Die Zeit des Deutschlands um 1800 wird als „orientalische Renaissance“ (Yang 2013, S. 13) bezeichnet. Autoren der Aufklärung wie Johann Gottfried Herder und Georg Forster legten den Grundstein dafür und Romantiker wie Novalis, Wackenroder oder Friedrich Schlegel griffen den nicht klar definierten Begriff des Orients auf und brachten ihn mit romantischen Leitideen in Verbindung. Dabei wurden je nach Zeit und Autor unterschiedliche Orientbilder geschaffen. Yang (2013) beschreibt die Orientbilder als „kontrastierendes Gegen- und Vorbild“ (ebd., S. 23) zum Deutschland um 1800. Diese Funktion kann auch dem Orientbild Friedrich Schlegels zugeschrieben werden, welches er 1808 in seinem Werk „Über die Sprache und Weisheit der Indier“ darlegt.
Die vorliegende Arbeit soll zeigen, dass Friedrich Schlegel ein Orientbild entwarf, an dem sich das Deutschland um 1800 orientieren und abgrenzen sollte, um die deutsche Identität zu stärken bzw. neu zu bilden. Vorherrschend war ein Absolutismus mit fehlender Beteiligung des Volkes (vgl. Peter 1978, S. 16).
Im Widerspruch dazu stand die wachsende Bedeutung des Handels und der Industrie. Deutschland befand sich in einer Umbruchszeit, von der Ständegesellschaft zur modernen Gesellschaft. Im Gegensatz zu England und Russland blieb in Deutschland eine Erstarkung des Bürgertums, aufgrund der Vielstaaterei aus. Philosophie und Literatur entwickelten und propagierten eine gesellschaftliche Moral, die nicht der tatsächlich gelebten entsprach und so mit der gesellschaftlichen Ordnung konkurrierte (vgl. Peter 1978, S. 16). Die Problematik bewegte Friedrich Schlegel dazu, nach einer Alternative zum bestehenden Deutschland zu suchen. Dieser Prozess soll in der vorliegenden Arbeit thematisiert werden.
Nach einem Überblick über Friedrich Schlegels Biographie wird sein Bild vom bestehenden Deutschland in seinem 1803 erschienenen Werk „Reise nach Frankreich“ skizziert. In seinem fünf Jahre später publizierten Werk „Über die Sprache und Weisheit der Indier“ beschäftigte er sich mit seinem Orientbild und setzt dies in Bezug zu Deutschland. Dabei stellt er einen gemeinsamen Ursprung von Religion, Literatur und Philosophie her.
Zum romantischen Orientbild war die Forschung lange Zeit wenig ausgeprägt. In der neueren Forschung sind die Arbeiten von Andrea Polaschegg, von Christine Maillard, sowie die Arbeit von Chen Tzoref-Ashkenazi zu nennen. Auf diese Autoren wird sich die folgende Ausarbeitung stützen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Biographie Friedrich Schlegel
- 3. Friedrich Schlegels Sicht auf Deutschland um 1800, anhand „Reise nach Frankreich“
- 4. Indienbegeisterung, anhand „Über die Sprache und Weisheit der Indier“
- 4.1. Religion
- 4.2. Philosophie
- 4.3. Literatur
- 5. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Friedrich Schlegels Bild von Deutschland um 1800 und seine Indienbegeisterung als Suche nach einer deutschen Einheit und einer Alternative zum bestehenden politischen und gesellschaftlichen System. Sie analysiert, wie Schlegel in seinen Werken "Reise nach Frankreich" und "Über die Sprache und Weisheit der Indier" ein Gegenbild zum damaligen Deutschland entwirft, das als Orientierung und Abgrenzung dient.
- Schlegels Biographie und seine intellektuelle Entwicklung
- Kritik an der gesellschaftlichen und politischen Situation Deutschlands um 1800
- Schlegels Indienbild und dessen Funktion als Gegenbild zu Deutschland
- Die Rolle von Religion, Philosophie und Literatur in Schlegels Orientbild
- Der Einfluss der indischen Kultur auf Schlegels Denken und seine Vorstellung einer deutschen Identität
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der "orientalischen Renaissance" um 1800 ein und beschreibt den Kontext, in dem Friedrich Schlegels Orientbild entsteht. Sie betont die Bedeutung von Schlegels Werk "Über die Sprache und Weisheit der Indier" als kontrastierendes Gegenbild zum Deutschland der damaligen Zeit, geprägt von Absolutismus und Umbruch. Die Arbeit fokussiert darauf, wie Schlegel in seinem Orientbild eine Stärkung bzw. Neubildung der deutschen Identität sucht.
2. Biographie Friedrich Schlegel: Dieses Kapitel skizziert die Biographie Friedrich Schlegels, besonders im Hinblick auf seine Erziehung, seine akademische Laufbahn und seine intellektuellen Einflüsse. Es wird auf die Diskrepanz zwischen Schlegels Lebensvorstellungen und denen seines Vaters eingegangen und die Bedeutung seiner frühen Begegnung mit Philosophie, Literatur und Antike hervorgehoben. Sein Wunsch, als Autor Ruhm zu erlangen, und sein späterer Bezug zum indischen Kastensystem werden beleuchtet, um sein Denken zu verstehen.
