Neue Einsatzbereiche der Bundeswehr im Inneren


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Gliederung

1. Einleitung

2. Ein historischer Überblick über den Wandel der Bundeswehr

3. Neue Einsatzbereiche der Bundeswehr im Inneren
3.1 Katastrophenfall
3.2 Großveranstaltungen
3.3 Terroristische Bedrohungen

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Durch den globalen Klimawandel haben etliche Länder weltweit mit Naturkatastrophen zu kämpfen. So nimmt auch in Deutschland die Gefahr durch Naturkatastrophen zu. Erst kürzlich im Juni 2013 waren weite Teile Deutschlands von einem Hochwasser betroffen. Mit knapp 20 000 Soldaten und Soldatinnen war es einer der größten Hilfseinsätze der Bundeswehr in den letzten Jahren.[1] Unter anderem konnten dabei mit zahlreichen Bundeswehrhubschraubern über 700 Menschen aus lebensbedrohlichen Situationen gerettet werden. Es waren zudem zusätzlich rund 250 Lastwagen, 50 diverse Panzer und noch einige weitere Fahrzeuge im Einsatz.[2] Die Bundeswehr konnte Mittel einsetzen, die anderen Organisationen oder Institutionen nicht zur Verfügung standen. Es ist ein vorbildliches Beispiel für einen Bundeswehreinsatz im Inneren. Aufgrund globaler Verflechtungen und Entwicklungen gehören militärische langjährige Bundeswehreinsätze der Vergangenheit an. In den folgenden Kapiteln soll deshalb geklärt werden, ob die Bundeswehr zukünftig verstärkt im Inneren eingesetzt werden soll und wie solche Einsätze aussehen könnten.

Um diese Frage zu beantworten, wird zunächst ein historischer Überblick über die Entwicklungen der Bundeswehr skizziert. Der Überblick soll einen Einblick in die schleppenden Reformen geben und mögliche Gründe dafür beleuchten. Im dritten Kapitel geht es um mögliche Einsatzbereiche der Bundeswehr im Inneren. Dazu werden drei Einsatzbereiche sorgfältig analysiert. Der Katastrophenfall dient hierbei als ein musterhaftes Beispiel für einen sinnvollen Einsatz und dessen rechtliche Regelung. Die weiteren zwei Bereiche beschäftigen sich mit einem Einsatz bei Großveranstaltungen und bei terroristischen Bedrohungen. Ersteres zeigt neue Einsatzbereiche auf, ohne dabei auf rechtliche Grundlagen einzugehen, während letzteres bestehende Möglichkeiten erweitert und deren rechtliche Situation untersuchen. Im Fazit findet eine persönliche Bewertung über die Notwendigkeit einer Bundeswehrreform bzw. eines verstärkten Einsatzes im Inneren statt. Hierzu werden die Bedenken aus dem zweiten Kapitel aufgegriffen und versucht zu entkräften. Währenddessen werden die Vorteile und Notwendigkeiten einer Reform bzw. eines Bundeswehreinsatzes im Inneren verdeutlicht.

Die Literatur zu diesem Thema, die aktuelle Entwicklungen berücksichtigt, ist überschaubar. Für den historischen Überblick habe ich mich auf den prägnanten Aufsatz von Jürgen Franke[3] und der Dissertation von Arne Neubeck[4] bezogen. Im dritten Kapitel wurde eine breite Fülle an Literatur zu Rate gezogen. Hauptsächlich wurde mit „Der Einsatz der Bundeswehr im Innern“[5] von Jan-Peter Fiebig, „Besondere Formen der Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Katastrophenfall und zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit“[6] von Peter Eichhorn und einem Aufsatz von Jana Hertwig[7] gearbeitet. Zudem bot der Aufsatz „Militärische Beiträge zur Sicherheit“ von Sven Bernhard Gareis, mit Berücksichtigung neuster Entwicklungen, eine interessante Sichtweise auf das Thema.[8]

