Absatzprognosen auf Basis von Künstlicher Intelligenz

Eine Gegenüberstellung von traditionellen Verfahren zur Absatzprognose mit praxisrelevanten Methoden auf Basis Künstlicher Intelligenz


Masterarbeit, 2015

113 Seiten, Note: 2


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Arbeit

2 Definition und Begriffserklärung von Verfahren der Absatzprognose
2.1 Absatzprognose
2.2 Traditionelle Absatzprognoseverfahren
2.2.1 Ausgewählte Methoden der quantitativen Prognoserechnung
2.2.2 Ausgewählte Methoden der qualitativen Prognoserechnung

3 Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Prognoserechnung
3.1 Definition und Begriffsbestimmung von Künstlicher Intelligenz
3.2 Begriffsabgrenzung, Aufbau und Anwendungsgebiete von künstlichen neuronalen Netze
3.2.1 Abgrenzung und Definition
3.2.2 Biologisches Vorbild
3.2.3 Das Perzeptron
3.2.4 Signalverarbeitung im Neuron
3.2.5 Lernen in neuronalen Netzen
3.2.6 Das Multilayerperzeptron
3.2.7 Generelle Anwendungsmöglichkeiten des MLP
3.2.8 Spezielle Anwendungen von MLPs in der betrieblichen Prognose
3.2.9 Weiterführende Einsatzgebiete von künstlichen neuronalen Netzen in der Prognose
3.3 Expertensysteme
3.4 Hybridsysteme

4 Vor- und Nachteile von KI im Vergleich praxisrelevanter Prognosemodelle
4.1 Vorgehensweise und Ziele der Gegenüberstellung
4.2 Vergleich Expertensystem mit künstlichen neuronalen Netz
4.3 Vergleich von klassischen mathematisch-statistischen Verfahren mit künstlichen neuronalen Netzen
4.3.1 Abgrenzung und Unterschiede der Verfahren
4.3.2 Gegenüberstellung der künstlichen neuronalen Netze mit traditionellen Methoden in der Literatur
4.3.3 Fallstudie Absatzprognose im Bekleidungseinzelhandel
4.3.4 Empirischer Vergleich von Neuronalen Netzen zur Prognose von Warenautomaten
4.4 Fallbeispiel eines mehrschichtigen Perzeptron (MLP) zur Absatzprognose
4.4.1 Ausgangssituation
4.4.2 Vorbereitung der Modellbildung
4.4.3 Mehrschichtiges Perzeptron

5 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Prognose und Planung als aufeinanderfolgende Prozesse

Abb. 2: Prognosemodelle

Abb. 3: Gewichtung der Beobachtungswerte in der exponentiellen Glättung

Abb. 4: Visualisierung der Basisfunktionen und deren Parameter für die Absatzapproximation

Abb. 5: Beispiel Kausalmethode

Abb. 6: Univariates stochastisches Modell

Abb. 7: Anwendung des Box/Jenkins-Ansatz im Rahmen von Zeitreihenmodellen

Abb. 8: Ablaufschema der Delphi-Methode

Abb. 9: Denkmodell zur Darstellung von Szenarien

Abb. 10: Biologisches Konzept eines Neurons

Abb. 11: Künstliches Neuron im Neuronenverbund

Abb. 12: Der Grundbaustein: das Neuron

Abb. 13: Kurvenverlauf ausgewählter Aktivierungsfunktionen

Abb. 14: Unüberwachtes Lernen

Abb. 15: Rekurrente Verbindung von zwei der Neuronen aus einem Hopfield-Netz

Abb. 16: Überwachtes Lernen

Abb. 17: Struktur eines MLPs mit einer versteckten Schicht

Abb. 18: Verarbeitungsschritte im einzelnen Neuron

Abb. 19: Anwendungsbereiche von neuronalen Netzen

Abb. 20: Modell eines regelbasierten Expertensystems zur Prognoserechnung

Abb. 21: Regelbaum zur Prognoseauswahl

Abb. 22: Vergleich KNN, Expertensystem und Experte mit Realwerten

Abb. 23: Grundstruktur eines neuronalen Prognosemodells

Abb. 24: Positionierung der KNN innerhalb der Ökonometrie

Abb. 25: Vergleich von Multilayerperzeptron und multivariater Regression

Abb. 26: Zeitreihen des aggregierten Absatzes aller Zeitreihen der Absatzstellen

Abb. 27: Übersicht der Prognoseverfahren in der Vergleichsstudie

Abb. 28: Prognosefehler des mwMAE aller Verfahren

Abb. 29: Prognosegüte der multivariaten Verfahren mv.MLP und mv.EXP.ES nach MAE je Zeitreihe auf der Testmenge der Außenautomaten (a.) und der Innenautomaten (b.)

Abb. 30: Prognosegüte der univariaten Verfahren MLP und ausgewählter statistischer Verfahren nach MAE je Zeitreihe an Außenautomaten (a.) und Innenautomaten (b.)

Abb. 31: Modellbildungsprozess mit neuronalen Netzen

Abb. 32: Variablenansicht IBM SPSS

Abb. 33: MLP des Unternehmen XY

Abb. 34: Darstellung der Absatzprognose - Unternehmen XY

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Einstufung der Korrelationswerte

Tab. 2: Beispiel exponentielle Glättung 1. Ordnung

Tab. 3: Beispiel Approximation und Extrapolation

Tab. 4: Beispiel für Lag-Bildung

Tab. 5: Beispiel AR-Prozess

Tab. 6: Beispiel MA-Prozess

Tab. 7: ARMA-Prozess

Tab. 8: Auswahl von Nettoeingabefunktionen

Tab. 9: Parameter eines KNN

Tab. 10: Vergleich der Terminologien von neuronalem und statistischem Modell

Tab. 11: Leistungsfähigkeit von KNN im Vergleich zu traditionellen statistischen Methoden

Tab. 12: Leistungsvergleich der Prognosemethoden

Tab. 13: Stichprobe der Absatzstellen und Zeitreihen

Tab. 15: Parameter und Verlauf der aggregierten Zeitreihen je Absatzstelle nach Standort

