Das poetische Konzept Michael Endes. Eine Gesamtinterpretation von »Momo«


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

52 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

Das poetische Konzept und Credo von Michael Ende

Momo, das Märchen von dem Mädchen, das die verlorengegangene Zeit und Idylle rettet. Eine Gesamtinterpretation von Michael Endes Roman »Momo«
Einleitung
Erster Abschnitt
Eine Reise in jene Zeit, als der Zauber des Theaters die Zuschauer noch der Wirklichkeit
entheben konnte
Das Amphitheater, der Ort, an dem es einst eine Kultur des Zuhörens gab,
wird Momos neues Zuhause
Im fadenscheinigen Gewand der Märchenfigur kommt Momo daher
Momo hat viele Freunde und eine besondere Fähigkeit
Momos inspirierende Wirkung auf die Phantasie der Kinder
Die Kinder brechen mit der »Argo« zu einer Expedition ins Reich der Phantasie auf,
und der Autor erleidet dabei Schiffbruch
Gigi, ein beredter und ‚einfallsreicher’ Lebenskünstler, gesellt sich zu Momo
Gigis zwiespältiges Verhältnis zur Wahrheit
Zu Unrecht wird Gigi als phantasiebegabter Erzähler vorgestellt
Was entsteht durch Momos Wirken?

Zweiter Abschnitt
Durch das Diktat der Zeitökonomie wird aus der Idylle die moderne Industriegesellschaft
Die grauen Herren als Allegorie der gesellschaftsverändernden Einflüsse
Das Ziel und die Eigenart der grauen Herren
Wie sich das Wirken der grauen Herren äußert
Inwiefern sind die Kinder betroffen? Können sie sich am neuen Spielzeug erfreuen?
Nicht das Spielzeug, sondern das Verhalten der Eltern ist das Problem
Irgend etwas stimmt nicht, warum hat keiner der Erwachsenen Zeit?
Momo entdeckt das Geheimnis der grauen Herren
Momo kann den Kampf gegen die grauen Herren aufnehmen, da sie deren
Geheimnis kennt – die eigentliche Handlung des Romans setzt ein
Ohne es zu wissen, wird Momo verfolgt und von Kassiopeia zu Meister Hora geführt
Die Begegnung mit dem allwissenden Meister Hora, dem Verwalter der Zeit

Dritter Abschnitt
Momos Suche nach den Freunden von einst wird zur Kolportage der
gesellschaftlichen Verhältnisse
Momo befreit die Zeit und rettet damit die Idylle
Schlußbetrachtung

Literaturnachweise

Das poetische Konzept und Credo von Michael Ende

„Die Poesie ist die schöpferische Fähigkeit des Menschen, sich in der Welt
und die Welt in sich zu erfahren und wiederzuerkennen.“[1]

Oder, um es mit Hans-Georg Gadamer auszudrücken:

„In der Kunst begegnet sich der Mensch selbst, Geist dem Geiste.“[2]

Hätte man Michael Ende zu Lebzeiten eingeladen und gebeten, einer Veranstaltung mit dem Titel »Klassiker der Kinder- und Jugendbuchliteratur« beizuwohnen, in der es darum gegangen wäre, seine Werke, beispielsweise »Momo« oder »Die Unendliche Geschichte«, unter literaturwissenschaftlichen Gesichtspunkten zu interpretieren und zu analysieren, so wäre er einer solchen Einladung wahrscheinlich nicht gefolgt. Die Gründe, warum Michael Ende derartige Veranstaltungen oder auch Interviews nicht mochte und es weitestgehend ablehnte, Fragen hinsichtlich der Deutung seiner Werke zu beantworten,[3] sind vielschichtig und aufschlußreich. Sie sind aufschlußreich, weil sie ins Zentrum seines poetischen Konzepts führen. Insofern hat jede Interpretation als methodische Leitlinien Michael Endes Konzept, seine Auffassung von Wesen und Art der Literatur sowie seine Wirkungsabsicht gebührend zu berücksichtigen und zu beschreiben. Denn nur von diesen Ausgangspunkten gelangt man zu einem angemessenen Verständnis seiner Werke.

In seiner Rede anläßlich der Verleihung des »Großen Preises der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendbuchliteratur«[4] 1980 in Volkach offenbart Michael Ende sein Selbstverständnis als Autor. Darüber hinaus läßt seine Rede erkennen, welche Funktion er der Literatur generell beimißt und wie sie beschaffen sein sollte, um jene Funktion erfüllen zu können. Wer also, wie im vorliegenden Fall, bemüht ist, etwas über jenes Konzept von Michael Ende in Erfahrung zu bringen, der tut gut daran, sich an den Inhalt dieser Rede zu halten.

