Carl Ransom Rogers und Sigmund Freud gehören zu den wichtigsten Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts und haben das Denken der Welt verändert.
Ihre verschiedenen Ansätze der Psychotherapie sind weit verbreitet und haben sich Jahrzehnte durchgesetzt.
Ich möchte versuchen, diese beiden Psychologen anhand ihrer Theorien zu vergleichen. Welche Unterschiede und welche Gemeinsamkeiten haben beide?
Anfangen werde ich mit ihren Biographien...
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Carl R. Rogers
2.1 Biographischer Anriss von Carl R. Rogers
2.2 Einleitung zur personenzentrierten Psychotherapie von Carl R. Rogers
2.3 Klientenzentrierte Psychotherapie von Carl R. Rogers – eine phänomenologische Theorie
- Definition
- Therapeutische Methode
- Ein Fallbeispiel – Mrs. Oak
2.4 Die Persönlichkeitstheorie von Carl R. Rogers
- Struktur
- Technik zur Überprüfung des Selbstkonzepts
- Rogers’ Bild vom Menschen
3. Sigmund Freud
3.1 Biographischer Anriss von Sigmund Freud
3.2 Einleitung zur Psychoanalyse von Sigmund Freud
3.3 Freuds Sicht des Menschen
- Freuds Grundsätze menschlichen Handelns
3.4 Verschiedene Analyseverfahren von Sigmund Freud
- Hypnoseverfahren und Redeverfahren
- Traumanalyse
- Untersuchungsmethode der Psychoanalyse
- Lustprinzip und Realitätsprinzip
- ES, ICH und ÜBER-ICH
- Ein Fallbeispiel – Der Fall des kleinen Hans
4. Vergleich von Carl Rogers’ personenzentrierter Psychotherapie und
Sigmund Freuds Psychoanalyse
4.1 Vergleich in tabellarischer Form
4.2 Vergleich in schriftlicher Form
5. Nachweis der Wirksamkeit
- Personenzentrierte Psychotherapie von Carl Rogers
- Abschließende Beurteilung
6. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb.: Struktur der Persönlichkeit (Rogers)
Abb.: Rogers’ Bild vom Menschen (Rogers)
Abb.: Die drei Instanzen (Freud)
1. Einleitung
Carl Ransom Rogers und Sigmund Freud gehören zu den wichtigsten Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts und haben das Denken der Welt verändert.
Ihre verschiedenen Ansätze der Psychotherapie sind weit verbreitet und haben sich Jahrzehnte durchgesetzt.
Ich möchte versuchen, diese beiden Psychologen anhand ihrer Theorien zu vergleichen. Welche Unterschiede und welche Gemeinsamkeiten haben beide?
Anfangen werde ich mit ihren Biographien...
2. Carl R. Rogers
„Wenn Menschen einfühlsam gehört werden, wird es Ihnen möglich, ihren innersten Erlebnisstrom deutlicher wahrzunehmen. Und wenn ein Mensch sich selbst versteht und schätzt, dann wird sein Selbst kongruenter mit seinen Erfahrungen. Die Person wird dadurch realer und echter, sie genießt eine größere Freiheit, ein echter, ganzer Mensch zu sein.“ Carl R. Rogers
2.1 Biographischer Anriss von Carl Ransom Rogers
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Einleitung zur klientenzentrierten Psychotherapie von Carl R. Rogers
Ursprung hatte diese Therapieform von Carl R. Rogers in der Einzeltherapie und entstand im Zeitraum von 1938 - 1950. Bekannt wurde sie zuerst als nicht-direktive und später als klientenzentrierte Therapie .
Der Begriff „Klient“, anstelle von „Patient“, soll zeigen, dass es sich bei dieser Form von Therapie nicht um ein medizinisches Modell handelt, sondern dass die hilfesuchende Person als selbstverantwortlicher Klient gewertet wird.
Durch das, vom Therapeuten geschaffene, Klima, gelingt es dem Klienten, seine eigenen Entdeckungen zu machen und seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Ihr Grundansatz hat sich sehr weit verbreitet; dadurch wurde er auch im Bildungsbereich als schülerzentriertes Unterrichten und im Bereich des Managements als gruppenzentriertes Führungsverhalten bekannt.
Nach und nach folgte der Eintritt als Therapieform in Encounter - Gruppen und auch bei Spannungen und Konfliktsituationen zwischen Rassen und Kulturen war sie hilfreich.
Durch den Bekanntheitsgrad und Nutzen für ein so weites Spektrum, kann er nicht mehr nur als Therapieform, sondern präziser als klientenzentrierter Ansatz bezeichnet werden.