Tab. 16: Lageparameter und Klassifikation der Zeitreihen nach Absatzstellen

Tab. 17: Verwendete Verfahren zur Absatzprognose in der Vergleichsstudie

Tab. 18: Datenbasis Unternehmen XY

Tab. 19: Zusammenfassung der Fallverarbeitung

Tab. 20: Netzwerkformation

Tab. 21: Modellzusammenfassung

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Für die Verarbeitung komplexer Signale, wie z.B. Mustererkennung von Geräuschen oder Gesichtern, übertrifft das menschlichen Gehirns noch immer die Leistungsfähigkeit eines konventionellen von-Neumann-Computers1.2 Daher werden Algorithmen entwickelt, die sich an der parallelen und verteilten Informationsverarbeitung von natürlichen neuronalen Netzen orientieren. Im betriebswirtschaftlichen Kontext von Entscheidungsproblemen sind künstliche neuronale Netze (KNN) eine Klasse von mathematisch-statistischen Verfahren für die computergestützte Planung.

Zu den betriebswirtschaftlichen Problemstellungen zählen zum Beispiel die Erkennung von Regelmäßigkeiten in Absatzzeitreihen, das Kaufverhalten von Kunden oder die Rückzahlung von Krediten. Die Herausforderung realwirtschaftlich-sozialer Systeme wie Betriebe, Branchen oder Märkte ist hohe Komplexität, Dynamik und Intransparenz der Umwelt. Das ergibt in Summe

- eine hohe Anzahl relevanter Variablen,
- hohe Vernetzung der Variablen mit statischen und dynamischen Interdepen- denzen,
- erschwerte Ableitung kausaler Ursache-Wirkungs-Beziehungen des realen Systems
- sowie nicht-lineare Beziehungen der Variablen.

Daher werden anspruchsvollere Modelle entwickelt, die die realen Gegebenheiten besser erfassen und daher immer genauere Prognosen versprechen. Durch den Fort- schritt in der Informationstechnologie, immer kürzere Rechenzeiten mit ständig wach- senden Speicherplatzangebot und weltweite Vernetzung, ergibt sich mittlerweile die Möglichkeit komplexe Methoden einzusetzen. Schlagzeilen wie „Echtzeit-BI bringt Firmen Vorteile im Wettbewerb“3 sind charakteristisch dafür.4

Vor dem Hintergrund der kurzfristigen Unternehmensplanung soll in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, welche Verfahren für die Absatzprognose zur Verfügung ste- hen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz zur betrieblichen Prognose steht hierbei im Fokus. Es werden einerseits die verschiedenen Typen von Prognoseverfahren the- oretisch beschrieben und andererseits Bezug auf praktische Anwendungsbeispiele ge- nommen. Mittels theoretischer Darstellung der Prognoseverfahren soll dem Leser das Verständnis für den grundsätzlichen Aufbau und die Vorgehensweise vermittelt wer- den. Zusätzlich soll, anhand einer Gegenüberstellung der verschiedenen Methoden, ein praxisrelevanter Vergleich der Verfahren gewährleistet werden.

1.2 Gang der Arbeit

Die Arbeit ist in fünf Teile gegliedert. Nach dem einleitenden ersten Teil wird im zweiten Teil auf die theoretischen Grundlagen der Absatzprognose und Prognoserechnung eingegangen. Im Kapitel 2.1 wird zunächst die Absatzprognose im Allgemeinen und im Kapitel 2.2 die traditionelle Absatzprognose näher bestimmt und definiert. Dieses Kapitel beschreibt die traditionellen Absatzprognoseverfahren, die in quantitative und qualitative Verfahren gegliedert werden.

Der dritte Teil behandelt den Beitrag der Künstlichen Intelligenz zur Prognoserechnung. Hierbei wird detailliert auf künstliche neuronale Netze, Expertensysteme und Hybridsysteme eingegangen.

Im vierten Teil der Arbeit wird sich dem Vergleich der praxisrelevanten Prognosemo- delle gewidmet. Im Kapitel 4.1 werden die Vorgehensweise und die Zielsetzung der Vergleiche beschrieben. Danach folgt im Kapitel 4.2 der Vergleich von Expertensystem mit künstlichen neuronalen Netz und im Kapitel 4.3 werden künstliche neuronale Netze den klassischen-mathematischen Verfahren gegenüber gestellt. Kapitel 4.4 zeigt die Anwendung eines mehrschichtigen Perzeptron anhand eines selbst gewählten Bei- spiels.

Den fünften Teil der Schrift bilden eine Zusammenfassung der Arbeit und ein Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf.

2 Definition und Begriffserklärung von Verfahren der Absatzprog- nose

2.1 Absatzprognose

Das Wort Prognose stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich „Vorherwis- sen“ oder „Vorhersage“.5 Es bezeichnet nach Theil6 eine Aussage über ein zukünfti- ges, unbekanntes Ereignis, einen Zustand oder eine Entwicklung: „A forecast or a pre- diction generally is defined as a statement concerning unknown, in particular future, events“.7

Der Begriff Prognose ist vom Begriff Planung abzugrenzen und darf somit nicht ver- wechselt werden. In der Planung wird festgelegt, welche Entscheidungen getroffen werden müssen, damit bestimmte künftige Ereignisse eintreten, während die Prognose aussagt, dass mit dem Eintritt bestimmter Ereignisse wahrscheinlich zu rechnen ist.8

Graff spezifiziert den Begriff Prognose als „… die quantitative oder qualitative Voraus- sage von Entwicklungen gleicher oder ähnlicher Art in der Vergangenheit. … Prognose ist unbedingte Voraussage. Einschränkende Bedingungen sind nur insoweit zulässig, als sie von Menschen grundsätzliche nicht vorhersehbare Ereignisse betreffen, Kriege, Naturkatastrophen und andere Ereignisse „höherer Gewalt“. … Nicht zulässig ist da- gegen, Prognosen mit Einschränkungen zu versehen, die von derselben Art sind wie die Prognose selbst, z.B. Einschränkungen wirtschaftlicher Natur bei Wirtschaftsprog- nosen“9

