Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das „Beer Game“
2.1 Ausgangssituation
2.2 Spielverlauf
3. Der Bullwhip-Effekt
3.1 Analyse
3.2 Ursachen
3.2.1 Konstante Durchlaufzeiten
3.2.2 Dezentrale Absatzplanung
3.2.3 Vergangenheitsbasierte Prognosemethoden
3.2.4 Losbildung
3.2.5 Preisschwankungen
3.2.6 Überbestellung bei Lieferengpässen
3.2.7 Informationslaufzeiten
3.3 Gegenmaßnahmen
3.3.1 Reduzierung der Durchlaufzeiten
3.3.2 Zentrale Absatzplanung
3.3.3 Träge Prognosemethoden
3.3.4 Kleine Losgrößen
3.3.5 Verringerung von Preisschwankungen
3.3.6 Kooperation von Handel und Produzenten bei Lieferengpässen
3.3.7 Vermeidung von Informationslaufzeiten
4. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: Lagerstände bzw. offene Lieferungen Team GreenFox
Darstellung 2: Offene Auftragsmengen und Bestand / Rückstand einer Supply Chain: der Bullwhip- oder Forrester-Effekt
Darstellung 3: abgegebene Bestellungen im Planspiel
1. Einleitung
„Der Bullwhip-Effekt vermindert die logistische Leistung eines Netzwerkes und erhöht die Logistikkosten. Er schadet damit der Wettbewerbsfähigkeit des Netzwerkes.“ (Lödding 2008, S. 109)
Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Logistik 2“ durfte ich an dem SCM-Planspiel „BeerGame“ teilnehmen. Ziel des Spiels war es, den Teilnehmern anhand einer einfachen logistischen Kette die Auswirkungen des Bullwhip-Effektes näherzubringen. Wie bereits in dem eingangs erwähnten Zitat ersichtlich mindert der Bullwhip-Effekt die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens beziehungsweise eines gesamten Netzwerkes und ist somit ein wichtiger Faktor für den Erfolg am Markt.
Das Ziel der Arbeit ist die Analyse des Bullwhip-Effektes anhand des SCM-Spieles „BeerGame“ sowie das Erstellen eines groben Überblicks über die Ursachen und Gegenmaßnahmen des Bullwhip-Effektes.
2. Das „Beer Game“
Das Bierspiel wurde in den sechziger Jahren an der Sloan School of Management am MIT entwickelt und basiert auf einem Produktions-/Verteilungssystem einer Biermarke. Das Spiel soll aufzeigen, dass viele Probleme durch grundsätzliche Denk- und Interaktionsweisen verursacht werden, anstatt durch Fehler oder Besonderheiten in der Organisationsstruktur. (vgl. Senge 1996, S. 39)
2.1 Ausgangssituation
Das Spiel stellt eine Lieferkette einer Biermarke dar. Die Lieferkette setzte sich aus 4 Hauptakteuren zusammen, dem Einzelhändler (Retailer), dem Großhändler (Wholesaler), dem Distributor und dem Bierhersteller (Factory). Jeder dieser Akteure wurde durch mindestens zwei Studenten vertreten.
Das Ziel für die Studenten war, die Gesamtkosten der Lieferkette niedriger zu halten als die Gesamtkosten der beiden Konkurrenz-Lieferketten. Die Kosten setzten sich aus den auf Lager liegenden Artikeln (0,5€ pro Artikel) und den offenen Lieferungen (1€ pro Artikel) zusammen.
Wichtigste Bedingung in dem Spiel war, dass keine Form der Kommunikation unter den einzelnen Hauptakteuren stattfinden durfte. Einzig die Bestellscheine mit den aufgegebenen Bestellungen waren erlaubt.
2.2 Spielverlauf
Wie in Darstellung 1 ersichtlich waren in den ersten Wochen keinerlei Lieferschwierigkeiten in Aussicht. Der Retailer begann ab Woche 4 mit dem Abbau an Lagerbeständen. In weiterer Folge reduzierten auch die anderen Akteure ihre Bestände. Dies führte jedoch bereits in Woche 7 zu den ersten Lieferschwierigkeiten des Retailers. Zwischen den Wochen 7 und 12 brach die komplette Lieferkette zusammen und es häuften sich die Lieferrückstände bei allen beteiligten Akteuren. Erst in Woche 16 beziehungsweise Woche 17 war es der Factory und dem Distributor möglich, die Lieferrückstände zu beseitigen. In den zeitlichen Abständen von 2 Wochen kamen sowohl der Wholesaler als auch der Retailer ihren Verbindlichkeiten nach. Die Lagerbestände der Factory überstiegen ab Woche 19 jedoch den Anfangsbestand bei weitem.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 1: Lagerstände bzw. offene Lieferungen Team GreenFox Quelle: Blessing; Olsowski 2015 [Bearbeitung durch den Verf.]
