Tierversuche. Zwischen ethischen Bedenken und dem Streben nach wissenschaftlichem Fortschritt


Hausarbeit, 2013

34 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Hausarbeit
1.2 Vorgehensweise

2 Rahmeninformation zu Tierversuchen
2.1 Statistiken zu Tierversuchen in Deutschland
2.1.1 Anzahl der Tierversuche in Deutschland
2.1.2 Transgene Tiere in der Gentechnik
2.1.3 Tierarten in den Tierversuchen
2.2 Gesetze fur den Tierschutz
2.3 Anwendungsbereiche der Tierversuche
2.4 Leitlinien

3 Bedenken bei Tierversuchen, einige Aspekte
3.1 Missbrauch von Tierversuchen
3.2 Bioethische Betrachtung der Tierversuche
3.2.1 1. Bioethischer Ansatz
3.2.2 2. Bioethischer Ansatz
3.2.3 3. Bioethischer Ansatz
3.3 Wissenschaftliche Aussagekraft
3.4 Alternativen zu Tierversuchen

4 Online-Umfrage: Gesellschaftlicher Stellenwert von Tierversuchen
4.1 Auswertung der Online Umfrage

5 Schlussfolgerung in Thesen

Darstellungsverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

Literatur- und Quellenverzeichnis

1 Einleitung

„Macht euch die Erde untertan und herrschet uber die Fische im Meer und uber die Vogel unter dem Himmel und uber alles Getier das auf Erden kriecht“[1]

Zu Zeiten Mose, hatte man die moralischen Bedenken gegenuber Tierversuchen leicht mit dem obigen Zitat klaren konnen. Heute, 3000 Jahre nach Moses, ist dies nicht mehr so einfach und die Thematik ist zu einer der kontroversesten Themen unserer Gesellschaft geworden. Bereichert wird diese Problematik dadurch, dass der breiten Offentlichkeit wenige Informationen zuganglich gemacht werden oder die Informatio- nen, die zuganglich gemacht werden, eine manipulative Funktion haben.

Wahrend meiner Arbeit als Biologielaborant habe ich selber Tierversuche durchgefuhrt, deshalb besteht auch ein personliches Interesse mich diesem Spannungsfeld zu wid- men.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Hausarbeit

Da durch den modernen Lebensstil in Deutschland einerseits das Bewusstsein zum verantwortungsvollen Konsum und andererseits der Massenkonsum steigen, gewinnen die moralischen und wissenschaftlichen Bedenken gegenuber Tierversuchen immer mehr an Wert. Hinzu kommt die negative Wahrnehmung gegenuber Tierversuchen in der Offentlichkeit. Auch der wissenschaftliche Fortschritt eroffnet neue Versuchsme- thoden, bei denen man auf Tiere verzichten kann. Diese Alternativmethoden sind zwar noch nicht ganz etabliert nehmen jedoch an Bedeutung zu.

Im Rahmen dieser Hausarbeit fur das Studienfach „Methoden des Wissenschaftlichen Arbeitens" soll die Bedeutung von Tierversuchen erlautert werden. Ziel dieser Hausar­beit ist es die Notwendigkeit von Tierversuchen fur bestimmte Anwendungsgebiete zu erklaren. Dabei sollen durch eine differenzierte Sichtweise die Rahmeninformationen, die Vor und Nachteile und die bioethischen Aspekte dieser Thematik dargestellt wer- den, mit dem Anspruch einen einseitigen Gesamteindruck zu vermeiden.

1.2 Vorgehensweise

Um dem Leser durch grundlegende Informationen ein Eindruck zu den Rahmenbedin- gungen der Tierversuche zu ermoglichen, wurden Daten aus Literaturrecherche, Inter- netquellen und eigene Erfahrungen verwendet. Um einen Eindruck uber die gesell- schaftliche Wahrnehmung und deren Einstellung gegenuber Tierversuchen zu machen wurde eine anonyme Online-Umfrage durchgefuhrt. Die Umfrageergebnisse wurden dann mit den Daten aus der Literaturrecherche und den Internetquellen verglichen.

2 Rahmeninformation zu Tierversuchen

Tierversuche zahlen in der heutigen Zeit zu unerlasslichen Prufungsmethoden. Sei es bei der Zulassung von neuen Arzneimitteln oder zur Gewinnung neuer Erkenntnisse in der Forschung. Dies ist teils sogar staatlich vorgeschrieben, wie z.B. bei der Arzneimit- telzulassung.

