Wenn noch vor wenigen Jahren die Frage nach der Moral in Computerspielen aufgeworfen wurde, dann häufig im öffentlichen Diskurs um das Wirkungspotential sogenannter „Killerspiele“. In der Medienberichterstattung hielt sich lange der Vorwurf, gewalthaltige Computerspiele wirken verrohend und resultieren in dem moralischen Verfall des Spielers.
Heute beschäftigt sich die Wissenschaft aus einer anderen Perspektive mit Moral in digitalen Spielen. Diskutiert wird, ob und wie Computerspiele moralisch wertvoll sein können. Die Frage nach dem moralischen Gehalt digitaler Spiele spaltet die Wissenschaft in zwei Fraktionen.
Die Narratologen betrachten Computerspiele aus erzähltheoretischer Perspektive. Fokussiert auf den Inhalt und die grafische Darstellung, halten sie die moralische Qualität von Computerspielen für gering. Die Ludologen hingegen betrachten das Computerspiel in erster Linie als Spiel an sich mit einem integrierten Regelwerk. Diese Sichtweise erlaubt die Annahme, digitale Spiele eignen sich zur Kultivierung moralischer Werte. Auf welche Art und Weise Moral in Computerspielen aus Sicht der Ludologen vermittelt werden kann, soll in dieser Arbeit untersucht werden.
Entwicklerunternehmen versuchen sich an immer komplexeren Moralsystemen, die die im Spiel integrierten Entscheidungsprozesse des Spielers moralisch werten und ihm möglichst realistische Konsequenzen für sein Handeln aufzeigen sollen. Das Action-Rollenspiel „Mass Effect 3“ (BioWare, 2012) basiert auf einem solchen Moralsystem und soll im Folgenden als Analysegegenstand dienen.
Die forschungsleitenden Fragen dieser Arbeit lauten:
Inwiefern können sich Computerspiele dazu eignen Moral zu vermitteln? Welche Kriterien begünstigen moralische Implikationen im Spielverlauf? Welche Funktion erfüllt dabei ein Bewertungssystem auf Programmebene?
Ausgangspunkt der Analyse ist die Debatte zwischen Narratologen und Ludologen hinsichtlich der Medialität und des moralischen Gehalts von Computerspielen. Auf der Grundlage spieltheoretischer Ansätze sollen anschließend relevante Kriterien, die die Vermittlung von Moral in digitalen Spielen begünstigen, spezifiziert werden. Am Beispiel von „Mass Effect 3“ werden diese Aspekte daraufhin analytisch überprüft.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Spiel versus Erzählung
- 2. Die Vermittlung von Moral durch Computerspiele
- 3. Moralische Implikationen in „Mass Effect 3“
- 3.1 Inhalt und Erscheinungskontext
- 3.2 Analyse
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, inwiefern Computerspiele zur Vermittlung von Moral beitragen können. Ausgehend von der Debatte zwischen Narratologen und Ludologen, die unterschiedliche Perspektiven auf die Medialität und den moralischen Gehalt von Computerspielen vertreten, werden Kriterien für die Vermittlung von Moral in digitalen Spielen spezifiziert. Am Beispiel des Action-Rollenspiels „Mass Effect 3“ werden diese Aspekte analytisch überprüft.
- Die Rolle von Computerspielen als Medium zur Moralvermittlung
- Kriterien, die moralische Implikationen im Spielverlauf begünstigen
- Die Funktion von Bewertungssystemen auf Programmebene
- Die Debatte zwischen Narratologen und Ludologen
- Spieltheoretische Ansätze zur Analyse von Moral in Computerspielen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Problematik der Moral in Computerspielen vor und führt in die Debatte zwischen Narratologen und Ludologen ein. Die Arbeit fokussiert auf die Frage, ob und wie Computerspiele moralisch wertvoll sein können und untersucht dies am Beispiel von „Mass Effect 3“.
- 1. Spiel versus Erzählung: Dieses Kapitel analysiert die Debatte zwischen Narratologen und Ludologen hinsichtlich der Medialität von Computerspielen. Die Narratologen betrachten Computerspiele als Erzählmedien, während die Ludologen das Computerspiel als Spiel mit fixiertem Regelwerk verstehen. Die Arbeit argumentiert, dass die ludologische Perspektive die Vermittlung von Moral durch Computerspiele ermöglicht.
- 2. Die Vermittlung von Moral durch Computerspiele: Dieses Kapitel untersucht die theoretischen Grundlagen der Moralvermittlung durch Computerspiele. Es wird auf die aristotelische Ethik und das Konzept der praktischen Klugheit (phrónesis) eingegangen. Die Interaktivität von Computerspielen ermöglicht es dem Spieler, moralische Entscheidungen zu treffen und seine praktische Klugheit zu trainieren.
- 3. Moralische Implikationen in „Mass Effect 3“: Dieses Kapitel analysiert das Action-Rollenspiel „Mass Effect 3“ als Beispiel für ein Computerspiel, das ein komplexes Moralsystem integriert. Es werden der Inhalt und der Erscheinungskontext des Spiels sowie die relevanten Kriterien für die Vermittlung von Moral im Spielverlauf untersucht.
Schlüsselwörter
Computerspiel, Moral, Ethik, Narratologie, Ludologie, „Mass Effect 3“, Interaktivität, phrónesis, Bewertungssystem, Spieltheorie, Entscheidungsprozesse
- Arbeit zitieren
- Nadine Keller (Autor:in), 2014, Die Implikation von Moral in Computerspielen am Beispiel von „Mass Effect 3“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306588