3. Der Bullwhip-Effekt
Unter dem Begriff Bullwhip-Effekt ist ein Aufschaukeln der Nachfrage entlang der Supply Chain bekannt. Dieser Effekt wurde in den 1960er Jahren von Forrester erstmals ausführlich untersucht. (vgl. Arnold; Verein Deutscher Ingenieure 2008, S. 30) „Der Bullwhip-Effekt beschreibt das Phänomen, dass sich Nachfrageschwankungen in Lieferketten verstärken. Diese Verstärkung ist umso größer, je weiter die Partner einer Lieferkette vom Endkunden entfernt sind.“ (Lödding 2008, S. 109) Somit hat der BullwhipEffekt einen negativen Einfluss auf die Verfügbarkeit und die Kosten einer Lieferkette. (vgl. Arnold; Verein Deutscher Ingenieure 2008, S. 30)
3.1 Analyse
„Der Bullwhip-Effekt („Peitscheneffekt“) ist Ausdruck von Ineffizienzen, die durch isolierte Planungen von Bedarfs- oder Bestellmengen entlang der Wertschöpfungskette auftreten können. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass sich Abverkaufs- bzw. Bestellmengenschwankungen über die Stufen der Wertschöpfungskette hinweg aufschaukeln und die Schwankungen bzw. Ausschläge über die Stufen hinweg ansteigen.“(Nyhuis 2008, S. 411)
Durch den Bullwhip- oder Peitschenhieb-Effekt wechseln sich große Lieferrückstände mit großen Überbeständen ab. Die Veränderung von Bestand und Auftragsmengen entlang der Supply Chain nimmt vom Kunden zum Lieferanten zu. Der Effekt ist zudem umso stärker, je länger die Durchlaufzeiten für Güter-, Daten- und Steuerfluss sind. (vgl. Schonsleben 2007, S. 106)
Die Nachfrage der Endverbraucher kann verhältnismäßig konstant sein, dennoch weist die Nachfrage der Handelsunternehmen gegenüber dem Großhändler bereits größere Schwankungen auf. Die Nachfrage, die in der Folge durch den Großhändler beim Lieferanten auftritt, zeigt eine noch höhere Variabilität als die Nachfrage der Handelsunternehmen. Umso weiter „stromaufwärts“ man sich in einer Supply-Chain bewegt, umso stärker ist die Variabilität der Nachfrage. (vgl. Nyhuis 2008, S. 411)
Die Variabilität der Nachfrage in unserem Planspiel verhielt sich exakt wie in der Fachliteratur beschrieben. Ähnlich wie in Darstellung 2 wuchsen die offenen Auftragsmengen sowie die Lieferrückstände in Richtung Daten und Steuerfluss an.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 2: Offene Auftragsmengen und Bestand / Rückstand einer Supply Chain: der Bullwhip- oder Forrester-Effekt
Quelle: Schonsleben 2007, S. 107)
3.2 Ursachen
Um eine Bestandsoptimierung unter dem Fokus einer logistikkettenorientierten Betrachtung zu erreichen sind geeignete Dispositionsstrategien einzusetzen. Dies bedeutet, dass entsprechende Einlagerungs- bzw. Auslagerungsmengen und -zeitpunkte sowie Mindest- bzw. Sicherheitsbestände aufgrund des strukturellen Aufbaus der Logistikkette sowie der artikelspezifischen Anforderungen zu harmonisieren sind. (vgl. Schuh 2006, S. 834) Damit die geeignete Strategie ausgewählt werden kann, bedarf es einer Analyse der Ursachen des Bullwhip-Effektes
3.2.1 Konstante Durchlaufzeiten
„Plant ein Unternehmen mit konstanten Durchlaufzeiten, erhöht sich bei einer erhöhten Nachfrage der Plan-Bestand; bei einer reduzierten Nachfrage sinkt er. Diese Änderung des Plan-Bestands wirkt sich unmittelbar auf den (kumulierten) Plan-Abgang der vorhergehenden Stufe der Lieferkette aus.“ (Lödding 2008, S. 111)
Auch in unserem Planspiel wurde bei einer Erhöhung der Nachfrage der Plan-Bestand erhöht, was sich pro Station der Supply-Chain aufschaukelte.
