Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie kurz und bündig


Skript, 2015

67 Seiten


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Leseprobe


Im folgenden Text wird eine kurze „Schneise“ durch die Ganze Spezielle Relativitätstheorie aufgezeigt. Einige der wichtigsten und berühmtesten Ergebnisse werden mindestens plausibel gemacht.

SRT

Von c bis E=mc2

1.) Licht und die Lorentztransformation

Am Anfang soll die inzwischen experimentell höchstgesicherte Tatsache stehen:

Licht bewegt sich (im Vakuum) mit der maximal möglichen Geschwindigkeit: c =299 792 458 m/s.

Kein Körper, sei er auch noch so klein und massearm, kann diese oder gar eine größere Geschwindigkeit erreichen!

Und, noch merkwürdiger: niemand kann bei Licht („Ruhemasse“ := 0) eine andere Geschwindigkeit messen. Wenn z.B. ein Stern auf uns zufliegt, erreicht uns sein Licht mit ebendieser Geschwindigkeit. Auch der Lichtstrahl, den eine sich mit v bewegende Lokomotive geradeaus in Fahrtrichtung sendet, wird vom Bahndamm aus vermessen die Geschwindigkeit c haben und nicht etwa c + v! Das gälte selbst dann, wenn die Lokomotive nicht mit 30 m/s unterwegs wäre, sondern mit 300 000 m/s oder gar mit 299 000 000 m/s.

(Mathematisch interessant, aber gar nicht so schwierig (s.u.): gibt es einen Term, der aus c „plus“ v wieder exakt c macht, jedoch z.B. aus v und 2v (wenn v sehr klein gegen c ist): fast (!) genau 3v?)

Man kann es auch so sagen: es gibt kein ausgezeichnetes Bezugssystem (einen Äther), in dem allein Licht sich mit c fortbewegt 2.

(Gälte dies auch für die Hasengeschwindigkeit, so würde sich der Hase auf der Flucht immer mit c vom Jäger entfernen, gleichgültig, wie schnell dieser ihm zu folgen sucht. Jeder würde sofort sagen, dass da „was“ nicht stimmt.)

Erinnern wir uns zur Einstimmung an die einfachen Bewegungsgesetze der klassischen Mechanik: bei konstanter Beschleunigung a nimmt die Geschwindigkeit gleichmäßig (d.h. linear mit der Zeit) zu. Beispiel Freier Fall: die Geschwindigkeit nimmt pro Sekunde um 9,81 Meter pro Sekunde zu. Der zurückgelegte Weg wächst dann quadratisch mit der Zeit. Offenbar kann das zumindest bei sehr großen Geschwindigkeiten nicht mehr stimmen!! Nach einem Jahr wäre ja die Geschwindigkeit (wenn auch sowieso nicht an der Erdoberfläche realisierbar):

Man muss schließen: diese Gesetze gelten nicht mehr! Eine immer konstante Beschleunigung ist nicht möglich, die Geschwindigkeit kann nicht linear mit der Zeit zunehmen, der zurückgelegte Weg dann auch nicht quadratisch.

Wie könnten die Kurven aussehen?

Fast schon INTUITIV: vielleicht ungefähr so wie in den drei folgenden Bildern dargestellt. Die genauen Formeln bei den Graphen können relativ leicht aus der Lorentztransformation hergeleitet werden (s.u.: wir werden wenigstens a(t) bestimmen.). Sie sind hier nur angeführt .

Abbildung 1: a ( (Genau: a = g . (s.u.))

[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Die Beschleunigung a MUSS doch schließlich fast : = 0 werden! (Die Frage taucht dann auf: „wohin“ fließt die Energie, die z.B. ein Proton bei der Beschleunigung im elektrischen Feld ständig aufnimmt, nachdem v fast := c ist? Man wird sehen, dass die Masse zunimmt!)

v(t) ist in der Tat eine Sättigungskurve, wie man aus a(t) leicht ermittelt:

Abbildung 2: v(t)

[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] 3

Die Abhängigkeit des Weges von der Zeit ist bis zu Geschwindigkeiten, die viel kleiner sind als c, quadratisch, wird jedoch schließlich (fast) linear:

Abbildung 3: s(t) (genau: s = . )

[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Die letzten beiden Funktionsgraphen sind mit willkürlichen Einheiten gezeichnet.