2. Ein historischer Überblick über den Wandel der Bundeswehr

Seit der Entstehung der Bundeswehr nach dem zweiten Weltkrieg gab es einige Reformen. Die gesamte Entwicklung kann jedoch in zwei übergeordnete Konzeptionen eingeteilt werden. Die Bundeswehr als Verteidigungsarmee und im späteren Verlauf als eine Einsatzarmee.[9] Das anfängliche Ziel bei der Schaffung einer Wehrmacht war für Konrad Adenauer zunächst ein Zugewinn an staatlicher Souveränität.[10] Der 12. November 1955 kann als die offizielle Geburtsstunde der Bundeswehr gesehen werden. Doch dauerte es noch fast zwei Jahre bis die ersten Wehrpflichtigen einberufen wurden. Vor dem Hintergrund des NS-Regimes bedurfte es einer Diskussion über die nötigen Rahmenbedingungen, vor allem innerhalb der breiten Bevölkerung.[11] Man wollte sicherstellen, dass die Bundeswehr von einer Regierung nicht erneut missbraucht werden kann und dass die Integration in die Gesellschaft vorangetrieben wird. Grundlegend dafür waren folgende Eckpfeiler:

„Einsatz von Streitkräften ausschließlich zur Verteidigung; sie dürfen nicht zu politischen Zwecken missbraucht werden; über deren zweckgemäßen Einsatz wacht das Parlament, (…) Keine Sonderstellung sui generis (mehr) in der Gesellschaft, der Soldatenberuf stellt einen normalen Beruf neben anderen dar.“[12]

Der Aspekt der Verteidigungsfunktion spielte von 1955 bis 1989 eine zentrale Rolle. Das wurde besonders durch den kalten Krieg und dem historischen Hintergrund Deutschlands bedingt.

Erst mit dem Ende des kalten Krieges gab es eine erhebliche Zäsur in der Konzeption der Bundeswehr. Die immanente Bedrohung durch den Osten brach weg und die Bundeswehr musste in den folgenden Jahren neue Aufgaben und Ziele definieren. Dieser Zeitraum von 1990 bis 1999 wird als Übergangsphase betrachtet.[13] In den ersten Jahren dieser Phase wurde durch den ersten Irakkrieg eine hitzige Debatte in Deutschland entfacht. Welche militärische Rolle innerhalb der internationalen Organe – NATO, UN und WEV – soll Deutschland einnehmen und ist eine aktive Rolle mit dem Grundgesetz vereinbar?[14] Weiterer Druck durch die internationale Gemeinde ergab sich durch die Konflikte in Jugoslawien und Somalia. Der internationale Druck konnte erst durch das Urteil des Bundesverfassungsgericht im Juni 1994 aufgelöst werden.[15] Somit wurden Auslandseinsätze der Bundeswehr für gesetzeskonform befunden und die Notwendigkeit der Einbindung des Parlaments bei Einsatzentscheidungen bestätigt.[16] Das Weißbuch von 1994 machte die schleichenden Transformation von einer Verteidigungs- zur Einsatzarmee deutlich. Zwar wurde die Landesverteidigung weiterhin als wesentliche Aufgabe aufgeführt, jedoch wurden auf 60 Seiten internationale Friedenseinsätze behandelt.[17] So stieg in den folgenden Auslandseinsätzen die Zustimmung im Bundestag und die Bundeswehr nahm eine stärkere Rolle in internationalen Missionen ein.[18] Bereits vier Jahre nach der Verfassungsklage schien die Bundeswehr ihre neue Rolle gefunden zu haben.

Betrachtet man die Motive der anschließenden Einsätze in Kosovo, Mazedonien, Afrika, Afghanistan und Ost-Timur, wird schnell ersichtlich, dass das Motiv der Verteidigung in den meisten Fällen kaum von Bedeutung war.[19] Die Bundeswehr wurde als eine Einsatzarmee eingesetzt. Das machte vor allem der Einsatz in Afghanistan deutlich, der mit der Bekämpfung des Terrorismus das Aufgabenspektrum der Bundeswehr um eine vollkommen neue Dimension erweiterte.[20] Die neue Ausrichtung der Bundeswehr wird auch in den Aussagen des damaligen Verteidigungsministers Peter Struck im Jahre 2005 verdeutlicht:

„Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt. (…) Einsatzgebiet der Bundeswehr ist die ganze Welt. Wer einer NATO Response-Force zustimmt, wer dem Konzept von Battle-Groups zustimmt, muss wissen: Grundsätzlich müssen deutsche Soldaten bereit sein, an Orten Verantwortung zu übernehmen, an die wir heute noch nicht denken.“[21]