3.2.2 Dezentrale Absatzplanung
Ein Unternehmen hat die Möglichkeit, die Nachfrage nach einem Produkt aufgrund der Bestellungen der nachgelagerten Stufe der Lieferkette abzuschätzen. Diese Planung nennt man dezentrale Absatzplanung. Unter der Annahme konstanter Durchlaufzeiten führt eine dezentrale Absatzplanung zu einer erheblichen Verstärkung des BullwhipEffekts. (vgl. Lödding 2008, S. 113)
Wie in Darstellung 3 ersichtlich löste die dezentrale Absatzplanung in unserem Planspiel zwischen den einzelnen Akteuren erhebliche Bestellunterschiede aus. Der Retailer hatte als maximale Bestellung 20 Stk. Aufgegeben, während die Factory im Vergleich auf 40 Stk. Kommt. In einer Supply-Chain mit nur 4 Akteuren kann somit die Absatzplanung teilweise um das Doppelte variieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 3: abgegebene Bestellungen im Planspiel
Quelle: Blessing; Olsowski 2015 [Bearbeitung durch den Verf.]
3.2.3 Vergangenheitsbasierte Prognosemethoden
Bestimmt ein Unternehmen die Nachfrage auf Basis von Vergangenheitsdaten, schwanken die Werte der gemessenen Nachfrage über der Zeit. Dadurch werden unterschiedliche Sicherheitsbestände berechnet, was zu veränderten Bestellbeständen und Bestellmengen führt und so zusätzliche Bedarfsratenschwankungen auf der vorgelagerten Stufe der Lieferkette verursacht. Aus Sicht dieser Stufe verstärken sich dadurch die Nachfrageschwankungen. Die Verstärkung nimmt mit der Durchlaufzeit zu. (vgl. Lödding 2008, S. 114 - 115)
3.2.4 Losbildung
Wenn man von Losbildung spricht, meint man „die Bestellmengenplanung, bei der üblicherweise mehrere Bestellungen von einem Unternehmen zusammengefasst werden, um Bestellkosten zu senken und Transportmittel besser auszulasten.“ (Syska 2006, S. 35) Selbst bei einer konstanten Nachfrage der Endkunden führt die Losbildung dazu, dass die Lieferanten eine verzerrte Nachfrage wahrnehmen. (vgl. Lödding 2008, S. 115)
3.2.5 Preisschwankungen
„Durch verkaufsfördernde Maßnahmen, wie z. B. periodische Werbeaktionen, kommt es im Handel zu Preisfluktuationen. Die Kunden kaufen dann nicht die Mengen ein, die sie unmittelbar benötigen, sondern größere Mengen, um sie teilweise für zukünftige Bedürfnisse zu lagern.“ (Syska 2006, S. 35) Somit ziehen die Kunden bei niedrigen Preisen Bedarfe vor und schieben sie bei hohen Preisen auf. Durch dieses Verhalten der Käufer erhöhen sich die Nachfrageschwankungen, was wiederum zum Bullwhip-Effekt beiträgt. (vgl. Lödding 2008, S. 116)
3.2.6 Überbestellung bei Lieferengpässen
Lieferanten sind bei Lieferengpässen gezwungen, das Produkt zu rationieren und die verfügbare Menge auf die Kunden aufzuteilen. Wenn der Lieferant in einer derartigen Situation jede Bestellung zum gleichen Prozentsatz erfüllt, dann kann dies die Kunden dazu bringen, mehr zu bestellen, als sie benötigen. So kann es sein, dass ein Kunde das Doppelte seines Bedarfs bestellt, wenn er eine Erfüllungsquote von 50% erwartet. Die Bestellungen übersteigen in diesem Fall den tatsächlichen Bedarf und verzerren somit die Nachfrageinformationen. (vgl. Lödding 2008, S. 116)
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