Im Sinne einer impliziten Antwort auf die Frage, warum ihn der Titel jener obenerwähnten Veranstaltung wahrscheinlich neben anderen möglichen Gründen als erstes davon abgehalten hätte, sie mit seinem Erscheinen und seiner Teilnahme zu adeln, legt er in seiner Rede eingangs dar, daß er im Grunde die Existenzberechtigung einer speziellen Literatur für Kinder in Abrede stellt und bezweifelt.[5] Daß es dennoch vielen Autoren notwendig erscheint, in Form einer speziellen Kinderliteratur „[...] ‚Reservat[e] für kleine Wilde’ zu schaffen, in dem sie ihren animistischen und anthropomorphistischen Bedürfnissen frönen dürfen [...], bis [...] man sie für reif hält [...]“[6], mit der Vorstellungswelt der Erwachsenen bekanntgemacht zu werden, hält Michael Ende für ein sehr fragwürdiges Phänomen,[7] das erhebliche Risiken in sich berge. Denn ab einem gewissen Alter, so Michael Ende, müsse dem Kind klargemacht werden, „[...] daß alles, was ihm die Welt bis dahin vertraut und heimatlich erscheinen ließ, nichts als plumpe, betuliche Lüge war“[8]. Das Kind habe hic et nunc die vom kindlich magischen Denken geprägte Vorstellungswelt gegen jene brutal entzauberte der Erwachsenen einzutauschen und dabei festzustellen, daß es beispielsweise keinen „[...] ‚guten Mond’ gibt, der ‚so stille durch die Abendwolken hingeht’ und bei dessen Scheinen man fühlt, daß man ‚nicht verlassen ist’, sondern [daß es] nur einen wesenlosen Klumpen aus Schlacke und Staub [gibt], der durch einige Gesetze der Mechanik auf seiner Umlaufbahn gehalten wird“[9].

Diese krude Entzauberung der kindlichen Vorstellungswelt werde unweigerlich als „Vertrauensbruch“[10] erlebt; denn das Kind erfahre nun, so Michael Endes Behauptung, „[...] daß es ganz einfach für dumm verkauft worden ist“[11]. Gebilligt und bagatellisiert wird dieser grundlegende Mißbrauch des kindlichen Vertrauens nur deshalb, „[...] weil er meist unbemerkt über die Bühne geht“[12]. Jenes unbewußte, aber um so tiefer verwurzelte Mißtrauen des Kindes führe wiederum dazu, daß es der Welt der Erwachsenen schließlich ablehnend oder gar feindlich gegenüber stehe.[13]

Das Entstehen und Vorhandensein einer speziellen Literatur für Kinder, in der Michael Ende, um seine Position etwas zugespitzt zusammenzufassen, ein behelfsmäßiges Refugium für animistische und vom beseelten Denken bestimmte Versuche der Welterklärung sieht, eine Art kindgerechtes Surrogat für die Wirklichkeit also, führt er historisch auf den Beginn der Neuzeit zurück.[14] In jener radikalen Umbruchsphase, die ohne das Entstehen und Aufkommen der Wissenschaften, die wir heute unter dem Sammelbegriff der modernen Naturwissenschaften zusammenfassen, nicht denkbar gewesen wäre, sei es zu einem grundlegenden Wandel in der Art und Weise gekommen, wie sich der Mensch die Welt erkläre. Mit dem sukzessiven Siegeszug einer einseitig rational geprägten Denkweise, die die erfahrbare und sinnliche Dimension aller Erkenntnis-‚Gegenstände’ zugunsten der „dürren Abstraktion“[15] getilgt hat, wurden „die letzten Reste aller menschenverwandten Weltvorstellungen ausgerottet“[16]. Folglich sei „das Bild der Welt buchstäblich unmenschlich geworden“[17]. Denn diese einseitige Fixierung des Menschen auf seine rein kognitiven Fähigkeiten, das Primat einer kalten, emotional verarmten Verstandeskultur, die einerseits das abstrakt-logische Denken der Naturwissenschaften verinnerlicht hat und andererseits ethisch moralische Wertmaßstäbe negiert, habe, so Michael Ende sinngemäß weiter, in seiner ungezügelten Entfesselung zu den größten Katastrophen des 20. Jahrhunderts geführt.

Im Gegensatz zu längst vergangenen Zeiten, in denen sich die sinnlich-konkreten und bildhaften und daher auch „erfahr- und erlebbaren Welterklärungsversuche“[18] der Erwachsenen kaum von denen der Kinder unterschieden und in denen Erwachsene und Kinder folglich noch gemeinsame Vorstellungswelten ‚bewohnten’, weist man also heute den Kindern in Form einer für sie speziell verfaßten Literatur jenes erwähnte Refugium namens Kinderliteratur zu. Aber nur deshalb, weil man die heutige Vorstellungswelt der Erwachsenen den Kindern nicht zumuten mag. Sie würden, wenn man sie mit der Weltvorstellung der Erwachsenen konfrontierte, „[...] seelisch verhungern, erfrieren, ersticken [...]“[19]. Daher, so illustriert Michael Ende das neuzeitliche Denken der Erwachsenen und das daraus erwachsene Dilemma, könne er sich „[...] nur schwer eine – wenn auch noch so wissenschaftsgläubige – Mutter denken, die ihrem Kind erklärt: ‚Daß ich dich liebhabe und du mich, das sind in Wirklichkeit nur ein paar elektrochemische Prozesse in unseren Gehirnen. Mit entsprechenden Drähten, die man uns in den Kopf steckt, könnte man das an- und ausknipsen.’“[20].