Obwohl „die Kriseninterventionsfähigkeit zum strukturbestimmenden Merkmal einer Reform“[22] wurde, standen die Einsatzmotive der Solidarität und humanitäre Hilfeleistung im Vordergrund.[23] Das zivile Mandat eines Auslandseinsatzes wurde zur Selbstverständlichkeit. Die aktuelle Entwicklung entfernt sich von militärischen Großeinsätzen. Stattdessen rücken nicht-militärische Mittel – wie beispielsweise wirtschaftliche Sanktionen – in den Mittelpunkt. Die Zeit für eine grundlegend neue Reform der Bundeswehr ist reif. Es lassen sich zahlreiche Einsatzbereiche im Inneren finden.

[...]


[1] Vgl. o.V.: Politik. Hintergrund aktuell. Hochwasser in Deutschland. Bpb 2013. URL unter: http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/163064/hochwasser-in-deutschland (abgerufen am 10.04.2014).

[2] Vgl. Bötel, Frank: Retter in der Not: Bundeswehr und Katastrophenhilfe. Bundeswehr 2013. URL unter: http://www.bundeswehr.de/portal/poc/bwde?uri=ci:bw.bwde.streitkraefte.grundlagen.auftrag.katastrophenhilfe (abgerufen am 09.04.2014).

[3] Franke, Jürgen: Wie integriert ist die Bundeswehr? Eine Untersuchung zur Integrationssituation der Bundeswehr als Verteidigungs- und Einsatzarmee. Baden-Baden 2012.

[4] Neubeck, Arne: Die Transformation der Bundeswehr von der Verteidigungs- zur Einsatzarmee – Eine sicherheitspolitische Analyse unter Berücksichtigung politischer, verfassungspolitischer und militärpolitischer Aspekte. Unv. Diss. Julius-Maximilians-Universität zu Würzburg 2007.

[5] Fiebig, Jan-Peter: Der Einsatz der Bundeswehr im Innern. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit von innerstaatlichen Verwendungen der Streitkräfte bei Großveranstaltungen und terroristischen Bedrohungen. Berlin 2004. S. 173f.

[6] Eichhorn, Peter: Besondere Formen der Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Katastrophenfall und zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit. Frankfurt a.M. 1998.

[7] Hertwig, Jana: Staatsnotstandsrecht in Deutschland, in: Zwitter, Andrej (Hrsg.): Notstand und Recht. Baden-Baden 2012.

[8] Gareis, Sven Bernhard: Militärische Beiträge zur Sicherheit, in: Böckenförde, Stephan/Gareis, Sven Bernhard (Hrsg.): Deutsche Sicherheitspolitik. Herausforderungen, Akteure und Prozesse. Opladen & Farmington Hills 2009.

[9] Vgl. Franke (2012): S. 138.

[10] Vgl. ebd. S. 140.

[11] Vgl. ebd. S. 141f.

[12] Ebd. S. 143.

[13] Vgl. ebd. S. 138.

[14] Neubeck (2007): Die Transformation der Bundeswehr von der Verteidigungs- zur Einsatzarmee. S. 78ff.

[15] Ebd. S. 109f.;133f.

[16] Ebd. S. 138f.

[17] Ebd. S. 175f.

[18] Ebd. S. 233;241;244;250;253

[19] Ebd. S. 412-415;417

[20] Ebd. S. 418.

[21] Ebd. S. 515.

[22] Ebd. S. 528.

[23] Ebd. S. 527.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Neue Einsatzbereiche der Bundeswehr im Inneren
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Konzepte und Akteure innerer und äußerer Sicherheit
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
17
Katalognummer
V305682
ISBN (eBook)
9783668036598
ISBN (Buch)
9783668036604
Dateigröße
523 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bundeswehr, Einsatz im Inneren, Einsatzbereiche, Katastrophenfall, Reform, Bundeswehr im Inneren, Äußere Sicherheit, Innere Sicherheit
Arbeit zitieren
Sinisa Mihajlovic (Autor:in), 2014, Neue Einsatzbereiche der Bundeswehr im Inneren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305682

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