Die Geschichte der Postkarte


Seminararbeit, 2000

21 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung in den Gegenstandsbereich

2 Die Anfänge der Postkarte

3 Die „Goldenen Jahre“ der Postkarte

4 Die Flaute der Postkarteneuphorie

5 Die Postkarte als Propagandamittel

6 Exkurs: Charakterisierung von Antisemitischen Bildpostkarten und Judenspottkarten

7 Die Postkarte nach dem Dritten Reich und heute

8 Abschließende Bemerkungen zum Inhalt auf Postkarten

9 Literaturhinweis

10 Anhang

1 Einführung in den Gegenstandsbereich

Die Geschichte der Postkarte – als ich mich im Proseminar für das Thema entschied, welches schließlich auch zum Gegenstand meiner Hausarbeit werden sollte, war mein Wissen über dieses Medium gleich Null.

Natürlich stöbere ich gerne im schier endlosen Sortiment von Postkarten, die ich dann zu besonderen Anlässen Freunden schicke. Bei dem riesigen Angebot fällt es nicht immer leicht Überblick zu bewahren und die Richtige auszuwählen.

Und wenn ich von einem anstehenden Urlaub berichte, ist meist die erste reflexartige Reaktion: Du schickst mir doch eine Postkarte, oder? Auch ich freue mich über jede Karte, die ich von Bekannten bekomme.

Außerdem habe ich beim Durchstöbern alter Familienalben immer wieder Fotos entdeckt, die auf der Rückseite wie Postkarten bedruckt sind. Komisch, dachte ich, waren die etwa zum Verschicken gedacht?

Was es mit solchen Fotopostkarten auf sich hat, erfuhr ich erst später beim Studieren meiner Lektüre. Ebenso welche Höhen und Tiefen die Postkarte in ihrer Entwicklung durchlaufen hat. Anschließend möchte ich einen kleinen Einblick in die faszinierende Welt der Postkarte gewähren.

Ich werde die kultur- und sozialhistorischen Hintergründe beschreiben, welche für die Einführung und den enormen Zuspruch dieser postalischen Neuheit auschlaggebend waren.

Ich berichte von ihrer Bedeutung, die sie zu den verschiedenen Zeiten für die Menschen hatte. Ferner werde ich den Wandel ihres Formates, ihrer Motive und ihres Preises darlegen.

Die einzelnen Postkartentypen habe ich durch eine kursive Schreibweise hervorgehoben.

2 Die Anfänge der Postkarte 1865-1895

Für deutschsprachige Autoren gelten die Postanweisungen und Drucksachenkarten, welche 1865 in Deutschland eingeführt wurden, als Vorläufer der Postkarte. Beide Formulare jedoch reduzierten handschriftliche Zusätze auf ein Minimum. So war beispielsweise bei der Drucksachenkarte neben der Anschrift des Empfängers und des Absenders lediglich Platz für Ort und Datum der Absendung sowie für die Unterschrift vorgesehen.

Diese Karten wurden empfohlen für „Gedruckte Anzeigen aller Art“[1] wie Geschäfts-benachrichtigungen, Bestätigungen von Bestellungen, um nur einige Beispiele zu nennen. Weil sie als offene Sendungen, d.h. ohne Kreuz- oder Streifband, verschickt wurden, kostete die Absendung einer solchen Karte nur vier Pfennige.

Noch im selben Jahr forderte Heinrich von Stephan ein offen zu versendendes Postblatt. Er meinte: „Die jetzige Briefform gewährt für eine erhebliche Anzahl von Mittheilungen nicht die genügende Einfachheit und Kürze.“[2] Seine Idee fand zunächst keine Anhänger. Einerseits befürchtete man finanzielle Einbußen, weil der Transport dieses Postblattes nicht wie bei Briefen je nach Entfernung bis zu drei, sondern bloß einen Silbergroschen betragen sollte. Andererseits hatte man moralische Bedenken wegen des Briefgeheimnisses. Denn die Mitteilungen gelangten ja nicht verschlossen vom Absender zum Empfänger und waren deshalb der Indiskretion von Postboten, Dienstpersonal und anderen Neugierigen ausgesetzt. Vor allem die bürgerlichen Schichten, die zugleich Träger der Briefkultur waren, wehrten sich gegen dieses neue Medium.