Fangen wir jedoch nun ganz klassisch mit gegen c sehr kleinen Geschwindigkeiten an. Ein Zug fährt. Sein Ende soll im Zugsystem zur Zeit t' = 0 die Koordinate x' = 0, seine Spitze die Koordinate x' = 100 m haben. „Beobachter“ stehen am Bahndamm und messen Wege und Zeiten. Sie verwenden x- und t-Koordinaten. Die Zeitverläufe im Zug und am Damm seien identisch. Bild 4.

Abbildung 4

[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Die verschiedenen Koordinaten lassen sich ineinander umrechnen. Wo ist z.B. die Zugspitze nach t = t' = 3s? Im Zugsystem natürlich immer noch bei x' = 100m, vom Bahndamm aus gemessen: x = 100m +30 m/s x 3s, falls v = 30 m/s ist.

I.a.:

1. x' = x – vt bzw.:

2. x = x' + vt'. (!)

t' ist einfach die Zeit, die im Zug gemessen wird. Vor Einstein ist immer t = t'.

Hier lässt sich das einfache Relativitätsprinzip ablesen: 2. folgt aus 1., wenn man x' mit x, t' mit t vertauscht und v durch –v ersetzt. D.h.: wenn der Zug vom Damm aus (vom System S aus) mit v nach rechts fährt, dann fährt der Damm vom Zug aus (vom System S' aus) mit v nach links.

Das Zugende bei x' = 0 = x – vt bewegt sich also im „ungestrichenen“ System (Bahndamm) mit v = x / t .

x = 0 = x' + vt' bewegt sich vom Zug aus gesehen mit = x' / t' = -v.

Zu der Zeit t = t' = 0 soll gelten: Lokführer wirft ein Steinchen in Fahrtrichtung nach vorne ab, Geschwindigkeit: u. Also:

x' = ut'.

Am Bahndamm:

x = x' + vt' = ut' + vt' = (u + v)t' = (u + v)t = wt.

Wie erwartet, werden die Geschwindigkeiten einfach addiert.

Nun schaltet der Lokführer einen Scheinwerfer ein:

x' = ct'. Daraus:

x = wt.

w ist jedoch NICHT (c + v)!! Es gilt ja: x = ct.

Was tun?

Erstens:

t ≠ t'.

Und: die obigen einfachen Umrechnungen zwischen x, x' und t, t' können i.a. nicht richtig sein. Man erwartet eine Geschwindigkeitsabhängigkeit. Denn wenn alle mit verschiedenen Geschwindigkeiten (v kleiner c) gegeneinander bewegten Beobachter bei Licht immer c messen, müssen wohl die Maßstäbe und Uhren, d.h. alle Längen und Zeitverläufe verschieden sein.

Ein Korrekturfaktor γ für 1., 2. soll es richten.

3. x' = γ(x – vt),

4. x = γ(x' + vt').

ct' = γ(x – vt) = γ(ct –vt) und

ct = γ(x' + vt') = γ(ct'+vt').

γ?

Ein wenig Mittelstufenalgebra: man multipliziert die linken Seiten und die rechten Seiten miteinander:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Vergleich des ersten Terms mit dem letzten zeigt:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Der Korrekturterm ist also:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Abbildung 5. Mit ist hier der relativistisch entscheidende Faktor γ aufgetragen (rot). Man sieht, dass die relativistischen Effekte erst ab größeren Geschwindigkeiten dramatisch werden.4

[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Aus x = ct folgt notwendig x' = ct' und umgekehrt! Alle messen c!

Wie aber, wenn der Lokführer nun ein Steinchen in Fahrtrichtung wirft?

Was folgt für den Beobachter am Bahndamm, wenn x' = ut'?

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Genauer:

x = γ(ut' + vt') = γ(u + v)t'.

Hier steht auf der rechten Seite leider t' und nicht t. Wie hängt t' mit t (und x) zusammen?

Aus 4. folgt:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Jetzt stehen auf der rechten Seite nur noch ungestrichene Größen. Das lässt sich vereinfachen:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Und umgekehrt:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Es folgt:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Auch die nächste Umformung , obwohl mathematisch wirklich leicht, macht keinen Spaß. Ergebnis:

mit [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] gilt:

x = wt.

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Beispiel:

sei u = 200 000 km/s und v = 100 000 km/s , dann ist die „Summe“

w = 300 000 km / (1+0,222) s = 245 455 km/s .