2.1 Statistiken zu Tierversuchen in Deutschland

2.1.1 Anzahl der Tierversuche in Deutschland

In Deutschland ist seit 1989 eine Erfassung der Tiere die fur Tierversuche eingesetzt werden gesetzlich vorgeschrieben. Statistiken uber die Zahl der Tierversuche und Tie- re vor 1998 gibt es nicht bzw. lassen keine Ruckschlusse uber die Gesamtzahl ver- wendeter Tiere zu.

In der folgenden Tabelle werden die Tiere die jahrlich fur Tierversuche verwendet wer­den aufgelistet. Bedingt durch die Verfugbarkeit der Daten im Zeitraum 1990 bis 1999 stutzt sich diese Tabelle vorwiegend auf die Zahlen der letzten Jahre.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Anzahl der eingesetzten Versuchstiere pro Jahr in Deutschland

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an den Jahresberichten fur Versuchstierzahlen vom Bundesministerium fur Ernahrung und Landwirtschaft

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Anzahl der fur Tierversuche verwendeten Tiere [Millionen] im Jahr 1989 bis 2012 in Deutschland

Quelle: Eigene Darstellung Anlehnung an den Jahresberichten fur Versuchstierzahlen vom Bundesministerium fur Ernahrung und Landwirtschaft

2.1.2 Transgene Tiere in der Gentechnik

Der enorme Sprung der Tierzahlen von 1997 zu 2001 lasst sich durch die Etablierung von transgenen Versuchstieren in der Gentechnik erklaren. Bei diesen transgenen Versuchstieren werden durch Zuchtung und spezielle Verfahren bestimmte Gene beseitigt oder so verandert, dass eine gewunschte Krankheit bei dem Versuchstier entsteht. Weil dies ein Vorteil fur die Uberprufungen eines Therapieerfolges ist, steigen die Zahlen der transgenen Versuchstiere. 2011 betrug die Zahl der transgenen Versuchstiere fur die Gentechnik 731.678. Somit macht die Gentechnik mit 25% den groBten Anteil aus[2].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Anzahl der transgenen Versuchstiere im Jahre 2007 bis 2010 in Deutschland Quelle: Eigene Darstellung Anlehnung an Corina Gericke (2011) und Arzte gegen Tierversuche e.V.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Anzahl der transgenen Versuchstiere im Jahr 2007 bis 2011

Quelle: Eigene Darstellung Anlehnung an Corina Gericke (2011) und Arzte gegen Tierversuche e.V.

In Abbildung 2 sieht man einen Anstieg der Anzahl der transgenen Versuchstiere. Dieser steht in Relation zu dem Anstieg der Gesamtzahl der Versuchstiere. Anhand dieser Entwicklung ist davon auszugehen, dass in Zukunft die Anzahl transgener Versuchstiere zunehmen wird.

2.1.3 Tierarten in den Tierversuchen

Um die Anzahl der Versuchstiere besser zu interpretieren muss man sich die Tierarten und ihre Einsatzhaufigkeit anschauen.

Die am haufigsten genutzten Tierarten fur Tierversuche sind Ratten und Mause. Dies resultiert einerseits aus jahrelanger Praxis wie auch aus okonomischen Grunden. Um gesetzlichen Richtlinien fur die Ratten- bzw. Mausehaltung zu erfullen ist eine weit we- niger komplexe und kostenintensive Haltung notwendig als z.B. bei Hunden oder Kat- zen. Ein weiterer Vorteil ist die relativ einfache und effektive Zucht von Ratten und Mausen. Besonders in der Arzneimittelzulassung finden Tierversuche an Ratten und Mause Anwendung.

Fische, Amphibien, Reptilien und Vogel sind in Bezug auf der Komplexitat der Haltung und dem daraus folgenden Kostenfaktor nicht so vorteilhaft, trotzdem werden sie viel- fach fur Okotoxizitatstests verwendet.

Bei Affen muss man zwischen Neuwelt- bzw. Altweltaffen und Menschenaffen unter- scheiden. Neuwelt- und Altweltaffen werden in sehr geringem Umfang getestet und Versuche bei denen Neuwelt- und Altweltaffen unterliegen strengen Zulassungsregula- rien. Menschenaffen werden aktuell nicht mehr fur Tierversuche eingesetzt da ethische Bedenken uberwiegen.

