Der Vertrag von Maastricht - Der Weg zur politischen Union. Inhalte, Chancen und Risiken


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

29 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort

2 Der Weg bis »Maastricht«
2.1 Die Anfänge
2.2 Die Fortschritte

3 Der Maastrichter Vertrag
3.1 Gründe für einen neuen Vertrag
3.2 Inhalte
3.3 Chancen
3.4 Risiken

4 Rückblick und Ausblick

5 Anhang

6 Literaturverzeichnis

1 Vorwort

Das Thema dieser Seminararbeit lautet „Der Vertrag von Maastricht: Der Weg zur politischen Union. Inhalte, Chancen und Risiken“. Mit dem am 1. November 1993 in Kraft getretenen Vertrag gründeten die Mitglieder der bisherigen Europäischen Gemeinschaften (EG) die Europäische Union (EU). Bevor ich jedoch darauf eingehe, möchte ich erörtern, warum Menschen sich überhaupt zu einer Gemeinschaft zusammenschließen.

Nach Plato ist der Ausgangspunkt der Staatenbildung die Schwäche und die Furcht der vereinzelt lebenden Menschen.[1] Die grundlegende Funktion der Stadt sieht er in der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse, da diese in Arbeitsteilung zwischen Bauern, Handwerkern, Händlern usw. besser gestillt werden können.[2] Auch Aristoteles gibt den gemeinsamen Nutzen als Grund für das menschliche Zusammenleben an. Daneben vertritt er die Auffassung, dass der Mensch sozusagen von Natur aus auf die staatliche Gemeinschaft hin angelegt ist.[3]

Welche Motive für den Zusammenschluss der europäischen Staaten zur Europäischen Union ausschlaggebend waren, möchte ich im Folgenden ausarbeiten. Danach folgt eine genaue Betrachtung des Maastrichter Vertrags. Ich werde die Inhalte des Vertragstextes aufzeigen sowie die Chancen und Risiken der Europäischen Integration erörtern. Nach einer kurzen Zusammenfassung schließe ich die Arbeit mit einem Ausblick auf die Zukunft.

2 Der Weg bis »Maastricht«

2.1 Die Anfänge

Schon nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) mit seinen insgesamt zehn Millionen Toten entstand die Forderung nach einer Sicherung des Friedens und einer neuen organisierten Einigung Europas. Jedoch wurden diese Bemühungen durch wachsenden Nationalismus und weiterer radikaler Kräfte in Europa, unterstützt durch die unglücklichen politischen Verhältnisse jener Jahre und der Weltwirtschaftskrise 1929, bereits im Ansatz erstickt. Mit der Machtergreifung Hitlers in Deutschland 1933 war dann erst mal der Weg zu einem totalitären Nationalismus beschritten, der den Zweiten Weltkrieg zur Folge hatte.[4]

Trotzdem oder gerade deshalb wurden auch während des Krieges schon Ideen und Konzepte zur Neuordnung Europas entwickelt, was besonders an den Widerstandsbewegungen lag. Alle waren sich einig, dass der Aufbau Europas nicht wieder einfach eine Wiederherstellung der alten staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen der Vorkriegszeit sein dürfe, sondern ein für den Raum Europa stabilisierendes Gebilde sein müsse.[5] In der Erklärung des Französischen Komitees für die europäische Föderation hieß es:

„Es ist unmöglich, ein blühendes, demokratisches und friedliches Europa wieder aufzubauen, wenn es bei der zusammengewürfelten Existenz nationaler Staaten bleibt.“[6]

Anstelle des Systems der souveränen Nationalstaaten solle demnach eine Organisation einer Friedens- und Solidargemeinschaft mit bundesstaatlich-föderalistischen Prinzipien treten. Ziel war es, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa zu festigen und totalitären Kräften entgegenzuwirken. Zudem sollten die dem Wiederaufbau und Wohlstand hinderlichen Zoll- und Wirtschaftsbeschränkungen beseitigt werden.[7]

Im September 1946 verabschiedeten Persönlichkeiten des Widerstands und europäischer Föderalisten im Hertensteiner Programm die Schaffung einer europäischen Gemeinschaft auf föderativer Basis als Voraussetzung für den Wiederaufbau Europas und Bestandteil einer späteren Weltunion. Der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill forderte in einer Rede in Zürich die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa und rief dazu auf, einen Europarat zu gründen. Allerdings müsse die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland die Grundlage dafür bilden. Aber es gab auch zurückhaltende Aussagen, die der Auffassung waren, dass das System der Nationalstaaten nicht aufgegeben oder eingeschränkt werden dürfe. Zu ihren Vertretern gehörte z. B. der französische Staatsmann Charles des Gaulle.[8]