Nochmals zum Lichtstrahl: wenn u = c:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Die beiden Geschwindigkeiten u und v dürften sogar := c sein: w bleibt: = c!

Der letzte Fall wurde ebenfalls experimentell überprüft .5

Die oben rot markierten relativistischen Beziehungen heißen (wenn man noch y = y' und z = z' – die Koordinaten senkrecht zur Geschwindigkeit v werden nicht beeinflusst - hinzunimmt),

Lorentztransformation.

Lassen wir wieder den Zug fahren: v = 200000 In S' hat er die Länge x'1 -x'2 = 100m zu allen Zeiten. Seine Länge wird nun in S gemessen. Das muss natürlich zu einer bestimmten Zeit t geschehen. Wenn das Ende an x = 0 = x' vorbeirauscht, stellen beide ihre Uhren auf Null.

Nehmen wir x'2 = 100m und x'1= 0. Dann ist zur Zeit t = 0 in S:

x'2 = γ(x2 – 0), also

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Das ist die sog. Lorentz-Kontraktion: bewegte Gegenstände (Längen, Maßstäbe) werden verkürzt gemessen.

Hier: x2 = 0,745×100m = 74,50m.

Das „Ereignis“ t = 0/ x2 = 74,50m ist allerdings in S' nicht: t' = 0/x2 = 100m!

Nach der Lorentztransformation gilt nämlich: zu t1 = t2 = 0 gehören in S' verschiedene Zeiten:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]. Die Zugspitze war schon eine gewisse Zeit vorher in x = 0.

t'1 = 0 bleibt.

Offenbar ist Gleichzeitigkeit ein relativer Tatbestand.

Zwei in S gleichzeitige Ereignisse sind in NICHT gleichzeitig.

Die Lorentztransformation liefert weitere Überraschungen.

Lassen wir eine Uhr im Zug mitfahren. Sie zeigt die Zeit an. Überall am Bahndamm wird t gemessen. In welcher Beziehung stehen die beiden Zeitverläufe?

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Wir beachten, dass die Uhr im Zug (S') an EINEM Ort ist: x'2 = x'1 und bilden die Differenz

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Das ist die sog. Zeitdilatation.

Da ja γ größer 1, muss

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] sein

Bewegte Uhren gehen langsamer.

Im Jahre 1941 wurde von B. Rossi D. B. Hall ein faszinierendes Experiment durchgeführt.

Myonen entstehen z.B. durch kosmische Strahlung in ca. 10 km Höhe. Sie fliegen mit Beinahe-Lichtgeschwindigkeit, haben eine mittlere Lebensdauer (in ihrem Ruhesystem) von . Nach nicht-relativistischer Rechnung wäre ihre mittlere Flugstrecke s 660 m. Es werden jedoch auch (zu!) viele Myonen auf Meereshöhe nachgewiesen!

Die Lösung des Rätsel lautet: ihre interne Uhr (Lebenszeit) geht erheblich langsamer als die ruhende Erdenuhr Bei ihrer Geschwindigkeit ist der Dehnungsfaktor ~9 6

Wie „sieht“ es das Myon? Seine eigene Uhr zeigt zuverlässig die erheblich kleinere Zeit. Aber es kommt ja an!?

Das Teilchen sieht die Erde auf sich zufliegen. Alle Strecken sind verkürzt (Lorentzkontraktion! S.o.), und zwar mit demselben Faktor: 9. Es passt.

Ersetzt man die Elementarteilchen mit ihrer eingeprägten Uhr durch menschliche oder tierische Raumfahrer, die auch altern (die biologische Uhr tickt erbarmungslos), so hat man das berühmte

Zwillingsparadoxon!

Der Zurückgebliebene altert schneller.

ALLE Uhren verhalten sich so. Dann kann man doch sagen, dass es die Zeit ist, die verschieden vergeht.

Statt nur von Strecken oder Maßstäben zu reden, kann man entsprechend die oben besprochene Kontraktion dem Raum zuschreiben.

Und: Zeit und Raum sind in der Lorentztransformation verkoppelt. Sie haben für sich allein genommen keine Bedeutung mehr.

Oben wurde festgestellt, dass sich Wege und Zeiten in der Lorentztransformation „mischen“. Die Transformation z.B. irgendeines Abstandes ergibt nicht einfach einen anderen Abstand. Man muss immer die zugehörigen Zeiten (und natürlich die Geschwindigkeiten) beachten!