Die Prognose ist laut Hansmann10 eine Aussage über ein oder mehrere zukünftige Ereignisse, die auf zwei Bedingungen beruht. Zum einem auf Beobachtung und zum anderen auf einer Theorie. Die erste Bedingung besagt, dass jede Prognose auf Basis der Analyse der Vergangenheit mittels empirischer Daten erstellt wird. Die zweite Be- dingung erfordert bei der Erstellung von Prognosen eine sachlogische Begründung und die Angabe von Prämissen, unter denen sie Wirkung bzw. Gültigkeit hat.11

Prognoserechnungen finden in vielen Feldern der ökonomischen Wissenschaft Anwendung und somit sind vielfältige Modelle, Verfahren und Methodologien vorhanden. Es werden Gesetzmäßigkeiten durch Analyse vergangener Ereignisse entwickelt, die einen Schluss auf zukünftige Ereignisse ermöglichen.12

Für die Erstellung von Prognosen sind folgende Punkte hilfreich:

1. Das Prognoseproblem ist immer in Verbindung mit dem dahinter stehenden Entscheidungsproblem zu sehen. Wenn vom Ergebnis der Prognose keine Entscheidung abhängig ist, braucht man auch keine Prognose zu erstellen.
2. Es ist zu überlegen, ob die Anwendung eines formalen Prognoseverfahrens Vorteile bringt. Denn wenn es z.B. um die kurzfristige Prognose von Aktienkur- sen geht, oder um die Prognose einer volkswirtschaftlichen Entwicklung, die maßgeblich durch politische Entscheidungen beeinflusst wird, ist ein formales Verfahren wenig sinnvoll.
3. Vorab ist zu klären, welche Daten und Datenquellen verwendet werden sollen. Bei Wirkungsprognosen müssen die relevanten Prädiktorvariablen13 identifiziert werden.
4. Die Länge der Zeitreihe ist dem Prognosehorizont anzupassen. Langfristige Prognosen benötigen lange Zeitreihen, während kürzere Zeitreihen für kurzfristige Prognosen ausreichend sind.
5. Hilfreich ist eine Visualisierung der Daten vor der Durchführung von Analysen, damit sich der Fragesteller vom Verlauf der Zeitreihe(n) ein „Bild“ machen kann.
6. Für die Auswahl eines passenden Modells sind gesunder Menschenverstand, Sachkenntnis und theoretische Überlegungen genauso wichtig, wie Methoden- kenntnisse. Der Untersucher sollte bereits eine Vorstellung davon haben, wel- ches Prognoseergebnis zu erwarten ist bzw. welche Ergebnisse plausibel sind.
7. Bei der Bestimmung von Variablen oder der Auswahl eines Modelltyps sind nicht allein statistische Kriterien entscheidend. Wichtig ist die Wahl der Indika- toren auf Basis einer kausalen Beziehung zur Prognosevariablen.
8. Kausale Zusammenhänge sollten möglichst genutzt werden. Es soll hierbei je- doch beachtet werden, dass in Strukturmodellen die Prognosen der Wirkungen auch Prognosen der Ursachen verlangen.
9. Simple Modelle sind zu bevorzugen, solange empirische Befunde nicht dage- gen sprechen.
10. Außer den Punktprognosen sollten auch Intervallprognosen erstellt werden. Das Risiko, der mit der Prognose verbundenen Entscheidung, kann somit bes- ser beurteilt werden kann.
11. Die Schätzung des Modells ist zu aktualisieren, sobald neue Daten verfügbar sind.
12. Die Verwendung alternativer Datenquellen sowie alternativer Prognoseverfah- ren bzw. deren Kombination haben sich als hilfreich erwiesen.14

Die Absatzprognose ist eine auf empirischen Daten basierende Vorhersage der zu- künftigen Verkaufszahlen von Produkten oder Dienstleistungen einer Unternehmung für ausgewählte Käuferschichten in einem gewählten Zeitabschnitt und bei einer be- stimmten absatzpolitischen Kombination von Instrumenten. Der zukünftige Zustand, bzw. die Entwicklung des Markt- und Absatzpotentials, des Markt- und Absatzvolu- mens sowie des Marktanteils ist hierbei besonders im Vordergrund der Untersu- chung.15

Die langfristige Absatzvorschau16 ist sowohl die Basis für den langfristigen Ressour- cenbedarf als auch für das langfristige Produktionsprogramm. Die Absatzvorschau wird auch als Absatzvorhersage oder Absatzprognose bezeichnet. Meist sind die be- trachtete Periode in der Größenordnung eines Jahres und die zeitliche Auflösung in Monaten gegeben. Ziel der Absatzplanung ist es möglichst genau zu prognostizieren, welche Absatzmengen in welcher Subperiode von welcher Produktgruppe erzielt wer- den. Generell ist festzustellen, dass mit keiner mathematischen Methode, welche die Werte der Vergangenheit extrapoliert, die Zukunft exakt vorhergesagt werden kann.

Es erweist sich als sinnvoll die qualitativen und quantitativen Informationen über den Markt, den Kunden sowie die Daten über die Konjunktur und andere Rahmenbedin- gungen, die den zukünftigen Absatz beeinflussen, zu analysieren und entsprechend bei der Erstellung der Absatzprognose zu berücksichtigen. Hilfreich hierbei ist die Ein- beziehung des Vertriebes, des Kundendienstes und des Marketings, um unter Ver- wendung von geeigneten qualitativen und quantitativen Methoden eine Prognose zu erstellen.17

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Pieroth [Systematische Prognosefehler 2013], S. 32

Abb. 1: Prognose und Planung als aufeinanderfolgende Prozesse

Die Bildung des verbreiteten Begriffspaars „Prognose und Planung“ zeigt, dass es sich hierbei um zwei zwar verschiedene, aber dennoch eng miteinander verbundene For- men der Beschäftigung mit der Zukunft handelt. In der Planungsliteratur hat die Prog- nose folglich hohe Bedeutung. Planung und Prognose unterscheiden sich durch ihre Funktion. Die Planung hat eine handlungsorientierte Gestaltungsfunktion, während der Prognose eine erkenntnisorientierte Informationsfunktion beigemessen wird.18