Schließlich führten derartige Erklärungsmuster, die von der Allmacht des naturwissenschaftlichen Denkens geprägt seien – Michael Ende spricht in diesem Zusammenhang auch vom „Orthodoxieanspruch der Wissenschaftskirche“[21] – zu einer Art „Schizophrenie“[22], die wir als Erwachsene nur deshalb nicht mehr wahrnähmen, weil wir uns an sie gewöhnt hätten. Denn der eklatante Zwiespalt zwischen unserem heutigen Wissen und unserem Verhalten sei darin zu erblicken, daß wir uns insgeheim selber davor scheuten, unser naturwissenschaftliches Wissen in der Praxis anzuwenden. Warum sonst, um Michael Endes hypothetisches Beispiel aufzugreifen, sollte jene Mutter Skrupel und Bedenken haben, dem Kind das gegenseitige Verhältnis auf der Grundlage biochemischer und neurologischer Prozesse zu erklären? Wir lebten und handelten nun einmal nicht gemäß dieser naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und erklärten uns in der konkreten Lebenspraxis auch nicht auf jene Art und Weise die Welt – Gott sei Dank nicht, möchte man hinzufügen. Unser Verhalten sei nämlich, so Michael Ende, ungeachtet der Dominanz wissenschaftlicher Erkenntnisse nach wie vor auch noch von Maßstäben geprägt, die anderen „Weltvorstellungen“[23] entsprängen und an kulturelle Werte und tradierte ethisch-moralische Normen gebunden seien. Aber diese Werte, so konstatiert Ende, würden kaum mehr bedacht und sogar verleugnet werden.[24]

Jene zuvor erwähnte Schizophrenie habe ihren Grund demnach darin, daß des Menschen Denken eines und sein moralisches Verhalten ein anderes sei.[25] Der moderne Mensch sei innerlich zerrissen, und er leide, so läßt sich Endes Position zusammenfassen, daran, daß er sein durch ethisch-moralische Werte geprägtes Handeln nicht mehr in harmonischen Einklang zu bringen vermag mit seinem modernen naturwissenschaftlichen Denken und Wissen. Weshalb sich der Mensch in letzter Konsequenz schließlich genötigt sehe, jene Werte beständig zu leugnen. Anders könne er nicht handeln und den bestehenden Widerspruch ertragen.

Und genau im Kontext dieses Widerspruchs sieht Michael Ende die generelle Aufgabe und Funktion von Literatur verankert: Sie soll jenen Widerspruch aussöhnen. Den Widerspruch zwischen einer kopflastigen und kalten Verstandes- und Wissenskultur einerseits, die vom abstrakt-logischen und rationalen Denken dominiert wird, und unserem praktischen Verhalten und Handeln andererseits, das seit alters her durch ethisch-moralische Werte bestimmt ist, die wir heute gezwungenermaßen verleugnen, weil sie aus ganz anderen Weltvorstellungen stammen. Nämlich aus solchen, in denen der ganzheitliche Mensch noch das Maß der Dinge war[26], da man in diesen Weltvorstellungen nicht nur dem abstrakt-theoretischen Wissen, sondern auch den praktischen und sinnlichen Erfahrungen des Menschen eine erkenntnisleitende Funktion zuschrieb.

Damit die Literatur diesen Widerspruch aussöhnen könne, müsse sie, so Michael Ende, bestimmte Kriterien erfüllen. Es seien aber weder pädagogische noch soziale oder politische, und es gelten auch für das „gute Kinderbuch“[27] „[...] genau dieselben Kriterien wie in jeder anderen belletristischen Literatur, nämlich künstlerische“[28]. Denn was „[...] künstlerisch wirklich gut ist, kommt auch immer aus einer Ganzheit des Menschen, aus Kopf, Herz und Sinnen, und es spricht auch gleichermaßen zur Ganzheit“[29]. Aufgabe und Funktion der Literatur, der Poesie überhaupt sei es daher, Kindern und Erwachsenen „erfahrbare und erlebbare Welterklärung“[30] anzubieten. Mit anderen Worten: Es sei Aufgabe der Poesie, Kindern wie Erwachsenen ein Verständnis der Welt zu vermitteln, das dem ethisch-moralischen Handeln des Menschen, seinem erfahrungsbezogenen Wissen sowie seinen intuitiven und empathischen Fähigkeiten, ähnlich wie in früheren Zeiten, eine gewichtige Rolle und Funktion im Erkennen der Welt und seiner selbst zugesteht. Michael Ende macht sich mit seinem Terminus von den erfahr- und erlebbaren Welterklärungsversuchen letzten Endes für ein humaneres Erkenntnisideal stark. Diesem Erkenntnisideal, das dem Menschen in seiner Ganzheit gerecht zu werden bestrebt ist, weil es im Gegensatz zur Dominanz des jetzigen nicht nur auf die rationalen und geistigen Fakultäten des Menschen abgestellt ist, meint Michael Ende mit der Poesie näherkommen zu können. „Denn was ist die Poesie anderes als die schöpferische Fähigkeit des Menschen, sich in der Welt und die Welt in sich zu erfahren und wiederzuerkennen?“[31] Wenn der Poesie – und damit ist natürlich auch immer die Literatur mit gemeint – diese Anagnorisis gelänge, wenn sie also dazu beitragen könnte, daß der Mensch in ihr und durch sie zu einem Bewußtsein und Erkennen seiner selbst wie der Welt gelangt, dann werden eines Tages vielleicht, so Michael Endes hehre Hoffnung,

„[...] die Erwachsenen wieder erwachsen genug sein, sich von der Poesie sagen zu lassen, was wahr ist und was nicht. Dann wird es vielleicht auch eine neue, ganz anders geartete Naturwissenschaft geben, die Wahrheiten findet, mit denen der Mensch nicht nur leben kann, sondern die ihm erst sein wirkliches Menschsein enthüllen. [...] Und dann wird eine eigene Kinderliteratur nicht mehr nötig sein. Kind und Erwachsene werden, beide auf ihre Art, in ein und derselben Welt miteinander leben können. Diesem Ziel gelten meine Bemühungen als Schriftsteller“[32].