Bei Licht (und nur bei Licht) gibt es die einfache Invariante x-ct = 0 = x' -ct'. Das war ja sogar der Ausgangspunkt der Überlegungen („c bleibt c“). Beachtet man die anderen beiden räumlichen Koordinaten y und z, muss man schreiben: x2 + y2 + z2 = x'2 + y'2 + z'2 -(ct')2 = 0. („Räumlicher Pythagoras“ – Licht breitet sich in allen gegeneinander bewegten Bezugssystemen als Kugelwelle aus.)

Ein Teilchen mit Ruhemasse kann sich nur mit x= vt (in die x-Richtung; die darauf senkrechten Koordinaten y und z werden nicht geändert) bewegen, es ist: v kleiner c. Wenn man nun den Ausdruck (ct)2 - x2 berechnet, muss er positiv sein. Er definiert die „kausale Zukunft“. Wäre er negativ, müsste Überlichtgeschwindigkeit auftreten.

((x2 - (ct)2 )wäre bei v kleiner c negativ. Diese Differenz wird in der Literatur auch verwendet).

Setzt man nun in diesen Term die Ausdrücke der Lorentztransformation ein, ergibt sich 7:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Diese Invariante nennt man den Abstand in der Raum-Zeit. Ist dieser Abstand := 0, so handelt es sich um Licht, ist er größer als 0, handelt es sich um die „erlaubte“ Bewegung eines Teilchens (oder natürlich auch um makroskopische Körper). Dieser Bereich heißt „zeitartig“. Ist er kleiner als 0, heißt er „raumartig“. Mit ihm ist keine Kommunikation möglich, da ja Überlichtgeschwindigkeiten erforderlich wären. Übersichtlich lässt sich der Sachverhalt grafisch darstellen. Nach oben wird (ct) abgetragen, nach rechts x. Dann zeigen die Winkelhalbierenden den „Lichtkegel“ (Noch die y-Koordinate dazudenken!). Mögliche „Weltlinien“ befinden sich innerhalb des nach oben geöffneten Kegels („Zukunft“).

Abbildung 6

[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

S. Bild6): Der vom Koordinatensystem unabhängige Abstand zwischen den Punkten 0 (Ursprung) und 1, wie auch zwischen 0 und 2, bzw. 1 und 2 ist jeweils := 0 (Licht!). Denn z.B. gilt für den „Weg“ von 1 nach 2: (c x dt)2 - dx2 = (45-20)2 - (45-20)2 = 0 (dt statt t: benachbarte Ereignisse. Einheit: Lichtsekunden)

Von 0 nach 3 ergibt sich: [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] Für den Weg über 4 von 0 nach 3: [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] Das ist natürlich ganz anders als in der gewohnten euklidischen Geometrie. Weltlinien zwischen 2 Punkten der Raum-Zeit haben verschiedene Längen; das ist “normal“, aber: der „direkte Weg“ ist immer der längste!

Von 0 nach 5 findet man einen imaginären Abstand: ds2 = 102 - 302 = -800

Schreiben wir das Wegelement(quadrat) ds2 für alle Koordinaten auf:

ds2 = c2dt2 - dx2 -dy2 -dz2

Für spätere Zwecke (in der Allgemeinen Relativitätstheorie) kann man schon hier auf die sog. Metrik dieser merkwürdigen Raum-Zeit-Geometrie hinweisen.

In der dreidimensionalen Euklidischen Geometrie ist das Wegelement

ds2 = dx2 +dy2 +dz2

in kartesischen Koordinaten. Das lässt sich als Skalarprodukt des Vektors (dx, dy, dz) mit sich selbst interpretieren (bestimmt die Länge eines Vektors). Nimmt man ein anderes Koordinatensystem, treten Koeffizienten auf, die auch Funktionen der Koordinaten sein können. Beispiel: Polarkoordinaten in der Ebene. Hier hat man: = .8

Denn

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

(Sogar eine Mischung der Koordinatendifferenziale kommt vor z.B.: in der Kerr-Metrik (rotierende Schwarze Löcher.))

