Norbert Elias gilt als bedeutender Soziologe und selbsternannter Menschenwissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Sein Schwerpunkt lag darauf, eine Verbindung zwischen verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen wie Psychologie, Soziologie und Politologie zu schaffen. Eingeordnet wird er dennoch als Soziologe. Dabei beschäftigte er sich tiefgründig mit den Aufgaben der zu seiner Zeit jungen Wissenschaftsdisziplin. Er grenzte sich von einer reinen Gesellschaftsbetrachtung ohne Individuen ab. Er sah die Gesellschaft als ein Interdependenzgeflecht von Individuen. Dieses wirkt nie losgelöst von Zeit und Raum und dennoch nicht zielgerichtet und prozesshaft.
In seinem Hauptwerk „Über den Prozess der Zivilisation“ zeichnete er eine Entwicklung der europäischen Gesellschaft nach und stellte konkrete Entwicklungslinien fest. In seinen Spätwerken baute er diese Thesen u.a. mit aktuellen Themen weiter aus. Eine von Elias herausgearbeitete Entwicklungslinie bezieht sich auf die Bedeutungsänderung von Gewalt. Diese Entwicklung soll in der folgenden Arbeit herausgearbeitet werden. Elias thematisiert dies in einigen Werken, z.B. in „Studien über die Deutschen“ (1989). Es würde den Rahmen der Arbeit sprengen, alle Werke zu diesem Thema einzubeziehen. Daher wird sich auf das Hauptwerk „Über den Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. Band 1 und 2“ gestützt. Im ersten Band legt Elias den Fokus auf eine Psychogenese des Abendlandes. Im zweiten Band weitet er dies auf eine Soziogenese aus. Zur Unterstützung und Ergänzung wird das Spätwerk „Engagement und Distanzierung. Arbeiten zur Wissenssoziologie I“ hinzugezogen.
In dieser Arbeit soll sich der Frage gestellt werden, ob und wie sich die physischen Gewaltanwendungen vom Mittelalter bis zur heutigen modernen Gesellschaft verändert haben. Gewalt meint in der Arbeit immer physische Gewalt, außer es wird explizit auf psychische Gewalt hingewiesen.
Um sich dieser Thematik zu nähern, werden Elias‘ Beschreibungen zu den Gesellschaftsformen der mittelalterlichen Feudalgesellschaft im Abendland, der höfisch aristokratischen Adelsgesellschaft in Frankreich und der modernen Gesellschaft in der westlichen Welt gegenübergestellt und jeweils die Bedeutung von Gewalt herausgearbeitet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gewalt in der feudalen Rittergesellschaft
- Die mittelalterliche Feudalgesellschaft
- Die Bedeutung von Gewalt
- Gewalt in der höfisch-aristokratischen Adelsgesellschaft
- Vom Mittelalter zur Neuzeit
- Die Bedeutung von Gewalt
- Gewalt in der modernen Gesellschaft
- Die Bedeutung von Gewalt im innerstaatlichen Bereich
- Die Bedeutung von Gewalt im zwischenstaatlichen Bereich
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung des Bedeutungswandels von Gewalt nach Norbert Elias' Theorien zur Zivilisation. Sie zielt darauf ab, die Veränderungen physischer Gewaltausübung vom Mittelalter bis zur heutigen modernen Gesellschaft mithilfe von Elias' Analyse der mittelalterlichen Feudalgesellschaft, der höfisch-aristokratischen Adelsgesellschaft und der modernen Gesellschaft aufzuzeigen.
- Analyse der Entwicklung des Bedeutungswandels von Gewalt nach Norbert Elias
- Gegenüberstellung der Gesellschaftsformen der mittelalterlichen Feudalgesellschaft, der höfisch-aristokratischen Adelsgesellschaft und der modernen Gesellschaft
- Untersuchung der Rolle der Affektsteuerung in der Ausübung von Gewalt
- Betrachtung der Bedeutung von Gewalt im Kontext der verschiedenen gesellschaftlichen Strukturen und Machtverhältnisse
- Auswertung der Ergebnisse im Hinblick auf die Zivilisationstheorie von Norbert Elias
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Norbert Elias als bedeutenden Soziologen vor und erläutert die grundlegende Zielsetzung der Arbeit, die Entwicklung des Bedeutungswandels von Gewalt nach Elias zu analysieren. Das erste Kapitel beleuchtet die mittelalterliche Feudalgesellschaft im Abendland und die Rolle von Gewalt in dieser Gesellschaftsform. Es wird der Schwerpunkt auf die Machtstrukturen, die Lebensformen und die Affektsteuerung im Kontext der Gewaltanwendung gelegt. Das zweite Kapitel widmet sich der höfisch-aristokratischen Adelsgesellschaft in Frankreich und untersucht den Wandel der Bedeutung von Gewalt im Vergleich zur feudalen Gesellschaft. Es werden die Entwicklungen in der Affektsteuerung und die Rolle der Höflichkeit im Zusammenhang mit Gewalt diskutiert. Das dritte Kapitel widmet sich der modernen Gesellschaft in der westlichen Welt und beleuchtet die Bedeutung von Gewalt im innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Bereich. Es werden die Veränderungen in der Affektsteuerung und die Bedeutung von Gesetzen und Institutionen im Umgang mit Gewalt erörtert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf den Bedeutungswandel von Gewalt nach Norbert Elias. Die wichtigsten Schlüsselbegriffe sind daher Gewalt, Zivilisation, Affektsteuerung, mittelalterliche Feudalgesellschaft, höfisch-aristokratische Adelsgesellschaft, moderne Gesellschaft, innerstaatliche Gewalt, zwischenstaatliche Gewalt und die Soziologie von Norbert Elias.
- Quote paper
- Nancy Reichel (Author), 2015, Der Bedeutungswandel von Gewalt in "Über den Prozeß der Zivilisation" und "Engagement und Distanzierung" von Norbert Elias, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306195