Unter Planung werden aus Prozesssicht die Anwendung von Prognosen und das Be- werten ihrer Ergebnisse verstanden. Die Prognose ist somit eine Eingangsgröße der Planung und dient den mit der Planung befassten Manager als Informationsquelle. Wie in Abbildung 1 ersichtlich, ist die Prognose ein Prozess der Datentransformation, die Zukunftsdaten als Output produziert und diese gehen wiederum als Input in den Pla- nungsprozess ein.19

Die Absatzplanung eines Unternehmens mit Auftragsfertigung basiert auf den Kun- denaufträgen und somit ist der Auftragsbestand ein geeigneter Indikator für den zu- künftigen Absatz. Anders zeigt sich die Situation, wenn Kunden nur ein grober jährli- cher Absatzrahmen zugesagt wird. Der tatsächliche Absatz kann erst in wesentlich kürzeren Zeitabschnitten (meist monatlich) ermittelt werden und daher wird bereits eine Extrapolation von Vergangenheitswerten erforderlich um das jährliche Absatzvo- lumen vorherzusagen. Die Absatzplanung ist noch unsicherer, wenn wie z.B. im Flug- zeugbau üblich, über fest bestellte Maschinen hinaus, Optionen auf weitere Maschinen ohne Abnahmegarantie vereinbart werden. Das Flugzeugunternehmen muss daher mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten, damit der zukünftige Absatz prognostiziert werden kann. Aufgabe der Absatzprognose im Rahmen der PPS ist die Bestimmung des Ab- satzpotentials.20

2.2 Traditionelle Absatzprognoseverfahren

"Ein Prognosemodell ist ein System, das die beobachteten Werte der zu prognostizie- renden Variablen und evtl. anderer Variablen als Elemente enthält und nach bestimm- ten Regeln miteinander verknüpft, um als Ergebnis der Verknüpfung Prognosewerte zu erhalten."21

Aktuell steht eine Vielzahl an einsetzbaren Prognosetechniken zur Verfügung. Anwen- dung finden relativ einfache bis hin zu komplizierten mathematischen Konzepten. Grundsätzlich werden diese Prognoseverfahren in quantitative und qualitative Progno- setechniken klassifiziert, wobei sie aber auch häufig vernetzt angewandt werden. Prognoseverfahren, basierend auf Zeitreihenanalysen, werden als quantitative Prog- noseverfahren bezeichnet. Kern hierbei ist ein mathematisches Modell des Prozesses, der die Zeitreihe erzeugt hat. Prognoseverfahren, die sich nicht auf ein mathemati- sches Modell stützen, nennt man hingegen qualitative Prognoseverfahren. Diese Ver- fahren basieren hauptsächlich auf den subjektiven Einschätzungen von Experten (z.B. Delphi-Methode, Szenario-Technik). In der wissenschaftlichen Literatur werden jedoch auch differenzierte Klassifizierungen der Prognosetechniken beschrieben, die einzel- nen Techniken einen gesonderten Status zurechnen.22

Hansmann zum Beispiel unterteilt die Methoden nach folgenden Punkten: Verknüpfungsweise der verwendeten Variablen (quantitativ, qualitativ) Anzahl der verwendeten Variablen (univariat, multivariat) Fristigkeit der Prognose (kurz-, mittel- und langfristig)23

In der Praxis werden sowohl quantitative als auch qualitative Arten der Prognosetech- niken für die Absatzprognose angewendet. Die Auswahl des Verfahrens hängt zum einen vom Prognosehorizont und zum anderen auch von der Unternehmensgröße ab. Die quantitativen Verfahren werden vermehrt für die kurzfristigen und mittelfristigen Prognosen herangezogen, während langfristige Prognosen zusätzlich zu quantitativen Techniken auch qualitative Techniken in Anspruch nehmen. Im Vordergrund stehen meist die quantitativen Prognosetechniken, da das Integrieren von qualitativen Daten in die Prognose relativ schwierig ist und durch eine Zahlenreihe Genauigkeit suggeriert wird.24

Um einen Überblick auf die im Laufe der Zeit entwickelten Prognoseverfahren zu bekommen, ist eine strukturierte Beschreibung der vorhandenen Prognoseverfahren erforderlich. Hierfür werden im Folgenden eine Auswahl in quantitative und qualitative Methoden klassifiziert und erläutert.

2.2.1 Ausgewählte Methoden der quantitativen Prognoserechnung

Quantitative Prognoseverfahren sind jene Verfahren, die vorrangig auf mathematische Ansätze zurückgreifen und durch Zählen, Messen, Berechnen etc. zum Ergebnis führen. Durch die grafische und numerische Darstellung der Systeme, Einflussgrößen etc. ist eine Nachprüfbarkeit gegeben.25

Die quantitativen Methoden werden in Zeitreihenextrapolation und kausale Prognose- verfahren eingeteilt. Die Zeitreihenextrapolation analysiert die Daten einer einzelnen Zeitreihe. Es wird hierbei in den Zeitreihendaten nach einem Muster in der Entwicklung gesucht und mittels Extrapolation dieses Musters in die Zukunft Prognosen, soge- nannte Entwicklungsprognosen, erstellt. Es wird hierbei angenommen, dass die Mus- ter der Zeitreihen stabil bleiben. Die hierbei verwendeten Prognoseverfahren lassen sich grob in drei Gruppen einteilen und werden auch als Extrapolationsverfahren be- zeichnet:

- Zeitregression
- Glättungsmethoden (z. B. gleitende Durchschnitte, exponentielle Glättung)
- Autoregressive Methoden (z. B. ARIMA-Prozesse nach Box/Jenkins)26

Kausale Prognoseverfahren analysieren die Beziehungen zwischen mehreren Zeitrei- hen. Es wird hierfür ein Modell spezifiziert, welches die kausalen Beziehungen zwi- schen den Zeitreihenvariablen abbildet und welches dann auf Basis der Zeitreihenda- ten zu schätzen ist. Die verwendeten Strukturmodelle27 unterscheidet man in:

- Eingleichungsmodelle
- Mehrgleichungsmodelle.28

Bei Eingleichungsmodellen wird die Abhängigkeit der Prognosevariablen ݕ von einer oder mehreren Prädiktorvariablen modelliert (z. B. die Abhängigkeit der Pkw-Nach- frage vom Preis, dem verfügbaren Einkommen der Bevölkerung, den Ausgaben für Werbung und dem Konsumklima). Mehrgleichungsmodelle werden angewendet, wenn

zwischen den Variablen wechselseitige Abhängigkeiten bestehen sowie modelliert werden sollen. So bestehen z. B. Wechselwirkungen zwischen der Absatzmenge eines Produktes und seinem Bekanntheitsgrad.29

Zeitregression

Der Grundgedanke der Regressionsanalyse ist auf Basis der vorhandenen Ist-Werte einer Zeitreihe den Funktionstyp der systematischen Komponente zu erkennen und so mit Hilfe von Analogieschlüssen auf die Zukunft zu einer Prognose zu kommen. Dies kann hierbei durch den Regressions- bzw. Korrelationskoeffizienten bestimmt werden. Die Höhe des Koeffizienten zeigt, ob und wie hoch ein formaler Zusammenhang besteht. Die Methode der Regressionsanalyse ist am einfachsten darstellbar, da es sich hierbei um einen geschlossenen mathematischen Apparat handelt.30

Im Allgemeinen wird hierbei in vier Komponenten gegliedert:

1. Trend T (langfristige systematische Veränderung)

Er beschreibt die Entwicklungsrichtung der Zeitreihe. Der Koeffizient kann sowohl ein positives sowie ein negatives Vorzeichen haben und kann im speziellen Fall auch verschwinden. Hierbei spricht man dann von Konstanz, bzw. neuerdings auch von stationären Zeitreihen.

2. Konjunktur C (zyklische Komponente)

Es handelt sich hierbei um eine mehrjährige Schwankung um den Trend.

3. Saison S (Schwankungen innerhalb eines Jahres)

Meist handelt es sich um Monats- oder auch Quartalsschwankungen. Nicht sel- ten gibt es auch Schwankungen mit kürzerer Dauer (Monat, Woche, Tage).

4. Restkomponente I (irreguläre Komponente)

Im Grunde umfasst diese Komponente zwei Arten von Einflüssen. Zum einen einmalige, wie Strukturbrüche und zum anderen zufällige, also Störungen, die sich im Prinzip gegenseitig ausgleichen und somit den Erwartungswert 0 ha- ben.31

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: o.V. [SAP Help o.J.], o.S.

Abb. 2: Prognosemodelle

Wenn von einer Zeitreihe gesprochen wird, dann versteht man darunter eine Menge von Beobachtungswerten, die in gleichem zeitlichen Abstand aufeinander folgen. Symbolisch wird diese wie folgt dargestellt:32

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit dem Korrelationskoeffizient kann in der Korrelationsanalyse ein stochastischer Zusammenhang zwischen zwei Variablen und die Stärke eines solchen Zusammenhangs (schwach, stark, …) durch eine Maßzahl ausgedrückt und gemessen werden. Der empirische Korrelationskoeffizient nach Pearson ist eine Maßzahl für den Grad des linearen Zusammenhangs zweier Variablen.33

Definition: „Seien[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] die Beobachtungspaare zweier quantitativer Va- riablenሺܺǡ ܻሻ, so dass weder sämtliche ݔ-Werte noch sämtliche ݕ-Werte identisch sind. Dann heißt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

der empirischen Korrelationskoeffizient nach Pearson zwischen ܺ und ܻ.“34

KORRELATIONSKOEFFIZIENT EINSTUFUNG

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Gonschorrek/Hoffmeister [Management 2007], S. 205

Tab. 1: Einstufung der Korrelationswerte

Exponentielle Glättung

Die exponentielle Glättung (engl. exponential smoothing) ist ein einfaches und in der Praxis weit verbreitetes Verfahren. Diese Methode wird überwiegend für quantitative univariate kurzfristige Prognosen angewendet. Hierbei werden die zukünftigen Werte einer Zeitreihe aus selbiger Zeitreihe heraus, ohne andere (kausale) Einflussfaktoren zu berücksichtigen, prognostiziert. Es wird eine einzige, in den Zeitreihenwerten line- are Prognosegleichung verwendet. Am einfachsten ist die Ableitung und inhaltliche Interpretation der Prognosegleichung mit dem Verfahren der „Gleitenden Durch- chnitte“.35

Der gleitende Durchschnitt und die exponentielle Glättung können nur für kurzfristige Vorhersagen eingesetzt werden. Für die Absatzplanung werden deshalb der gleitende Durchschnitt sowie die exponentielle Glättung für die Vorhersage des gesamten Jah- resabsatzes basierend auf den letzten Jahresabsätzen benützt, ohne dabei jedoch auf die zeitliche Verteilung des Absatzes über die Monate des nächsten Jahres eine Aus- sage zu treffen.36

Die Zielsetzung hierbei ist die Ausschaltung zufallsbedingter Unregelmäßigkeiten im Verlauf einer Zeitreihe. Es wird das arithmetische Mittel der ݊ letzten Zeitreihenwerte gebildet und dadurch ein Filtereffekt hervorgerufen. Der gleitende Durchschnitt ഥ wird als Prognosewert ݔො௧ାଵ der nächsten Periode verwendet.37

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten37

Bei der Mittelwertbildung ersetzt der neueste Periodenwert den jeweils ältesten aus einer stets gleich langen Zeitreihe.38

Da sich die Struktur von Zeitreihen mit der Zeit allmählich ändert, ist es sinnvoll das jüngere Zeitreihenwerte ein stärkeres Gewicht erhalten, damit in der Prognose die gegenwärtige Zeitreihenstruktur besser wiedergespiegelt wird.39 Das Verfahren der exponentiellen Glättung kombiniert zwei Überlegungen:

-Das Gewicht der Zeitreihenwerte soll mit zunehmenden Alter für die Prognose abnehmen.
-Der Prognosefehler der Gegenwart[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] wird bei den folgenden Prognosen be- achtet.

