrukturen auf die Sozialisation der Kinder und Jugendlichen aus – zumal die Familie als die primäre Sozialisationsinstanz gilt? „Die wichtigsten Institutionen der Sozialisation in unserer Gesellschaft sind die Familie und die Schule“. Dieser Satz ist häufig zu finden, sobald es um die Erklärung von ‚Sozialisation‘ geht. Im Zusammenhang mit der Veranstaltung ‚Einführung in die Soziologie‘ möchte ich in dieser Arbeit Antworten auf diese Fragen finden mit Berücksichtigung der familialen Strukturveränderungen. Diese werden oft gar nicht oder nur wenig in Betracht mit einbezogen, obwohl ihre Folgen für die Erziehung und Bildung der Heranwachsenden von großer Bedeutung sind. Es wird meist von einem Idealbild der Familie ausgegangen: Eine soziale Lebensform, die (eigentlich) gekennzeichnet ist durch eine rechtlich gesicherte Lebensgemeinschaft eines Ehepaares mit seinen eigenen (unmündigen) Kindern im eigenen privaten Haushalt. Dem füge ich noch ein weiteres Kapitel hinzu, indem ich das Problem homosexueller Eltern und ihre Art der Sozialisation thematisiere. Doch zunächst die Klärung des Sozialisationsbegriffs als Grundlage zur Darstellung der Problematik des familialen Strukturwandels und die meist unbewußten Folgen dieses Problems.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Einführung
2.1. Was ist ‚Sozialisation‘ überhaupt?
2.2. Ein allgemeiner Überblick
3. Die primäre Sozialisationsinstanz: Die Familie..
3.1. Die Bedeutung der Familie im Sozialisationsprozeß
3.1.1. Vergleich: Heimkinder – Familienkinder
3.1.2. Veränderungen im Eltern-Kind-Verhältnis
3.2. Der Wandel der Familienstruktur und die Folgen für die Sozialisation des Kindes
3.2.1. Veränderungen in den Erziehungszielen und im Erziehungsverhalten durch den Wandel der Familienstrukturen und ihre Folgen
3.2.2. Auswirkungen der (fehlenden) Geschwistergemeinschaft auf den Sozialisationsprozeß der Kinder
3.2.3. Gleichgeschlechtliche Eltern. Eine neue Form der Familie?
4. Schluß
5. Quellenangabe
1. Einleitung
Man sagt, die vorindustrielle Familie war überwiegend eine Drei-Generationen-Familie. In der Realität war diese jedoch selten, z. B. aufgrund der geringen Lebenserwartung oder der hohen Säuglings- und Kindersterblichkeit.
Wie sieht die Realität in unserer Gegenwart aus? Ist es tatsächlich das Zeitalter der bürgerlichen Kleinfamilie? Oder gilt diese Familienform schon für überholt?
Tatsache ist doch, daß Scheidungen, häufige Wiederverheiratungen, neue Arten von Liebesbeziehungen, die Zusammensetzung der Geschwistergruppen aus „meinen, deinen, unseren Kindern“ u.v.m. den Familienbegriff längst verändert haben.
Jeder von uns hat sicherlich zumindest schon mal im Verwandten- und/oder Freundeskreis eine Partnertrennung unmittelbar miterlebt. Aber wie wirkt sich dieser Wandel der Familienstrukturen auf die Sozialisation der Kinder und Jugendlichen aus – zumal die Familie als die primäre Sozialisationsinstanz gilt?
„Die wichtigsten Institutionen der Sozialisation in unserer Gesellschaft sind die Familie und die Schule“. Dieser Satz ist häufig zu finden, sobald es um die Erklärung von ‚Sozialisation‘ geht.
Im Zusammenhang mit der Veranstaltung ‚Einführung in die Soziologie‘ möchte ich in dieser Arbeit Antworten auf diese Fragen finden mit Berücksichtigung der familialen Strukturveränderungen. Diese werden oft gar nicht oder nur wenig in Betracht mit einbezogen, obwohl ihre Folgen für die Erziehung und Bildung der Heranwachsenden von großer Bedeutung sind. Es wird meist von einem Idealbild der Familie ausgegangen: Eine soziale Lebensform, die (eigentlich) gekennzeichnet ist durch eine rechtlich gesicherte Lebensgemeinschaft eines Ehepaares mit seinen eigenen (unmündigen) Kindern im eigenen privaten Haushalt.
Dem füge ich noch ein weiteres Kapitel hinzu, indem ich das Problem homosexueller Eltern und ihre Art der Sozialisation thematisiere.