Die Koeffizienten fasst man zu einer Größe zusammen: zur Metrik. In unserem Beispiel schreibt man mithilfe einer Matrix :

Zurück zu der Invarianten ds2 der Lorentztransformation. Man fasst die 4 Größen (ct, x, y, z) zu einem sogenannten 4-Vektor zusammen: ( x0, x1, x2, x3), die oberen Zahlen sind wieder Indizes.

Allgemeinst und ausführlich aufgeschrieben sieht das dann so aus:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Glücklicherweise sind nur die Diagonalglieder ungleich 0! Das bedeutet wieder, dass die Koordinatendifferenziale nicht mischen. Metrik (nach Minkowski benannt):

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]. Griechische Indizes laufen meist von 0 („zeitlich“) bis 3 (1 bis 3: „räumlicher Anteil“).

Auch ds2 lässt sich als neu zu definierendes Skalarprodukt einführen. Man nimmt einen zweiten Vektor [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]. Dann kann man wie gewohnt das neue Skalarprodukt bilden!

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

So wie das Skalarprodukt in der euklidischen Geometrie invariant bei Drehungen und Spiegelungen ist, ist dieses hier invariant bei Lorentztransformationen. Letzteres gilt auch bei anderen 4-Vektoren der speziellen Relativitätstheori, z.B. Energie-Impuls (s.u.).

Mit Hilfe der Einstein'schen Geschwindigkeitsaddition lässt sich die relativistische Beschleunigung ausrechnen. S. Bild 1. Es war leicht einzusehen, dass a gegen Null gehen muss, da sonst ein unendliches Geschwindigkeitswachstum über c hinaus nicht zu vermeiden wäre.

Im bewegten System S', das mit v an uns vorbeifliegt, stellt man (von 0 ausgehend) die Geschwindigkeitszunahme in der Zeit fest. Von S aus gesehen gilt:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] Nun machen wir eine Näherung: [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]9

Der letzte Term ist in zweiter Ordnung klein

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] ergibt:

Diese Funktion (mit a'x = g) wurde in Abbildung 1 aufgetragen.

(Den Geschwindigkeitsverlauf und den zurückgelegten Weg erhält man durch Integrationen.)

2.) Masse und Energie

Die träge Masse eines Körpers ist keine Invariante mehr! Diese Möglichkeit ist schon bei der Überlegung aufgetaucht, sie denn die Beschleunigung gegen Null streben kann, wenn doch - wie in einem Beschleuniger – ständig Energie zugeführt wird.

Es gibt viele elementare „Gedankenexperimente“, um zu einem korrekten Ausdruck für den m(v)-Zusammenhang zu kommen. Es wird nicht überraschen, dass wieder der Faktor γ die Hauptrolle spielen wird. Ein besonders übersichtliches Gedankenexperiment10 ist folgendes:

stellen wir uns vor, dass ein Körper in zwei Teile mit identischer Masse aufplatzt, die mit der je gleichen Geschwindigkeit v in entgegengesetzte Richtungen auseinanderfliegen. Im Ruhesystem des ursprünglichen Körpers bleibt der Schwerpunkt in Ruhe, immer in der Mitte zwischen den beiden. Auch in einem dagegen bewegten System bleibt dieser Punkt der Schwerpunkt! Denn sonst müsste eine äußere Kraft eingegriffen haben, die Impuls zuführt. S bewegt sich von A aus gesehen mit v nach rechts (so wie A von S aus mit v nach links fliegt). Jedoch fliegt - von A aus gemessen - B keinesfalls mit 2v nach rechts! Denn die „Summe“ der beiden Geschwindigkeiten v ist eben (s.o) nicht := 2v, sondern kleiner.

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Abbildung 7

[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Das bedeutet: B entfernt sich vom Schwerpunkt S langsamer als sich S von A entfernt (v). Also ist B immer näher an S als A. Also muss seine Masse größer sein!! Denn wenn der Schwerpunkt eine „absolute“ Bedeutung hat, gilt: Masse mal „Hebelarm“ ist auf beiden Seiten von S gleich groß.

m(v) x (w-v)t = m x vt

(Statt (m)v schreibt man oft einfach und für )

Es ergibt sich11: Hier ist die Geschwindigkeit im Bezugssystem A := w. I.a. heißt diese v.

m = y x m0

In Abbildung 5 ist der Verlauf von γ aufgetragen. Man sieht, wie für w gegen c die Masse unendlich groß werden müsste. m muss also mit der Energie des Körpers zusammenhängen. Die zugeführte Energie erhöht doch nicht mehr die Geschwindigkeit, sondern die Masse!