Der Prognosewert für die nächste Periode[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] lautet nun wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] der Prognosefehler zum Zeitpunkt ݐ ist. Durch Umformulierung erhält man die Grundformel der exponentiellen Glättung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Ermittlung des Prognosewertes werden nun der letzte Zeitreihenwert und der sog. Glättungsparameter [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] benötigt. Der Wert von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ist der Bruchteil des Prognosefeh- lers, der in die neue Prognose einfließen soll. Ein großer Wert für [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] gewichtet den letzten Zeitreihenwert [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] gegenüber den vorherigen Werten sehr stark. Ein hoher [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Wert ist daher nur bei einer unerwarteten grundlegenden Änderung der Zeitreihe (sog. Strukturbruch) zweckmäßig. Ein kleines [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] hingegen empfiehlt sich, wenn der letzte

Zeitreihenwert als singulärer Ausreißer bewertet werden soll. Daher ist es nicht möglich ein optimales [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ex ante festzulegen. Für bessere Prognosen ist es sinnvoll das [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] dynamisch verändert und somit der Entwicklung der Zeitreihe angepasst wird. Das Prognoseverfahren reagiert somit bei kleinem [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] träge und bei großem [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] nervös auf Ausreißer bzw. Änderungen.40

Welcher Wert nun geeignet ist, ist schwierig zu beantworten. Hüttner schreibt, dass mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Werten zwischen 0,1 und 0,3 oft zweckmäßig gearbeitet werden kann.41

Beispiel

Die Ausgangsdaten sind Verbrauchsdaten und es wird ein Glättungsparameter [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] von 0,1, 0,3 und 0,5 verwendet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Schulte [Logistikmanagement 2001], S. 150

Tab. 2: Beispiel exponentielle Glättung 1. Ordnung

Wie in Tabelle 2 bzw. der Grafik zu sehen, ist für die Prognose der Periode 13 somit nur der Verbrauchswert von[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und der Wert der Vorhersage von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]nötig.

In der folgenden Abbildung 3 wird visualisiert, dass mit einem großen Glättungspara- meter [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ൌ Ͳǡͷ bereits der Wert der sechsten Vorperiode mit weniger als einem Prozent bewertet wird. Wird jedoch ein noch höheren Glättungsparameter verwendet, dann geht der Einfluss noch schneller zurück. Bei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ൌ Ͳǡͳ fließt der jüngste (gegenwärtige) Verbrauch mit 10% in die neue Vorhersage ein. Der Gewichtsabfall ist hier jedoch deutlich geringer und somit beeinflussen noch viele alte Werte die neue Vorhersage.42

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Crone [Neuronale Netze 2010], S. 115

Abb. 3: Gewichtung der Beobachtungswerte in der exponentiellen Glättung

Das konstante Modell der exponentiellen Glättung versagt jedoch, wenn die Zeitreihe einen Trend oder einen Saisonzyklus hat. Auf Grund seiner Konstruktion als gewoge- ner Durchschnitt aller vergangenen Zeitreihenwerte hinkt der Prognosewert dem Trend hinterher.43

Die Berücksichtigung eines Trends und Saison kann auf verschiedene Weise erfolgen. In Günther/Tempelmeier44 sind zusätzlich noch exponentielle Glättungsverfahren mit Berücksichtigung von Trend oder 2. Ordnung beschrieben. Weiter ist das saisonale Vorhersagemodell basierend auf exponentieller Glättung nach Winter45 zu erwähnen. Darauf soll hier jedoch nicht näher eingegangen werden.

Wie zuvor erwähnt wird ein konstanter [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Wert einer sich verändernden Zeitreihenstruk- tur nicht gerecht. Daher ist es empfehlenswert [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Jahr für Jahr neu an die Entwicklung anzupassen. Die einfachste Methode wurde von Chow46 entwickelt. Jede Prognose wird mit drei verschiedenen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (z.B. [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten][Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten][Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten][Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]durchgeführt. Zeigt

sich am Ende des Prognosezeitraums z.B. das [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]das genaueste Prognoseergebnis erzielt hat, so wird der [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Katalog nach unten verschoben und die nächste Prognose mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten][Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] erstellt. Der Wert von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] wird also immer in die Richtung angepasst, welche die beste Prognose liefert.47

Approximation und Extrapolation

Die Methode Approximation mit anschließender Extrapolation ist sowohl kurz- als auch langfristig verwendbar. Die Methode gliedert sich in folgende Schritte: Auswahl geeigneter Ansatzfunktionen

- Approximation
- Extrapolation48

Der erste Schritt ist die Auswahl geeigneter Ansatzfunktionen und sogleich auch der schwierigste und entscheidendste Part. Die Ansatzfunktionen sollen weitgehend alle qualitativen Aspekte des Absatzverhaltens wie Trend, saisonale Schwankung oder Auslaufen des Produktes berücksichtigen. Für eine bestimmte Produktgruppe sollten nur jene Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die auch wesentlich sind. Z.B. sollte der saisonale Anteil nicht berücksichtigt werden, wenn keine saisonale Absatzschwan- kung der Produktgruppe vorliegt. In Abbildung 5 sind die Ansatzfunktionen bildlich dar- gestellt.49

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 118

Abb. 4: Visualisierung der Basisfunktionen und deren Parameter für die Absatzappro- ximation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel

Die folgende Tabelle bzw. Grafik zeigt ein Beispiel für Approximation und Extrapolation. Die Absatzzahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres sind mit Punkten in der Grafik dargestellt. Der konstante Ansatz schreibt den mittleren Absatz der Vergangenheit fort. Der lineare Ansatz berücksichtigt bereits den Trend und der saisonale Ansatz hat die Fähigkeit die Saisonalität darzustellen.50

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 121 (leicht modifiziert)

Tab. 3: Beispiel Approximation und Extrapolation

Beim linearen Ansatz erhält man durch Berechnung die Parameter ݀ [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und beim saisonalen Ansatz sind die Parameter [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]und ܶ [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] gegeben.51