Die wesentlichen Auffassungen zur Gründung einer Zukunftsgestaltung Europas waren, dass das System der souveränen Nationalstaaten unfähig sei, zwischenstaatliche Konflikte gewaltfrei zu lösen und den Frieden zu sichern, die gemeinsamen Interessen Europas in der Weltpolitik zu vertreten und eine optimale Entfaltung der Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital) zu gewährleisten und damit den Wohlstand zu ermöglichen. Diese Aufgaben würden also die Schaffung einer übergeordneten Struktur in Form eines föderalistischen Bundesstaates erfordern, zu dessen Gunsten die Einzelstaaten Teile ihrer Souveränität und Entscheidungsbefugnisse abgeben müssten.[9]

Die unterschiedlichen Vorstellungen der Staaten in Europa über die Zukunftsgestaltung, insbesondere über die Intensität der Einigung des Kontinents, waren mit Ende des Zweiten Weltkrieges jedoch vielfältigen politischen Interessen unterworfen. Mit der Teilung Europas sowie der Eingliederung der osteuropäischen Staaten und der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands in den Machtbereich der UdSSR ergaben sich bald ganz neue Interessenskonflikte und Impulse zur Einigung Europas. Bestimmend waren natürlich auch die Bedürfnisse der USA und Westeuropas nach Sicherheit und wirtschaftlicher Stabilität sowie der Bekämpfung des Kommunismus. Die USA drängten auf ein wirtschaftlich stabiles, verteidigungsfähiges Westeuropa unter Einbeziehung Westdeutschlands.[10]

Im Jahr 1948 unterzeichneten Frankreich, Großbritannien und die Benelux-Länder den Brüsseler Pakt (Westunion) zur kollektiven Verteidigung, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zusammenarbeit - sozusagen ein Vorläufer von Europarat und NATO, der 1954 um Deutschland und Italien und 1988 um Spanien und Portugal erweitert wird.[11] Auch 1948 schlossen sich 17 westeuropäische Staaten zur OEEC (Organization for European Economic Cooperation) zusammen. Ziele waren u. a. die Verteilung der Marshallplan-Mittel und der Abbau der Handelsbeschränkungen. Durch Erweiterung mit der USA, Kanada und Japan entwickelte sich diese 1961 zur OECD (Organization for Economic Cooperation und Development) weiter.[12]

Die Bemühungen der USA führten 1949 schließlich zur Gründung des Nordatlantikpakts (NATO). Die Sowjetunion verurteilte und bekämpfte jedoch die Einigungsbestrebungen der westeuropäischen Staaten und verhinderte die Teilnahme der osteuropäischen Staaten am Marshallplan - das vom amerikanischen Außenminister Marshall 1947 ins Leben gerufene Hilfsprogramm zum Wiederaufbau Europas.[13] Frankreich befürchtete, dass die Einbeziehung Westdeutschlands dem gerade besiegten Nachbarn zu neuer Macht verhelfen könnte und trat daher die „Flucht nach vorne“ an: Frankreich unterbreitete Vorschläge zur Errichtung einer Montanunion mit gemeinsamen Regelungen für die Kohle- und Stahlwirtschaft. Damit sollten die alliierten Beschränkungen und Kontrollen für die westdeutsche Schwerindustrie abgelöst werden, die der jungen Bundesrepublik auf Dauer kaum zumutbar gewesen wären. Zudem wünschte Frankreich eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) mit einer vereinigten europäischen Armee einschließlich der Bundesrepublik Deutschland.[14]

Im Mai 1949 gründeten zehn europäische Staaten den Europarat, dem alle nicht-kommunistische Staaten Europas angehörten und der eine engere Zusammenarbeit auf allen Gebieten (außer Verteidigung) zum Ziel hatte. Der Europarat hatte als Organe ein Ministerkomitee, eine Parlamentarische Versammlung aus Delegierten der nationalen Parlamente und ein Generalsekretariat, das unter Vorsitz eines Generalsekretärs von Beamten der Mitgliedstaaten geführt wurde.[15]

2.2 Die Fortschritte

Im Jahr 1951 unterzeichneten die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien und die drei Benelux-Länder den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS/Montanunion), der am 23. Juli 1952 in Kraft trat. Diese Montanunion sollte dafür sorgen, dass die Schwerindustrien nicht mehr als „Waffenschmieden“ gegeneinander dienen konnten und Kriege ein für allemal unmöglich machten, der Bundesrepublik Deutschland der Weg als gleichberechtigter Partner in die westliche Staaten- und Verteidigungsgemeinschaft ermöglicht und die Grundlage für eine Einigung Europas geschaffen wurde.[16]