3. Friedrich Schlegels Sicht auf Deutschland um 1800, anhand „Reise nach Frankreich“: Dieses Kapitel analysiert Schlegels Wahrnehmung Deutschlands um 1800 anhand seines Werkes „Reise nach Frankreich“. Es wird erforscht, welche Kritik Schlegel an der bestehenden Ordnung und Gesellschaft übt und welche Aspekte er als problematisch empfindet. Diese Analyse legt den Grundstein für das Verständnis seiner späteren Hinwendung zu einem alternativen Modell in Gestalt des indischen Kulturkreises.
4. Indienbegeisterung, anhand „Über die Sprache und Weisheit der Indier“: Dieses Kapitel befasst sich eingehend mit Schlegels Werk "Über die Sprache und Weisheit der Indier". Es untersucht, wie Schlegel Religion, Philosophie und Literatur Indiens miteinander verbindet und in Beziehung zu Deutschland setzt. Der Fokus liegt auf der Konstruktion des indischen Kulturkreises als Gegenbild und möglicher Orientierung für Deutschland, um die deutsche Identität zu stärken oder neu zu definieren. Die Kapitel 4.1, 4.2 und 4.3 werden zu einem kohärenten Bild der indischen Kultur in Schlegels Augen zusammengeführt.
Schlüsselwörter
Friedrich Schlegel, Deutschland um 1800, Orientalische Renaissance, Indien, Identität, Nationalität, Religion, Philosophie, Literatur, Gegenbild, "Reise nach Frankreich", "Über die Sprache und Weisheit der Indier", Romantik.
Häufig gestellte Fragen zu: Friedrich Schlegel - Deutschland, Indien und die Suche nach Identität
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht Friedrich Schlegels Bild von Deutschland um 1800 und seine Indienbegeisterung. Sie analysiert, wie Schlegel in seinen Werken "Reise nach Frankreich" und "Über die Sprache und Weisheit der Indier" ein Gegenbild zum damaligen Deutschland entwirft, das als Orientierung und Abgrenzung dient und seine Suche nach einer deutschen Einheit und einer Alternative zum bestehenden politischen und gesellschaftlichen System darstellt.
Welche Werke von Friedrich Schlegel werden analysiert?
Die Arbeit analysiert hauptsächlich zwei Werke Friedrich Schlegels: "Reise nach Frankreich" und "Über die Sprache und Weisheit der Indier". "Reise nach Frankreich" dient der Analyse von Schlegels Kritik an der deutschen Gesellschaft um 1800, während "Über die Sprache und Weisheit der Indier" seine Indienbegeisterung und die Konstruktion eines Gegenbildes zu Deutschland beleuchtet.
Wie wird Schlegels Indienbild dargestellt?
Schlegels Indienbild wird als Gegenbild zu Deutschland dargestellt. Die Arbeit untersucht, wie Schlegel Religion, Philosophie und Literatur Indiens miteinander verbindet und in Beziehung zu Deutschland setzt. Der Fokus liegt auf der Konstruktion des indischen Kulturkreises als alternative Orientierung für Deutschland und zur Stärkung oder Neudefinition der deutschen Identität.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt Schlegels Biographie und intellektuelle Entwicklung, seine Kritik an der gesellschaftlichen und politischen Situation Deutschlands um 1800, sein Indienbild als Gegenbild zu Deutschland, die Rolle von Religion, Philosophie und Literatur in Schlegels Orientbild und den Einfluss der indischen Kultur auf Schlegels Denken und seine Vorstellung einer deutschen Identität.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit umfasst fünf Kapitel: Kapitel 1 (Einleitung) führt in die Thematik ein; Kapitel 2 (Biographie) skizziert Schlegels Leben und intellektuelle Entwicklung; Kapitel 3 ("Reise nach Frankreich") analysiert Schlegels Kritik an Deutschland; Kapitel 4 ("Über die Sprache und Weisheit der Indier") untersucht detailliert Schlegels Indienbegeisterung (unterteilt in Religion, Philosophie und Literatur); und Kapitel 5 (Zusammenfassung) fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Friedrich Schlegel, Deutschland um 1800, Orientalische Renaissance, Indien, Identität, Nationalität, Religion, Philosophie, Literatur, Gegenbild, "Reise nach Frankreich", "Über die Sprache und Weisheit der Indier", Romantik.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit untersucht Schlegels Bild von Deutschland um 1800 und seine Indienbegeisterung als Suche nach einer deutschen Einheit und einer Alternative zum bestehenden politischen und gesellschaftlichen System. Sie analysiert, wie Schlegel in seinen Werken ein Gegenbild zum damaligen Deutschland entwirft, das als Orientierung und Abgrenzung dient.
- Quote paper
- Nancy Reichel (Author), 2014, Friedrich Schlegels Orientbild in Bezug zu Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306197