GroBere Saugetiere wie Schafe und Rinder werden vorwiegend im universitaren Be- reich, chirurgische Methodenforschung und im veterinarmedizinischen Bereich einge- setzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Prozentuale Haufigkeit der Tierarten die in Tierversuchen verwendet werden. Quelle: Grafik der Max-Planck-Gesellschaft

Diesen ganzen Statistiken, die die Versuchstieranzahl und die prozentuale Verteilung der Tierarten erfassen, sollte man jedoch kritisch gegenuberstehen. Die gesetzliche Erfassung der Versuchstierzahlen berucksichtigt nicht die Tiere, die wahrend der Zucht, bei der Vorratshaltung oder wahrend des Transportes sterben. Beispielweise weisen bei der Erzeugung eines transgenen Versuchstieres nur 1% bis 10% der Zuchttiere die gewunschte genetische Veranderung auf. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer der Tiere, die fur Tierversuche verwendet werden, weitaus groBer ist.

2.2 Gesetze fur den Tierschutz

Das Tierschutzgesetz (TierSchG) ist in Deutschland die Grundlage fur den Tierschutz. Durch das TierSchG im Jahr 1972 wurde erstmals ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere verabschiedet. In diesem werden dem Tier Rechte zugesprochen, unabhangig ob es sich um Versuchstiere oder andere Tiere handelt. Das Ziel ist die Verantwortung des Menschen gegenuber dem Tier zu begrunden und sinnloses Toten bzw. sinnlose Tierqualerei zu unterbinden3. Im 5. Abschnitt geht das TierSchG auf die gesetzlichen Tierschutzbestimmungen fur Tierversuche ein. Die Frage der Notwendigkeit von Tier- versuchen werden in §7a TierSchG geregelt. Demnach unterliegen Tierversuche dem Tatbestand der Unerlasslichkeit und sind zweckgebunden:

1) Zur Vorbeugung, Erkennung oder Behandlungen von Krankheiten, Leiden, Korperschaden oder korperlichen Beschwerden bei Menschen oder Tieren, (...)
2) Erkennung von Umweltgefahrdungen.
3) Unbedenklichkeitsprufung und Prufung auf Wirksamkeit.
4) Grundlagenforschung und Aus- / Weiterbildung.

Unabhangig vom TierSchG konnte man vor 1989 nur schatzen wie hoch die Zahl der Versuchstiere in Deutschland ist. Seit dem 01.01.1989 gibt es eine gesetzliche Ver- pflichtung zur Erfassung der Tiere, die fur Versuchsziele verwendet werden, die soge- nannte Versuchstiermeldeverordnung. Durch die Erfassung der Versuchstierzahlen lasst sich leichter ein Missbrauch durch den inflationaren Gebrauch der Versuchstiere erkennen.

In Deutschland gibt es laut Artikel 5 Abs. 3 im Grundgesetz uneingeschrankte Wissen- schaftsfreiheit. Die Folgen daraus waren, dass die Rechte der Tiere dem Artikel 5 Abs. 3 GG untergeordnet waren. Erst als 2002 der Tierschutz im Grundgesetz aufgenom- men wurde, gewannen die Rechte der Versuchstiere die notwendige Beachtung im gesetzlichen und wissenschaftlichen Bereich.

Durch die Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz konnte 2003 erstmals ein Tierversuchsvorhaben von den Behorden verhindert werden.

„Das Regierungsprasidium (RP) GieRen hatte im Jahr 2003 den Tierversuchs- antrag eines an der Universitat Marburg tatigen Tierexperimentators abgelehnt. In dem Versuch ging es um die Untersuchung der Nebenwirkung eines seit zehn Jahren zugelassenen Medikamentes. [...]. Das RP verweigerte die Ge- nehmigung, die Universitat zog vor Gericht. Am Ende der gerichtlichen Ausei- nandersetzung urteilte das Verwaltungsgericht GieRen zugunsten der Geneh- migungsbehorde und gestand ihr damit das Recht zu, beantragte Tierversuche wissenschaftlich uberprufen zu durferi'[3]

Bei der Ablehnung eines Versuchsantrages durch das Regierungsprasidium hat der Antragsteller grundsatzlich die Moglichkeit diese Entscheidung anzufechten. Vor 2003 wurden die gerichtlichen Anfechtungen durch die richterlichen Ent- scheidungen unterstutzt. Erst nach 2002 kam eine neue Gesetzesgrundlage fur den Schutz von Versuchstieren.

