William Shakespeare. Der Name steht für einen der bedeutendsten Lyriker und Dramatiker der Literaturgeschichte. Bis heute, fast 400 Jahre nach seinem Tod, bewegen Werke des Dichters noch immer die Menschheit.
So lange wie bereits Zweifel an der Identität und Autorschaft William Shakespeares bestehen, ranken sich auch viele Fragen um sein Drama „Der Kaufmann von Venedig“: „Man war überzeugt, daß hier eine Stellungnahme des Dichters zur Judenfrage vorläge“. Zunächst sah man in Shakespeares Shylock die Figur eines nach mittelalterlicher Tradition „gehässigen, geld- und blutgierigen Juden“, welcher den guten Christen gegenüberstand, deren wichtigster Repräsentant der Kaufmann Antonio ist.
Doch im Zuge der Aufklärung und besonders mit der dort einsetzenden jüdischen Emanzipation in Deutschland wurde in Shakespeares jüdischem Geschäftsmann, der eigentlich eine Nebenrolle in dem Stück spielt, ein differenzierterer Charakter von anderer Bedeutung erkannt: Man glaubte, „daß er [Shakespeare] aus dem Ungeheuer, wie er es von seinen Vorbildern übernommen hatte, einen Menschen gemacht hat mit Lastern und Vorzügen.“ Deshalb wandelte sich die Reaktion auf Shylocks Verurteilung: „‚The poor man is wronged!’ Der Jude ist zu einer Figur geworden, deren Pathos und Würde bei den Zuschauern Gefühle der Erschütterung und des Mitleids weckt.“
Die Ambivalenz (in der Auffassung) des Shylock-Charakters, zwischen antijüdischer Karikatur und menschlicher Natur gespannt, soll in dieser Hausarbeit untersucht werden, um Aufschluss über die Intention des Dramas zu erhalten. Zuvor werden die Begriffe Antijudaismus und Antisemitismus erläutert, denn bei Shakespeares Werk könnte es sich höchstens um ein antijüdisches handeln.
Eine Inhaltsangabe des gesamten Stücks wird es nicht geben, da der Rahmen dieser Hausarbeit begrenzt ist und der Fokus nur auf für ein Portrait der Shylock-Figur wichtigen Passagen liegt. Es werden Beziehungen von einzelnen Dramencharakteren sowie Figurengruppen zu Shylock beleuchtet. Diese Analyse soll helfen folgende zentrale Fragen zu beantworten:
Ist Shylock nur eine raffgierige und teuflische Karikatur eines Juden, wodurch Shakespeares Drama antijüdisch wäre? Oder wird er als ein Mensch mit Leiden-schaften dargestellt und würde das automatisch bedeuten, dass „Der Kaufmann von Venedig“ projüdisch ist? Kann eine klare Position zwischen diesen beiden Polen in dem Stück ausgemacht werden bzw. ist überhaupt eine Haltung (des Autors) gegen-über Juden herauszulesen?
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Hauptteil
- Was ist Antijudaismus, was Antisemitismus?
- Judentum und Antijudaismus im Europa des 16. Jahrhunderts
- Shylock und „die Anderen“
- Der Wucherer, der „königliche Kaufmann“ und dessen Freunde
- Der Herr und sein Diener – die Klage eines Clowns
- Der Teufel und die liebenswerte Tochter/ Shylock und seine Familie …
- Der Jude und die Christen Venedigs
- Fazit: „Der Jude – ein Mensch“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Ambivalenz des Shylock-Charakters in Shakespeares Drama „Der Kaufmann von Venedig“. Es wird untersucht, ob Shylock als eine antijüdische Karikatur oder als ein Mensch mit menschlichen Eigenschaften dargestellt wird, um so die Intention des Dramas zu beleuchten. Im Fokus der Analyse steht die Frage, ob das Drama antijüdisch oder gar projüdisch ist, oder ob eine klare Position des Autors gegenüber Juden herauszulesen ist.
- Antijudaismus vs. Antisemitismus: Die verschiedenen Argumentationsschemata und ihre historische Entwicklung
- Die Lebensbedingungen und die Wahrnehmung jüdischer Menschen im Europa des 16. Jahrhunderts
- Shylock als Figur: Seine Rolle im Drama und seine Beziehungen zu den anderen Figuren
- Die Ambivalenz des Shylock-Charakters: Antijüdische Karikatur oder menschliches Portrait?
- Die Frage nach der Intention des Dramas: Antijüdisch, projüdisch oder ambivalent?
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Einleitung: In der Einleitung wird die Relevanz der Thematik und die Ambivalenz des Shylock-Charakters im Drama „Der Kaufmann von Venedig“ erläutert. Es werden die zentralen Forschungsfragen und die methodischen Vorgehensweisen der Hausarbeit vorgestellt.
- Hauptteil: Der Hauptteil befasst sich mit der Entwicklung der antijüdischen Diskriminierung und der Unterscheidung zwischen Antijudaismus und Antisemitismus. Es werden vier Argumentationsschemata, die Juden diskriminieren, vorgestellt und anhand von historischen Beispielen erläutert. Im Anschluss daran wird die Situation jüdischer Menschen im Europa des 16. Jahrhunderts beleuchtet, um einen Kontext für Shakespeares Drama zu schaffen. Schließlich wird die Rolle der Shylock-Figur im Drama analysiert, indem die Beziehung zwischen ihm und den anderen Charakteren und Figurengruppen untersucht wird.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit den Themen Antijudaismus, Antisemitismus, William Shakespeare, „Der Kaufmann von Venedig“, Shylock, Judentum, Europa, 16. Jahrhundert, Literaturanalyse, Charakteranalyse, Stereotype, Rassenideologie, Ambivalenz, Intention, projüdisch, antijüdisch.
- Arbeit zitieren
- Johanna M. (Autor:in), 2015, Shakespeares Shylock-Figur. Eine antijüdische Karikatur oder ein Portrait menschlicher Natur?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305656