Trotz allen Widerstandes wurde 1869 in Österreich die Correspondenz-Karte – eine 85:122 mm große dünne hellbraune Karte, deren Rand durch eine umlaufende Bordüre gerahmt war – eingeführt. Die Vorderseite war für die Adresse, die Rückseite für die Beschriftung vorgesehen. Sie wurde überwiegend für einfache Benachrichtigungen verwendet. Dazu zählen u.a. Geschäfts-Avise, Nachrichten über Abgehen und Ankommen von Sendungen aller Art, Verabredungen, Geburten, Heiraten sowie Geburtstags- und Neujahrsgratulationen. Das Verschicken der bereits beim Kauf mit einem Wertstempel versehenen Karte kostete lediglich zwei Kreuzer.

Ein Jahr später, also 1870, importierte Heinrich von Stephan, der inzwischen zum General-Postdirektor des Norddeutschen Bundes aufgestiegen war, die Korrespondenzkarte von Österreich nach Norddeutschland. Schon am Tag der Einführung wurden in Berlin mehr als 45000 der 108:163 mm großen Karten an den Mann gebracht. Alle übrigen deutschen Länder folgten binnen weniger Monate dem Beispiel des Norddeutschen Bundes. Bald danach kannte man sie in ganz Europa.

Während des wenig später ausgebrochenen Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 erfuhr die Korrespondenzkarte in Form der Feldpostkarte eine große und schnelle Resonanz. Ihre portofreie Beförderung war geradezu ideal für kurze Mitteilungen zur Beruhigung der Angehörigen. Sie ermöglichte auch unter den schwierigsten Verhältnissen des Krieges ohne Zeitverlust sogenannte „Lebenszeichen“ zu überbringen. Dies hatte zur Folge, dass allein im ersten Kriegsjahr 10 Millionen Karten ausgetauscht wurden. Alle Bevölkerungsschichten waren daher ungewöhnlich schnell mit dem neuen Kommunikationsmittel vertraut, so dass nach Kriegsende die Beliebtheit der Korrespondenzkarte weiter anstieg.

Ihr Erfolg hat mehrere Ursachen. Erstens wurde ihre unverzügliche Zustellung sogar an Feiertagen, die aus dem Ausbau des Eisenbahnnetzes und der häufigen Leerung der Briefkästen resultierte, von den Leuten als äußerst angenehm empfunden. Man konnte sich darauf verlassen, dass einen Tag nach Versenden der Nachricht der rechtmäßige Empfänger diese in seinen Händen hielt. In Berlin wurde die Post eine Zeit lang bis zu elf mal täglich ausgetragen.

Zweitens senkte die Postbehörde die Gebühren auf einen halben Silbergroschen, was das Verschicken von Korrespondenzkarten zu einer billigen Angelegenheit machte. Das Porto einer Karte entsprach etwa der Hälfte des eines Standardbriefes. Außerdem war nun der Kauf von Briefpapier und Umschlag überflüssig.

Drittens wurde die Anwendung privat hergestellter Formulare erlaubt, wenn die Gestaltung den postamtlichen Bestimmungen entsprach. Dies kam den Leuten insofern entgegen, weil man jetzt individuell gestaltete Karten versenden konnte. Dazu erzähle ich jedoch später etwas mehr.

Der wichtigste Grund für die außerordentliche Resonanz der Korrespondenzkarte ist das sich im Zuge der industriellen Revolution wandelnde Kommunikationsbedürfnis. Sie ist als Kind ihrer Zeit anzusehen, einer Zeit des wirtschaftlichen und sozialen Umbruchs, in der Mobilität und Zeit zu immer wichtigeren Faktoren werden.

„Die Mobilität breiter Bevölkerungskreise, die Beschleunigung von Transport und Warenverkehr und eine durch zunehmende Rationalisierung und Arbeitsteilung geprägte industrielle Arbeitswelt verlangten nach neuen Möglichkeiten und Formen der Korrespondenz.“[3]

Die Korrespondenzkarte wird zum beliebtesten Medium für die Übersendung von kurzen Mitteilungen ohne viel Aufwand, denn sie erspart Zeit sowie Mühe. Dies war bisher nur in Form von Telegrammen oder Visitenkarten möglich.

Eine Zeitersparnis ist sie deshalb, weil sie wegen mangelnden Platzes keine Schreibkunst mehr voraussetzt. Im Gegensatz zum Brief ist hier die Ausformulierung von Floskeln und Höflichkeitsformen nicht mehr nötig. Statt dessen bedient man sich kurzer Sätze wie zum Beispiel „Treffe dich morgen 16 Uhr“. Die Kürze der Nachricht wurde durch die verschönerte Bildbeigabe voll aufgewogen. Dennoch gab es auch Kritik an der „Verrohung“ des Schriftverkehrs, wie folgendes Gedicht bezeugt:

„Weißt Du nicht ein Wörtchen mir / Nach so langer Zeit zu sagen? Aber schon heißt es im Telegrammstil: Bin Brief Dir schuldig. Sei geduldig. / Nimm diese Karte mit Bemalung / Als Abschlagszahlung. Oder noch kürzer angebunden: Einen langen Brief verlangst Du? Sei klug! Gruß und Kuß! – das ist genug.“[4]

Ferner erspart sie Mühe, da das Falten des Briefbogens, der Siegelverschluss des Kuverts und das Aufkleben der Briefmarke wegfallen.