Doch zunächst die Klärung des Sozialisationsbegriffs als Grundlage zur Darstellung der Problematik des familialen Strukturwandels und die meist unbewußten Folgen dieses Problems.
2. Einführung
2.1. Was ist ‚Sozialisation‘ überhaupt?
Das Verhalten und Handeln der Menschen ist nicht nur abhängig von ihrer sozialen und materiellen Umgebung, sondern auch von ihrer individuellen Persönlichkeit. Die menschliche Persönlichkeit entfaltet und entwickelt sich in einem lebenslangen Lernprozeß in einer Gesellschaft – während der Sozialisation. D.h. Sozialisation ist der Prozeß, in dem der Mensch in die ihm umgebende Gesellschaft und Kultur hineinwächst und mit Verhaltensmustern ausgestattet wird, um zu einem gesellschaftlich handlungsfähigen Individuum zu werden. Sie beginnt mit dem Wechselspiel zwischen Kind und seiner Familie und dauert das ganze Leben an.
Die primäre Sozialisation bezeichnet die Entwicklung zur sozialen Person im Rahmen einer Kernfamilie. Neben der Familie gibt es noch sekundäre Sozialisationsinstanzen: u.a. Kindergärten, Schulen, Berufe und Massenmedien. Die sekundäre Sozialisation erfaßt alle Vorgänge, die auf der Basis der primären Sozialisation die Persönlichkeitsstruktur des einzelnen verändern. Die primäre Sozialisation ist unerläßlich, da sekundäre Sozialisationseinrichtungen in den seltensten Fällen die Mängel einer fehlenden primären ersetzen können.
Sozialisationsfaktoren können sich auch im Sinne abweichenden Verhaltens geltend machen, wenn z.B. ein Jugendlicher kriminelle Vorbilder wählt. Der moderne Strafvollzug versucht eine Resozialisation in Richtung auf die verbindlichen Normen der Gesellschaft.
Die soziale Forschung hat sich ausführlich mit dem Einfluß der wichtigsten Sozialisationsinstanzen (Familie, Schule, Gleichaltrigengruppe usw.) auf die Persönlichkeitsbildung und –entwicklung befaßt. Für die heranwachsende Generation ist die Familie die wichtigste Instanz, die auch maßgeblich die Weichen für die spätere soziale Plazierung des Individuums stellt. Die hohe Stabilität der Ungleichheitsstrukturen von einer Generation zur nächsten spricht dafür, daß vor allem die Familie, in der die Grundwerte der Gesellschaft an die nachwachsende Generation weitervermittelt werden, als die zentrale Vermittlungsinstanz sozialer Ungleichheit angesehen werden muß.
Ein Grundlegendes Problem der Sozialisation ist der Konflikt von personaler Autonomie und soziale Determiniertheit der Person. Die Person muß zur Übernahme von sozialen Normen gebracht werden, und gleichzeitig muß sie zur selbständigen Anwendung dieser Regeln in konkreten Situationen befähigt werden. Vertreter der Theorie des Symbolischen Interaktionismus haben festgestellt, daß dies nur durch autonome Beteiligung der zu sozialisierenden Person möglich ist. Was den einzelnen prägt, sind die Erlebnisse unmittelbarer Interaktion, in denen von vornherein Eigenanteil am sozialen Geschehen mit eingehen muß, um zu einem primären Ereignis zu werden.
Erziehung als Unterbegriff von Sozialisation bezeichnet alle Vorgänge, bei denen bewußt ein Handeln mit dem Ziel in Gang gesetzt wird, die Persönlichkeitsentwicklung positiv zu beeinflussen, d.h. bestimmte Verhaltensweisen zu entwickeln oder vorhandene zu verändern.
Sozialisation ist Gegenstand aller Wissenschaften, die sich mit dem Verhalten des Menschen beschäftigen, insbesondere der Soziologie, Psychologie, Anthropologie und Pädagogik.
2.2. Ein allgemeiner Überblick
Die Grundannahme der traditionellen schichtenspezifischen Sozialisationsforschung lautet: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der sozialen Schichtzugehörigkeit, der familialen Sozialisation, der Persönlichkeitsentwicklung und dem Schul- und Berufserfolg des Kindes. Mit abnehmender Stellung im sozialen Schichtungssystem ist die Familie zunehmenden ökonomischen, sozialen und kulturellen Benachteiligungen und Belastungen ausgesetzt. Dies strukturiert die sozialisatorischen Prozesse auf der Familienebene (z.B. die Interaktions- und Kommunikationsprozesse, Erziehungsziele) so, daß die optimale Entwicklung der für den Schul- und Berufserfolg erforderlichen Kompetenzen (z.B. Intelligenz, Leistungsmotivation) zunehmend unwahrscheinlich wird (Zirkelmodell der schichtenspezifischen Sozialisationsforschung).