Abbildung 812

Bild 8 zeigt die Messergebnisse der Elektronenmasse in Abhängigkeit von v. Man sollte immer mal wieder staunen, welch ungeheuerliche Folgen aus den wenigen Voraussetzungen der SRT wie der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit entstehen.

[Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Die Krone dieses Abschnitts kommt nun: Masse und Energie.

Dazu erinnern wir uns an die Anmerkung 9. Die Taylorreihe für γ lautet13:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] Das sieht nun nicht besonders revolutionär aus. Nimmt man jedoch außer der 1 nur noch das nächste Glied mit, hat man:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] , multipliziert beide Seiten mit dann sieht es so aus:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Bei relativ kleinen Geschwindigkeiten gilt offenbar:

Gesamtenergie = „Ruheenergie“ + (hier noch Newton'sche) kinetische Energie.

Im relativistischen Fall:

mc2 = m0c2 +Ekin

Die zugeführte Energie ist:

Ekin = (m - m0)c2

Die Gesamtenergie ist also:

E = mc2

Die berühmteste Formel der Weltgeschichte.(Vielleicht außer dem Satz des Pythagoras.)

Einige kleine Anwendungen:

a)

Bei der Fusion von Deuterium und Tritium zu Helium in der Sonne tritt ein sog. Massendefekt auf: die Endprodukte sind ungefähr 0,5% leichter als die Ausgangskerne. Diese Energie strahlt die Sonne letztlich ab. Die Erdoberfläche (im Abstand von 150 Millionen km) bekommt davon ca. 1500 Watt pro m2. Angenommen also, die Sonne wandelte 0,5% ihrer Gesamtmasse von 2 x 103 kg in Strahlung um, dann wird insgesamt frei: [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Die abgestrahlte Leistung ist: P = 4,2 x 1026 W.

Folglich könnte die Sonne diese Leistung eine sehr lange Zeit aufrechterhalten (falls sie denn gleich bliebe und nicht andere Vorgänge der Sternentwicklung zum Roten Riesen – der Wasserstoffvorrat geht zur Neige - die abgestrahlte Energie drastisch ändern würden):

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

b)

In Beschleunigern wird die zugeführte Energie „in Masse verwandelt“. Es können viele Teilchen „aus Energie erzeugt“ werden.

Ein Elektron z.B. hat bei einer kinetischen Energie von 3,5 x 109 eV (d.h.: durch insgesamt 3,5 x 109 Volt beschleunigt) eine Geschwindigkeit von v = 0,999999989c. Seine Masse ist dabei ca. 6742 m0 Trifft es auf ein Positron derselben Energie, kann es zur „Zerstrahlung“ kommen, wobei dann eine Energie von ca. 13484 m0 frei wird (nicht nur die kinetische, sondern hier (Teilchen + Antiteilchen) gleich auch noch die Ruheenergie von ca. 0,5 MeV dazu). Es können also Teilchen mit vieltausendfach höherer Masse als die des Elektrons erzeugt werden! An einem Elektronen-Positronenbeschleuniger wurde ein Teilchen namens [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] bei 3,1 GeV gefunden.

c)

Der Zerfall eines „ruhenden“ Teilchens der Masse in zwei Teilchen der Masse . Sie müssen in entgegengesetzte Richtungen davonfliegen (wg. Impulserhaltung), Geschwindigkeit jeweils v. Wie groß ist v?

Nach dem Energieerhaltungssatz, der ja auch (wie der Impulserhaltungssatz) in der Relativitätstheorie gilt, muss gelten:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]. Man sieht, dass der Vorgang nur möglich ist, wenn M0 größer 2m0. Sei M0 = 3m0, dann wird: [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] Eine Ruhemasse m0 wird in kinetische Energie verwandelt. Ein Deuteron z.B. ist nach dem Gesagten auf jeden Fall stabil, da seine Ruhemasse kleiner ist als die von Proton und Neutron zusammen.

Für die Elementarteilchenphysik ist die Relativitätstheorie fundamental wichtig.

Nun soll noch der Zusammenhang der Energie mit dem Impuls hergestellt werden. In der Newton'schen Theorie gilt: [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] . Der relativistische Impuls ist entsprechend p = m0v Aber die Energie enthält ja die Ruheenergie, so dass die Newton'sche Formel nicht einfach irgendwie angepasst übernommen werden kann.