Der geringe Aufwand kam den von mehr Arbeit und mehr Vergnügen geplagten Menschen entgegen. Alle genannten Punkte machten die Korrespondenzkarte – seit 1872 gilt übrigens die in Deutschland noch heute gebräuchliche Bezeichnung Postkarte – zum einem geeigneten Kommunikationsmittel aller sozialen Schichten, um Kontakt zu Freunden, Verwandten oder Geschäftspartnern zu halten.

Wegen des Briefgeheimnisses machte man sich nun auch keine Sorgen mehr. Entweder enthielt die Postkarte sehr kurze Nachrichten wie „Bin gut angekommen“ oder der Inhalt wurde ganz allgemein gehalten. Ging es jedoch um die Mitteilung intimer und privater Dinge oder längerer Sachverhalte wählte man sicherlich die Briefform. Man darf daher keinesfalls behaupten, dass die Postkarte den Brief ganz und gar ersetzte, vielmehr ist ein Funktionswandel des Briefes festzustellen.

Zwischen 1870 und 1875 wurden die ersten illustrierten Postkarten hergestellt. Dies geschah wohl aus dem menschlichen Bestreben heraus alles Einfache auszuschmücken und zu verschönern. Als Erfinder der illustrierten Postkarte taucht in der Literatur zumeist der Name Schwartz auf. Schwartz war ein Oldenburger Hofbuchhändler, der 1870 wohl aus euphorischer vaterländischer Begeisterung seinem Schwiegervater eine Karte mit einem aufgedruckten Artillersisten hinter einer Kaserne schickte. Weil diese Karte allerdings ein Einzelstück war, erkannte man ihn später nicht zwingend als Urheber der Illustration auf Postkarten an.

Erst 1875 brachte er eine Serie von 25 illustrierten Karten heraus. Freilich waren schon seit Auftauchen der ersten Postkarten diese von manch einem persönlich bebildert worden, weswegen die Idee der Illustrierung nichts Neues in sich barg. Die nun massenhaft von Druckereien hergestellten Karten waren mit Erzeugnissen der Luxuspapierherstellung und der Ansichtsgraphik illustriert. Deshalb sah man nicht selten dieselben Chromolithographien auf Briefbögen, Visitenkarten und Servietten als auch auf Postkarten. Nach und nach räumte man den Bildern immer mehr Platz ein. Natürlich ließen sich Privatdrucke der Geschäftswelt sehr gut zur Werbung ihrer Produkte verwenden. So zählen im Privatdruck hergestellte Geschäftsanzeigen zu den ersten Karten mit aufgedruckten Bildmotiven. Es gab werbende Darstellungen für Städte, Bäder, Veranstaltungen, für Schokolade, Kaffee, Spirituosen und vieles mehr. Bei den illustrierten Karten musste man allerdings seine Mitteilungen auf die Bildseite setzen, da die andere Seite für die Anschrift vorgesehen war. Erst mit Einführung der geteilten Adressseite 1905 sind auch dort Nachrichten zulässig. Man konnte nun nach Belieben die Postkartenfläche vollschreiben.

Im Jahr 1878 änderte sich mit der in fast allen Ländern der Welt anwendbaren Weltpostkarte das Format auf 105:148 mm.

[...]


[1] Walter: Postkarte und Fotografie, S. 10.

[2] Gold / Heuberger: Abgestempelt, S. 13.

[3] Gold / Heuberger: Abgestempelt, S. 13.

[4] Böhmer: Sei glücklich und vergiß mein nicht, S. 117.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Geschichte der Postkarte
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Veranstaltung
Von der Postkutsche zum Handy
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
21
Katalognummer
V30542
ISBN (eBook)
9783638317856
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit habe ich im Zuge meines Volkskunde-Studiums verfasst. Sie erläutert die Geschichte der Postkarte von ihren Anfängen bis heute einschließlich des Exkurses "Antisemitische Postkarten".
Schlagworte
Geschichte, Postkarte, Postkutsche, Handy
Arbeit zitieren
Diana Bauer (Autor:in), 2000, Die Geschichte der Postkarte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30542

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