Die soziale Schicht nimmt nicht nur in das Verhalten des einzelnen Einfluß, sondern auch im besonderen Maße in Struktur und Integrationsgefüge der Familie und beeinflußt damit den von der Familie ausgehenden Prägungseinfluß auf das Kind. Dieser durch die soziale Schicht bestimmte familiale Prägungseinfluß auf das Kind läßt sich in nahezu allen Bereichen der Entwicklung nachweisen.
Aus der Kritik an der schichtenspezifischen Sozialisationsforschung ist eine Erweiterung, die sozialstrukturelle Sozialisationsforschung hervorgegangen. Sie besagt, daß zu den traditionellen Schichtmerkmalen (Wohnlage, Wohnsituation, Infrastrukturversorgung, usw.) zusätzlich die beruflichen Arbeitsbedingungen der Eltern eine große Rolle spielen und soziale Ungleichheit (einschließlich horizontaler und vertikaler Differenzierungen) bewirken.
Die sozialökologischen Sozialisationansätze konzentrieren sich dagegen auf die Analyse der unmittelbar familienspezifischen Wohnumgebung. Die Umwelt der Familie wird nach ihrer sozialen und materiellen Beschaffenheit untersucht, die den Erfahrungsbereich der Kinder mit je unterschiedlichem Anregungs-, aber auch Belastungspotential herstellt.
In den letzten Jahren hat sich eine Schwerpunktverschiebung ergeben, indem sich die Forschung zunehmend der Analyse der geschlechtsspezifischen Sozialisation zugewandt hat: Männer und Frauen unterscheiden sich nicht nur in körperlicher Hinsicht, sondern sie verhalten sich auch oft unterschiedlich und nehmen in der Gesellschaft verschiedene Rollen ein. Einige dieser Unterschiede sind biologisch verankert, andere sind tatsächlich sozialisationsbedingt.
Die bedeutsamsten soziologischen Beiträge zur Erforschung von Sozialisationsprozessen stammen allerdings von den Vertretern der strukturell-funktionalen Theorie und des Symbolischen Interaktionismus.
Nach der strukturell-funktionalen Sichtweise, haben Sozialisationsprozesse eine gesellschaftsstabilisierende Funktion. Talcott Parsons, Soziologe und Hauptvertreter dieser Ansicht, bestimmt Sozialisation als den Prozeß, durch den die Individuen die Dispositionen erwerben, die erforderlich sind, um die in der Gesellschaft vorgegebenen Rollen als Akteure spielen zu können. Die Rollen sind durch Normen definiert und in Interaktionssystemen wechselseitig aufeinander bezogen. Da jeder Rolle eine bestimmte Kombination von Bedürfnisdispositionen entspricht, kann Sozialisation als Entstehung der Bedürfnisdispositionen (den verschiedenen gesellschaftlichen Rollen entsprechend) bezeichnet werden.
Während sich der strukturell-funktionale Ansatz also mit der Analyse des Verhältnisses zwischen Rollensystemen und Gesamtgesellschaft beschäftigt, konzentrieren sich die Vertreter des Symbolischen Interaktionismus (geht auf Georg Herbert Mead zurück) auf den mikro-sozialen Bereich, d.h. auf die direkten Kommunikations- und Interaktionsprozesse zwischen den Individuen. Voraussetzung für soziale Interaktionen ist das Vorhandensein allgemein anerkannter und (weitgehend) geteilter Symbole (z.B. die Sprache), um die Beschreibung sozialer Situationen und ein wechselseitig orientiertes soziales Handeln zu ermöglichen. Man kann also auch sagen, daß die im Rahmen von Interaktionen vollziehende Sozialisation des Individuums zu einer handlungsfähigen Person, ein Prozeß des Lernens von Symbolen und Rollen ist. Der einzelne lernt, sich in die Rolle anderer zu versetzen, die Erwartungen und denkbaren Reaktionen anderer zu antizipieren und bei der Steuerung des eigenen Handelns zu berücksichtigen. Auch lernt er, sich selbst aus der Perspektive anderer zu sehen; ein für den Aufbau des „Selbst“ unentbehrlicher Prozeß.
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- Arbeit zitieren
- Charisma Capuno (Autor:in), 2002, Sozialisation in der Soziologie und die Bedeutung der Familie im Sozialisationsprozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30440
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