Da wohl auch in einer relativistischen Formel p2 auftaucht, nimmt man p2 = m2v2 und verknüpft mit m2c4= E2. m0 wird auch vorkommen müssen: Letzter Term lässt sich mit den beiden ersten verknüpfen!

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Der Term auf der rechten Seite ist gegen alle Lorentztransformationen invariant, d. h. ja, dass alle Beobachter genau diesen Wert finden würden; er hängt nicht vom Koordinatensystem ab. Dann ist aber auch die linke Seite eine Invariante!

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Diese Gleichung ist auch gültig für Teilchen ohne Ruhemasse (Photonen) oder für Energien Ruheenergien. Dann lässt sich praktisch vernachlässigen! Für sie gilt: e= pc bzw. [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Erinnerung an den Vierervektor der Raumzeit: (ct, x, y, z) und seine „Länge“, das Skalarprodukt (ct)2-x2-y2-z2=s2. Auch hier im Falle der Energie und des Impulses kann man einen 4-Vektor definieren: 4-Impuls . Seine Länge im Quadrat ist also:

[Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]

Bemerkenswert ist der enge Zusammenhang zwischen Energie und Impuls, entsprechend dem Zusammenhang zwischen Raum und Zeit. E übernimmt die Rolle der Zeit t und px die Rolle von x, wenn ein System sich in x-Richtung mit v vorbeibewegt. Die Transformation ist genau die Lorentztransformation 14. Die Größen t und x sowie E und vermischen. Das gilt für alle 4-Vektoren der SRT.

Praktisch ist diese Gleichung auch, weil der Impuls eines Teilchens oft leichter zu messen ist als die Energie. Diese lässt sich dann ausrechnen.

[...]


1 Es sollen nur „Beobachter“ vorkommen, die sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegen. Gravitation wird nicht berücksichtigt.
2 S.a. z.B.: Michelson-Versuch.
3 [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]
4 Die drei anderen Kurven sind Näherungen: linear, quadratisch, kubisch. Wir kommen u.a. bei der Herleitung von E = mc2 darauf zurück.
5 [Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] Zerfall von Pi0– Mesonen, die mit 0,99975 c fliegen, in 2 γ-Quanten. Alväger u.a., Arkiv för Fysik 31, 1966.
6 Eine genaue Analyse findet man in: Hanns und Margret Ruder, „Die Spezielle Relativitätstheorie“, Vieweg 1993.
7 [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]
8 [Abbildungen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]
9 Mathematisches Zwischenspiel: [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] Allgemeiner: Man kann eine „gutartige Kurve“ um einen Punkt herum (oft z.B. a = 0) durch die Tangente ersetzen. Die Näherung kommt dann einfach vom Ausdruck für die Steigung dort: [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt] (a), also Das ist die lineare Näherung. Sie genügt meist bei |x| kleiner 1. Eine bessere ergibt sich, wenn man auch noch die gleiche Krümmung in a verlangt. Es ergibt sich: [Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]. Weitere Terme mit je höheren Potenzen von x können die Näherung verbessern. (s. Taylorreihe!)
10 S. Gerthsen, „Physik“, 15.2.6 (in der 18. Auflage)
11 Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]. Aus der 2. Gleichung folgt: Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]. Beide Seiten mit w multipliziert und zum Quadrat ergänzt, liefert: Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]. Die erste Gleichung liefert: Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]. Nach der letzten Glg..
12 Aus A.P. French, „Die spezielle Relativitätstheorie“, Vieweg 1971.
13 Formeln werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]
14 S. R. Feynman, „Physikalische Fingerübungen für Fortgeschrittene“, Piper-Verlag, 2004. - Überhaupt ein wunderbares Buch!

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie kurz und bündig
Autor
Jahr
2015
Seiten
67
Katalognummer
V307429
ISBN (eBook)
9783668064027
ISBN (Buch)
9783668102910
Dateigröße
24760 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Relativitätstheorie, allgemeine Relativitätstheorie, ART, spezielle Relativitätstheorie, SRT, Albert Einstein, Einführung, Grundlagen, Überblick
Arbeit zitieren
Sieghard Maier (Autor:in), 2015, Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie kurz und bündig, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/307429

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