Seit Ende 2010 ist nun die uberarbeitete „EU Tierversuchsrichtlinie" in Kraft ge- treten, deren Umsetzung in nationales Recht innerhalb von 2 Jahren durchge- fuhrt wurde. In diesem Zuge wurde eine Kosten-Nutzen-Abwagung eingefuhrt. Bei dieser Abwagung werden die Kosten gleichgesetzt mit der Belastung der Tiere und in einem Rating bewertet. Die obere Leidensgrenze muss ausnahms- los eingehalten werden. Zudem wurden alle Versuche an Menschenaffen ver- boten und der Bezug der Tiere wurde dahin geregelt das „streunende bzw. ver- wilderte Haustiere nicht mehr fur Versuche zugelassen werden konnen.[4]

Jedoch sieht der Regierungsentwurf an vielen Stellen Ausnahmen zu der Tier- versuchsrichtlinie vor. Dies wurde von einem Rechtsgutachten der Universitat Basel im Auftrag von Tierschutzorganisationen bemangelt.[5]

Die Kosmetikindustrie ist auch von dem Aspekt Tierschutz betroffen. Zur Unbe- denklichkeitsuberprufung wurden Inhaltsstoffe von Kosmetika an Versuchstie- ren getestet. Seit 1998 sind in Deutschland Tierversuche in der Kosmetikindust­rie verboten - auf EU Ebene gab es solche ersten Ansatze bereits 1993. Jedoch wurde die erste Kosmetikrichtlinie zum Tierschutz erst 2003 verabschiedet[6] und wurde 2004 dann wirksam. Somit waren Tierversuche mit kosmetischen Fertig- produkten EU weit untersagt. 2009 verbot die EU dann den Verkauf von Kos- metikprodukten, die an Tieren getestet wurden sind. Ausnahmen dieser Regel waren jedoch Tests zu chronischen Toxizitat, Teratogenitat (Fruchtleibschadi- gend) und Toxikokinetik (Aufnahme, Verteilung und Ausscheidung einer Sub- stanz im Testobjekt). Diese Ausnahmen wurden am 11.03.2013 abgeschafft.

2.3 Anwendungsbereiche der Tierversuche

Es gibt verschiedene wissenschaftliche Anwendungsgebiete, in denen Versuchstiere eingesetzt werden. In der Pharmaindustrie mussen potentielle Wirkstoffe fur Medika- mente vor ihrer Marktzulassung an Versuchstieren getestet werden. Dazu durchlauft der Wirkstoff unter anderem die Pharmakodynamik, Pharmakokinetik und Toxikologi- sche Prufung. In der Pharmakodynamik wird die Wirkung und der Einfluss des Stoffes auf das Versuchstier getestet.

In der Pharmakokinetik wird uberpruft wie der Korper auf den Wirkstoff reagiert. Im Mittelpunkt steht dabei die Resorption (Aufnahme in den Organismus), Metabolisation (Verstoffwechselung) und Elimination (Ausscheidung) des Wirkstoffes. Eine Moglich- keit dazu ist, den Wirkstoff mit einem radioaktiven Isotop zu markieren und so nachzu- vollziehen wo er sich im Korper des Versuchstieres befindet.

In der Toxikologie wird der Wirkstoff an Versuchstieren auf seine Vertraglichkeit und Giftigkeit hin getestet. Die Versuchstiere erhalten den Wirkstoff in verschieden Dosie- rungen. Ein toxikologischer Test ist beispielweise der LD50 Test. LD steht fur letale Do- sis. Bei diesem Test wird die Dosierung eines vermeintlichen Wirkstoffes getestet, bei dem 50% der Versuchstiere versterben. Bei den meisten toxikologischen Tests wird den Tieren ein potentieller Wirkstoff appliziert. Nach einer definierten Zeit werden die Tiere getotet und an ihnen eine Gewebesektion durchgefuhrt um nach einer histologi- schen Aufbereitung eventuelle Zellveranderungen, hervorgerufen durch einen potenti- ellen Wirkstoff, zu uberprufen. Dies versteht man auch als Unbedenklichkeitsprufung.

In der Pharmaindustrie und vor allem an den universitaren Forschungseinrichtungen werden Versuchstiere zur Grundlagenforschung eingesetzt. Hierbei geht es primar nicht darum neue Produkte wie z.B. Arzneimittel zu entwickeln, sondern vorrangig um die Erkenntnisgewinnung. Diese Erkenntnisse konnen, mussen aber nicht zur Entwick- lung neuer Arzneimittel fuhren.

Die Gentechnologie ist ein Anwendungsgebiet der Tierversuche. Hier werden Tiere genetisch modifiziert oder manipuliert um bestimmte Eigenschaften auszubilden. Bei­spielweise werden bei der Erforschung fur Medikamente gegen Hypertonie (Bluthoch- druck) Ratten eingesetzt, die genetisch so verandert sind, dass sie an Hypertonie er- kranken. Solche Krankheitsmodelle lassen bessere Ruckschlusse auf die Wirksamkeit von Medikamenten zu.

In der Medizin werden Tiere verwendet um neue Operationstechniken zu entwickeln, wie beispielsweise bei einer Huft-Operation oder die Rekonstruktion von Korperteilen.