Es hat jedoch den Anschein, als wenn Michael Ende mit dieser Auffassung von Wesen und Aufgabe der Poesie die Trauben der Erkenntnis vom Baum eines anderen pflückt. Zumindest ist seine Position alles andere als neu. Ungefähr in der Mitte des 19. Jahrhunderts war es bereits Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der in seinen »Vorlesungen über die Ästhetik« den bis heute äußerst bedeutenden und wirkungsreichen Versuch unternahm, den Wahrheitsanspruch der Kunst ganz allgemein, also auch den der Poesie und Literatur, philosophisch zu legitimieren. Bereits er sah die Aufgabe der Poesie darin,

„[...] die Mächte des geistigen Lebens, und was überhaupt in der menschlichen Leidenschaft und Empfindung auf und nieder wogt oder vor der Betrachtung ruhig vorüberzieht, das alles umfassende Reich menschlicher Vorstellung, Taten, Handlungen, Schicksale, das Getriebe dieser Welt [...] zum Bewußtsein zu bringen. So ist sie [die Poesie, respektive die Literatur] die allgemeinste und ausgebreiteteste Lehrerin des Menschengeschlechts gewesen und ist es noch. Denn Lehren und Lernen ist Wissen und Erfahren dessen, was ist. [...] der Mensch [...] existiert erst dem Gesetze seines Daseins gemäß, wenn er weiß, was er selbst und was um ihn her ist; er muß die Mächte kennen, die ihn treiben und lenken, und solch ein Wissen ist es, welches die Poesie in ihrer ersten substantiellen Form gibt“[33].

Quelle und Ursprung des poetischen wie jedes anderen Kunstwerks ist Hegels Meinung nach „der sich tätig hervorbringende Geist“[34] des Menschen. Pointiert formuliert: „Kunst ist des Geistes Kind.“[35] In der genuin künstlerischen Schöpfung geistigen Ursprungs – so läßt sich Hegels Denken im wesentlichen wiedergeben – gibt sich der Geist des Menschen ein Bewußtsein seiner selbst, erkennt sich der Mensch schließlich selber.[36] Denn in der Entäußerung des Geistes zum sinnlich Konkreten, zum Kunstwerk hin, wird der Geist sich nicht etwa selber untreu, sondern er geht vollkommen in den entgegengesetzten Zustand seiner selbst, in das Kunstwerk über und wird in und an ihm für sich selber gegenständlich. Er kann sich demnach in der von ihm geschaffenen Entgegensetzung seiner selbst betrachten und sich dergestalt auch in der Entäußerung zur Empfindung und Sinnlichkeit hin (wieder-)erkennen und begreifen.[37] Denn „[...] das Kunstwerk [...] ist nichts bloß Sinnliches, sondern der Geist als im Sinnlichen erscheinend“[38]. Kunst stellt also schon für Hegel eine jener denkbaren Formen dar, in der sich Selbsterkenntnis des menschlichen Geistes in zuvor skizzierter Weise vollziehen kann. Daß diese Kunstauffassung, der sich Michael Ende insgeheim anzuschließen scheint, von ihrer Bedeutsamkeit und Geltung bis heute wenig eingebüßt hat, obwohl sie ihre entstehungs- und geistesgeschichtlichen Wurzeln im deutschen Idealismus hat, unterstreicht auch Hans-Georg Gadamer mit seinem Werk »Wahrheit und Methode«. Er formuliert im Rekurs auf Hegel seine Auffassung vom Wesen der Kunst, indem er sagt: „In der Kunst begegnet sich der Mensch selbst, Geist dem Geiste.“[39]

Wenn also Michael Ende mit exklamatorischem Gestus in seiner Rede erklärt, „die Poesie sei die schöpferische Fähigkeit des Menschen, sich in der Welt und die Welt in sich zu erfahren und wiederzuerkennen“[40], und es noch eines weiteren Beweises dafür bedürfte, daß er damit ein Verständnis von Kunst proklamiert, das zuvor von anderen bereits formuliert wurde, so sei hier noch einmal auf Hans-Georg Gadamer verwiesen. Denn auch er, wie schon Hegel, sieht den Wahrheitsanspruch der Kunst in ihrer anagnorisisähnlichen Funktion begründet, indem er ausführt: Was „[...] man eigentlich an einem Kunstwerk erfährt und worauf man gerichtet ist, ist vielmehr, wie wahr es ist, d.h., wie sehr man etwas und sich selbst darin erkennt und wiedererkennt“[41].