Für die qualitative Extrapolation52 hat die Marktforschung ergeben, dass die voraus- sichtliche Jahresabsatzmenge unter Berücksichtigung der geplanten Marketingmaß- nahmen 1300 Einheiten sein wird. Summiert man die geschätzten Absatzzahlen pro Monat im zukünftigen Jahr laut saisonalem Ansatz, ergibt dies eine Jahresabsatz- menge von 1517. Die Marktforschung geht jedoch von einer Jahresabsatzmenge von 1300 aus und somit ist der monatliche Absatz um[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] zu reduzieren.53

Kausalmethode

Die Kausale Methode errechnet auf Grundlage theoretischer Begründungen die Prognosewerte regressionsanalytisch aus den Daten einer exogenen Zeitreihe. Z.B. führt sonniges Wetter zu einem hohen Eis- oder Getränkeverbrauch. Auch werden Indikatormethoden angewendet um eine Vorhersage für Verkaufszahlen zu treffen. Der Absatz von LKW ist z.B. ein guter Indikator für Konjunktur und so bedeuten steigende LKW Absatzzahlen, dass eine optimistische Grundstimmung in der Wirtschaft gegeben ist und Geld für Investitionen lockerer sitzt.54

Zuerst muss man den kausalen Zusammenhang zwischen der messbaren und damit bekannten Größe (z.B. Wetterbericht, der sonniges Wetter verspricht) und des vorher- zusagenden Absatzes (z.B. Verkaufszahlen des nächsten Tages an Speiseeis) durch den Sachbezug oder statistische Tests absichern. Nachdem der kausale Zusammen- hang bestätigt ist, wird mit geeigneten Ansatzfunktionen eine Regressionsanalyse zur Approximation des funktionalen Zusammenhanges zwischen messbarer Größe und Absatz durchgeführt.55

Beispiel

Aus dem letzten Sommer ist die verkaufte Menge an Speiseeis pro Tag abhängig von der mittleren Tagestemperatur bekannt.

Für die Approximation wurde eine Sättigungskurve der Gestalt

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]verwendet.56

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 123

Abb. 5: Beispiel Kausalmethode

Mittels der Regressionsanalyse (Methode der kleinsten Quadrate) wurden die Parameter [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]berechnet.57

Wenn der Wetterbericht eine mittlere Tagestemperatur von 28° vorhersagt, dann werden 973 Stück Eis verkauft?58

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die bisher vorgestellten Verfahren werde als „ad hoc forecasting formulas“59 bezeich- net. Hierbei wird auf eine Modellierung des der Zeitreihe zugrunde liegenden Prozes- ses verzichtet. Box und Jenkins haben die Notwendigkeit der Modellbildung besonders betont. Sie unterscheiden zwischen verschiedenen Grundtypen von Modellen und das (saisonale) ARIMA-Modell ist das Allgemeinste.60

Das ARIMA-Modell (autoregressive integrated moving average) umfasst eine allge- meine Klasse stochastischer Prozesse zur Beschreibung von Zeitreihen.61 ் von Zufallsvariablen ܺ௧, wobei derא„Ein stochastischer Prozess ist eine Folge ሺܺ௧ሻ௧ (als Zeitparameter bezeichnete) Index ݐ Element einer höchsten abzählbaren Index- menge ܶ ist.“62

Jenkins beschreibt 5 Klassen von Modellen. Eine davon, die sog. Interventionsanalyse, liegt gewissermaßen quer zu den anderen vier, d.h., dass sie bei allen von ihnen Anwendung finden kann. Im Prinzip berücksichtig diese mittels dummy-Variablen die Wirkung von einmaligen Ereignissen, wie z.B. Streiks.63

Die anderen 4 Modellklassen werden nach zwei Kriterien unterschieden:

- Eine oder mehrere Outputreihen (uni- und multivariate Modelle)
- Eine oder mehrere Inputvariablen (Transferfunktionsmodelle)

Somit ist die einfachste Modell-Klasse, das (rein) univariate Modell siehe Abbildung

6.64

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 122 (leicht modifiziert)

Abb. 6: Univariates stochastisches Modell

Das weiße Rauschen (white noise) ist eine reine Zufallsreihe, welche formal dadurch gekennzeichnet ist, dass die (Auto-) Korrelation zwischen ihr und allen daraus durch Lag-Verschiebung gebildeten Reihen (theoretisch) null ist, also:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das beinhaltet somit die Konstanz des Erwartungswertes, für den zumeist praktisch ein Mittelwert von 0 angenommen wird, sowie auch eine Normalverteilung.65

Ein Beispiel für die Entstehung neuer Reihen durch Lag-Bildung ist folgende Tabelle:

Periode Ursprungswert Ein-Perioden-Lag Zwei-Perioden-Lag

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 122.

Tab. 4: Beispiel für Lag-Bildung

Analog hierzu ergibt sich durch Extension auf mehrere Reihen das multivariate Modell. Hierbei bestehen zwischen den einzelnen Reihen keine direkten Beziehungen. Wird jedoch die Existenz direkter Beziehungen, die Abhängigkeit einzelner Reihen von an- deren, angenommen, dann entstehen Transferfunktions-Modelle. Im univariaten Transferfunktions-Modell wird die Wirkung mehrerer Input-Reihen (in der Praxis oft nur eine) auf eine Output-Reihe beachtet. Durch die Erweiterung auf mehrere Output-Rei- hen ergibt sich das multivariate Transferfunktions-Modell. Im Folgenden wird nur auf das rein univariate Modell eingegangen, da die anderen Modelle praktisch kaum ein- gesetzt werden.66

Univariate Modelle werden aus verschiedenen Grundtypen von stochastischen Prozessen gebildet:

- AR-Modell (autoregressive Prozesse)
- MA-Modell (moving-average Prozesse)
- ARMA-Modell (gemischte Prozesse)
- ARIMA-Modell (nicht-stationäre Prozesse)67

Ein autoregressiver Prozess (AR-Prozess) 1. Ordnung sieht wie folgt aus:68

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]bezeichnet hier den autoregressiven Parameter und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]beinhaltet im Allgemeinen und auch im Folgenden eine Reihe mit Mittelwert 0. Der Lag69 wird meist mittels des sog. Backshift-Operators [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]geschrieben:70

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel

Im folgenden Beispiel gilt [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]der Anfangswert [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]eine white noiseReihe (Mittelwert 0 und Varianz 1 - normalverteilt):71

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hüttner [Prognoseverfahren 1986], S. 132

Tab. 5: Beispiel AR-Prozess

Die Verallgemeinerung für den autoregressiven Prozess p-ter Ordnung hat folgende Gestalt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

oder in Operatoren-Schreibweise:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Die Von-Neumann-Architektur (auch Princeton-Architektur) ist die Grundlage für die Arbeitsweise der meisten heute bekannten Computer. Sie ist benannt nach dem österreichisch-ungarischen, später in den USA tätigen Mathematiker John von Neumann.