Trotz aller Leistungen der Montanunion, z. B. die Beseitigung der Zölle für Kohle, Stahl, Erz und Schrott und die Sicherung des Wettbewerbs im gemeinsamen Raum, erwiesen sich aber andere Annahmen als trügerisch. Die Erwartung, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit auch zu einem politischen Zusammenschluss führen würde, wurde enttäuscht. 1954 scheiterte an der französischen Nationalversammlung die EVG und damit die politische Gemeinschaft, wodurch die Hoffnungen auf eine umfassende Einigung Europas zunächst begraben wurden. Jedoch führten wirtschaftliche Einsichten zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) im Jahr 1958.[17]

Man erkannte, dass kein europäisches Land nur annähernd Schritt halten konnte mit den beiden Großmächten USA und UdSSR in Fragen der Atomtechnologie, Elektronik und Flugzeugbau und eine Annäherung an den Lebensstandard der Amerikaner ohne einen großen Markt aussichtslos schien. In Rom (Römische Verträge) wurden daraufhin von den sechs Montanunion-Staaten am 25. Mai 1957 die Verträge zur EWG und EURATOM (Europäische Atomgemeinschaft) unterzeichnet. Dies war endlich der Grundstein zu einer schrittweisen Zusammenführung zu einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet, dem Gemeinsamen Markt.[18]

Zwei Jahre später im Jahre 1960 wurde mit der EFTA (European Free Trade Association) als nächsten Schritt eine Freihandelszone geschaffen. Gründungsmitglieder waren Großbritannien, Irland, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden und die Schweiz, denen sich 1970 auch Island anschloss. Im Jahre 1967 erfolgte dann der große Zusammenschluss der EWG, EGKS und EURATOM zur Europäischen Gemeinschaft, der 1973 auch Großbritannien, Irland und Dänemark beitreten, indem sie aus der EFTA austreten. Norwegen hatte damals durch einen Volksentscheid gegen einen EG-Beitritt gestimmt.[19]

Der Europäische Rat beschließt 1978 in Bremen die Schaffung des Europäischen Währungssystems (EWS) und einer Europäischen Währungseinheit, und 1979 werden erstmals Direktwahlen zum Europäischen Parlament in allen neun EG-Mitgliedstaaten durchgeführt. Als zehntes Mitlied tritt Griechenland 1981 der EG bei. Im Jahr 1986 folgen Spanien und Portugal.[20]

Aufgrund mehrerer Rückschläge in der Integrationspolitik (nationale Alleingänge, Problem der Einstimmigkeitswahl) einigten sich nach langwierigen Verhandlungen die Staats- und Regierungschefs 1985 auf ein Bündel wichtiger Reformen und Ergänzungen sowie auf Erweiterungen der EG-Verträge zu einer Einheitlichen Europäischen Akte (EEA). Deren wichtigster Punkt war die Verwirklichung eines von allen Behinderungen freien Binnenmarkts der EG bis zum 31. Dezember 1992 und eine unumgängliche Verbesserung der Entscheidungsstruktur der Gemeinschaft – insbesondere die Wiedereinführung von Mehrentscheidungen des Rates und eine Stärkung des Europäischen Parlaments. Zudem wurden die Kompetenzen der EG um neue Politikbereiche (Forschung, Technologie, Umweltschutz) erweitert.[21]

[...]


[1] Plato, Protagoras (322 a-d).

[2] Plato, Politeia (2. u. 5. Buch).

[3] Gigon, O. (Hg.): Aristoteles, Politik. München 1973, S. 112.

[4] www.bpb.de/info-franzis/info_213/body_i_213_2.html, S. 1.

[5] Ebd.

[6] Ebd., S. 4.

[7] Ebd., S. 1.

[8] www.bpb.de/info-franzis/info_213/body_i_213_2.html, S. 2.

[9] Ebd.

[10] Ebd., S. 3.

[11] Ebd., S. 5.

[12] www.bpb.de/info-franzis/info_213/body_i_213_2.html, S. 3.

[13] Ebd.

[14] Ebd.

[15] Ebd., S. 7.

[16] www.bpb.de/info-franzis/info_213/body_i_213_2.html, S. 8.

[17] Ebd., S. 10.

[18] Ebd., S. 11.

[19] Ebd., S. 6.

[20] Ebd.

[21] www.bpb.de/info-franzis/info_213/body_i_213_2.html, S. 12 f.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Der Vertrag von Maastricht - Der Weg zur politischen Union. Inhalte, Chancen und Risiken
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Veranstaltung
Europa und Europapolitik nach 1945
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
29
Katalognummer
V30492
ISBN (eBook)
9783638317443
Dateigröße
1063 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Arbeit gebe ich einen Überblick über die Geschichte der Europäischen Einigung sowie über die Inhalte, Chancen und Risiken der Europäischen Union (EU).
Schlagworte
Vertrag, Maastricht, Union, Inhalte, Chancen, Risiken, Europa, Europapolitik
Arbeit zitieren
Diana Bauer (Autor:in), 2002, Der Vertrag von Maastricht - Der Weg zur politischen Union. Inhalte, Chancen und Risiken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30492

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