Nachdem in den bisherigen Ausführungen dargelegt wurde, warum Michael Ende die Notwendigkeit und Daseinsberechtigung einer speziellen Literatur für Kinder in Abrede stellte, welche erkenntnistheoretische Funktion er der Kunst im allgemeinen und der Poesie im speziellen zuschrieb und auf welche geistesgeschichtlichen Ansätze und Traditionen er sich hierbei insgeheim zu beziehen scheint, bleibt noch eine Frage ungeklärt. Nämlich die, warum er sich, wie anfänglich erwähnt, beständig weigerte, Antworten hinsichtlich der Deutung seiner Werke zu geben.

Im Zusammenhang mit dieser Frage sei es gestattet, noch einmal auf jenen Widerspruch des Menschen zurückzukommen, den die Poesie laut Michael Ende zu überwinden die Fähigkeit besitzt. Im wesentlichen sei dieser Widerspruch, wie zuvor erwähnt, durch die unversöhnliche Diskrepanz zwischen dem abstrakt-logischen Denken und Wissen des Menschen auf der einen und seinem ethisch-moralischen Handeln in der konkreten Praxis auf der anderen Seite entstanden. Diese Zerrissenheit als charakteristisches Kennzeichen und Symptom des Menschen in der Moderne hatte bereits Hegel schon erkannt. Er sprach in diesem Zusammenhang „[...] von dem festen Gegensatze des [sittlich-tugendhaften] Willens in seiner geistigen Allgemeinheit und seiner sinnlichen natürlichen [...] Besonderheit [...]“[42] im Individuum, und er war der Auffassung, daß der frappierende Gegensatz zwischen Theorie und Erfahrung und der Widerspruch zwischen dem toten, in sich leeren Begriff und der konkreten Lebendigkeit[43] dem Bewußtsein des modernen Menschen ein unüberwindbares Dilemma beschert habe, mit dem der Mensch fortan zu Leben hätte. In diesem Spannungsfeld der Gegensätze, so Hegel, käme der Kunst als schöpferischer Tätigkeit des Geistes jedoch eine gleichsam heilende Funktion und Wirkung zu. Denn sie ließe diese Gegensätze im Medium des sinnlich Wahrnehmbaren als überwunden und versöhnt erscheinen.[44] Und im großen Unterschied zum theoretisch-abstrakten Wissen, das die erfahrbare und sinnliche Dimension des Erkenntnis-‚Gegenstandes’ zugunsten der Abstraktion tilgt, sei in der Kunst „[...] das Sinnliche [...] vergeistigt, da das Geistige in ihr als versinnlicht erscheint [...]“[45]. Es gehört daher zum Wesen und Charakter der Kunst, daß sie im weitesten Sinne ein „sinnliches Wissen“[46] – erfahr- und erlebbare Welterklärungsversuche, um es mit Michael Endes Worten zu sagen – vermittelt und hierbei, im Gegensatz zum theoretischen Wissen, die Einheit von sinnlich Konkretem und geistig Abstraktem wahrt.[47]

In der Einheit von sinnlich Konkretem und geistig Abstraktem ist vielleicht auch der Grund dafür zu erblicken, warum es Michael Ende vermied, sich zu Deutungen und Interpretationen seiner Werke zu äußern. Denn jede Deutung zielt darauf ab, den abstrakten Gehalt oder das, was wir gemeinhin auch Inhalt nennen, von der sinnlich-konkreten Form, mit dem er in wechselseitiger Durchdringung im Kunstwerk verwoben ist, durch Analyse zu trennen.[48] Losgelöst von seiner sinnlichen Erscheinungsweise, kann der Gehalt in der Interpretation dann auf den Begriff gebracht und dergestalt schließlich in jene Form des abstrakten Denkens und Erkennens überführt werden, die Michael Ende mit seinem Schaffen als Schriftsteller, mit „seinen erleb- und erfahrbaren Welterklärungsversuchen“ zwar nicht bekämpfen, aber auf alle Fälle korrigieren und ergänzen wollte.

Die grundsätzlich ablehnende Haltung Michael Endes gegenüber jedweden Bestrebungen, die bemüht und versucht sind, den abstrakten Gehalt herauszustellen, um ihn so überhaupt erst hinterfragen zu können, bleibt dennoch problematisch. Denn obgleich nicht bestritten wird, daß jenen vielzitierten „erleb- und erfahrbaren Welterklärungsversuchen“, jenem sinnlichen Wissen, das die Poesie vermittelt, eine erkenntnisdienende und erkenntnisbringende Funktion zuzusprechen ist, so wenig kann doch wohl auch ernstlich bestritten werden, daß die eigentliche Bewährungsprobe dieses Wissen immer im abstrakt-geistigen Bereich erfolgen wird. Aber auch das

„[...] Kunstwerk, in welchem der Gedanke sich selbst entäußert, [gehört] zum Bereich des begreifenden Denkens, und der Geist, indem er es der wissenschaftlichen Betrachtung unterwirft, befriedigt darin nur das Bedürfnis seiner eigensten Natur. Denn weil das Denken sein Wesen und Begriff ist, ist er letztlich nur befriedigt, wenn er alle Produkte seiner Tätigkeit auch mit dem Gedanken durchdrungen und sie so erst wahrhaft zu den seinigen gemacht hat. Die Kunst [...], weit entfernt,[...] die höchste Form des Geistes zu sein, erhält in der Wissenschaft erst ihre echte Bewährung“[49].