(Peter F. Schmidt, 1991, S.186-189)
Ursprünglich wurde die klientenzentrierte Psychotherapie aus der Beratung psychoneurotischer Personen entwickelt und erst später kam es zu einer Anwendung auf andere Klientengruppen, wie zum Beispiel sogenannte „Normale“, die auf Grund von der Suche nach Selbstfindung und Persönlichkeitsentwicklung die therapeutische Situation aufsuchten.
Die klientenzentrierte Psychotherapie ist, durch jahrzehntelange Forschung, abgesichert und gilt als wissenschaftlich fundierte Methode. Rogers hat als erster Psychotherapie, mit Mitteln der empirischen Forschung, transparent gemacht. Die klientenzentrierte Psychotherapie ist gut dokumentiert und für die Öffentlichkeit nachvollziehbar.
2.3 Klientenzentrierte1) Psychotherapie von Carl R. Rogers
-eine phänomenologische2) Theorie
Definition:
Die zentrale Hypothese der klientenzentrierten Therapie ist, dass ausgedehnte Ressourcen
in jedem Menschen stecken um sich selbst zu verstehen und die Lebens- bzw.
Verhaltensweisen konstruktiv zu verändern.
Wenn der Therapeut oder eine andere hilfreiche Person ihr eigenes Echtsein, ihre
Anteilnahme und ein tiefes gefühlsmäßiges, nicht urteilendes Verstehen empfindet und
zum Ausdruck bringt, dann ist es am wahrscheinlichsten, dass eine solche Freisetzung und
Veränderung stattfindet.
(Peter F. Schmidt,1991,S.192-193)
1) klientenzentriert: der Klient als gleichberechtigter Partner des Psychologen bildet den Mittelpunkt der Therapie. Ziel des Therapeuten ist es, sich vorbehaltlos in die Wahrnehmung seines Klienten hineinzuversetzen
2) phänomenologisch: die subjektive, individuelle Wahrnehmung eines Menschen und sein dadurch entstehendes Bild von der Umwelt bedingen im wesentlichen seine Persönlichkeit.
Therapeutische Methode:
Die therapeutische Methode der klientenzentrierten Psychotherapie wird durch die Bereitschaft und Verpflichtung des Therapeuten beschrieben, eine bestimmte Art von professioneller Haltung mit dem Klienten einzugehen.
Sie ist durch folgende Handhabungen und Aktivitäten des Therapeuten charakterisierbar:
- Kongruenz/Authentizität (Selbstübereinstimmung) des Therapeuten in der therapeutischen Beziehung. Echtheit oder Kongruenz bedeutet, dass der Therapeut sich ungekünstelt und ohne professionelles oder routinemäßiges Gehabe verhält. Dies ist eine Grundlage für die Entwicklung einer vertrauensvollen Beziehung.
- Kommunikation von nicht an Bedingungen gebundener positiver Wertschätzung und Respekt, durch den Therapeuten. Der Therapeut hält sich für seinen Respekt und seine Wertschätzung gegenüber dem Klienten offen. Nicht an Bedingungen gebundene Wertschätzung und emotionale Wärme bedeutet, dass der Therapeut die Person des Klienten in jedem Fall respektiert. Er betrachtet den Klienten, als eine Person von eigenem Wert und respektiert seine Individualität und deren Besonderheiten. Er enthält sich jeder verletzenden Kritik und versucht nicht, das Verhalten des Klienten zu verbessern, oder das Erlebte abzuwerten.
- Kommunikation, von einfühlendem Verstehen der inneren Welt des Klienten, durch den Therapeuten (Empathie). Nicht-wertendes, einfühlendes Verstehen bedeutet, dass der Therapeut seine Aufmerksamkeit auf die Erfahrungen und gefühlsmäßigen Erlebensinhalte des Klienten richtet, die der in jedem Moment äußert. Er versucht, den Klienten zu verstehen, wie dieser sich selbst sieht. Er bewertet die vom Klienten ausgedrückten Gefühle und Erfahrungen weder offen noch insgeheim und sucht auch nicht nach Erklärungen dafür. Er versucht, die Welt aus der Sicht des Klienten zu erfassen und zu sehen. Und er teilt das Verstandene mit eigenen Worten dem Klienten mit. Dieser kann dann überprüfen, ob der Therapeut seine Sichtweise richtig erfasst hat.
(Lawrence A. Pervin, 2000, S.202)
In der Zusammenarbeit zwischen Therapeut und Klient soll somit ermöglicht werden wichtige Erfahrungen, Probleme und belastende Erlebnisse zu besprechen. Zudem kann in einer vertrauensvollen Atmosphäre, nach Lösungen und Auswegen gesucht, oder Veränderungsmöglichkeiten ausprobiert werden.