Die Kosmetikindustrie darf nur Substanzen an Tieren testen, die unter das Chemikali- engesetz fallen. Meist werden Unbedenklichkeitsprufungen durchgefuhrt.

Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 auch bekannt als REACH-Verordnung (Registrie- rung, Evaluation und Autorisierung von Chemikalien), welche am 1. Juni 2007 in Kraft trat, ist eine Europaische Chemikalienverordnung. Chemikalien mit einem Jahresum- satz von uber einer Tonne, die vor 1981 noch nicht systematisch evaluiert wurden, mussen nachtraglich neu bewertet werden. Diese Neubewertung geschieht zum Teil mit Hilfe von Tierversuchen.[7]

2.4 Leitlinien

Das „3R" Prinzip[8] dient dazu das Leiden der Tiere in Tierversuchen zu mindern. „3R" wurde von den Wissenschaftlern William Russel und Rex Burch entwickelt und in ihrem Buch „The Principles of Humane Experimental Technique" im Jahr 1959 veroffentlicht. „3R" steht fur ..Replacement", ..Refinement", ..Reduction".

Mit .Replacement" (Ersetzen) meinen Russel und Burch den Austausch von Tierversu­chen durch alternative Versuchsmethoden, in denen keine Tiere verwendet werden bzw. deren Leiden verringert wird. Als Beispiel lasst sich hier der HET-CAM Test als Alternative zum Draize-Test nennen. Bei dieser Alternative wird das Kaninchen als leidensfahiges Lebewesen durch ein wenige Tage bebrutetes Huhnerei, welches nicht leidensfahig ist, ersetzt.

Unter .Refinement" (Verfeinern) versteht man samtliche MaBnahmen, die zu einer Ver- ringerung des Stresses fur das Versuchstier fuhren. Um dies zu erreichen werden Stresssituationen, die wahrend der Tierhaltung und der Versuchsdurchfuhrung auftre- ten konnen, gemindert oder verhindert. Als Beispiel ware zu nennen, dass die Ver- suchstiere bevorzugt mit Isofluran narkotisiert werden sollten, anstelle von Diethylether. Eine Diethylether-Narkose ist fur den Tierexperimentator einfacher durchzufuhren als eine Isofluran-Narkose, allerdings verursacht Diethylether verursacht beim Versuchs- tier Reizungen der Atemwege.

„Reduction" steht fur die Verminderung der im Versuch eingesetzten Tiere. Durch eine optimierte Versuchsplanung kann die Anzahl der Tierversuche reduziert werden. Die Fragestellung, welche Tierart sich am ehesten fur den Versuch eignet, kann Folgeun- tersuchungen bei anderen Tierarten vermeiden. Zudem lasst sich uber Hochrechnun- gen die Stichprobe kunstlich vergroBern, ohne dass mehr Versuchstiere eingesetzt werden mussen.

Viele Forschungseinrichtungen werden zum Teil unter dem „3R" Prinzip begutachtet und anhand der Einhaltung dieses Prinzips mit Subventionen gefordert.

Neben dem „3R" Prinzip gibt es noch andere Leitlinien. Wie die „SOP" (Standard Ope­rating Procedure). Die „SOP" ist eine Versuchsanleitung, in der die einzelnen Arbeits- schritte aufgelistet und erlautert werden. Die „SOP" dient dem Tierexperimentator als Richtlinie und ist an jeden Versuch individuell angepasst.

[...]


[1] Vgl. Arzte gegen Tierversuche e.V.

[2] Tierschutzgesetz (2013) (TierSchG), §1 Grundsatz

[3] Arzte gegen Tierversuche e.V.

[4] Vgl. Richtlinie 2010/63/EU

[5] Vgl. Anne Peters, (2012)

[6] Vgl. Richtlinie 2003/15/EC vom 11. Marz 2003

[7] Vgl. Umwelt Bundesamt

[8] Vgl. Deutsches Referenzzentrum fur Ethik in den Biowissenschaften

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Tierversuche. Zwischen ethischen Bedenken und dem Streben nach wissenschaftlichem Fortschritt
Hochschule
Rheinische Fachhochschule Köln
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
34
Katalognummer
V304705
ISBN (eBook)
9783668048270
ISBN (Buch)
9783668048287
Dateigröße
757 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tierversuche, Ethik, Moral, Präklinische Studien, Online Umfrage, Bioethischer Ansatz
Arbeit zitieren
Jo Peedikayil-Varghese (Autor:in), 2013, Tierversuche. Zwischen ethischen Bedenken und dem Streben nach wissenschaftlichem Fortschritt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/304705

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