Wenn Michael Ende für sich selber dies auch nicht in aller Deutlichkeit so gesehen hat, so hat er dennoch vielleicht geahnt, daß es gute Gründe gibt, sich dieser Bewährungsprobe zu entziehen.

Momo, das Märchen von dem Mädchen, das die verlorengegangene Zeit und Idylle rettet. Eine Gesamtinterpretation von Michael Endes Roman »Momo«

Einleitung

Das Ziel dieser Arbeit besteht zunächst darin, durch Paraphrase des Textes den Inhalt des Romans darzustellen. Die Darstellung des Inhalts folgt dabei dem linearen Verlauf der im Roman dargestellten Handlung. Im Zuge der Paraphrase sollen jene Aspekte herausgearbeitet werden, die dann zum Gegenstand einer weitestgehend textimmanenten Interpretation werden. Zu diesen Aspekten wird unter anderem die Frage gehören, wie und mit welchen erzählerischen Mitteln Michael Ende versucht, dem Leser eine sinnlich-konkrete Vorstellungen von höchst abstrakten Phänomenen wie der Zeit zu vermitteln. Darüber hinaus wird im Rahmen dieser Arbeit, insbesondere im ersten Teil, der Nachweis angetreten, daß Michael Ende mit den Geschichten, die er von einer Hauptfigur seines Romans erzählen läßt, teilweise auf geläufige Motive und Stoffe der europäischen Erzähltradition, insbesondere auf solche, die aus dem Märchen stammen, zurückgreift.

Die Frage, ob Michael Endes erzählerische Gestaltung des Romans auch den Ansprüchen und Kriterien eines erwachsenen Publikums gerecht zu werden vermag, wird bei all den zuvor erwähnten Punkten implizit eine Rolle spielen. Denn eines dürfte aus dem vorhergegangenen Abschnitt dieser Arbeit ganz klar hervorgegangen sein – Michael Ende verstand sich nicht als Autor, der in erster Linie für Kinder schrieb. Er wollte vielmehr „erleb- und erfahrbare Vorstellungswelten“ (vgl. S. 4) für Kinder und Erwachsene schaffen. Insofern scheint es legitim, »Momo« auch an Kriterien der Gestaltung zu messen, die für Literatur im allgemeinen gelten.

Abschließend sei noch erwähnt, daß diese Arbeit auch versucht – wenngleich nur am Rande – auf die vorgegebenen Referatskriterien einzugehen. Daß dies nicht mit der vielleicht gewünschten Ausführlichkeit geschieht, liegt in dem Bemühen begründet, den Umfang dieser Arbeit zu begrenzen.

Erster Abschnitt

Eine Reise in jene Zeit, als der Zauber des Theaters die Zuschauer noch
der Wirklichkeit entheben konnte

Michael Endes Roman beginnt mit einer Retrospektive. Sie vermittelt eine grobe Vorstellung vom öffentlichen und kulturellen Leben in der griechisch-römischen Antike, indem sie jene Zeit durch lebendig-anschauliche Beschreibungen schemenhaft auferstehen läßt. Zumindest deutet vieles, nicht nur der Fingerzeig, daß „seither Jahrtausende vergangen sind“[50], auf diese historische Periode hin. Das Amphitheater und die erwähnten Tempelbauten sind weiteres Indiz dafür, daß die Beschreibungen sich hier auf den Zeitraum der Spätantike zu beziehen scheinen.

Besonderes Gewicht legt der Erzähler in seiner Rückblende auf die außerordentliche Wertschätzung, die das Publikum zu jener Zeit dem Theater wiederfahren ließ. Das damalige Publikum habe aus „leidenschaftlichen Zuhörern und Zuschauern“[51] bestanden, so der Erzähler. Mit dem Verweis, jene Zuschauer seien den Geschehnissen auf der Bühne mit großer innerer Anteilnahme gefolgt, weil sie ihnen manchmal „[...] auf geheimnisvolle Weise wirklicher [...]“ zu sein schienen als ihr „[...] eigenes alltägliches [...]“[52] Leben, wird dem Drama, stellvertretend für die übrigen Gattungen der Poesie, die Fähigkeit zugesprochen, den Zuschauer der Wirklichkeit entheben zu können. Schon hier, vor Beginn der eigentliche Romanhandlung, wird eine Wirkung der Poesie beschrieben oder vielmehr angedeutet.

[...]


[1] Vgl. Ende, Michael: „Literatur für Kinder“? In: Neue Sammlung. Zeitschrift für Erziehung und Gesellschaft. 21. Jahrgang. Heft 1–6. 1981.
S. 315–316.

[2] Gadamer, Hans-Georg: Gesammelte Werke, Bd. 1. Hermeneutik I: Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik.
6. Auflage. Tübingen J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1990. S. 65.

[3] Vgl. hierzu Hocke, R. u. Kraft, T.: Michael Ende und seine phantastische Welt. Stuttgart: Weitbrecht 1997. S. 111–112: „In Veranstaltungen und Interviews wird Michael Ende immer wieder gefragt, welchen Sinn er in seinen Roman tatsächlich hineingelegt habe. Michael Ende will das Buch aber nicht selbst interpretieren. Auf zahlreiche Anfragen nach der ‚wirklichen’ Bedeutung der Unendlichen Geschichte verweigert er standhaft jede Antwort. [...] Viele Leser wollen wenigsten wissen, ob ihre Interpretationen zutreffen, doch auch sie dürfen nicht mit der von ihnen erwarteten Antwort rechnen [...].“

[4] Vgl. Ende, Michael: „Literatur für Kinder“? In: Neue Sammlung. Zeitschrift für Erziehung und Gesellschaft. 21. Jahrgang. Heft 1 – 6. 1981.
S. 310 ff.