Ein Fallbeispiel: Mrs. Oak
Eine der größten Leistungen Rogers’ auf dem Gebiet der Psychotherapie war es, dass diese unter seiner Führung der Forschung zugänglich gemacht wurde. Er legte eine Beschreibung der klientenzentrierten Therapie vor und machte Filme und Tonbandaufnahmen von Therapiesitzungen, die für Forschungszwecke verwendet werden konnten. In seinem 1954 erschienenen Buch über Psychotherapie und Persönlichkeitsveränderung stellt er eine ausführliche Analyse eines Einzelfalls vor, den Fall Mrs. Oak.
Wie Rogers’ beobachtet, ist es der Einzelfall, der eine wissenschaftliche Untersuchung lebendig macht, der verschiedene Faktoren in der gegenseitigen Verknüpfung zusammenbringt, wie sie auch im Leben existieren. Der Fall Mrs. Oak wird hier dargestellt, um Rogers’ Ansatz zum Verständnis der Persönlichkeit aufzuzeigen.
Beschreibung der Klientin und des Problems
Mrs. Oak war eine Hausfrau Ende Dreißig, als sie in das Beratungszentrum der Universität von Chicago zur Behandlung kam. Zu dieser Zeit hatte sie eine gestörte Beziehung zu ihrem Ehemann und ihrer jugendlichen Tochter. Mrs. Oak gab sich die Schuld an der psychosomatischen Krankheit ihrer Tochter. Der Therapeut beschrieb sie als sensible Person, die ehrlich zu sich selbst sein und mit ihren Problemen weiterkommen wollte. Sie hatte wenig formale Ausbildung genossen, war aber intelligent und belesen. Die Therapie beinhaltete vierzig Gespräche über eine Zeitspanne von fünfeinhalb Monaten, bis sie die Behandlung beendete.
Beschreibung der Therapie
In den ersten Gesprächen redete Mrs. Oak viel über spezielle Probleme mit ihrem Mann und ihrer Tochter. Allmählich fand eine Verlagerung von diesen realen Problemen zum Beschreiben ihrer Gefühle statt:
Und zweitens hatte ich das letzte Mal, als ich hier war, ein Gefühl, das ich vorher noch nie hatte – das mich erstaunte und mich auch ein bisschen schockierte. Und doch dachte ich, ich denke es hat eine Art von ... das einzige Wort, das ich dafür finden kann, um es zu beschreiben, die einzige Verbalisierung ist eine Art von Reinigung. Ich bin wirklich sehr traurig über irgend etwas, eine Art von tiefer Trauer (Rogers 1954, 311)
Zuerst hielt der Therapeut Mrs. Oak für eine scheue, schwer zu beschreibende Person und verhielt sich ihr gegenüber neutral. Bald empfand er sie jedoch als sensible und interessante Persönlichkeit. Sein Respekt ihr gegenüber nahm zu und er beschreibt, dass er für ihre Fähigkeit, sich durch Abfuhr und Schmerz hindurchzukämpfen, ein Gefühl von Respekt und Ehrfurcht hegte.. Er versuchte nicht, sie zu dirigieren oder zu lenken. Statt dessen war es für ihn befriedigender zu versuchen, sie zu verstehen, ihre Welt wertzuschätzen und ihr zu zeigen, dass er sie akzeptierte.
Mrs Oak: Und trotzdem ist es tatsächlich so, dass ich, eh, ich habe diese andere Art des Fühlens wirklich gern, diesees, ich weiß nicht, nennen wir es ein heftiges Gefühl, will sagen – ich empfand Dinge, die ich vorher nie empfand. Ich mag das auch. Vielleicht ist das ein Weg. – Ich weiß es heute einfach nicht.
Therapeut: M-hm. Sie sind sich nicht sicher, aber sie wissen doch, dass sie dieses Gedicht, dass sie selbst sind, sehr schätzen. Ob das der richtige Weg ist, wissen sie nicht.
(Rogers 1954, 314)
In diesem unterstützenden therapeutischen Klima wurde sich Mrs. Oak vieler Gefühle bewusst, die sie vorher verleugnete. Im 24. Gespräch wurde sie sich bewusst, dass die Konflikte mit ihrer Tochter mit ihrer eigenen Entwicklung in ihrer Jugendzeit zusammenhingen. Sie erlebte eine Schock, als sie sich über ihr Konkurrenzverhalten klar wurde. In einem späteren Gespräch erlebte sie den tiefen Schmerz, der in ihr steckte.
[...]
- Arbeit zitieren
- Stefanie Grönitz (Autor:in), 2002, Carl Ransom Rogers vs. Sigmund Freud, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30711
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