2 Vgl. hierzu und im Folgenden Crone [Entscheidungsunterstützung 2003], S. 452.

3 Vgl. Ortega [Echtzeit-BI 2012], S. 18.

4 Vgl. Mertens/Rässler [Prognoserechnung 2012], S. 3.

5 Vgl. Kluge/Seebold [Wörterbuch 2002], S. 722.

6 Henri Theil († 20. August 2000) war ein niederländischer Ökonometriker.

7 Theil [Economic forecast 1961], S. 1.

8 Vgl. Ehrmann [Unternehmensplanung 1999], S. 31.

9 Graff [Wirtschaftsprognose 1977], S. 138.

10 Karl-Werner Hansmann ist ein deutscher Volks- und Betriebswirt und emeritierter Professor für Be- triebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg.

11 Vgl. Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 11.

12 Vgl. Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 11.

13 Unabhängige Variable

14 Vgl. Backhaus et al. [Analysemethoden 2011], S. 152f.

15 Vgl. Meffert et al. [Marketing 2012], S. 180.

16 Auch Absatzplanung oder -prognose.

17 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 115f.

18 Vgl. Pieroth [Systematische Prognosefehler 2013], S. 31.

19 Vgl. Pieroth [Systematische Prognosefehler 2013], S. 31.

20 Vgl. Hansmann [Industrielles Management 2006], S. 263f.

21 Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 12.

22 Vgl. Brendel/Zerres [Umsatzprognose 2005], S. 13 und Vgl. Backhaus et al. [Analysemethoden 2011], S. 122.

23 Vgl. Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 12f.

24 Vgl. Brendel/Zerres [Umsatzprognose 2005], S. 13f.

25 Vgl. Barth [Prognoseverfahren 1984], S. 114.

26 Vgl. Backhaus et al. [Analysemethoden 2011], S. 122.

27 Auch als ökonometrische Modelle bezeichnet.

28 Vgl. Backhaus et al. [Analysemethoden 2011], S. 122f.

29 Vgl. Backhaus et al. [Analysemethoden 2011], S. 123.

30 Vgl. Rosentreter [Industrielle Planung 1977], S. 17 und Vgl. Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 53.

31 Vgl. Hüttner [Prognoseverfahren 1986], S. 11f.

32 Vgl. Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 11.

33 Vgl. Gross [Grundlegende Statistik 2010], S. 127f.

34 Gross [Grundlegende Statistik 2010], S. 128.

35 Vgl. Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 27.

36 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 117.

37 Vgl. Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 27.

38 Vgl. Ehrmann [Unternehmensplanung 1999], S. 75.

39 Vgl. hierzu und im Folgenden Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 28ff.

40 Vgl. Hüttner [Prognoseverfahren 1986], S. 56.

41 Vgl. Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 99.

42 Vgl. Schulte [Logistikmanagement 2001], S. 154.

43 Vgl. Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 33.

44 Vgl. Günther/Tempelmeier [Produktion und Logistik 2000], S. 147ff.

45 Vgl. Winter [Forecasting sales 1960], S. 324ff.

46 Vgl. Chow [Exponential Smoothing 1965], S. 314ff.

47 Vgl. Hansmann [Prognoseverfahren 1983], S. 38f.

48 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 117.

49 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 118.

50 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 120.

51 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 122.

52 Hybrid, quantitative und qualitative Prognosemethode.

53 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 126.

54 Vgl. Ernst [Beschaffungsmarketing 1996], S. 137 und Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 122.

55 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 122.

56 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 123.

57 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 123.

58 Vgl. Jodlbauer [Produktionsoptimierung 2008], S. 124.

59 Nelson [Managerial Forecasting 1973], o.S.

60 Vgl. Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 121.

61 Vgl. Mertens [Prognoserechnung 1994], S. 208.

62 Schlittgen/Streitberg [Zeitreihenanalyse 2001], S. 90.

63 Vgl. Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 121f.

64 Vgl. Hüttner [Prognoseverfahren 1986], S. 131.

65 Vgl. Hüttner [Prognoseverfahren 1986], S. 131.

66 Vgl. Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 122f.

67 Vgl. Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 123ff.

68 Vgl. Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 123.

69 Lag bedeutet Zeitverschiebung.

70 Vgl. Hüttner [Absatzprognosen 1982], S. 123.

71 Vgl. Hüttner [Prognoseverfahren 1986], S. 132.

Ende der Leseprobe aus 113 Seiten

Details

Titel
Absatzprognosen auf Basis von Künstlicher Intelligenz
Untertitel
Eine Gegenüberstellung von traditionellen Verfahren zur Absatzprognose mit praxisrelevanten Methoden auf Basis Künstlicher Intelligenz
Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt  (Produktions-, Logistik- und Umweltmanagement)
Note
2
Autor
Jahr
2015
Seiten
113
Katalognummer
V306525
ISBN (eBook)
9783668045347
ISBN (Buch)
9783668045354
Dateigröße
3375 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
KI, AI, Künstliche Intelligenz, Künstliche Neurale Netzwerke, Absatzprognose, Prognosemodelle, Absatzprognoseverfahren, Prognoserechnung, Perzeptron, Expertensysteme
Arbeit zitieren
Wolfgang Dobernig (Autor:in), 2015, Absatzprognosen auf Basis von Künstlicher Intelligenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306525

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