[5] Vgl. ebd. S. 310: „Vielleicht werden Sie es [...] befremdlich finden, wenn ich Ihnen [...] bekenne, daß ich im Grunde gegen das Vorhandensein einer besonderen Literatur für Kinder bin.“

[6] Ebd. S. 310.

[7] Vgl. ebd. S. 311: „Ich halte also die Einteilung der Literatur in eine für Erwachsene und eine andere für Kinder für ein bedenkliches Symptom.“

[8] Ebd. S. 310.

[9] Ebd. S. 310.

[10] Ebd. S. 310.

[11] Ebd. S. 310.

[12] Ebd. S. 310.

[13] Vgl. ebd. S. 310/311.

[14] Vgl. ebd. S. 312.

[15] Vgl. ebd. S. 312.

[16] Vgl. ebd. S. 312.

[17] Vgl. ebd. S. 312.

[18] Vgl. ebd. S. 316.

[19] Ebd. S. 315.

[20] Ebd. S. 315.

[21] Ebd. S. 315.

[22] Ebd. S. 315.

[23] Ebd. S. 315.

[24] Vgl. ebd. S. 315.

[25] Vgl. ebd. S. 315: „Es wird geradezu verlangt, daß das Denken des Menschen eines und sein moralisches Verhalten ein anderes sei.“

[26] Vgl. hierzu Protagoras aus Abdera. Diog. Laërt. IX, 51. [Rudolf Eisler: Philosophen-Lexikon: Protagoras aus Abdera, S. 2. Digitale Bibliothek Spektrum Band 3: Eisler: Philosophen-Lexikon, S. 2565 (vgl. Eisler-Phil., S. 573)]

[27] Ende, Michael: „Literatur für Kinder“? In: Neue Sammlung. Zeitschrift für Erziehung und Gesellschaft. 21. Jahrgang. Heft 1 – 6. 1981. S. 312.

[28] Ebd. S. 312.

[29] Ebd. S. 312.

[30] Vgl. ebd. S. 316.

[31] Ebd. S. 315/316.

[32] Ebd. S. 316.

[33] Hegel, G.W.F.: Werke. Auf der Grundlage der Werke von 1832 bis 1845 neu ed. Ausg. Red. E. Moldenhauer u. K. M. Michel. Hier Werke 15: Vorlesungen über die Ästhetik. Bd. III. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. S. 239–240. Der Einfachheit halber unter Angabe des jeweiligen Bandes nachfolgend zitiert als »Hegel, G.W.F.: Ästhetik«. Hervorhebungen und Textattribute im Originaltext sind übernommen worden.

[34] Vgl. hierzu Hegel, G.W.F.: Ästhetik. Bd. I, S. 49–50.

[35] Geulen, Eva: Das Ende der Kunst. Lesarten eines Gerüchts nach Hegel. Frankfurt a. Main: Suhrkamp Verlag 2002. S. 37.

[36] Vgl. hierzu Hegel, G.W.F.: Ästhetik. Bd. II, S. 196: „Der Mensch will in seiner Gegenwart das Gegenwärtige selber [...] in präsenter Lebendigkeit von der Kunst wiedergeschaffen als sein eigenes geistiges menschliches Werk vor sich sehen.“

[37] Ebd., Bd. I, S. 27–28.: Und in „[...] dieser Beziehung liegt die Kunst dem Geiste und seinem Denken schon näher als die nur äußere geistlose Natur; er hat es in den Kunstprodukten nur mit dem Seinigen zu tun. Und wenn auch die Kunstwerke nicht Gedanken und Begriff, sondern [...] eine Entfremdung [des Geistes] zum Sinnlichen hin sind, so liegt die Macht des denkenden Geistes darin, nicht etwa nur sich selbst in seiner eigentümlichen Form als Denken zu fassen, sondern ebensosehr sich in seiner Entäußerung zur Empfindung und Sinnlichkeit wiederzuerkennen, sich in seinem Anderen zu begreifen, indem er das Entfremdete zu Gedanken verwandelt und so zu sich zurückführt. Und der [...] Geist wird sich in dieser Beschäftigung mit dem Anderen seiner selbst nicht etwa untreu, [...] sondern er begreift sich und sein Gegenteil“.

[38] Ebd., Bd. II. S. 255.

[39] Gadamer, Hans-Georg: Gesammelte Werke, Bd. 1. Hermeneutik I: Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik.
6. Auflage. Tübingen J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1990. S. 65

[40] Vgl. Ende, Michael: „Literatur für Kinder“? In: Neue Sammlung. Zeitschrift für Erziehung und Gesellschaft. 21. Jahrgang. Heft 1–6. 1981.
S. 316.

[41] Gadamer, Hans-Georg: Gesammelte Werke, Bd. 1. Hermeneutik I: Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik.
6. Auflage. Tübingen J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) 1990. S. 119.

[42] Hegel, G.W.F.: Ästhetik. Bd. I, S. 80.

[43] Vgl. ebd. Bd. I. S. 80–81: „Dieser Gegensatz nun tritt für das Bewußtsein nicht nur in dem beschränkten Gebiete des moralischen Handelns auf, sondern [...] ferner als der Widerspruch des toten, in sich leeren Begriffs im Angesicht der vollen konkreten Lebendigkeit, der Theorie [...] dem objektiven Dasein und der Erfahrung gegenüber. Dies sind Gegensätze, [...] die von jeher [...] das menschliche Bewußtsein beschäftigt und beunruhigt haben, wenn sie auch am schärfsten durch die neue Bildung erst ausgeführt und auf die Spitze des härtesten Widerspruchs hinaufgetrieben sind. Die geistige Bildung, der moderne Verstand bringt im Menschen diesen Gegensatz hervor, der ihn zur Amphibie macht, indem er nun in zwei Welten zu leben hat, die sich widersprechen [...].“

[44] Vgl. ebd. Bd. I, S. 82. „Hiergegen steht zu behaupten, daß die Kunst die Wahrheit in Form der sinnlichen Kunstgestaltung zu enthüllen, jenen versöhnten Gegensatz dazustellen berufen sei und somit ihren Endzweck [...] in dieser Darstellung und Enthüllung selber habe.“ Vgl. auch ebd. Bd. I, S. 16–17: „In dieser Hinsicht hat man der Kunst selbst ernste Zwecke zugeschrieben und sie vielfach als eine Vermittlerin zwischen Vernunft und Sinnlichkeit, zwischen Neigung und Pflicht, als eine Versöhnerin dieser in so hartem Kampf und Widerstreben aneinanderkommenden Elemente empfohlen.“

[45] Ebd. Bd. I, S. 61.

[46] Ebd. Bd. I. S. 139.

[47] Vgl. ebd. Bd. I. S. 21: „Diesen Bruch aber, zu welchem der Geist fortgeht, weiß er ebenso zu heilen; er erzeugt aus sich selbst die Werke der schönen Kunst als das erste versöhnende Mittelglied zwischen dem bloß Äußerlichen, Sinnlichen und [...] dem reinen Gedanken [...].“ Ferner ebd. Bd. III, S. 318–319.: „Was wir in dieser Hinsicht vor allem geltend zu machen hatten, bestand darin, daß die Poesie als ihren Inhalt das Geistige ergreifen muß, doch in der künstlerischen Herausarbeitung desselben weder bei der Gestaltbarkeit für die sinnliche Anschauung wie die übrigen bildenden Künste stehenbleiben, noch die bloße Innerlichkeit, die für das Gemüt allein erklingt, noch den Gedanken und die Verhältnisse des reflektierenden Denkens zu ihrer Form machen kann, sondern sich in der Mitte zwischen den Extremen der unmittelbar sinnlichen Anschaulichkeit und der Subjektivität des Empfindens oder Denkens zu halten hat.“

[48] Vgl. ebd. Bd. I. S. 19: „Andererseits, wenn die Kunst gerade die lichtlose dürre Trockenheit des Begriffs erheiternd belebe, seine Abstraktionen und Entzweiung mit der Wirklichkeit versöhne, den Begriff an der Wirklichkeit ergänze, so hebe ja eine nur denkende Betrachtung dies Mittel der Ergänzung selbst wieder auf, vernichte es und führe den Begriff auf seine wirklichkeitslose Einfachheit und schattenhafte Abstraktion wieder zurück.“ Vgl. ebd. Bd. III. S. 281: „[...] so daß nun die prosaischen Kommentatoren der Poeten viel zu tun haben, ehe es ihnen gelingt, durch ihre verständigen Analysen [...] aus der lebendigen Gestalt den abstrakten Inhalt herauszuziehen und dadurch dem prosaischen Bewußtsein das Verständnis poetischer Vorstellungsweisen eröffnen zu können.“

[49] Ebd. Bd. I, S. 28.

[50] Ende, Michael: Momo oder die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte. Stuttgart: Thienemann Taschenbuch 2002. S. 2. Der Einfachheit halber nachfolgend zitiert als »Momo«.

[51] Vgl. ebd. S. 9.

[52] Ebd. S. 10.

Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Das poetische Konzept Michael Endes. Eine Gesamtinterpretation von »Momo«
Hochschule
Universität Bremen
Veranstaltung
Klassiker der Kinderliteratur
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
52
Katalognummer
V30769
ISBN (eBook)
9783638319591
ISBN (Buch)
9783638721264
Dateigröße
806 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das poetische Konzept von Michael Ende. Und: Momo, das Märchen von dem Mädchen, das die verlorengegangene Zeit und Idylle rettet. Eine Gesamtinterpretation von Michael Endes Roman »Momo«
Schlagworte
Konzept, Michael, Ende, Eine, Gesamtinterpretation, Endes, Roman, Klassiker, Kinderliteratur
Arbeit zitieren
Malte Oetjen (Autor:in), 2003, Das poetische Konzept Michael Endes. Eine Gesamtinterpretation von »Momo«, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30769

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das poetische Konzept Michael Endes. Eine Gesamtinterpretation von »Momo«



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden